Geschlechtsspezifische Psychiatrie und Psychotherapie
eBook - ePub

Geschlechtsspezifische Psychiatrie und Psychotherapie

Ein Handbuch

  1. 634 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfĂŒgbar
eBook - ePub

Geschlechtsspezifische Psychiatrie und Psychotherapie

Ein Handbuch

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Mit BeitrĂ€gen von Borwin Bandelow, Dieter F. Braus, Peter Falkai, Peter Fiedler, Sabine C. Herpertz, Anette Kersting, Andreas Marneros, Hertha Richter-Appelt, Anke Rohde, Manfred Spitzer u.a.In Forschung und Praxis wird zunehmend deutlich, dass es bei nahezu allen klinisch relevanten Gruppen psychischer Störungen Unterschiede zwischen Frauen und MĂ€nnern gibt, zum Beispiel bei Epidemiologie, Symptomatik und Verlauf.Nachdem in der Vergangenheit meist "frauenspezifische" Aspekte beachtet wurden, bildet sich nun die Einsicht heraus, dass es konsequenter ist, "geschlechtsspezifische" Besonderheiten zu untersuchen und daraus Konsequenzen fĂŒr Diagnostik und Therapie zu ziehen. Dieses Handbuch liefert erstmals eine systematische Zusammenstellung der entsprechenden Kategorien und Subspezialisierungen fĂŒr die Psychiatrie und Psychotherapie.

HĂ€ufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kĂŒndigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekĂŒndigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft fĂŒr den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf MobilgerĂ€te reagierenden ePub-BĂŒcher zum Download ĂŒber die App zur VerfĂŒgung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die ĂŒbrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden AboplÀnen erhÀltst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst fĂŒr LehrbĂŒcher, bei dem du fĂŒr weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhĂ€ltst. Mit ĂŒber 1 Million BĂŒchern zu ĂŒber 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nÀchsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Geschlechtsspezifische Psychiatrie und Psychotherapie von Anke Rohde, Andreas Marneros im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten BĂŒchern aus Medicine & Psychiatry & Mental Health. Aus unserem Katalog stehen dir ĂŒber 1 Million BĂŒcher zur VerfĂŒgung.

Information

Jahr
2006
ISBN
9783170273047

A Störungen

1 Organisch psychische Störungen

Gabriela Stoppe

Einleitung

Das Kapitel F0 der ICD-10 sieht im Wesentlichen die Demenzen und die Delirien als Krankheitsbilder vor. Deshalb wird sich der folgende Artikel auf diese beiden Störungen beschrĂ€nken. Eine Auseinandersetzung mit anderen organisch begrĂŒndeten psychischen Störungsbildern, wie etwa katatonen oder auch depressiven Syndromen, wĂŒrde den Rahmen sprengen. Hierbei wĂ€ren nĂ€mlich jeweils die geschlechtsspezifische Problematik der zugrunde liegenden organischen Störungen einerseits und die der Syndrome andererseits zu diskutieren.
Sowohl Demenzen als auch Delirien kommen mit zunehmendem Alter immer hĂ€ufiger vor. Generell gilt in der Altersmedizin, dass Zusammenhangsanalysen im besten Sinne „herausfordernd“ sind. Schließlich geht es darum, den Einfluss biopsychosozialer Variablen ĂŒber den Lebenslauf hinweg unter Beachtung ihrer Dosis, Dauer und Interaktion zu bedenken. So können beispielsweise genetische Faktoren in verschiedenen Lebensabschnitten unterschiedliche Wirksamkeit entfalten, z. B. gĂŒnstige in frĂŒheren, ungĂŒnstige in spĂ€teren Lebensabschnitten. Ein Kandidat hierfĂŒr könnte der derzeit wichtigste genetische VulnerabilitĂ€tsfaktor, das Apolipoprotein E-4 sein (Farrer et al. 1997). Die EinflĂŒsse von frĂŒhkindlicher Entwicklung, Erziehung, ErnĂ€hrung, die QualitĂ€t zwischenmenschlicher Beziehungen ebenso wie z. B. Schadstoffexpositionen spielen eine Rolle. Jeder dieser Faktoren kann geschlechtsspezifisch variieren. Allein die Epidemiologie der wesentlichen Alterserkrankungen legt zudem nahe, dass wir es hier nie mit einer einzigen Ursache zu tun haben, sondern mit in ihrer Endstrecke zusammenlaufenden Prozessen, die Reparaturprozesse im Körper (selektiv) ĂŒberfordern (Kirkwood 2005).

