Familiengründung mit Samenspende
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Familiengründung mit Samenspende

Ein Ratgeber zu psychosozialen und rechtlichen Fragen

  1. 180 Seiten
  2. German
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Familiengründung mit Samenspende

Ein Ratgeber zu psychosozialen und rechtlichen Fragen

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Samenspende wird in Deutschland seit über 50 Jahren durchgeführt - dennoch sprechen nur wenige offen darüber. Es herrscht großer Informationsmangel. Der Ratgeber behandelt umfassend alle psychosozialen Fragen. Er beschreibt die Auswirkungen männlicher Unfruchtbarkeit, hilft bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine Samenspende, beschreibt die emotionalen Aspekte der medizinischen Behandlung und schildert den aktuellen Wissensstand hinsichtlich der Entwicklung der Kinder und Familien. Auch geht er auf die Situation lesbischer und alleinstehender Frauen ein. Einen Schwerpunkt bildet die Aufklärung der Kinder sowie rechtliche Fragen.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783170244009

Psychosoziale Themenstellungen

Petra Thorn

Männliche Unfruchtbarkeit

Rund 6–9 % aller Paare im fortpflanzungsfähigen Alter sind ungewollt kinderlos (Brähler et al. 2001). Inzwischen gilt es als gesichert, dass bei knapp der Hälfte der Fälle die Unfruchtbarkeit durch den männlichen Partner bedingt bzw. mitbedingt wird. Obgleich diese Zahlenrelation wahrscheinlich immer schon ähnlich war, wurde lange Zeit bestritten, dass auch Männer unfruchtbar sein könnten. In der Öffentlichkeit wurde in der Regel die Frau als diejenige angesehen, die Diagnoseträgerin und somit »schuld« an der Kinderlosigkeit war. Als anschauliches Beispiel für diese einseitige Sichtweise dient die Auswertung von Briefen an Marie Stopes, einer Pionierin in der Verbreitung von Verhütungsmitteln in England in den 1920er Jahren. In dieser Auswertung fiel auf, dass Ärzte den Grund für die Unfruchtbarkeit ausschließlich der Frau zuschrieben. Nur ihr erteilten die Ärzte schriftliche Ratschläge, wie sie ihre Empfängnischancen verbessern konnten. Die Ärzte gingen davon aus, dass der Mann grundsätzlich zeugungsfähig war (Mason 1993). Diese Verleugnung von männlichen Fertilitätsstörungen hielt sich bis in unsere Tage. Erst seit rund 20 Jahren werden in den meisten, jedoch immer noch nicht in allen Fällen von Anfang an beide, d. h. Mann und Frau, auf Fertilitätsstörungen hin untersucht, wenn eine Einschränkung der Fruchtbarkeit vermutet wird.
Ungewollte Kinderlosigkeit ist weiterhin, trotz vieler Berichte in den Medien, ein Tabuthema. Nur wenige Paare, die daran leiden, reden offen und selbstbewusst mit Freunden oder Verwandten darüber. Viele befürchten, bemitleidet zu werden, auf Unverständnis zu stoßen oder sogar mit verletzenden Anspielungen konfrontiert zu werden. Noch seltener wird über die Ursachen der Störungen gesprochen. Frauen fällt es in der Regel leichter, sich darüber auszutauschen. Für Männer sind Gespräche über Fruchtbarkeitsstörungen dagegen ungewohnt, manchmal auch mit Angst besetzt, was häufig dazu führt, dass es verschwiegen wird.
Michael: »Meine Frau hat, gleich nachdem der Arzt uns gesagt hat, dass es auf natürlichem Weg nicht klappt, mit einer Freundin darüber gesprochen. Ich habe bis heute mit keinem darüber geredet. Als Mann sind solche Gespräche auch schwierig. Wann soll ich denn darüber reden? Beim Sport passt es nicht, abends in der Kneipe sitzen zu viele herum, die mithören könnten, und ansonsten treffe ich meine Freunde nicht. Aber mir macht es auch gar nicht so viel aus, nicht darüber zu reden. Ich kann das gut mit mir ausmachen.«
Wenn über männliche Unfruchtbarkeit gesprochen wird, so geschieht dies manchmal im Zusammenhang mit Impotenz. Die Begriffe »Virilität« (Männlichkeit, Manneskraft), »Sterilität« (Unfruchtbarkeit, Zeugungsunfähigkeit) und »Potenz« (Fähigkeit zum Beischlaf), bzw. Impotenz (Unfähigkeit zum Beischlaf) werden häufig miteinander verwechselt und fälschlicherweise in einem Atemzug genannt. Männer mit Fruchtbarkeitsstörungen fühlen sich in solchen Situationen gleichgestellt mit Männern, die nicht zum Geschlechtsverkehr fähig sind, obwohl dies in der Regel nicht miteinander verknüpft ist. Diese Vermischung von Begriffen macht es Männern noch schwerer, über ihre Zeugungsunfähigkeit zu sprechen. Manchmal werden vorsichtige Versuche, darüber zu reden, durch unverständliche und verletzende Bemerkungen zunichte gemacht, bei denen mehr oder wenig unterschwellig eine Andeutung auf sexuelle Impotenz mitschwingt.
Dieses Kapitel beschreibt die emotionalen Aspekte bei der medizinischen Untersuchung, typische Reaktionen von Männern auf die Diagnose und die Bedeutung von männlicher Unfruchtbarkeit für die Partnerschaft. Männliche Unfruchtbarkeit ist zwar der häufigste Grund dafür, dass sich Paare für eine Samenspende entscheiden. Es soll jedoch nicht vergessen werden, dass es noch andere Gründe gibt. Männer ohne Fruchtbarkeitsstörungen, bei denen jedoch eine genetische Erkrankung festgestellt wurde, können sich für eine Samenspende entscheiden, um zu verhindern, dass die Krankheit auf das Kind übertragen wird. Darüber hinaus verwenden auch lesbische und alleinstehende Frauen die Samenspende, um ein Kind zu zeugen. Dies sind andere Voraussetzungen, für die dieses Kapitel nur bedingt relevant ist.

