Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg
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Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg

Wahlbeteiligung, Wahltypen und Sozialprofil

  1. 254 Seiten
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Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg

Wahlbeteiligung, Wahltypen und Sozialprofil

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Über dieses Buch

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind die zentralen Ansprechpartner/-innen der lokalen Politik. Ihre politische Stellung, ihre Aufgaben, vor allem aber ihre Wahl und Wiederwahl sind seit einigen Jahren wesentlicher Bestandteil der empirischen Politikforschung.Dieser Band zu Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg überprüft die bisherigen Ergebnisse der empirischen Politikforschung und erweitert zugleich den Blick auf die Beteiligung im Rahmen von Kommunalwahlen. Die politische Kultur in Baden-Württemberg führt zu einigen Besonderheiten, die sich auf die Wahlbeteiligung auswirken.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170241480
Auflage
1
Thema
History

1 Einleitung

1.1 Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg

In demokratischen Staaten sind Wahlen der zentrale Mechanismus, um den oder die Herrschenden zu legitimieren. Die Wahlberechtigten übertragen dabei die politische Macht für eine bestimmte Zeit auf Mandatsträger, die dann die politischen Entscheidungen treffen (Caballero 2005). Somit ermöglichen Wahlen eine generelle und umfassende Teilhabe (Lijphart 1997).
In Deutschland können die Wähler Parteien oder deren Mitglieder wählen. Außerdem bestimmen sie üblicherweise, wie sich Gremien und Parlamente zusammensetzen. Diese wählen oder bestätigen dann die Exekutive. Eine Ausnahme sind die Bürgermeister.1 Sie werden nicht von den Gemeinderäten gewählt, sondern direkt durch die Bürger. Baden-Württemberg und Bayern haben eine lange Tradition dieser Direktwahl des Bürgermeisters. Die anderen Bundesländer führten sie erst in den 1990er Jahren nach und nach ein. Inzwischen werden die Bürgermeister in allen Bundesländern direkt gewählt. Dennoch unterscheiden sich die baden-württembergischen Bürgermeisterwahlen immer noch von Wahlen in anderen Bundesländern: Einerseits weichen die Wahlregeln von denen in anderen Bundesländern ab, andererseits haben sich im Laufe der Jahre besondere Traditionen herausgebildet. Sowohl die Bewerber als auch die Wähler folgen bestimmten Mustern. Beispielsweise bevorzugen die Wähler offensichtlich einen ganz bestimmten Bürgermeistertyp. Sie favorisieren jüngere, parteiunabhängige Verwaltungsexperten von außerhalb der Gemeinde (Wehling/Siewert 1984; Wehling 2009: 18). Die erfolgreichen Bewerber entsprechen in hohem Maße diesem Profil. Zudem ist es Teil der politischen Kultur in baden-württembergischen Gemeinden und Städten, dass Bürgermeister, die sich um ihre Wiederwahl bewerben, selten ernsthaft herausgefordert werden.
Zu den rechtlichen Regelungen in Baden-Württemberg zählt, dass es für Bewerber nur geringe Beschränkungen für eine Kandidatur gibt. In Gemeinden genügt ein Bewerbungsschreiben mit wenigen Anlagen wie etwa eine Wählbarkeitsbescheinigung. In Städten mit über 20.000 Einwohnern benötigen die Bewerber seit einigen Jahren zusätzlich eine überschaubare Zahl2 von Unterstützungsunterschriften.
Parteien können in Baden-Württemberg keine Bewerber vorschlagen. Dadurch unterscheiden sich die Bürgermeisterwahlen hier von denen in fast allen anderen Bundesländern.3 Parteiinterne Auswahl- oder Nominierungsverfahren von Bewerbern sind formal wirkungslos. Vielmehr sind Parteien durch das Wahlrecht darauf beschränkt, qualifizierte Personen zu einer Bewerbung zu ermuntern und sie im Wahlkampf zu unterstützen.
