Göttliches Vorherwissen und menschliche Freiheit
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Göttliches Vorherwissen und menschliche Freiheit

Beiträge aus der aktuellen analytischen Religionsphilosophie

  1. 372 Seiten
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Göttliches Vorherwissen und menschliche Freiheit

Beiträge aus der aktuellen analytischen Religionsphilosophie

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Über dieses Buch

Is divine foreknowledge compatible with human freedom? Doesn=t god=s foreknowledge about future actions remove human freedom? In the analytical philosophy of religion these and similar questions are being discussed intensively, clarified and developed in a creative way. Here, recourses on approaches of Thomas von Aquin, Wilhelm von Ockham or Luis de Molina play an equal important role as ideas that derive from current debates in metaphysics, epistemology and philosophy of language.This book contains key contributions of the current analytical philosophy of religion to this discussion and makes clear the key issues and developments.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783170241565
Der Ockhamismus

Göttliche Allwissenheit und freies Handeln

Nelson Pike

In Teil V, Abschnitt 3 seiner Consolatio philosophiae erwägt Boethius die (später von ihm verworfene) Behauptung, dass keine menschliche Handlung aus freiem Willen ausgeführt wird, wenn Gott allwissend ist. Intuitiv scheint diese Behauptung falsch zu sein. Aus einer Lehre, die nur Gottes Wissen beschreibt, folgt sicherlich nichts über die Freiheit menschlicher Handlungen. Vielleicht würde sich eine solche Schlussfolgerung aus einer Lehre über göttliche Allmacht oder göttliche Vorsehung ergeben, aber welche Verbindung könnte zwischen der These bestehen, dass Gott allwissend ist, und der Behauptung, dass menschliches Handeln determiniert ist? Dennoch glaubte Boethius, hier ein Problem zu sehen. Er dachte, wenn man nur die richtigen Annahmen und Prinzipien über Gottes Wissen zusammenstelle, dann lasse sich die Folgerung ableiten, dass keine menschliche Handlung aus freiem Willen geschehe, wenn Gott existiere. Boethius war natürlich nicht der Auffassung, dass alle für die Ableitung der Folgerung notwendigen Annahmen und Prinzipien wahr seien (ganz im Gegenteil), aber er hielt es doch für wichtig, auf sie aufmerksam zu machen. Will ein Theologe eine Lehre über Gottes Wissen konstruieren, die ihn nicht auf den Determinismus festlegt, so muss ihm zuerst klar sein, dass man sich Gottes Wissen auch auf eine Weise vorstellen kann, die ihn darauf festlegen würde.
In diesem Aufsatz werde ich dafür argumentieren, dass Boethius, obwohl seine These stark kontraintuitiv klingt, zu Recht glaubte, es gebe eine Auswahl aus den verschiedenen Lehren und Prinzipien, die sich um die Begriffe des Wissens und der Allwissenheit sowie um den Begriff Gottes ranken, welche zusammen die Schlussfolgerung verlangen, dass keine menschliche Handlung aus freiem Willen ausgeführt wird, wenn Gott existiert. Ich denke, es ist Boethius nicht gelungen, alle Bestandteile des Problems explizit zu machen; sein Verdacht war zwar korrekt, doch seine Diskussion war unvollständig. Sein Argument muss weiter entwickelt werden. Dies ist die Aufgabe, die ich auf den folgenden Seiten übernehmen werde. Ich möchte gleich zu Beginn klarstellen, dass meine Absicht bei der erneuten Argumentation für diese These weder darin besteht, zu zeigen, dass der Determinismus wahr ist, noch darin, zu zeigen, dass Gott nicht existiert, und auch nicht darin, zu zeigen, dass entweder der Determinismus wahr ist oder Gott nicht existiert. Mit Boethius werde ich nicht behaupten, dass die Bausteine, die man braucht, um das Problem zu erzeugen, philosophisch oder theologisch angemessen sind. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf die Implikationen einer bestimmten Menge von Annahmen lenken. Die Frage, ob diese Annahmen selbst akzeptabel sind, werde ich nicht untersuchen.