1 Demenzen

1.1 Epidemiologie

Epidemiologische Untersuchungen liegen bis heute vor allen Dingen fĂŒr die zwei Hauptursachen fĂŒr Demenzerkrankungen vor, nĂ€mlich die Demenz vom Alzheimertyp (DAT) und die vaskulĂ€re Demenz (VaD). FĂŒr die selteneren Demenzformen, insbesondere die Lewy-Körper-Demenz (LBD), die frontotemporalen Degenerationen (FTD) oder die Creutzfeld-Jakob-Erkrankung (CJD), liegen bis heute nicht genĂŒgend aussagekrĂ€ftige epidemiologische Feldstudien vor (McKeith et al. 2004, Ikeda et al. 2004). Die DAT macht allein zwei Drittel aller Demenzerkrankungen aus. ZusĂ€tzlich kommen etwa 20 % Mischformen aus VaD- und Alzheimerdemenz und eine komorbide Alzheimerpathologie bei vielen FĂ€llen der Parkinsondemenz bzw. der LBD (McKeith et al. 2004, Knopman et al. 2003) vor.
Epidemiologische Untersuchungen zeigen sehr konsistent einen exponentiellen Anstieg der ErkrankungsprĂ€valenz und -inzidenz vor allem der DAT mit zunehmendem Lebensalter. Die PrĂ€valenz steigt von 1 % bei den 60- bis 64-JĂ€hrigen auf 35 % bei den ĂŒber 90-JĂ€hrigen. Die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) steigt ebenfalls von 3,6 pro 1000 Einwohner und Jahr bei den 60- bis 64-JĂ€hrigen auf 66,1 pro 1000 Einwohner und Jahr bei den ĂŒber 90-JĂ€hrigen. Derzeit rechnet man in Deutschland mit etwa einer Million Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Bei Einbeziehung leichterer Formen (mit dann allerdings höherer diagnostischer Unsicherheit) liegen die Zahlen noch höher. Zwei Drittel der Demenzkranken in Deutschland sind weiblich (Bickel 2001). Geschlechtsunterschiede werden kontrovers diskutiert. Hauptursache fĂŒr die höhere PrĂ€valenz sind wohl die höhere Lebenserwartung von Frauen und ihre geringere MortalitĂ€t an kardio- und zerebrovaskulĂ€ren Erkrankungen (Hebert et al. 2001, Ruitenberg et al. 2001). In neuesten Studien wird der Geschlechtseffekt dementsprechend erst jenseits des 85. Lebensjahres deutlicher (Wancata et al. 2003). Bei den Inzidenzstudien ist der Geschlechtsunterschied noch geringer ausgeprĂ€gt. Aktuelle europĂ€ische Untersuchungen zeigen – wenn ĂŒberhaupt – einen Geschlechtseffekt dahingehend, dass die Inzidenz bei Frauen mit zunehmendem Lebensalter höher ist fĂŒr die DAT, wĂ€hrend in nahezu gleichem Umfang das Risiko fĂŒr die VaD bei MĂ€nnern höher ist (Ruitenberg et al. 2001, Di Carlo et al. 2002).