Auf den Stimmzetteln ist eine eventuelle Parteizugehörigkeit der Bewerber nicht vermerkt. Viele Bewerber sind auch parteilos. Wenn Parteimitglieder antreten, betonen sie fast ausnahmslos, dass sie sich als unabhängige Bewerber verstehen und nicht als Mitglied einer Partei und dass sie als Bürgermeister keine Parteiinteressen vertreten werden. Die Wähler bevorzugen ihrerseits unabhängige Bewerber. Sie reagieren teilweise ausgesprochen kritisch auf Empfehlungen für einzelne Bewerber durch Parteien oder Fraktionen des Gemeinderats. In größeren Städten ist allerdings ein Bürgermeisterwahlkampf ohne finanzielle und personelle Unterstützung durch eine Partei für die Bewerber fast nicht zu bewältigen (Gehne/Holtkamp 2002: 103; Naßmacher/Naßmacher 2007: 225).
Neben den aufgelisteten Bewerbern gibt es auf den Stimmzetteln noch ein freies Feld, auf dem die Wähler zusätzliche Bewerber vorschlagen können. Die Wahlberechtigten scheinen sich dieser Möglichkeit in den letzten Jahren immer bewusster zu werden. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Nürtingen im Herbst 2011 zum Beispiel ergänzte bei der Neuwahl fast ein Drittel der Wähler einen Namen: Bemerkenswert viele dieser Stimmen fielen auf die Beigeordnete der Stadt Nürtingen, die sich nicht beworben hatte. Dabei erregte es bundesweit Aufmerksamkeit, dass sich Wahlberechtigte, die mit dem Bewerberangebot unzufrieden waren, organisierten und in Netzwerken im Internet zur Wahl der Beigeordneten aufriefen und Handzettel an Haushalte verteilten. Eventuell motivierte gerade die Möglichkeit, einen Bewerber ergänzen zu können, besonders viele Bürger, überhaupt wählen zu gehen.
Trotz des offenen Bewerbungsverfahrens mit geringen Hürden scheinen sich jedoch in den letzten Jahren weniger Kandidaten zu bewerben.4 Oft sind die amtierenden Bürgermeister die alleinigen Kandidaten. Bei diesen Wahlen ist vor allem spannend, wie viele Wähler deren Wiederwahl zustimmen. Außerdem bangen die Amtsinhaber darum, wie viele Wahlberechtigte sich überhaupt beteiligen, wenn keine wirkliche Auswahl besteht. Dabei scheint unklar zu sein, welche Höhe der Wahlbeteiligung als hoch oder gering einzuschätzen ist, denn die Beteiligung bei baden-württembergischen Bürgermeisterwahlen ist nur für einzelne Wahlen bekannt. Ein Vergleich über mehrere Jahre ist bisher nur für einzelne Gemeinden möglich. In der Literatur (Naßmacher 2006; Pähle 2008) wird davon ausgegangen, dass die Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen wie auch bei anderen Wahlen in den vergangenen Jahrzehnten gesunken ist.
Die gesunkene Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen seit Mitte der 1980er Jahre hat viele Forschungsarbeiten zu Stimmenthaltung und Wahlbeteiligung angestoßen (z. B. Feist 1992; Falter/Schumann 1993; Armingeon 1994; Eilfort 1994; Falter/Schumann 1994; Feist 1994; Kleinhenz 1995; Kersting 2004). Über die Bewertung der sinkenden Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen gibt es dagegen nur wenige Einschätzungen. Feist (1992) wertet sie als Krise, da darin die zunehmende Entfremdung der Wähler vom politischen System zum Ausdruck kommt.
Pähle (2008: 249) geht davon aus, dass die sinkende Wahlbeteiligung zu einer „Legitimationslücke“ führt, da immer weniger Bürger die Amtsinhaber bestätigen. Vetter (2008: 50) sieht ebenfalls eine Abhängigkeit zwischen der Legitimation der Entscheidungsträger und der Beteiligung der Wähler: Beteiligung macht Demokratie aus und fördert die Rückbindung der politischen Entscheidungen an die Interessen der Wähler.
