Erlebnispädagogik in der Behindertenarbeit
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Erlebnispädagogik in der Behindertenarbeit

Konzepte für die schulische und außerschulische Praxis

  1. 168 Seiten
  2. German
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Erlebnispädagogik in der Behindertenarbeit

Konzepte für die schulische und außerschulische Praxis

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Erlebnispädagogik gilt heute als wichtiger Bestandteil ganzheitlicher Erziehungs- und Bildungskonzepte. Erlebnispädagogik ist subjektzentriert, gruppenbezogen und handlungsorientiert. Mit Hilfe von Gruppenerfahrungen in der Natur und in pädagogisch wenig erschlossenen Bereichen soll vor allem die Entwicklung sozialer Kompetenzen und psychischer Gesundheit unterstützt werden. Erlebnispädagogik findet inzwischen auch in der Heil- und Sonderpädagogik immer mehr Zuspruch. Zum ersten Mal bietet dieses Buch eine Zusammenschau wertvoller Anregungen aus unterschiedlichen heil- oder sonderpädagogischen Praxisfeldern. Alle Beiträge stammen aus der Praxis und liefern wertvolle Anregungen über die Möglichkeiten der Erlebnispädagogik mit unterschiedlichen Gruppen von behinderten Kindern und Jugendlichen aus den unterschiedlichsten Praxisfeldern.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170276260
Tanja Kinne

Einführung in
die Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik hat sich in den letzten 50 Jahren vom „innovativen Modellprojekt“ (Heckmair & Michl, 2008, S. 9) zu einer anerkannten Konzeption innerhalb der Erziehungswissenschaften entwickelt. In der Praxis hat sie in vielen Bereichen pädagogischer Arbeit Fuß gefasst. Erlebnispädagogische Konzepte etablierten sich zunächst im sozialpädagogischen Bereich, gewinnen jedoch im Kontext von PISA und aktuellen Forderungen nach Schlüsselqualifikationen zunehmend Beachtung im schulischen Kontext. Auch innerhalb pädagogischer Studiengänge findet man heute erlebnispädagogische Angebote an zahlreichen Universitäten im gesamten Bundesgebiet (vgl. Liedtke & Wagner, 2008).
Dabei kann sich die Erlebnispädagogik auf vielfältige, vor allem reformpädagogische Wurzeln berufen und pädagogische Größen wie Rousseau, Thoreau und Dewey als ihre Vordenker anführen. Der wohl bekannteste Begründer des erlebnispädagogischen Ansatzes im deutschsprachigen Raum ist Kurt Hahn. Empört über die Verfallserscheinungen der Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg schuf er in seiner Funktion als Leiter des Landerziehungsheims Schloss Salem ein pädagogisches Konzept zur Erziehung zur Verantwortung durch Verantwortung. Seit Hahns ‚Erlebnistherapie‘ sind in den letzten Jahrzehnten viele Arbeiten zur konzeptionellen Weiterentwicklung und theoretischen Absicherung geleistet worden. Besonders systemtheoretische, kommunikationspsychologische und konstruktivistische Ansätze, aber auch aktuelle neurowissenschaftliche Erkenntnisse wurden herangezogen, um das erlebnispädagogische Konzept theoriegeleitet zu verankern (vgl. Heckmair & Michl, 2008). Parallel dazu wurde eine Vielzahl an praktischen Anregungen für die erlebnispädagogische Arbeit in Form von Aufgabensammlungen und Projektbeschreibungen veröffentlicht, welche vielfältige Anregungen für die praktische Arbeit geben können.
Aus der Perspektive der Erlebnispädagogik scheint das Thema Behinderung in der Praxis in den letzten Jahren verstärkt wahrgenommen zu werden. Dies zeigt zum Beispiel die Gründung des Netzwerkes ‚Erlebnispädagogik und Behinderung‘ auf dem Kongress ‚erleben & lernen‘ im Oktober 2004 in Augsburg. Daraus ging eine Vielzahl an Impulsen für die Praxis hervor. Unter der Überschrift ‚Behindert, benachteiligt?!‘ widmete die Zeitschrift e&l – Internationale Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen dem Thema beispielsweise ein komplettes Doppelheft (e&l, 2007, 15. Jg.), in welchem neben theoretischen Überlegungen zahlreiche Erfahrungen zur erlebnispädagogischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung zusammengefasst wurden.
Auch der Heilpädagogik (Synonym für Sonderpädagogik, Behindertenpädagogik, Rehabilitationspädagogik, spezielle Pädagogik [special education]) blieb die Erlebnispädagogik nicht verborgen. So sprachen sich beispielsweise Theunissen (1994) und Speck (1995) als namhafte Vertreter des Faches schon in den 1990er Jahren für die Integration erlebnispädagogischer Überlegungen in eine sonderpädagogische Gesamtkonzeption aus. Seit dieser Zeit gab es zahlreiche Veröffentlichungen zu diesem Thema und erlebnispädagogische Angebote gewannen in der pädagogischen Praxis zunehmend an Bedeutung.

