1Eine Umschreibung der Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege sowie ihre Zuweisung an bestimmte Träger findet sich – außer in Bayern – am Anfang jedes Landesdenkmalschutzgesetzes, wenn auch im Einzelnen mit unterschiedlicher Formulierung.
a) § 1 wiederholt und konkretisiert hinsichtlich der Kulturdenkmale das verfassungsmäßige Gebot des Art. 3c Abs. 2 der Landesverfassung (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 23.5.2000, GBl. S. 449, früher Art. 86; zur Entstehungsgeschichte des Art. 86 a. F., s. Hammer, S. 296). Nach dieser Bestimmung genießen die Denkmale der Kunst, der Geschichte und der Natur öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden. Ähnliche Bestimmungen enthalten auch andere Landesverfassungen (vgl. auch schon Art. 150 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung). Art. 3c Abs. 2 LV hat nach überwiegender Auffassung Rechtsnormqualität, ist also nicht nur ein unverbindlicher Programmsatz, sondern unmittelbar verpflichtendes Rechtsgebot (vgl. dazu VGH BW, U. 30.1.2003 – Niederrottweil, VBlBW 2003, 280, ESVGH 53, 155; Heckel, S. 70 f.; Dörge, S. 87 f. m. w. N.; Haug, RN. 25 zu Art. 3c; Braun, RN. 3 ff. zu Art. 86; Feuchte, RN. 4 zu Art. 86); diese Auffassung findet eine zusätzliche Stütze in der Entstehungsgeschichte des Änderungsgesetzes zur Landesverfassung vom 10.2.1976 (GBl. S. 98), durch das auch die „natürlichen Lebensgrundlagen“ in den Schutz der Verfassung (jetzt Art. 3a LV) aufgenommen worden sind. Dabei bestand Einigkeit (vgl. Landtagsprotokoll der 6. Wahlperiode S. 7227–7232 sowie S. 7272), dass Art. 86 a. F. eine „Staatszielbestimmung“ sei, die Gesetzgebung, Gerichte und Verwaltung binde (Braun, RN. 3 zu Art. 86; Hammer, DÖV 1999, 1041 f.). Im Hinblick auf die vergleichbare Regelung in der Bayerischen Verfassung hat der BayVerfGH ebenfalls festgestellt, dass es sich hierbei um bindendes objektives Verfassungsrecht handle und deshalb z. B. bei der Aufstellung eines Bebauungsplans im Rahmen des Gestaltungsspielraums zu beachten sei (BayVerfGH, Entsch. v. 22.7.2008, NVwZ 2008, 1234; s. a. Kruis/Didovic, BayVBl. 2009, 353). Die in Art. 3c Abs. 2 n. F. LV vorgenommene Aufgabenzuweisung (Schutzpflicht der gesamten öffentlichen Gewalt, Pflegepflicht des Staates und der Gemeinden) steht mit der im Denkmalschutzgesetz getroffenen differenzierten Aufgaben- und Kompetenzverteilung im Einklang (Braun, RN. 10 zu Art. 86, wo allerdings – RN. 8 – von einem engeren Denkmalbegriff als dem des § 2 ausgegangen wird).
b) Der Landesgesetzgeber kann in seinem Denkmalschutzgesetz die Belange des Eigentümers in stärkerem Maße berücksichtigen, als ihm dies durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zwingend vorgegeben ist. Die Denkmalbehörde kann deshalb eine revisionsgerichtliche Überprüfung nicht mit der Begründung erreichen, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Landesdenkmalgesetzes den Belangen des Eigentümers gegenüber den öffentlichen Belangen des Denkmalschutzes mehr Raum gegeben, als Art. 14 GG geboten hätte (BVerwG, B. v. 1.7.2009, 7 B 50.08, BauR 2009, 1720).