Schmidt (2000) sieht im „Rückzug eines Großteiles des Staatsvolkes aus der politischen Beteiligung“ gar eine bestandsgefährdende Herausforderung für Demokratien (Schmidt 2000: 535). Zwar gesteht er ein gewisses Maß an Apathie und Indifferenz und auch eine weitere Abnahme des Vertrauens in die politischen Institutionen zu. Er lässt jedoch offen, wo er die Grenze sieht. Wenn sich aber ein Großteil der Wähler aus Opposition zu den Regeln der Mitwirkung und Entscheidungsfindung zurückzieht, sieht er die Demokratie gefährdet. Wehling (2009: 15) zieht die „kritische Grenze“, bei der sich die Frage nach der Legitimation des gewählten Bürgermeisters stellt, bei einer Beteiligung von 20 bis 30 Prozent der Wahlberechtigten.
„Die Politische-Kultur-Forschung ist nie davon ausgegangen, dass eine hohe Wahlbeteiligung bereits als ein Zeichen für eine funktionierende Demokratie angesehen werden kann“ (von Beyme 2004: 83). Eine hohe Wahlbeteiligung kann sowohl als Zustimmung als auch als Ablehnung gedeutet werden. Insofern lässt sich anhand der Wahlbeteiligung in den Augen einiger Forscher keine Aussage über die Legitimation des gewählten Bürgermeisters treffen.
Entsprechend sieht Roth (1992: 58) in der rückgängigen Wahlbeteiligung in Deutschland kein Symptom für eine Krise. Vielmehr passe sich die bisher sehr hohe Wahlbeteiligung an ein niedrigeres Niveau an. Er geht davon aus, dass Wähler generell eher motiviert sind, an einer Wahl teilzunehmen, wenn sie ihren Protest in eine Wählerstimme umsetzen können. Für die Wahl zu Gremien nimmt deshalb mit einer höheren Wahlbeteiligung auch der Anteil der Wähler radikaler Parteien zu. Es ist deshalb wichtig zu wissen, aus welchen Gründen die Wahlbeteiligung teilweise hoch oder gering ist.
Naßmacher und Naßmacher (2007: 226) stellen im Hinblick auf die Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen fest: „Gleichwohl können hier keine generellen Aussagen gemacht werden. Die Wahlbeteiligung schwankt in den einzelnen Bundesländern und Städten sehr stark Sie ist auch nicht den Gemeindegrößen zuzuordnen. Intensive Forschungen wären notwendig, um die Ursachen für hohe oder niedrigere Wahlbeteiligung herauszufinden.“ Hier setzt die vorliegende Forschungsarbeit an und geht der Frage nach, welche Faktoren die Wahlbeteiligung von Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg bestimmen.
Tatsächlich folgt die Bürgermeisterwahl nicht nur anderen Regeln, sondern auch die Wahlbeteiligung in Baden-Württemberg unterscheidet sich von anderen Wahlen. Sie reicht von sehr hohen bis zu extrem niedrigen Wahlbeteiligungen. Es gab Bürgermeisterwahlen, bei denen sich über 90 Prozent der Wahlberechtigten in einer Gemeinde beteiligten; es sind aber mehr Wahlen bekannt, bei denen weniger als ein Drittel ihr Wahlrecht nutzten. Bei keinen anderen Wahlen in Baden-Württemberg ist die Wahlbeteiligung teils derart niedrig. Zunächst soll deshalb ein Überblick über die Höhe der Wahlbeteiligung bei badenwürttembergischen Bürgermeisterwahlen gewonnen werden. Die Bürgermeisterwahlen werden anhand der Wahlbeteiligung typisiert. So lässt sich feststellen, ob und wie sich die Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen – wie auch bei anderen Wahlen – im Laufe der Jahre verändert hat.
Offenbar gibt es nicht nur Unterschiede in der Wahlbeteiligung zwischen den Gemeinden, die Beteiligung bei Bürgermeisterwahlen kann in einer Gemeinde oder Stadt von einer Wahl zur anderen stark variieren: Bei der Datenerhebung für die vorliegende Arbeit hat sich gezeigt, dass sie in derselben Gemeinde um bis zu 30 Prozentpunkte höher oder geringer sein kann als acht Jahre zuvor. Solche Schwankungen treten bei anderen Wahlen nicht auf. Das starke Auf und Ab scheint damit zusammenzuhängen, welches Angebot an Bewerbern zur Auswahl steht. Dieses wiederum ist offensichtlich vor allem dadurch bedingt, ob sich der amtierende Bürgermeister für eine Wiederwahl bewirbt oder nicht. Deshalb nimmt die vorliegende Arbeit auch das Sozialprofil der amtierenden Bürgermeister in den Fokus. Darüber gibt es bereits zahlreiche Erkenntnisse aus unterschiedlichen Studien (Brückner 1962; Koziol 1981; Wehling/Siewert 1984; Bäuerle 1998; Wisskirchen 2001; Bogumil/Heinelt 2005; Egner 2007; Holtkamp 2008; Nothacker 2009). Sie bestätigen, dass die Wahlberechtigten ein bestimmtes Bürgermeisterprofil bevorzugen, dem die meisten Bewerber entsprechen. Die Beteiligung an Wahlen könnte also mit einigen Merkmalen des Sozialprofils in Zusammenhang stehen.