1.2 Ätiologie

Ätiologisch sind die degenerativen Demenzen, vor allem die DAT, noch nicht vollstĂ€ndig aufgeklĂ€rt. Es zeigt sich, dass neurodegenerative Prozesse relativ selektiv verschiedene Neuronenpopulationen betreffen. Hierbei spielen zwei Pathomechanismen eine wesentliche Rolle, die Amyloidablagerung und die Neurofibrillenbildung (Frölich et al. 2002, Braak und Braak 2002). KĂŒrzlich berichtete eine Studie, dass bei gleicher neuropathologischer „Belastung“ Frauen eher an einer Demenz erkranken (Barnes et al. 2005), was allerdings in Anbetracht vorheriger negativer Befunde in dieser Richtung vorsichtig interpretiert werden sollte. VaskulĂ€re Demenzen sind als Folge einer gestörten Hirndurchblutung konzeptionalisiert, die Ă€tiologisch auf unterschiedliche Faktoren zurĂŒckgefĂŒhrt werden können (Wolf und Gertz 2004). Zu beachten ist noch, dass derzeit die Grundlagenforschung immer wieder auch Hinweise findet fĂŒr geschlechtsdifferente StoffwechselvorgĂ€nge, die in der Pathophysiologie von Demenzen eine Rolle spielen könnten (SchĂŒssel et al. 2004, Yao et al. 2004).
FĂŒr beide Erkrankungen wurden eine Reihe von Risikofaktoren identifiziert, die wiederum jeweils eigene Geschlechtseffekte aufweisen.
Das höhere Lebensalter spielt insbesondere bei der DAT eine Rolle. Die eher lĂ€nger lebenden Frauen sind deshalb in der Gruppe der DAT-Kranken ĂŒberreprĂ€sentiert. Weitere gesicherte Faktoren sind eine familiĂ€re Belastung, wobei sich hier in entsprechenden Familienuntersuchungen leichte Geschlechtseffekte abbilden (Lautenschlager et al. 1996). Ein wichtiger VulnerabilitĂ€tsfaktor ist das Apolipoprotein E-4, das in der kaukasischen Normalbevölkerung in weniger als 20 % homo- und heterozygot auftritt. Dieser Risikofaktor erklĂ€rt inzwischen etwa 40 % bis 60 % der gesamten genetischen Varianz fĂŒr die DAT. Es ist auch ein Risikofaktor fĂŒr andere Erkrankungen, insbesondere die koronare Herzkrankheit. Metaanalysen zeigten eine Interaktion zwischen Geschlecht und Apolipoprotein E-Status bezĂŒglich des DAT-Risikos, wobei sich eine grĂ¶ĂŸere Relevanz bei Frauen zeigte (Bretsky et al. 1999). Aber auch andere Risikofaktoren interagieren mit dem Apolipoprotein E-Status, so z. B. der potentiell prĂ€ventive Effekt geistiger und körperlicher AktivitĂ€t (Podewils et al. 2005). Bildung scheint die Demenzentstehung im Zeitverlauf zu verzögern, was auf Schwelleneffekte hinweist. BezĂŒglich den ErnĂ€hrungsfaktoren zeigten neuere Untersuchungen, dass eine cholesterinreiche ErnĂ€hrung nicht nur das Risiko fĂŒr zerebrovaskulĂ€re Ereignisse erhöht, sondern auch fĂŒr die DAT (Engelhart et al. 2002). ZusĂ€tzlich erhöht vermehrter Alkoholkonsum das Risiko fĂŒr eine Demenz (Lindsay et al. 2002). Andererseits finden sich erste Ergebnisse, dass die Einnahme von Psychopharmaka, z. B. von Benzodiazepinen, das Risiko ebenfalls erhöht (Lagnaoui et al. 2002). WĂ€hrend AlkoholabhĂ€ngigkeit im Wesentlichen eine Erkrankung von MĂ€nnern ist, ist der Benzodiazepinabusus eher ein weibliches PhĂ€nomen, so dass sich diese gegenlĂ€ufigen Effekte in epidemiologischen Studien ausgleichen könnten. Bekanntermaßen finden sich ja auch bezĂŒglich ErnĂ€hrung, Gesundheitsbewusstsein und anderer hier genannten Parameter Geschlechtsunterschiede.
Immer wieder wurde im psychiatrischen Kontext auch die Rolle der Depression diskutiert, die ja hĂ€ufiger Frauen betrifft. Hierbei zeigt sich jetzt zunehmend konsistenter, dass das Risiko fĂŒr eine Demenz nur durch eine Depression mit Beginn in der zweiten LebenshĂ€lfte erhöht wird. Dies spricht eher dafĂŒr, dass die beginnende hirnorganische Erkrankung die VulnerabilitĂ€t fĂŒr eine Depression erhöht (Stoppe 2000).
Eine besondere Rolle haben in der Diskussion um die Vermeidung bzw. PrĂ€vention von Demenzen auch die Östrogene gespielt. GestĂŒtzt durch eine Vielfalt positiver Effekte von Östrogenen auf das zentrale Nervensystem und eine Reihe von Studien, die ein geringeres Risiko fĂŒr eine Demenz bei jemals mit einer sogenannten „Hormonersatztherapie“ behandelten Patienten zeigten, wurde eine entsprechende Behandlung von Ă€lteren Frauen auch Jahre ĂŒber die Menopause hinaus empfohlen, obgleich die Autorin dieses Beitrages ebenso wie andere auf die MĂ€ngel der entsprechenden Studien hinwies (Stoppe und Vedder 2000, Stoppe et al. 2000). Die Ergebnisse der WHI (Woman’s Health Initiative) Studie waren dann auch nur begrenzt ĂŒberraschend. In dieser groß angelegten, von den FrauenverbĂ€nden in den USA geforderten Studie zur Hormontherapie, zeigte sich ĂŒberraschend sogar eine Verdoppelung des Demenzrisikos unter Verum im Vergleich zu Placebo (Shumaker et al. 2004). Ein positiver Effekt auf Demenzerkrankungen blieb nicht nur aus, sondern es zeigte sich auch kein wirklich messbarer Effekt auf weitere, die LebensqualitĂ€t beeinflussende Faktoren, allenfalls noch fĂŒr den Schlaf, was pathophysiologisch auch begrĂŒndet werden könnte (Hays et al. 2003, Stoppe et al. 2000). Auch eine andere, davon unabhĂ€ngige Untersuchung zeigte, dass Frauen mit höheren endogenen Östrogenspiegeln eher ein höheres Demenzrisiko haben, ein Zusammenhang, der sich bei MĂ€nnern nicht fand (Geerlings et al. 2003).