Bundesrecht hindert die für den Vollzug der Landesdenkmalgesetze zuständigen Landesbehörden nicht, Schifffahrtsanlagen und wasserbauliche Anlagen des Bundes unter Denkmalschutz zu stellen. Nach § 48 WaStrG bedürfen die Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung unter Denkmalschutz gestellter Schifffahrtsanlagen und wasserbaulicher Anlagen des Bundes keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung (BVerwG, U. v. 25.9.2008, 7 A 4/07, NVwZ 2009, 588). Nach § 7 Abs. 4 WaStrG sind bei der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen sowie der Errichtung und dem Betrieb der bundeseigenen Schiffahrtsanlagen die Erfordernisse des Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Da die Bundesverwaltung über keine denkmalschutzrechtlichen Fachkenntnisse verfügt, ist eine Beteiligung der Landesfachbehörden durch die Bundesverwaltung bei entsprechenden Maßnahmen zu fordern.
Die Landeskompetenz für das Denkmalschutzrecht schließt nicht aus, daß der Denkmalschutz auch in Bundesgesetzen geregelt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 26.1.1987 (DVBl. 1987, 465) zu § 39h Abs. 1 u. 3 BBauG (jetzt § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) im Hinblick auf die bodenrechtliche Relevanz des Denkmalschutzes diese bundesrechtlichen Regelungen für verfassungsgemäß erklärt (sog. „bundesrechtlicher“ oder „städtebaulicher Denkmalschutz“; s. a. Einleitung Nr. 3 b). Eine ähnliche, neben dem landesrechtlichen Denkmalschutz bestehende, jedoch nur mittelbare Schutzwirkung wird mit dem Begriff „urheberrechtlicher Denkmalschutz“ umschrieben, die sich insbesondere bei zeitgenössischen Werken der Baukunst aus dem urheberechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ableitet. Die Urheberrechtsfrage ist beim Streit um den Erhalt des vom Architekten Paul Bonatz geschaffenen Stuttgarter Bahnhofs relevant geworden (OLG Stuttgart, U. v. 6.10.2010, 4 U 106/10; s. a. Hönes, Rechtsfragen zum „urheberrechtlichen Denkmalschutz“, BauR 2014, 477).
c) Aus der Ausgestaltung als Staatszielbestimmung mit unmittelbar bindender Rechtswirkung folgt aber kein subjektiv-öffentliches Recht des Einzelnen; generell ist weder aus Art. 3c Abs. 2 LV noch aus dem DSchG ein subjektives „Recht auf Denkmalschutz und Denkmalpflege“ abzuleiten. Kulturdenkmale sind – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 ergibt – grundsätzlich im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse des Einzelnen zu erhalten (h. M.; vgl. VGH BW, U. v 27.9.2007, 3 S 882/06 – Burg Horkheim, amtlicher Umdruck; VGH BW, U. v. 6.3.1991, 7 S 1664/90 – Stuttgart/Esslingen; VGH BW, U. v. 1.10.1975 – Konstanz, ESVGH 26, 121; BayVerfGH, BayVBl. 1976, 652; BayVGH, BayVBl. 1976, 239; BayVGH, BayVBl. 1990, 48; OVG NW, DVBl. 1988, 1229 nur Leitsatz; OVG NW, NVwZ-RR 1989, 613; Nds. OVG, BauR 2004, 57; so auch Feuchte, RN. 4 zu Art. 86; Braun, RN. 7 zu Art. 86; Eberl/Martin/Greipl, RN. 4 und 13 zu Einl. DSchG; Moench/Otting, NVwZ 2000, 146, 151 mit weiteren Nachweisen). Die Anerkennung eines subjektiv-rechtlichen Anfechtungsrechts des Denkmaleigentümers (s. u.) ändert nichts daran, dass die Unterschutzstellung der Kulturdenkmale ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt (BVerwG, U. v. 21.4.2009, BVerwGE 133,347 RN. 13 u.16). Das DSchG BW räumt dem Eigentümer keinen Rechtsanspruch gegenüber der Denkmalschutzbehörde auf Feststellung der Denkmaleigenschaft (Unterschutzstellung) einer in seinem Eigentum stehenden Sache ein (zum Auskunftsanspruch über die Denkmaleigenschaft s. RN. 30 zu § 2).
