Das Gehirn
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Das Gehirn

Ein Lehrbuch der funktionellen Anatomie für die Psychologie

  1. 296 Seiten
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Das Gehirn

Ein Lehrbuch der funktionellen Anatomie für die Psychologie

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Bau und Funktion des menschlichen Gehirns gehören zu den aufregendsten Themen in Forschung und Lehre. Dieses kleine Organ ermöglicht Bewusstsein und mit seiner Hilfe entstehen Zivilisationen. Seine Leistungsfähigkeit beruht auf einer einmaligen Vernetzung von Zellen, die gleichzeitig aktiv sind und sich in einer komplizierten räumlichen Anordnung wechselseitig kontrollieren.Dieses Buch beruht auf einer sorgfältigen Auswahl der zugrunde liegenden Literatur, es ergänzt die anatomische Beschreibung um funktionelle Hinweise und besitzt übersichtliche Abbildungen. Damit liegt eine verständliche Einführung in die Arbeitsweise und die Architektur des Gehirns für Studierende und interessierte Laien vor.

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Information

Jahr
2006
ISBN
9783170280380

Teil 1 Allgemeine Grundlagen

1 Kurze Geschichte der Neuropsychologie

Die Psychologie als Lehre vom Verhalten und Erleben des Menschen ist eine junge Wissenschaft. Die Frage jedoch, ob und welche Teile des Körpers Verhaltensäußerungen veranlassen und für menschliches Erleben und Empfinden unabdingbar sind, hat immer wieder zu neuen Antworten geführt.
Bei historischen Betrachtungen stellt sich oft die Frage, wie weit und wie allgemein man in die Vergangenheit zurückgehen kann und soll. Der Versuch der Rückdatierung des Erstauftretens von Ereignissen scheint sogar ein Grundprinzip menschlicher Informationsverarbeitung zu sein. Das Phänomen entsteht dadurch, dass zu jedem Zeitpunkt zahlreiche Inputs in das verarbeitende Netzwerk gelangen. Vor dem Hintergrund des Gedächtnisses und der ständig ankommenden neuen Informationen haben jedoch nur ausgewählte, nämlich geringfügig abweichende Informationen Bestand. Wir werden dieses Phänomen in späteren Kapiteln näher erklären.
In der gegenwärtigen Neuropsychologie interessiert uns vor allem der Zusammenhang zwischen dem subjektiven Aspekt von Denken und Urteilen (der Innensicht) und den körperlich-naturwissenschaftlich beobachtbaren Prozessen (der Außensicht). Die Problematik der Verhaltenssteuerung durch das Gehirn tritt demgegenüber oft in den Hintergrund. Unter einer solchen Perspektive hat sich bereits Alkmaion von Kroton (um 500 v. Chr.) mit folgender Feststellung eingelassen: „Daher behaupte ich, daß das Gehirn es ist, das den Verstand sprechen läßt“ (Hippokrates 17, übers. Capelle, 1968).
Im Grunde vergingen ca. 2400 Jahre (nämlich bis zum Ersten Weltkrieg und der Untersuchung von Schusswunden im Gehirn), bis es zu einer systematischen Erforschung der Beziehungen zwischen Gehirn und Denken kam. Die Gründe für diese Verzögerung mögen vielfältig sein. Einer davon ist sicherlich die Komplexität des zu untersuchenden Bedingungsgefüges. Ein Zugang eröffnet sich hier erst, wenn man psychologisch bedeutsame Phänomene und elementare naturwissenschaftliche Prozesse in einen systematischen Zusammenhang bringen kann.
Jedoch bereits vor Beginn der systematischen, psychologischen Hirnforschung gab es eine ganze Reihe von Meilensteinen in der Geschichte der Neuropsychologie. Dazu gehört auch der von den Veranstaltern der Amphitheater-Vorführungen hoch bezahlte römische Gladiatoren-Arzt Galenus, der im 1. Jh. Verhaltensveränderungen im Zusammenhang mit Gehirnverletzungen beobachtete.
