Förderung bei Hochbegabung
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Förderung bei Hochbegabung

  1. 152 Seiten
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Förderung bei Hochbegabung

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Der Anspruch Hochbegabter auf Förderung ist heute unumstritten. Im ersten Teil des Buches werden die Grundlagen zum Thema Hochbegabung erörtert (z.B. aktuelle Hochbegabungsmodelle, diagnostische Möglichkeiten usw.). Anschließend wird der Zusammenhang von Begabung und Leistung aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt. Weiterhin wird die Frage, in welchen Entwicklungsbereichen sich hochbegabte Kinder und Jugendliche von durchschnittlich Begabten unterscheiden, auf Basis einschlägiger Befunde der Intelligenzforschung diskutiert. Im zweiten Teil werden - vornehmlich schulische - Begabtenfördermaßnahmen vorgestellt und anhand der verfügbaren Wirksamkeitsstudien reflektiert.

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Information

Jahr
2011
ISBN
9783170278509
Auflage
1
Thema
Bildung
1

Definitionen und Modelle der Hochbegabung

Um diese und andere Publikationen zum Thema Hochbegabung besser nachvollziehen, miteinander in Einklang, aber auch voneinander abgrenzen zu können, stellt die Klärung der verwendeten Begriffe (Abschnitt 1.1) eine Grundlage dar. In Abschnitt 1.2 wird die Spannweite der Hochbegabungsmodelle durch die Darstellung dreier sehr unterschiedlicher, gleichwohl sehr bekannter Modellvorstellungen kurz aufgezeigt. Die drei hier behandelten Hochbegabungsmodelle können als befruchtende Beiträge der renommiertesten Experten zur Hochbegabungsthematik angesehen werden. Anschließend wird das Hochbegabungskonstrukt auf Basis quantitativer Kriterien weiter konkretisiert.

1.1 Begriffsklärungen

Hochbegabung an sich ist nicht direkt beobachtbar, sondern das Phänomen kann nur als Konstrukt beschrieben werden. Dies zieht die Existenz unterschiedlicher Definitionen und Modellvorstellungen von Hochbegabung nach sich. Die Thematik wird durch die uneinheitliche Verwendung der Begrifflichkeiten, teilweise auch aus dem angloamerikanischen Sprachraum, weiter kompliziert. So wird der im englischen gebräuchliche Begriff „giftedness“ mit „Begabung“, „Begabtheit“ oder „Hochbegabung“ ins Deutsche übertragen (vgl. Häcker & Stapf, 1998; Oerter, 2008). Während der Talent-Begriff im Deutschen eher als „Begabung/Fähigkeit“ im Sinne einer biologisch determinierten statischen Komponente verstanden wird (Wermke, Kunkel-Razum & Schulze-Stubenrecht, 2006, S. 994), bezeichnete der US-amerikanische Psychologe Robert Gagné (1916–2002) mit „Talent“ die überlegene Beherrschung systematisch entwickelter Fähigkeiten bzw. das überdurchschnittlich hohe Wissen in einer Domäne (Gagné, 2003).
In der deutschsprachigen psychologischen Fachliteratur werden die Begriffe Begabung und Intelligenz entweder synonym verwendet (Heller, 2000; Rost, 2000) oder der Begabungsbegriff wird weiter gefasst und schließt dann neben der intellektuellen Begabung weitere Begabungsfacetten (z.B. Musikalität) mit ein. Beide Begriffe können darüber hinaus als eindimensionale oder als mehrdimensionale Konzepte aufgefasst werden: Der eindimensionale Intelligenzbegriff entspricht dem Generalfaktorenmodell nach Spearman, wonach alle kognitiven Leistungen im Wesentlichen auf einen Intelligenzfaktor zurück zu führen sind; spezifische Intelligenzfaktoren spielen nach Spearman eine untergeordnete Rolle und erlauben die Bewältigung der konkreten Anforderungen, die eine Aufgabe stellt. Mehrdimensionale Intelligenzmodelle gehen demgegenüber von der Existenz bereichsspezifischer intellektueller Fähigkeiten (z.B. sprachliches Denken, anschauliches Denken) aus, die weitgehend voneinander unabhängig sind (z. B. das Mehrfaktorenmodell von Thurstone).
Begabung kann darüber hinaus statisch („entweder man hat es, oder nicht“) oder als dynamisches Konstrukt, das sich in Interaktion mit der Umwelt entwickelt, aufgefasst werden. Die Konsequenzen dieser unterschiedlichen Auffassungen sollen später noch ausführlicher diskutiert werden. Zuvor wenden wir uns der Frage zu, was unter Hochbegabung zu verstehen ist. Aus den unterschiedlichen Definitionen kann die „weit überdurchschnittliche Ausprägung der Begabung, die zu Spitzenleistungen befähigt“, als kleinster gemeinsamer Nenner herausgefiltert werden (Sparfeldt, 2006). Die großen und für die pädagogische Praxis überaus bedeutsamen Unterschiede in den Hochbegabungsmodellen sollen nachfolgend anhand dreier ausgewählter Modellvorstellungen kurz verdeutlicht werden. Zur Vertiefung dieser theoretischen Betrachtung sei an dieser Stelle auf die Publikationen von Holling und Kanning (1999) sowie Weidtmann (2007) verwiesen.