So zeigt sich beispielsweise die unterschiedliche historische Entwicklung in Baden und Württemberg bis heute in der Art der politischen Auseinandersetzungen in den Gemeinden der beiden Landesteile. Auch die Auswahl der Bürgermeister und deren Sozialprofil weichen in badischen und württembergischen Gemeinden voneinander ab. Wehling und Siewert (1984) entwickelten ein Baden-Profil der Bürgermeister. Hiernach haben die Bürgermeister in Baden eher eine parteipolitische Karriere durchlaufen als ihre württembergischen Kollegen. Diese sind in aller Regel parteiunabhängige Verwaltungswirte. Auch dieser Unterschied zwischen Baden und Württemberg könnte sich auf die Wahlbeteiligung auswirken.
Die politische Wahlsoziologie bietet Erklärungsansätze für die Beteiligung bei Bundestags- oder Landtagswahlen (für einen Überblick: Falter/Schoen 2005). Dabei handelt es sich um parteigebundene Wahlen zu politischen Gremien. Hierbei können sich hohe und niedrige Wahlbeteiligungen in einer Gemeinde oder Stadt zwar ebenfalls abwechseln, aber bei Weitem nicht in dem Maße wie bei den Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg. Außerdem ist die Wahlbeteiligung insgesamt nicht so gering und die Unterschiede zwischen den Gemeinden sind nicht so groß wie bei Bürgermeisterwahlen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird geprüft, ob sich aus den Erklärungsansätzen des Wahlverhaltens Determinanten der Wahlbeteiligung speziell bei Bürgermeisterwahlen ableiten lassen.
Um Erklärungen für die unterschiedliche Höhe der Wahlbeteiligungen zu finden, bedarf es einer großen Zahl an Wahlen. Die Ergebnisse der badenwürttembergischen Bürgermeisterwahlen werden allerdings nicht zentral erfasst wie beispielsweise die Ergebnisse der Gemeinderats- oder Kreistagswahlen. Den Kern der vorliegenden Analysen bildet eine umfangreiche Datensammlung über baden-württembergische Bürgermeisterwahlen zwischen 1990 und 2009. Damit liegt erstmals eine Übersicht über Bürgermeisterwahlen über einen längeren Zeitraum vor. Außerdem wurden mehrere Wahlen in einer Gemeinde oder Stadt berücksichtigt.
Im Vergleich zu anderen Wahlen lassen sich die einzelnen Bürgermeisterwahlen von unterschiedlichen Gemeinden und Städten jedoch nur schwer miteinander vergleichen. Das liegt daran, dass sie im Gegensatz zu anderen Wahlen nicht an einem einheitlichen Wahltag stattfinden. Dies stellte für die vorliegende Arbeit eine große Herausforderung dar. Die zweite Herausforderung bestand in den unterschiedlichen Gemeindegrößen. Es stellte sich die Frage, ob die Wahl zum ehrenamtlichen Bürgermeister in kleinen Gemeinden mit der Wahl des Oberbürgermeisters eines Stadtkreises verglichen werden kann. Deshalb ist zu klären, ob das Wahlrecht und die politische Kultur auch über Gemeindegrößen hinweg Gemeinsamkeiten bei den Wahlen schaffen. Es scheint, dass die kommunalen Besonderheiten der Bürgermeisterwahl mit zunehmender Gemeindegröße unbedeutender werden. Vielmehr ähneln die Bürgermeisterwahlen in den größeren Städten möglicherweise mehr den Wahlen auf Landes- oder Bundesebene als denen in kleineren Gemeinden. So könnte es zutreffen, dass in den Städten Parteien bei Bürgermeisterwahlen eine größere Rolle spielen als bei kleineren Gemeinden. Die Beteiligung an diesen Wahlen gleicht dann möglicherweise ebenfalls mehr der Beteiligung auf anderen Systemebenen.