1 Die Frage nach einer besonderen Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik als ein allgemeinpädagogisches Konzept hat die Persönlichkeitsentwicklung aller Menschen im Blick. Immer wieder wurde die Frage nach einer speziellen Erlebnispädagogik für Menschen mit speziellen Bedürfnissen gestellt. Die Qualität erlebnispädagogischer Arbeit zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass sich ihr Angebotscharakter an den Bedürfnissen und Möglichkeiten ihrer Adressaten orientiert. Die Spannweite eines solchen Angebots kann genauso unterschiedlich sein wie die Verschiedenheit jeglichen menschlichen Seins. Übereinstimmend mit Moor (1974), welcher feststellt „Heilpädagogik ist Pädagogik und nichts anderes!“ (S. 273), erübrigt sich auch die Frage nach einer besonderen Erlebnispädagogik für Menschen mit Behinderungen. Vielmehr ist es von Interesse zu erkunden, unter welchen Bedingungen erlebnispädagogische Angebote durchgeführt werden können, um den schmalen Grat zwischen Herausforderung und Überforderung zu beschreiten. Dies kann nur dann gelingen, wenn die individuellen Voraussetzungen und Entwicklungsbedürfnisse jeder teilnehmenden Person zur zentralen Richtlinie bei der Planung und Durchführung erlebnispädagogischer Maßnahmen gemacht werden. Eine Forderung, die die gesamte Behindertenpädagogik durchzieht und auch innerhalb erlebnispädagogischer Diskurse immer wieder betont wird. Die erlebnispädagogischen Leitorientierungen, die im Folgenden näher beschrieben werden, behalten dabei stets ihre Gültigkeit. Die Umsetzung in der Praxis geschieht dagegen immer zielgruppenorientiert, das heißt das konkrete Angebot für den Einzelnen oder eine Gruppe wird niemals identisch sein, was in den einzelnen Praxisartikeln innerhalb dieses Bandes deutlich sichtbar wird.