1.2 Modelle der Hochbegabung

Der durch die Marburger Hochbegabtenstudie bekannt gewordene Forscher Detlef Rost definiert Hochbegabung als überdurchschnittliche Intelligenz und vertritt damit eine eindimensionale Sichtweise. Dafür sprechen seiner Ansicht nach methodische und diagnostische Argumente (vgl. Rost, 1993). Wie in der psychologischen Diagnostik allgemein üblich, werden dieser diagnostischen Kategorie Personen zugeordnet, deren intellektuelle Fähigkeiten mindestens zwei Standardabweichungen über dem Durchschnitt der Gesamtpopulation liegen. Da die meisten Intelligenztests auf einen Mittelwert von M = 100 und eine Standardabweichung von SD = 15 normiert sind, gelten nach dieser Definition diejenigen Personen als hochbegabt, die einen IQ von mindestens 130 erzielen (Erläuterungen zu IQ, Mittelwert und Standardabweichung sind im Anhang enthalten). Bleibt nur noch zu klären, welches Intelligenzkonstrukt zugrunde liegt. Rost plädiert vehement für die Orientierung am Generalfaktor der Intelligenz („g-factor“), was er als „goldenen Standard“ bezeichnet (Rost, 2009, S. 74). Er untermauert diese eindimensionale Betrachtungsweise der Intelligenz fundiert durch die Analysen der vorliegenden wissenschaftlichen Befunde (zur Vertiefung s. Rost, 2009).
Im Drei-Ringe-Modell der Begabung von Joseph Renzulli, das wohl als das populärste Modell gelten kann, wird das Zusammenwirken dreier Faktoren angenommen. Demnach ist die Hochbegabung im Schnittpunkt der drei Komponenten Begabung, Kreativität und Aufgabenengagement (Interesse, Leistungsstreben, Ausdauer) angesiedelt, die jeweils überdurchschnittlich hoch ausgeprägt sein müssen (vgl. Abbildung 2). Die überdurchschnittliche Begabung impliziert nach Renzulli ein hohes Niveau allgemeiner kognitiver Fähigkeiten (abstraktes Denken, Schlussfolgern, Gedächtnis, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit usw.) und gleichzeitig die hohe Ausprägung spezieller Fähigkeiten. Renzullis Modell wurde im deutschsprachigen Raum vielfach dafür kritisiert, dass es durch die Forderung der überdurchschnittlichen Ausprägung aller drei Einzelkomponenten das Konstrukt Hochbegabung mit überdurchschnittlicher Leistung gleichsetzt (vgl. Holling & Kanning, 1999; Weidtmann, 2007). Denn Personen, die überdurchschnittlich begabt, motiviert und kreativ sind, erzielen in der Regel auch die erwartungskonformen hohen Leistungen. Allerdings geht aus den Publikationen Renzullis (1993) auch hervor, dass die Modellfaktoren Aufgabenengagement und Kreativität eher als Entwicklungsziele eines Förderprogramms zu verstehen sind, wohingegen die Hochbegabung an sich durch die überdurchschnittliche Intelligenzausprägung definiert wird. Renzulli vertritt also eine dynamische Auffassung der Hochbegabung und hat eigene Förderprogramme entwickelt, mit denen die drei Modellkomponenten optimal zusammen geführt werden sollen. Diese Förderprogramme sind in den USA gut etabliert und werden auszugsweise in Kapitel 6 kurze Erwähnungen finden.
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Abb. 2: Das Drei-Ringe-Modell von Renzulli
Im sogenannten Münchner Hochbegabungsmodell, das von dem Begabungsforscher Kurt Heller und seiner Arbeitsgruppe entwickelt wurde, wird zwischen den Begabungsfaktoren und den Leistungsbereichen differenziert, die sich jeweils in unterschiedlichen fachlichen Domänen manifestieren können (z.B. intellektuelle Fähigkeit, Musikalität). Darüber hinaus werden im Modell die moderierenden Wirkungen von Umweltvariablen (z.B. Familienklima) und nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen des Kindes (z.B. Lernstrategien) in der Umsetzung von Begabung in Leistung berücksichtigt (siehe Abbildung 3). Es verdeutlicht damit sehr differenziert die multifaktorielle Beziehung zwischen Begabung und Leistung und erkennt ein mehrdimensionales Begabungskonstrukt an, nach dem eine Hochbegabung auch im nichtintellektuellen Bereich ausgeprägt sein kann.