I

A. Viele Philosophen haben die Auffassung vertreten, dass, wenn eine Aussage der Form „A weiß X“ wahr ist, auch „A glaubt X“ und „X“ wahr sind. Meine erste Annahme lautet, dass diese Teilanalyse von „A weiß X“ korrekt ist. Und da diese Analyse für alle Wissensaussagen gilt, setze ich voraus, dass sie auch gilt, wenn wir von Gottes Wissen sprechen. „Gott weiß X“ impliziert „Gott glaubt X“ und „‘X’ ist wahr“.
Zweitens sagt Boethius in Bezug auf das Thema Wissen, dass Gott „sich auf keine Weise irren kann.“1 Ich werde diese Lehre wie folgt verstehen. Allwissende Wesen haben keine falschen Überzeugungen. Sagen wir, eine Person sei allwissend, so meinen wir damit unter anderem, dass sie nichts Falsches glaubt. Darüber hinaus ist es aber Teil von Gottes „Wesen“, allwissend zu sein. Das heißt, dass jede Person, die nicht allwissend ist, nicht die Person sein kann, auf die wir uns normalerweise beziehen wollen, wenn wir den Namen „Gott“ verwenden. Um den letzten Punkt etwas anders auszudrücken: Wenn die Person, auf die wir uns normalerweise beziehen möchten, wenn wir den Namen „Gott“ verwenden, die Qualität der Allwissenheit plötzlich verlöre (angenommen zum Beispiel, sie glaubte auf einmal etwas Falsches), dann wäre die sich daraus ergebende Person nicht mehr Gott. Obwohl wir auch diese zweite Person „Gott“ nennen könnten (ich könnte auch meine Katze „Gott“ nennen), wäre das Fehlen der Qualität der Allwissenheit hinreichend, um sicherzustellen, dass die Person, auf die Bezug genommen würde, nicht dieselbe wäre wie die Person, die früher diesen Namen trug. Aus dieser Lehre folgt, dass die Aussage „Wenn eine bestimmte Person Gott ist, dann ist diese Person allwissend“ a priori wahr ist. Daraus können wir schließen, dass die Aussage „Wenn eine bestimmte Person Gott ist, dann hat diese Person keine falschen Überzeugungen“ ebenfalls a priori wahr ist. Es ist begrifflich unmöglich, dass Gott eine falsche Überzeugung hat. „‘X’ ist wahr“ folgt aus „Gott glaubt X“. Dies alles sind Möglichkeiten, dasselbe Prinzip auszudrücken – das Prinzip, das Boethius durch die Formel ausdrückt „Gott kann sich in nichts irren“.
Ein zweites Prinzip, das üblicherweise mit dem Begriff der göttlichen Allwissenheit in Verbindung gebracht wird, hat etwas mit der Reichweite oder dem Bereich von Gottes intellektuellem Blick zu tun. Von einem Wesen zu sagen, dass es allwissend ist, heißt, von ihm zu sagen, dass es alles weiß. „Alles“ wird in dieser Aussage üblicherweise so verstanden, dass es künftige ebenso wie gegenwärtige und vergangene Ereignisse und Umstände umfasst. Tatsächlich wird von Gott normalerweise gesagt, er habe ein Vorherwissen von allem gehabt, was jemals geschehen sei. Von allem, was der Fall war, ist oder sein wird, wusste Gott in Ewigkeit, dass es der Fall sein werde.
Die Lehre, dass Gott alles in Ewigkeit wusste, ist außerordentlich unklar. Eine besonders schwierige Frage hinsichtlich dieser Auffassung ist, ob sie impliziert, dass Gott von allem, was war, ist oder sein wird, bereits im Voraus wusste, dass es der Fall sein werde. In einigen traditionellen theologischen Texten heißt es, dass Gott in dem Sinne ewig ist, dass er „außerhalb der Zeit“ existiert, das heißt, dass er in keinen zeitlichen Beziehungen zu den Ereignissen oder Umständen der natürlichen Welt steht.2 In einer Theologie dieses Typs könnte man nicht sagen, dass Gott von einem gegebenen natürlichen Ereignis bereits wusste, bevor es stattfand. Wenn Gott gewusst hätte, dass ein gegebenes natürliches Ereignis geschehen würde, bevor es geschah, dann hätte wenigstens eine von Gottes Erkenntnissen vor einem natürlichen Ereignis stattgefunden. Das liefe der Vorstellung sicherlich zuwider, dass Gott nicht in zeitlichen Beziehungen zu natürlichen Ereignissen steht.3 Andererseits wird uns in einer beträchtlichen Anzahl theologischer Quellen gesagt, dass Gott schon immer existiert hat – dass er lange vor dem Stattfinden irgendeines natürlichen Ereignisses existierte. Wenn man im Rahmen einer Theologie dieses Typs sagt, Gott sei ewig, so heißt dies nicht, dass Gott „außerhalb der Zeit“ existiert (dass er nicht in zeitlichen Beziehungen zu natürlichen Ereignissen steht), sondern dass Gott zu jedem Zeitpunkt existiert hat (und weiter existieren wird).4 In einer Allwissenheitslehre, die diesem Verständnis des Begriffs der Ewigkeit folgt, wird behauptet, dass Gott immer schon gewusst hat, was in der natürlichen Welt geschehen wird. Johannes Calvin schreibt:
„Wenn wir Gott Vorherwissen zuschreiben, so meinen wir damit: alles ist stets vor seinen Augen gewesen und wird es auch alle Zeit bleiben; für seine Erkenntnis gibt es nichts Zukünftiges oder Vergangenes, sondern es ist alles gegenwärtig, und zwar in einer Weise, dass er es sich nicht bloß auf Grund von bildlichen Gedanken vorstellt (so wie wir die Dinge beobachten, von welchen unser Geist eine Erinnerung bewahrt), sondern dass er diese Dinge wirklich schaut und wahrnimmt, als [tanquam] stünden sie vor ihm.“5
Alle Dinge sind Gott in dem Sinne „gegenwärtig“, dass er sie „schaut“, als (tanquam) stünden sie tatsächlich vor ihm. Weiter gilt im Hinblick auf jedes gegebene natürliche Ereignis, dass es Gott nicht nur im angegebenen Sinne „gegenwärtig“ ist, sondern dass es dies immer schon war und stets blieb. Dies ist der besonders interessante Punkt. Was immer man von der Idee halten mag, dass Gott die Dinge „schaut“, als ob sie „tatsächlich vor ihm stünden“, Calvin scheint jedenfalls auf die Vorstellung festgelegt zu sein, dass...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Danksagung
  5. Inhalt
  6. Vorwort
  7. Anstatt einer Einleitung: Ein Dialog über Gottes Allwissenheit und menschliche Freiheit
  8. Der Ockhamismus
  9. Der Eternalismus
  10. Der Molinismus und der Thomismus
  11. Der Offene Theismus
  12. Grundlagen der Übersetzungen