2 Was hat die Erlebnispädagogik der Behindertenpädagogik zu bieten?

In Anlehnung an die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) wird Behinderung heute nicht mehr als fixer Zustand aufgefasst, sondern sie konstituiert sich erst im Zusammenspiel aus individuellen Dimensionen (wie Aktivitäten, Körperfunktionen und -strukturen), der Person-Umwelt-Dimension als Partizipation an Lebensbereichen sowie der Dimension der Kontextfaktoren (personenbezogene Faktoren und Umweltfaktoren). Soziale Kompetenzen können hierbei als personenbezogene Faktoren gesehen werden, mit Hilfe derer sich Menschen mit Behinderung gegen identitätsschädigende, stigmatisierende und etikettierende Einflüsse zur Wehr setzen und „enthindernde“ Kräfte entwickeln können. Sie gelten als Moderator-Variable für eine gelungene Identitätsentwicklung im Sinne von „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“.
Auch innerhalb schulischer Kontexte werden besondere Hilfen „bei der Findung und Entfaltung der Persönlichkeit“ (Drave et al., 2000, S. 266) gefordert. Das Selbsterleben als handelnde Person soll dabei Möglichkeiten zur sozialen Eingliederung sowie Selbstfindung und Selbstentfaltung bieten. Den Schülerinnen und Schülern soll ausreichend Gelegenheit gegeben werden, sich innerhalb der Gemeinschaft zu orientieren, indem zwischen Unterordnung und Selbstbehauptung soziales Miteinander erlebt wird. Allein die Tatsache, dass schulisches Lernen langfristig interaktiv, also „in Auseinandersetzung mit signifikanten Anderen“ (Konrad, 2005, S. 54) innerhalb von Gruppen Gleichaltriger, beziehungsweise in Interaktion mit Pädagoginnen und Pädagogen, realisiert wird, verdeutlicht die Relevanz sozialer Kompetenzentwicklung im schulischen und außerschulischen Kontext.
Dem steht jedoch eine Praxis gegenüber, in der oftmals kognitivsachorientierte Lernprozesse den Schulalltag bestimmen. Soziale Lernprozesse, die eine Auseinandersetzung mit der eigenen Person in sozialer Gebundenheit fokussieren, werden lediglich durch verschiedene Sozialformen des Unterrichts initiiert und damit quasi nebenbei ‚bearbeitet‘. Heute kann jedoch als gesichert gelten, dass sich soziale und kognitive Aspekte wechselseitig beeinflussen und die Vernachlässigung einer Seite die gesamte Kompetenzentwicklung hemmen kann (vgl. Holz, 1994, S. 125). Deshalb scheint es erforderlich, soziale Kompetenzen selbst zum zentralen Gegenstand des Lernens zu machen und damit Raum für die Entwicklung der Persönlichkeit auch innerhalb schulischer Kontexte zu schaffen.
Als handlungsorientiertes Konzept zur Unterstützung sozialer Kompetenzentwicklung kann die Erlebnispädagogik hierbei Denkanstöße in dreierlei Hinsicht geben. In Abgrenzung zu anderen handlungsorientierten Konzepten zeichnet sie sich dadurch aus, dass soziale Kompetenzen selbst zum Gegenstand von Lernprozessen werden. Außerdem wird deren eigenaktive Entfaltung konzeptuell eingebunden und drittens wird innerhalb aktueller Diskussionen die Rolle von Pädagoginnen und Pädagogen als Lern- und Prozessbegleiter in besonderer Weise reflektiert (vgl. Kinne, 2011, S. 12).
Die Erlebnispädagogik verbindet dabei erfahrungs- und handlungsorientierte Ansätze, indem durch unmittelbares Erleben, beispielsweise einer gemeinsamen Radtour, einer Kletteraktion oder der gemeinsamen Meisterung einer Problemlöseaufgabe, soziale Erfahrungen gesammelt werden. Die Aktivität ist dabei zunächst ein äußeres Ereignis, welches pädagogisch intendiert ist. Es zeichnet sich durch einen hohen Aufforderungscharakter in Bezug auf das Handeln innerhalb sozialer Bezüge aus. Das erlebnispädagogische Lernarrangement als äußerer Reiz wird aufgrund individueller Wahrnehmungsprozesse zu einem subjektiv bedeutsamen Eindruck verarbeitet. Dieser Eindruck wird durch innere, meist unbewusste Reflexionen zu einer Erfahrung. Diese bleibt zunächst eng an die konkrete Situation gebunden und ist nicht ohne Weiteres auf Alltagsbezüge übertragbar. Pädagoginnen und Pädagogen regen nun zu einer vertieften Reflexion an, indem für den Ausdruck des Erlebten in Form verbaler oder nonverbaler Reflexionen Zeit und Raum gegeben wird. Dieser Ausdruck wird durch Reflexionsimpulse in Form nicht wertender Widerspiegelungen von Beobachtungen angeregt und thematisch strukturiert. Dadurch wird die Erfahrung von der unmittelbaren Situation abgelöst und der Transfer auf Alltagsbezüge unterstützt. Voraussetzung für das Gelingen des Transfers sind die strukturelle Ähnlichkeit der erlebnispädagogischen Anforderung und der Alltagssituation und die reflexive Verarbeitung des Erlebten.