Obwohl nur drei der existierenden Hochbegabungsmodelle herausgegriffen wurden, wird eine Vielzahl von Unterschieden deutlich, die durchaus von praktischer Relevanz sind. Die Definition der Hochbegabung nach Rost wird zwar für ihre Eindimensionalität kritisiert, ist aber genau dadurch besonders präzise und hält klare Anhaltspunkte für die Diagnostik bereit (Hochbegabung, wenn IQ ≥ 130). Rost orientiert sich am Generalfaktor der Intelligenz, was die Ermittlung eines einzelnen IQ-Wertes erlaubt. Aussagen zur Förderung beinhaltet seine Hochbegabungsdefinition hingegen nicht. Darüber hinaus bleibt sie auf die intellektuelle Hochbegabung begrenzt, andere Begabungsdomänen werden nicht berücksichtigt.
Versteht man Renzullis Modell als Hochbegabungskonstrukt, das in der Schnittmenge der drei Einzelfaktoren (Begabung, Aufgabenverpflichtung, Kreativität) angesiedelt ist, bringt dies tatsächlich etliche ungelöste Probleme für die praktische Arbeit mit sich. Denn in der Hochbegabungsdiagnostik müssten folgerichtig auch alle drei Bereiche aussagekräftig erfasst werden (diese Möglichkeiten werden in Kapitel 2 noch genauer diskutiert). Doch wie genau die Ausprägungen der drei Komponenten miteinander verknüpft sein müssen, um zu einer Hochbegabungsdiagnose zu kommen, wird im Drei-Ringe-Modell nicht geklärt. Muss ein Kind wirklich in allen drei Bereichen überdurchschnittlich gute Werte erzielen, um von einer Hochbegabung sprechen zu können? Ab wann ist hier von überdurchschnittlich zu sprechen, gilt dasselbe Kriterium (Mittelwert + 2 Standardabweichungen)? Das würde bedeuten, dass nur solche Kinder als hochbegabt gelten, die sowohl hinsichtlich ihrer Intelligenz als auch hinsichtlich der Kreativität und der Aufgabenmotivation jeweils zu den besten 2 % ihrer Altersgruppe zählen – ein weder praktikables noch erfolgversprechendes Unterfangen. Alternativ könnte man auch von einer kompensatorischen Beziehung der drei Ringe ausgehen, so dass ein etwas niedrigerer Wert in einem Faktor (z. B. Kreativität) durch sehr hohe Werte in einem anderen Faktor (z. B. Intelligenz) kompensiert werden könnte – all das ist wenig spezifiziert. Darüber hinaus würde ein kompensatorisches Verständnis der drei Modellfaktoren zu einer sehr heterogenen Gruppe von Hochbegabten führen. Werden die Faktoren Aufgabenmotivation und Kreativität des Drei-Ringe-Modells hingegen als Förderziele verstanden, wird damit das Hochbegabungskonstrukt wiederum auf die überdurchschnittliche Intelligenzausprägung verdichtet, diagnostisch besser greifbar und die resultierende Population der Hochbegabten homogener. Soll allerdings der dynamische Charakter der Hochbegabung im Drei-Ringe-Modell aufrecht erhalten bleiben, fehlen wiederum klare Beschreibungen dieser dynamischen Prozesse.
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Abb. 3: Das Münchner Hochbegabungsmodell (aus Heller, Reimann & Rindermann, 2002, S. 54)
Das Münchner Hochbegabungsmodell fokussiert genau genommen stärker auf die Erklärung der Entstehung von Leistung und berücksichtigt tatsächlich zentrale leistungsrelevante Faktoren. Damit wird die Komplexität der Begabungs-Leistungs-Beziehung sehr anschaulich verdeutlicht. Andererseits bleibt das Konstrukt Hochbegabung noch unscharf, was auch in Hellers Definition der Hochbegabung als „mehrdimensionales Fähigkeitskonstrukt in einem Netz von nichtkognitiven (z. B. motivationalen) und sozialen Moderatorenvariablen sowie kriterialen Leistungsbezugsvariablen“ (Heller, 2000, S. 24) deutlich wird. Summa summarum: Hochbegabung wäre demnach nicht gut greifbar, aufgrund der Komplexität nicht eindeutig beschreibbar. Damit bliebe die Hochbegabung jedoch auch in der Praxis nicht wirklich diagnostizierbar (zur Identifikation von Hochbegabten nach Heller s. Abschnitt 2.2).