1.3 Symptomatik

Die bisherige symptomatische Forschung bei den Demenzerkrankungen hat die Geschlechtsaspekte wenig mit einbezogen und fokussiert mehrheitlich auf die DAT. Der – wenn ĂŒberhaupt – bestuntersuchte Befund scheint der einer potentiell unterschiedlichen BeeintrĂ€chtigung sprachlicher Funktionen bei DAT-Patienten zu sein. Allerdings sind diese Geschlechtsunterschiede einerseits klein, andererseits nicht konsistent nachgewiesen (McPherson et al. 1999, Bayles et al. 1999). Interessanterweise haben Östrogene, wenn ĂŒberhaupt, kognitive Effekte auf die Sprachfunktion hysterektomierter Frauen (Henderson 1997, Stoppe und Vedder 2000).
Mehrere Studien – wiederum mit fraglichem Selektionsbias – berichteten ĂŒber eine grĂ¶ĂŸere GewalttĂ€tigkeit bei mĂ€nnlichen Demenzpatienten. Hier ist zu hinterfragen, ob Aggressionen bei MĂ€nnern von den weiblichen Pflegepersonen möglicherweise weniger toleriert werden und damit eher zum Behandlungsproblem werden. Auch muss eine FĂŒlle von Faktoren (prĂ€morbide AggressivitĂ€t, sprachliche Kompetenz etc.) ursĂ€chlich diskutiert werden, die wiederum geschlechtsdifferent zu behandeln sind (Hall und O’Connor 2004). Kasuistiken berichteten ĂŒber positive Effekte von Östrogenen auf Aggressionen bei mĂ€nnlichen Demenzpatienten (Shelton und Brooks 1999).

1.4 Diagnostik, Therapie, Verlauf und Prognose

In den vorliegenden Studien finden sich wenig Hinweise auf eine besondere Bedeutung des Geschlechts. So wurde in einer US-amerikanischen Untersuchung eine höhere MortalitÀt von mÀnnlichen DAT-Patienten im Pflegeheim beschrieben (n = 2.838 MÀnner und 6.385 Frauen; Lapane ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
  6. Vorwort
  7. A Störungen
  8. B Diagnostik
  9. C Therapie und Versorgung
  10. D Spezielle Aspekte
  11. E Forensische Psychiatrie
  12. Stichwortverzeichnis