Der für Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung (§ 12) normierte Umgebungsschutz nach § 15 Abs. 3 wurde bislang nicht als (drittschützende) Schutznorm zugunsten des Denkmaleigentümers angesehen. Entsprechend wurde entschieden, dass der Eigentümer eines innerhalb oder außerhalb des Gebiets eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücks die Normenkontrollantragsbefugnis grundsätzlich nicht mit der Begründung herleiten kann, die Festsetzungen des Bebauungsplans beeinträchtigten das Erscheinungsbild des in seinem Eigentum stehenden Baudenkmals (VGH BW, U. v. 27.9.2007, a. a. O.; Nds. OVG, BauR 2004, 57). Für ein Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich hat das NdsOVG einen Drittschutz auf Grundlage des bundesrechtlichen Denkmalschutzes bejaht (U. v. 28.11.2007, 12 LC 70/07, BauR 2009, 784; ebenso BVerwG, B. v. 10.6.2013, 4 B 6.13, BauR 2013,1671; s.a Schmaltz, BauR 2009, 761).
d) Eine nicht veröffentlichte Entscheidung des BayVGH vom 27.3.1992 hielt erstmals ein Abwehrrecht des Denkmaleigentümers gegen Baumaßnahmen in der Nähe seines Baudenkmals für möglich, weil es schwer verständlich wäre, wenn der Eigentümer auch solche Veränderungen in der Umgebung seines Baudenkmals hinzunehmen hätte, die seine Erhaltungsinvestitionen entwerten (zitiert nach Spennemann, BauR 2003, 1655 ff.). Offen gelassen hat die Frage das BVerfG in seinem Beschluss vom 19.12.2006 (BauR 2007, 1212) in einem Fall, in dem sich ein Denkmaleigentümer unter Berufung auf den Umgebungsschutz nach § 8 ndsDSchG gegen die Errichtung von Windkraftanlagen in der Umgebung seines Kulturdenkmals gewandt hat.
Das Bundesverwaltungsgericht spricht nunmehr mit Urteil vom 21.4.2009, 4 C 3.08 (BVerwGE 133, 347, BauR 2009, 1281) dem Denkmaleigentümer ein aus Art. 14 GG abgeleitetes Abwehrrecht (Drittschutz) gegen erhebliche Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit seines Anwesens zu. Die obergerichtliche Rechtsprechung in den Ländern ist der Entscheidung des BVerwG gefolgt (z. B. OVG RhPf, U. v. 16.9.2009, 8 A 10710/09, DVBl. 2009, 1531; HessVGH U. v. 9.3.2010, 3 A 160/10, DÖV 2010, 661; OVG NRW, U. v. 8.3.2012, 10 A 2037/11 in juris; NdsOVG U. v. 23.8.2012, 12 LB 170/11, DÖV 2013, 122; BayVGH, U. v. 24.1.2013, 2 BV 11.1631, BauR 2013, 940; OVG NRW, U. v. 15.9.2015, EzD 2.2.6.4; NdsOVG U. v. 16.2.2017, 12 LC 54/15, DÖV 2017, 645; s. a. Munding, Denkmalrechtlicher Drittschutz: Überblick über die Rechtsprechung zum Drittschutz im Denkmalschutzrecht und Ansätze zur weiteren Entwicklung, BauR 2016, 598). Eine Entscheidung des VGH-BW liegt bislang nicht vor.
Ob eine erhebliche Beeinträchtigung eines denkmalrechtlich geschützten Baudenkmals vorliegt, beurteilt sich nach Landesrecht (BVerwG, B. v. 14.6.2012, 4 B 22.12, BauR 2012, 1788). Die Beurteilung der Frage, ob einem Bauvorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals Belange des Denkmalschutzes entgegenstehen, setzt eine an den für die Denkmalwürdigkeit maßgeblichen Kriterien ori...