Exkurs: Quantitatives Kriterium für Hochbegabung und Abweichungsquotient

Wie zuvor bereits erläutert, fixiert Rost die intellektuelle Hochbegabung als Intelligenzausprägung, die mindestens zwei Standardabweichungen (von je 15 IQ-Punkten, vgl. Anhang) über dem Mittelwert der Bevölkerung liegt, der bei M = 100 anzusiedeln ist. Andere Autoren verwenden teilweise andere Schwellenwerte zur Festlegung des quantitativen IQ-Kriteriums, und die Spannweite dieser Schwelle schwankt in etwa im Bereich von 120 bis 130 IQ-Punkten (vgl. Stumpf, 2011). Während nur etwa 2 % der Gesamtbevölkerung einen IQ von mindestens 130 erzielen, schneiden ungefähr 9 % mit einem Ergebnis von 120 oder besser ab; die Stichproben der Studien zu Hochbegabung sind also hinsichtlich des gewählten Intelligenzkriteriums nicht deckungsgleich.
Diese Einteilung in Kategorien darf generell nicht darüber hinweg täuschen, dass die Intelligenzausprägung in der Bevölkerung ein Kontinuum darstellt. Faktisch gibt es keinen Unterschied zwischen den intellektuellen Kompetenzen von Personen, die einen IQ von 129 bzw. 130 erzielen. Nichtsdestotrotz stellt die quantitative Fixierung der Hochbegabung die Grundlage für eine gelungene Kommunikation und Forschung dar, sofern sie stringent durchgeführt wird.
Kurze Erwähnung soll an dieser Stelle auch eine Erläuterung zum heute gebräuchlichen „IQ-Wert“ finden. Dieser wird einheitlich als so genannter Abweichungsquotient verwendet, indem der individuelle Testwert einer Person anhand des Mittelwerts und der Standardabweichung einer repräsentativen Vergleichsgruppe („Normstichprobe“) relativiert wird (s. Erläuterungen im Anhang). Da sich die intellektuellen Fähigkeiten über die Lebensspanne hinweg verändern, bezieht sich diese Normierung auf die jeweils relevante Altersgruppe. Diese Ermittlung geht auf den US-amerikanischen Forscher David Wechsler zurück und die Bezeichnung des „Intelligenzquotienten“ ist hierfür eigentlich irreführend; diese Begriffswahl ist auf den deutschen Psychologen William Stern zurückzuführen, der mit dem Intelligenzquotienten das Verhältnis von Intelligenzalter und Lebensalter bestimmte (IQ = Intelligenzalter : Lebensalter). Wechsler wurde mit seinem Abweichungsquotienten später der Tatsache gerecht, dass sich die intellektuellen Fähigkeiten über die Altersspanne hinweg nicht linear entwickeln; vielmehr ist im Kindes- und Jugendalter ein relativ starker Zuwachs zu verzeichnen und bereits ab dem frühen Erwachsenenalter ist für manche intellektuelle Kompetenzen ein Plateau erreicht. Die Bildung des Intelligenzquotienten nach Stern hätte hier zur Folge, dass dieser im Erwachsenenalter stetig sinkt. Beim Abweichungs-IQ hingegen werden die individuellen Fähigkeiten an der Altersgruppe relativiert und das Niveau kann daher auch im Erwachsenenalter aufrechterhalten bleiben (zur Vertiefung siehe Holling, Preckel & Vock, 2004).