Die moderne Erlebnispädagogik vereint damit die vor allem im schulischen Kontext oft getrennt wahrgenommenen Momente des Erlebens, Erfahrens und Erkennens. Da Lernprozesse jedoch weder an eine bestimmte Lebensphase, noch an die Institution Schule gebunden sind, können erlebnispädagogische Angebote ebenfalls im außerschulischen Bereich zu einem Leben in aktiver Teilhabe beitragen. Durch ihren hohen Aufforderungscharakter verbindet sie Aspekte des primären Motivationssystems (Neugiermotivation, Lust-Unlust-Prinzip) mit Aspekten des sekundären Motivationssystems (Streben nach Erfolg, Vermeiden von Misserfolg, Stolz auf die eigene Person). Sie schafft somit auch bei geringer Antriebsregulation eine Grundlage zur Differenzierung des Motivationssystems und für den Aufbau intrinsischer Motivation, denn durch das Ansprechen der Neugiermotivation können auch bei einem wenig ausgeprägten Motivationssystem Lernfelder eröffnet werden, die zu selbstständigem Handeln herausfordern.
Die Bewusstheit und Kontrolle von Gefühlen sind Voraussetzung zum Aufbau von Handlungsregulation. Emotional bedeutsame und positiv wahrgenommene Situationen, die wiederholt erlebt werden, tragen dazu bei, das Selbst des Individuums zu stärken und intrinsische Motivation zu fördern. Innerhalb der Erlebnispädagogik nimmt das individuelle Erleben des Einzelnen im Bezug zur Gruppe eine zentrale Bedeutung ein und das emotionale System kann in der erlebnispädagogischen Situation gezielt differenziert werden. Schülerinnen und Schüler erleben die Folgen ihres Handelns als unmittelbares Handlungsergebnis und erfahren dadurch Selbstwirksamkeit und Umweltkontrolle.
Reflexionsprozesse als fester Bestandteil erlebnispädagogischer Arbeit bieten dabei ein eigenes Lernfeld für kommunikative Prozesse. Durch die Reflexion des eigenen Handelns und des Handelns von Mitschülerinnen und Mitschülern können Eigen- und Fremdwahrnehmung verglichen werden. Dadurch wird die realistische Einschätzung eigener Fähigkeiten unterstützt und die Abhängigkeit von Fremdbewertungen durch erwachsene Bezugspersonen sinkt. Besteht die Tendenz zu Außengerichtetheit und zu motivationaler Abhängigkeit von der Beziehungsabsicherung statt vom Handlungsergebnis, steht dies dem Lernprozess nicht im Wege, da die Aufgabenlösung die Zusammenarbeit in sozialer Interaktion erfordert. Ein In-Beziehung-Sein kann als gewinnbringend für ein befriedigendes Handlungsergebnis erlebt werden und Kommunikation und Kooperation werden als konstituierende Elemente des Zusammenlebens erlebt und aktiv entfaltet (vgl. Kinne, 2011, S. 139 f.).
Gerade bei der Auseinandersetzung mit Selbstbestimmung, als einer schrittweisen Ablösung aus Abhängigkeit und Fremdbestimmung, stoßen wir im pädagogischen Feld unweigerlich auf die grundlegende Debatte um das Verhältnis von Führung und Selbsttätigkeit. Die Erlebnispädagogik reflektiert die Antinomie von Selbsttätigkeit und Führung sehr bewusst, indem Selbstorganisation und Mitbestimmung konzeptionell eingebettet werden. Führung wird hierbei nicht verneint, sondern nondirektiv umgesetzt. Dazu werden Lernlandschaften gestaltet, in denen die eigenaktive Entfaltung von Erkenntnisprozessen als selbstgesteuerter Prozess ermöglicht wird. Da das Ergebnis der Handlung für sich spricht, können Pädagoginnen und Pädagogen als bewertende Instanz in den Hintergrund treten, d. h. an die Stelle normativer Grenzsetzungen kann das Erleben von Sachzwängen als ‚stabile Realitäten‘ treten (vgl. Speck, 1995, S. 148). Personale Fremdbestimmung kann dabei zugunsten verantwortbarer Selbstbestimmung in den Hintergrund treten.