Urologische und andrologische Untersuchungen

Wenn sich ein Paar ein Kind wünscht, aber auch nach vielen Monaten keine Schwangerschaft eintritt, ist es in der Regel die Frau, die dies zuerst mit ihrem Gynäkologen bespricht. Ihr werden dann diagnostische Verfahren wie das Führen einer Temperaturkurve angeraten. Für die meisten Frauen ist dies kein großer Schritt, denn sie sind an gynäkologische Untersuchungen gewöhnt. Wenn der Arzt auch dem Mann eine Untersuchung seiner Fruchtbarkeit empfiehlt, reagieren viele oder sogar die meisten zunächst skeptisch und reserviert. Darüber hinaus sind vielen Männern urologische oder andrologische Untersuchungen fremd. Von daher ist es durchaus verständlich, wenn Männer zunächst mit einer gewissen Reserviertheit reagieren, wenn sie ihre Fruchtbarkeit untersuchen lassen sollen. Sie können, im Gegensatz zu Frauen, noch weniger einschätzen, was auf sie zukommt. Manche Männer reagieren mit Erstaunen und Fassungs-losigkeit, wenn der Arzt bei ihnen eine verminderte Zeugungsfähigkeit feststellt.
Timo: »Meine Frau machte die ersten Schritte. Sie ließ sich von ihrem Frauenarzt, bei dem sie schon seit Jahren regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durchführen lässt und den sie daher gut kennt, untersuchen. Der jedoch konnte nichts Außergewöhnliches feststellen. Er empfahl ihr deshalb, dass auch ich mich untersuchen lassen solle. Dass mit mir etwas nicht stimmen könnte, war für mich ganz neu und machte mich sehr unsicher. Ich, und ich glaube, auch meine Frau, waren bis zu diesem Zeitpunkt immer davon ausgegangen, dass der Grund bei meiner Frau lag. Es dauerte ein paar Monate, bis ich bereit war, mich bei einem Urologen untersuchen zu lassen.«
Männer berichten im Vergleich zu Frauen eher selten über die Untersuchungen. Bei Nachfragen stellt sich jedoch heraus, dass manche die Art der Untersuchung oder die Umstände der Diagnosemitteilung als entwürdigend und demütigend empfinden. Manchmal sind die Räume zur Spermagewinnung ungeeignet oder das Behältnis zum Auffangen des Spermas wird als »anwenderunfreundlich« beschrieben. Auch wird die Atmosphäre beim Arzt bisweilen als verschämt und angespannt empfunden und es kann vorkommen, dass keine genauen Verhaltensanweisungen gegeben werden.
Martin: »Ich konnte die Spermaprobe zuhause gewinnen, was mir zunächst eine große Entlastung zu sein schien. Als ich am nächsten Tag den Arzt wegen des Ergebnisses anrief, war ich schockiert. Mir wurde mitgeteilt, dass kaum bewegliche Spermien gefunden wurden und mir wurde angeraten, das Spermiogramm bald wiederholen zu lassen. In einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt stellte sich heraus, dass ich meine Spermaprobe bis zum Abgeben beim Arzt auf Körpertemperatur hätte halten müssen. Dies war mir aber nicht gesagt worden. Und ich hatte einen ziemlich langen Weg bis zum Arzt. Dies erklärte wohl, weshalb mein Spermiogramm an diesem Tag so schlecht ausgefallen war. Ich war enttäuscht und auch wütend über den Arzt, dass er mir dies nicht mitgeteilt hatte.«