Während im frühen Mittelalter (11. bis 14. Jh.) eher Erkenntnisfragen diskutiert wurden (z.B. Wann existiert etwas Subjektives wirklich in der Welt?), sammelte man im späten Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit zahlreiche anatomische Kenntnisse1. Franz Joseph Gall (1758–1828) entwickelte später an der Universität Wien eine Methode, um von der Schädelform eines Menschen auf seine Fähigkeiten schließen zu können. Diese Methode nannte Gall „Cranioscopie“ und die daraus folgende Lehre wurde bald unter der Bezeichnung Phrenologie populär. Gall unterschied anfangs 27 Fähigkeiten, darunter auch die Sprache. Nicht zuletzt wegen eines ihm bekannt gewordenen Falles von Sprachstörung, lokalisierte Gall die Sprache bereits im Frontalcortex. Der Schwachstellen seiner Annahmen war er sich durchaus bewusst. Als er 1807 unter der Regierung Napoleons das Interesse der Academie Francaise weckte, stellte er zunächst nur seine neurologischen Studien vor. Dennoch lebte die Idee der Phrenologie weiter.
Auch der Intelligenzforscher Francis Galton (1822–1911) wurde von Galls Gedankengut beeinflusst. Er verfolgte unter anderem die Hypothese, dass die Intelligenz eines Menschen mit dessen Kopfumfang korreliert ist. Dazu sammelte er Daten, wohl wissend, dass er selbst und sein Förderer Napoleon einen sehr geringen Kopfumfang besaßen.
Der Franzose Marc Dax (1770–1837) vertrat 1836 auf der Grundlage von 40 Fällen von Sprachstörungen die Ansicht, dass die Sprache eine linkshemisphärische Lokalisation besitzt. Die entsprechenden Befunde wurden allerdings erst später (1865) von seinem Sohn publiziert.
Als Geburtsstunde der systematischen Neuropsychologie werden die Befunde von Paul Broca (1824–1880) angesehen. Anlässlich eines Treffens der Anthropologischen Gesellschaft zu Paris 1861 wurde von Ernest Aubertin der Verdacht geäußert, dass Sprechfähigkeit an einen intakten Frontalcortex gebunden ist. Broca, der auch an dem Treffen teilnahm, lernte fünf Tage später den sprechgestörten Patienten Leborgne kennen. Leborgne wies, wohl infolge von Syphilis, eine Lähmung der rechten Körperhälfte auf und wiederholte nach Aufforderung zum Sprechen stets nur die Silbe „tan-tan“. Der Patient starb am 17. Mai 1861 und wurde sofort von Broca und Aubertin autopsiert. Leborgnes Gehirn ist heute noch im Dupuytren Museum in Paris zu sehen; es weist eine Deformation im linken unteren Frontallappen auf. Bereits am nächsten Tag wurde dies der Anthropologischen Gesellschaft berichtet. Bis 1863 beschrieb Broca acht weitere Fälle, bei denen Sprechstörungen mit linksfrontalen Läsionen einhergingen.
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Abb. 1.1:
Phineas Gage (1823–1860) regte den Arzt John Martyn Harlow zur ersten Dokumentation einer Persönlichkeitsveränderung infolge einer akuten Kopfverletzung an. Die Verletzungsspuren kann man unter dem linken Auge und an der Stirn erkennen (Quelle: www.deakin.edu.au/hbs/gagepage). Die cerebralen Läsionen betrafen vor allem den linken, basalen Frontallappen. Gage wird danach als respektlos, streitsüchtig, launisch und unstet beschrieben.
Bereits zuvor, 1848, hatte der Eisenbahnarbeiter Phineas Gage schwere Gehirnverletzungen erlitten, als bei einer Sprengung eine Eisenstange seinen Kopf durchdrang. Die darauf folgenden Veränderungen in seiner Persönlichkeit wurden vom britischen Landarzt John Harlow in einem Tagebuch notiert. Die genaue Art der Verletzung wurde später von Hanna Damasio (1994) rekonstruiert.
Der hohe Entwicklungsstand der Neurologie an der Wende zum 20. Jahrhundert stellte eine wichtige Voraussetzung für die damalige Entwicklung der Neuropsychologie dar. Hugo Liepmann beschrieb 1904 einen Fall von Amnesie nach einer Hippocampus-Läsion. 1905 betonte Liepmann mit Untersuchungen zu Apraxien die Bedeutung der Unversehrtheit neuraler Leitungswege. 1908 erschien die Lokalisationslehre von Korbinian Brodmann (1868–1918) mit einer sorgfältigen histologischen Beschreibung der Areale der Großhirnrinde. Die Einteilung der Großhirnrinde nach Brodmann-Arealen wird auch in diesem Buch verwendet.