1.2 Gliederung der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung werden im folgenden Kapitel die Bürgermeisterwahlen und Bürgermeister in Baden-Württemberg beschrieben. Zunächst werden die Besonderheiten des Wahlverfahrens vorgestellt, die besonders durch Regelungen der Gemeindeordnung bewirkt werden. Danach werden die Bürgermeisterwahlen und die Bürgermeister im politischen System verortet. Im Gegensatz zur eher geringen Bedeutung der Bürgermeisterwahl im politischen Gesamtsystem und zu der offensichtlich geringen Wahlbeteiligung im Vergleich zu anderen Wahlen hat der Bürgermeister in der Gemeinde eine sehr starke Stellung. Seine Direktwahl und weitere Regelungen der baden-württembergischen Gemeindeordnung gewähren ihm eine große Machtfülle. Zudem weisen Bürgermeister ein ganz bestimmtes Sozialprofil auf, das ebenfalls vorgestellt wird. Am Ende des zweiten Kapitels wird die Gemeindestruktur in Baden-Württemberg beschrieben, da davon ausgegangen wird, dass die Gemeindestruktur und das Sozialprofil der Bürgermeister wie auch die Wahlbeteiligung bei den Bürgermeisterwahlen eng zusammenhängen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit theoretischen Ansätzen zur Erklärung der Wahlbeteiligung. Die drei wichtigsten – der soziologische Ansatz, der sozialpsychologische Ansatz und der Rational-Choice-Ansatz – werden umfassend beschrieben und im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit auf die Wahlbeteiligung bei baden-württembergischen Bürgermeisterwahlen bewertet. Aus den Ansätzen werden Hypothesen über die Determinanten der Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen abgeleitet. Diese Hypothesen werden dann im empirischen Teil der Arbeit überprüft. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung und Übersicht über die Hypothesen.
Im vierten Kapitel wird erläutert, wie die Daten gesammelt und mit welchen Methoden sie ausgewertet wurden. Es handelt es sich um Aggregatdaten, die mehrheitlich aus den öffentlichen Bekanntmachungen der Bürgermeisterwahlen gewonnen wurden. Sie umfassen den Zeitraum zwischen 1990 und 2009. Auf dieser Datenbasis wurden Variablen gebildet, um die Hypothesen zu überprüfen.
Kapitel 5 umfasst den empirischen Hauptteil der Untersuchung. Die im dritten Kapitel entwickelten Hypothesen werden hier anhand der erhobenen Daten überprüft. Zunächst wird das Sozialprofil der heutigen Bürgermeister mit dem von Wehling und Siewert (1984) entwickelten Profil verglichen. Danach werden Determinanten der Wahlbeteiligung bei den Bürgermeisterwahlen bestimmt. Diese werden nach bestimmten Randbedingungen unterschieden, etwa nach der Gemeindegröße. Ein Unterkapitel widmet sich den Unterschieden zwischen den Bürgermeisterwahlen in Baden und in Württemberg. Abschließend werden die Ergebnisse der empirischen Auswertungen zusammengefasst.
Kapitel 6 fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen. Dazu zählen die Erkenntnisse über das Sozialprofil der Bürgermeister, über die Auswirkungen des Wahlrechts auf die Wahlbeteiligung, die Wirkung des Bewerberangebots bei den Wahlen auf die Beteiligung und die Anwendbarkeit der theoretischen Ansätze der Wahlforschung auf die Bürgermeisterwahlen. Darüber hinaus wird bewertet, was diese Ergebnisse im Hinblick auf den demokratischen Prozess auf kommunaler Ebene bedeuten. Ferner wird ein Ausblick über den weiteren Forschungsbedarf gegeben.
1 In dieser Arbeit wird aufgrund der besseren Lesbarkeit jeweils die männliche Form verwendet. Sie schließt die Bürgermeisterinnen, die Wählerinnen, die Bewerberinnen und die ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Bürgermeisterwahlen und Bürgermeister im politischen System
  7. 3 Theoretische Ansätze, Erklärungsmodell und Hypothesen
  8. 5 Bürgermeister und Bürgermeisterwahlen von 1990 bis 2009: Empirische Auswertungen
  9. 6 Diskussion und Ausblick
  10. 7 Literatur