Auch passiert es noch immer, dass das medizinische Personal wenig sensibel mit den Patienten umgeht.
Rudi: »Ich gab meine Spermaprobe ab, und ich war froh, dass ich es unter dem Druck geschafft hatte. Nach einer halben Stunde öffnete ein Arzt die Tür zum Flur, auf dem ich und ungefähr 20 Frauen und andere Männer warteten, und rief mir zu: ›Herr M., Ihr Spermiogramm müssen wir noch mal wiederholen.‹ Ich versank vor Scham in meinem Stuhl und hatte das Gefühl, dass mich alle auf dem Flur anstarrten. Ich hatte auf diesen Arzt eine so große Wut und fühlte mich von ihm so bloßgestellt, dass ich nicht mehr hinging.«
Das Abgeben einer Spermaprobe ist für die meisten Männer mit Anspannung und Stress verbunden ist. Nicht selten denken Männer schon Tage vor dem Termin ständig daran und richten ihr Sexualleben danach, um das Ergebnis des Spermiogramms nicht zu verfälschen. Für die meisten ist es zudem nicht einfach, auf Kommando einen Samenerguss herbeizuführen. Sie haben Versagensangst und befürchten, dass sich diese körperliche und seelische Anspannung negativ auf das Ergebnis auswirken könnte und die Spermaprobe deshalb schlechter ausfällt.
Sie können als Mann etwas dazu beitragen, dass die Untersuchung Ihrer Fruchtbarkeit emotional weniger belastend ist. Vereinbaren Sie mit dem Urologen, der die Untersuchung machen soll, zunächst einen Gesprächstermin. Erkundigen Sie sich nach dem genauen Ablauf:
• Ist es erforderlich, dass Sie eine bestimmte Anzahl von Tagen vor der Untersuchung keinen Samenerguss haben?
• Wenn Sie eine Samenprobe zuhause gewinnen können, wie schnell und unter welchen Bedingungen sollte sie beim Arzt abgegeben werden?
• Wenn Sie die Samenprobe beim Arzt abgeben, schauen Sie sich den Raum vorab an und klären Sie, ob Sie auf Wunsch von Ihrer Partnerin begleitet werden können.
• Wie lange dauert es, bis Sie das Ergebnis erhalten?
• Achten Sie darauf, dass Ihnen das Ergebnis nicht telefonisch mitgeteilt wird. Vereinbaren Sie einen Gesprächstermin, damit Sie ggf. Fragen nach der genauen Bedeutung des Ergebnisses stellen können.
• Gehen Sie davon aus, dass der Arzt Ihnen nicht unbedingt einen Grund für das Ergebnis der Untersuchung nennen kann. In rund einem Drittel der Fälle wissen Ärzte nicht, worauf die Unfruchtbarkeit zurückgeführt werden kann; sie können nur mitteilen, dass eine Einschränkung der Fruchtbarkeit vorliegt.
• Fragen Sie, wie Erfolg versprechend bestimmte Behandlungen wie Inseminationen, IVF1 oder ICSI mit dem eigenen Samen in Ihrem individuellen Fall sind.