Ein wichtiger Schritt in der Neuropsychologie erfolgte 1920, als Hans Berger (1873–1941) mit seinen elektrophysiologischen Untersuchungen am menschlichen Gehirn begann. Zuvor hatte er unter anderem den cerebralen Blutfluss untersucht. 1924 gelang ihm die Ableitung eines menschlichen Elektroenzephalogramms (EEG). Diese erste Gehirnstrommessung konnte er am Sohn seines Gärtners vornehmen, dem nach einem Unfall ein Teil der Schädeldecke fehlte. Seine Befunde wurden 1929 publiziert. Die Entwicklung dieser Methode eröffnete neue Dimensionen in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Erleben und Hirnaktivität.
Eine weitere Wende, v.a. im Bereich der kognitiven Neuropsychologie, brachte die Untersuchung zahlreicher Hirnverletzungen im Ersten Weltkrieg. 1927 konnte Egon Weigl (gest. 1979) vom Institut für Erforschung der Folgeerscheinungen von Hirnverletzungen in Frankfurt am Main zeigen, dass Abstrahierungsleistungen die Unverletztheit des Stirnhirns voraussetzen. Seine Studien lieferten die Grundlage für den später von Brenda Milner entwickelten Card Sorting Test (1963).
1937 wurde Karl Lashley (1890–1958) erstmalig Professor an einem Lehrstuhl für „Neuropsychology“ in Chicago. 1960 schrieb Lashley ein einflussreiches Buch mit gleichlautendem Titel. Er betont darin die Bedeutung des Zusammenspiels von Gehirnteilen für das Zustandekommen höherer kognitiver Fähigkeiten und die Multipotentialität der nervösen Struktur als Grundlage für Kompensationsleistungen. 1949 erschien das wohl meistzitierte kognitiv-neuropsychologische Grundlagenwerk unter dem Titel „Organization of Behavior“ von Donald O. Hebb (1904–1985), einem Schüler Lashleys. Die darin formulierten Thesen, u.a. über die Grundlagen des Lernens und des Gedächtnisses, bezeichnete Hebb als „neuropsychologische Theorie“.
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Abb. 1.2: Brodmann-Areale – Originalabbildungen zur cytoarchitektonischen Rindenfelderung des menschlichen Großhirns nach Brodmann (1909; eine systematische Lagebeschreibung der Brodmann-Areale findet sich im Anhang)
Brenda Milner (geb. 1918), eine Schülerin Hebbs, begleitete und untersuchte später den berühmten Patienten H.M. Dieser hatte 1953 aufgrund einer bilateralen Temporallappen-Operation starke Beeinträchtigungen seines Gedächtnisses erlitten. Die Studien an H.M. bilden die Grundlage der modernen Gedächtnisforschung. Etwa zeitgleich entdeckte der Neurologe Wilder Penfield (1891–1976), dass bei seinen Patienten nach Stimulation des inferioren Temporallappens reproduzierbar detailreiche Erinnerungsbilder wachgerufen wurden.
Der Berliner Hans-Lukas Teuber (1916–1977, Sohn eines der Gründungsväter der ehemaligen Anthropoidenstation auf Teneriffa) wurde ab 1947 als Neurologe in New York tätig und untersuchte die funktionelle Asymmetrie der Hemisphären. In seiner Tradition steht Roger Sperry (1913–1994), der 1981 den Nobelpreis für seine Untersuchungen an Split-brain-Patienten erhielt. Zahlreiche Untersuchungen an derart operierten und anderen neurologischen Patienten führte in der Folge auch Michael S. Gazzaniga durch. Ihm gelang es gegen Ende des 20. Jh. zahlreiche bedeutende kognitive Neuropsychologen für B...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Teil 1 Allgemeine Grundlagen
  7. Teil 2 Subcortex
  8. Teil 3 Cortex
  9. Teil 4 Komplexe und integrative Funktionen
  10. Anhang: Übersicht über die Brodmann-Areale
  11. Literatur
  12. Bildquellennachweis
  13. Sachwortregister