Fazit: Heterogenes Begriffsverständnis und die Konsequenzen

Die bisherigen Ausführungen haben auf unterschiedliche Vor- und Nachteile der drei beschriebenen Hochbegabungsmodelle aufmerksam gemacht. Da Modellkonzeptionen die sachlogische Grundlage jeder Diagnostik darstellen, müssen die Hochbegabungsmodelle auch speziell auf diagnostische Konsequenzen hin beurteilt werden. Wie oben bereits erläutert, erlauben die Modelle von Renzulli und Heller aufgrund ihrer Mehrdimensionalität und Dynamik keine eindeutigen diagnostischen Schlussfolgerungen. Theoretisch durchaus interessant bleibt hierbei doch die genaue Spezifizierung der Gruppe der Hochbegabten etwas auf der Strecke. Eine Konkretisierung dieser Hochbegabungsmodelle für diesen praktisch hochrelevanten Aspekt wäre daher hilfreich. Als richtungsweisend für die diagnostische Praxis kann demgegenüber die Hochbegabungsdefinition von Rost gelten, die sich allerdings ausschließlich auf die intellektuelle Hochbegabung bezieht. Die Fokussierung auf den Generalfaktor der Intelligenz erscheint aus mehreren Gründen nicht als optimaler Weg für die Hochbegabungsdiagnostik. Erstens weisen hochintelligente Personen eher heterogene als homogene Begabungsprofile auf (vgl. Preckel, 2010). Dieses Phänomen wird leicht einsichtig, wenn man sich vor Augen führt, dass das Erzielen weit überdurchschnittlicher Werte in mehreren intellektuellen Domänen rein statistisch gesehen noch unwahrscheinlicher ist, als eine einzelne Begabungsspitze (z.B. im rechnerischen Denken) aufzuweisen. Genauer veranschaulicht wird dieser Sachverhalt in Kapitel 4.1 anhand der Intelligenzprofile der Würzburger Frühstudieren...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung
  6. 1 Definitionen und Modelle der Hochbegabung
  7. 2 Diagnostik von Hochbegabung
  8. 3 Entwicklung von Hochbegabung
  9. 4 Entwicklungsbesonderheiten Hochbegabter
  10. 5 Intelligenz und Leistung
  11. 6 Begabtenförderung im Überblick
  12. 7 Relevante Forschungsbefunde zu Begabtenfördermaßnahmen
  13. 8 Schlussfolgerungen und Empfehlungen zur Begabtenförderung
  14. Literatur
  15. Anhang