Emotionale Reaktionen von Männern

Für die meisten Männer und Frauen geht die Diagnose der Unfruchtbarkeit einher mit heftigen Gefühlsregungen. Viele beschreiben den unerfüllten Kinderwunsch als die schlimmste Erfahrung ihres bisherigen Lebens und als eine elementare Lebenskrise. Fast jeder, der sich damit auseinandersetzen muss, dass er sich Kinder wünscht, aber sie nicht oder vielleicht nur mit medizinischer Unterstützung zeugen kann, empfindet Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Selbstzweifel und Scham. Die emotionalen Reaktionen von Männern unterscheiden sich wenig von denen der Frauen, allerdings zeigen die meisten Männer ihre Gefühle weniger deutlich nach außen. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass sie die Diagnose weniger belastet. In vielen Gesprächen wiesen mich Männer jedoch darauf hin, dass dies häufig nur der äußere Eindruck ist. Auch sie leiden, machen jedoch ihr Leid eher mit sich selbst ab und denken eher an Lösungsmöglichkeiten.
Thomas: »Ich war nach der Diagnose sehr niedergeschlagen. Eigentlich konnte ich es kaum fassen und ich wollte unbedingt noch eine zweite medizinische Meinung hören. Aber als mir dann nach und nach klar wurde, dass diese Diagnose wirklich stimmte, überlegte ich, was wir tun könnten. Ich wollte eine Lösung für das Problem finden.«
Manuela: »Dass ich nichts tun konnte, um ein Kind zu bekommen, das war das Schlimmste für mich. Für meinen Mann war es genau so, aber er sagte nicht so viel. Er war auch sehr traurig, aber er war anders traurig. Ich zeigte es viel deutlicher. Er dachte darüber nach, aber man merkte davon nicht so viel.«
Zu Beginn der Auseinandersetzung mit der ungewollten Kinderlosigkeit, vor allem nachdem die medizinische Diagnose gestellt wurde, kann ein Gefühl des Schocks einsetzen. Auch ist es nicht ungewöhnlich, dass Sie als Mann zunächst versuchen, die Diagnose von sich zu weisen und hoffen, der Arzt habe eine falsche Diagnose gestellt.
Lars: »Als mir der Arzt offenbarte, dass ich kaum Samen im Ejakulat hatte, war meine erste Reaktion: ›Warum ich?‹ Ich war schockiert und niedergeschmettert, weil ich so etwas nie erwartet hätte. Insgeheim hatte ich gehofft, dass der Arzt einen Fehler gemacht oder das Spermiogramm vertauscht hatte. Aber leider stellte der Arzt auch bei der nächsten Untersuchung genau das Gleiche fest.«
Auch zweifeln manche Männer an ihrer Männlichkeit, da für sie die Fähigkeit, ein Kind zu zeugen, eng mit ihrem Bild als Mann und mit ihrem männlichen Selbstwertgefühl zusammenhängt. Dies bezieht sich weniger auf ihre sexuelle Potenz, als auf das allgemeine Gefühl ein »richtiger« Mann zu sein.
Lars: »Ich musste mir immer wieder sagen, dass ich kein Versager bin, ich wollte mich nicht als Versager sehen, aber dieses Bild kam immer wieder in mir hoch.«