3 Soziale Kompetenzen als Zielperspektive der Erlebnispädagogik

Soziale Kompetenzen werden von zahlreichen Autoren als Voraussetzung für eine gelungene Identitätsentwicklung angeführt. Wie schon oben beschrieben, stellen sie als personenbezogene Kontextfaktoren eine Moderatorvariable für eine gelungene Identitätsentwicklung dar, mit Hilfe derer eine betroffene Person selbst in der Lage ist, enthindernde Kräfte zu mobilisieren. Oben wurde die Unterstützung sozialer Kompetenzentwicklung als übergeordnetes Ziel der Erlebnispädagogik beschrieben. Unter dieser Zielperspektive lohnt es sich, näher zu beleuchten, was unter sozialer Kompetenz zu verstehen ist.
Individuum und Gruppe werden innerhalb der Erlebnispädagogik als miteinander verflochtene Teile eines Ganzen betrachtet. Soziale Kompetenz zielt somit auf das Individuum und seine Integration in der Gesellschaft. Effektives Handeln in sozialen Situationen liegt dann vor, wenn in Interaktionen eigene Ziele erreicht werden und gleichzeitig positive Beziehungen zu anderen über einen längeren Zeitraum und in unterschiedlichen Situationen aufrechterhalten werden. Das Durchsetzen eigener Ziele ohne Aufbau und Erhalt von Beziehungen zu anderen Individuen ist demnach ebenso wenig als kompetent zu erachten wie der Beziehungsaufbau ohne die Umsetzung eigener Ziele und Wünsche (vgl. Petermann et al., 2007, S. 20). Soziale Kompetenzen umfassen somit selbstbehauptende Kompetenzen und Kompetenzen zur Integration in eine Gruppe.
Nimmt man das einzelne Individuum in den Blick, so geht es um die Entwicklung und Förderung von Selbstvertrauen, Eigenverantwortung und Selbststeuerung. Dazu notwendig sind Fähigkeiten, eigene Gefühle wahrzunehmen, zu benennen und zu regulieren, eigene Ängste zu kontrollieren und der Mut, neue Herausforderungen anzugehen. Das Kennenlernen eigener Stärken und Schwächen trägt dabei zur Förderung einer realistischen Selbsteinschätzung bei. Außerdem geht es um selbstbehauptende Fähigkeiten wie Nein-Sagen-Können, sich nicht dem Gruppenzwang zu unterwerfen oder eine eigene Meinung haben dürfen – kurz: Fremdsteuerung abzubauen. Ebenfalls wichtig in diesem Bereich wären Fähigkeiten zum Erkennen von Unterstützungsbedarf und zum Einfordern entsprechender Hil...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Einführung in die Erlebnispädagogik
  7. Erlebnispädagogik und Empowerment – erlebnispädagogisches Lernen für Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten (geistiger Behinderung)
  8. Wir sind eine Gruppe! – Praxiserfahrungen mit lernbehinderten und verhaltensauffälligen Jugendlichen
  9. Klettern – mehr als ein Bewegungsangebot für Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt körperlichmotorische Entwicklung
  10. Erlebnispädagogik auf Rädern – Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Rollstuhl
  11. Mein Leben als Outdoor-Trainerin mit Querschnittslähmung
  12. Wohin mit den Erlebnissen – Themenzentrierte Interaktion (TZI) als Planungs- und Reflexionshilfe in der Erlebnispädagogik
  13. AutorInnenverzeichnis