Manche Männer empfinden Wut, z. B. auf den Arzt, der keine eindeutige Ursache für die Unfruchtbarkeit diagnostizieren konnte oder nicht zu helfen vermag. Oft hat diese Wut jedoch keinen konkreten Auslöser, sondern symbolisiert schlichtweg die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die man empfindet.
Martin: »Ich war auf einmal auf alles und jeden wütend, und ich konnte gar nicht sagen, was genau diese Wut ausgelöst hatte. Ich glaube, dass ich etwas machen wollte, und ich wusste genau, dass es gar nichts gab, was ich unternehmen konnte, um unsere Situation zu verbessern.«
Nacht- und Tagträume haben viele Menschen, nicht nur in Krisenzeiten. In Träumen verarbeiten wir Ängste und Sorgen und leben Phantasien aus, die nicht immer einen direkten Bezug zur Realität haben. Nach der Diagnose von Unfruchtbarkeit können Träume bedrohlich wirken, vor allem, wenn sie Tabus durchbrechen.
Jens: »In meinen Träumen erinnerte ich mich an ehemalige Freunde und dachte daran, wie meine Frau mit ihnen schlief, um schwanger zu werden. Einerseits schien dies eine so einfache Lösung, andererseits machte es mir viel Angst. Ich fragte mich: ›Wenn meine Frau nach einer Behandlung mit ICSI schwanger werden würde, müsste ich davor Angst haben, dass sie vielleicht während der Behandlung fremdgegangen ist und das Kind doch nicht mein eigenes ist?‹«
Auch ist es nichts ungewöhnliches, wenn Männer von sexuellen Affären außerhalb der Beziehung träumen. Die Hoffnung, trotz der Unfruchtbarkeit ein potenter Sexualpartner zu sein und trotz dieses Makels seinen Körper kontrollieren zu können, spielt dabei eine wichtige Rolle. Ein Berater erklärte dies folgendermaßen:
»Männliche Fruchtbarkeit ist ein Symbol sexueller Potenz. Wenn sie beeinträchtigt ist, bedroht sie die Identität des Mannes und er empfindet sich als machtlos. Er versucht, diesen Verlust eines Potenzials zu bewältigen und fühlt seine Fähigkeit, die Welt zu kontrollieren, bedroht…. Männer sind daran gewöhnt, umher zu rennen und zu versuchen, Probleme zu lösen. Bei Unfruchtbarkeit suchen sie medizinische Behandlung auf und informieren sich, aber oft ist es ein zielloses Hin- und Herlaufen. Es gibt nicht viel, was sie machen können, die Ärzte machen alles. Die Frau ist damit beschäftigt, schwanger zu werden und der Mann fühlt sich verwirrt, weil es für ihn keine Aufgabe gibt« (Mason 1993, S. 151–152).
Phantasien und Träume dieser Art sind also durchaus normal, auch wenn sie die seelische Verfassung beeinflussen können. Wichtig zu wissen ist, dass die Botschaften in Träumen eher symbolischen Charakter haben. Träume spiegeln daher nicht unbedingt ein bewusstes oder unbewusstes Verlangen wieder, sondern sind ein Zeichen des Unbewussten, dass es sich mit einer schwierigen Situation auseinandersetzt.
Ungewollte Kinderlosigkeit kann dazu führen, dass man sich von Freunden und Bekannten zurückz...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Geleitwort
  6. Einführung
  7. Psychosoziale Themenstellungen
  8. Juristische Themenstellungen
  9. Bibliographie