Meßmer
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Meßmer

Vom Zauber einer Weltmarke

  1. 151 Seiten
  2. German
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Vom Zauber einer Weltmarke

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Quellenangaben

Über dieses Buch

Mit der Eröffnung eines Kolonialwarenladens im Jahr 1852 in der mondänen Stadt Baden-Baden, legt Eduard Messmer den Grundstein für einen weltumspannenden Teekonzern. Als er den deutschen Kaiser aus seinem Tee-Notstand befreit und zu dessen Hoflieferant wird, wird das die Sternstunde der Firma: Messmers Kaisertee wird schnell zum begehrten Produkt. Sein philosophisch gebildeter Sohn Otto erweist sich als wahres Verkaufs- und Werbegenie - er lässt die Marke schützen und legt den Grundstein der heutigen Markengeschichte. Faszinierende, innovative und charismatische Unternehmerpersönlichkeiten treten auf, bis sich die Geschichte des Hauses Messmer 1990 mit einem anderen Familienunternehmen verbindet: der Ostfriesischen Teegesellschaft. Das Buch zeichnet die Geschichte der »Teemänner" nach, die Kriegswirren und Wirtschaftswunder hinter sich gelassen haben und deren Unternehmen heute unter dem Dach der Laurens Spethmann Holding von internationaler Bedeutung ist. Die Geschichte Meßmers ist spannend wie ein Wirtschaftskrimi und erzählt zugleich von erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeiten und ihren Familien, die mit viel Leidenschaft den Tee in die Welt gebracht haben.

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Information

Verlag
Wachholtz
Jahr
2014
ISBN
9783529092121
Die Messmers: Eine besondere Familie im Weltbad Baden-Baden
»Im Dom, im Tempel, der Moschee,
preist man mit Recht den Messmer-Tee,
zu kaufen da zu jeder Frist,
wo Feinkultur zu Hause ist.
Er macht die Alten wieder jung –
und gibt den Jungen wieder Schwung!«
Die Geschichte von Meßmer Tee und damit einer der berühmtesten Tee- und Handelsmarken Deutschlands beginnt im 19.Jahrhundert im luxuriösen Kurbad Baden-Baden. Das Kurhaus von Baden-Baden ist schneeweiß und trägt imposante klassizistische Säulen, innen beherbergt es Pavillons für Theatervorführungen und ein elegantes Restaurant zur mondänen Zerstreuung. Die Damen der Gesellschaft flanieren mit Sonnenschirmen, ausgestellten Röcken und ihrem französisch sprechenden Nachwuchs davor, die Herren sind im Zylinder und mit Gehrock unterwegs. Hier lebt seit ungefähr 1820 die Familie Messmer, eine Familie herausragender, angesehener und manchmal sogar recht wunderlich begabter Persönlichkeiten.
Paris gilt um 1800 als Winterhauptstadt Europas, Baden-Baden hat sich aufgrund der illustren Gästeschar und der kultivierten Umgangsformen schnell den Titel der Sommerhauptstadt erarbeitet. Scherzhaft nennt die feine Gesellschaft Baden-Baden »einen, ja ihren Vorort von Paris«. Hier gibt sie sich im Sommer ein Stelldichein, wenn es in Paris zu eng und überhaupt zu stickig ist und man die Ruhe und Weite des dunklen Schwarzwaldes sucht.
Das Klima nahe dem Schwarzwald ist mild, beinahe südländisch, der Lebensstil durch die Gäste des Kurbades seit geraumer Zeit extravagant und exklusiv. Einzigartige und imposante schneeweiße Villen hat der Baumeister Friedrich Weinbrenner hier erschaffen – darunter zum Beispiel das Palais Hamilton. Diese teuren Heime schmiegen sich an die Hänge vor der Kurstadt und bieten den anspruchsvollen Sommerfrischlern Orte des Rückzugs und Ruhe. Nachmittags promenieren sie im Ortskern, kaufen luxuriöse Produkte, suchen nach Zerstreuungen. Allerdings ist das Sommerbad zu diesen Tagen keineswegs überfüllt, es ist eine exklusive Gesellschaft, die sich hier trifft und ihren luxuriösen Hobbys nachgeht: 500 Sommergäste bereisen zu der Zeit das Bad im Jahr, als der junge Eduard Messmer hier sein Geschäft eröffnet.
Es ist ein gut gewählter Ort und eine gute Zeit für seine Geschäftseröffnung. Unter den Kurgästen ist man aufgeschlossen für einen kosmopolitischen Lebensstil und interessiert an neuen Moden und internationalen Produkten. Ein guter Nährboden für das Produkt Tee, begreift auch Messmer. Tee ist damals selbst in feinen Kreisen noch weitgehend unbekannt und außerhalb des Landstrichs Ostfriesland auch nicht wirklich verbreitet.
Schon 1802 weilt die Markgräfin Amalie von Baden für fünf Wochen im Kurbad, eine stolze, emanzipierte Frau, die hier ihre Gesundheit pflegen will. Sie ist eine imposante Erscheinung mit stechend blauen Augen, mondänem Kopfputz, kräuseligen Locken und unzähligen Koffern für ihre Garderobe. Mit ihr in der Kutsche reist ihre Hofdame, und stets hält sie die Bediensteten auf Trab, welche Luxusgüter in der Stadt zu besorgen seien. Menschen wie sie bringen Stil und Lebensart in die Stadt. So gelüstet es der Adligen vorzugsweise zu den unpassendsten Zeiten nach feinen Schokoladen, Früchten und besonderen Likören. Auch sonst trifft sich in Baden-Baden die internationale Gesellschaft mit ihren Bediensteten. Auf den Boulevards flanieren die Damen mit der neuesten Hutmode aus Paris oder Florenz. Auch gehen ihnen immer wieder neue Produkte durch den Kopf, von denen sie träumen.
In diesem Umfeld, in der Gernsbacher Straße 26, eröffnet Eduard Messmer 1852 ein kleines Delikatessengeschäft, das die verwöhnte Sommerbadkundschaft mit exotischen Lebensmitteln und Tee lockt. Es ist ein warmer, schöner Septembertag, als er seine Türen zum ersten Mal öffnet. Der junge Messmer hofft auf Zuspruch der anspruchsvollen Society. Er ahnt, dass er dieser etwas Ungewohntes und Überraschendes bieten muss.
Messmer ist gerade einmal 28 Jahre alt, ein unternehmungslustiger junger Mann mit guter Bildung. In seinen Regalen aus seltenem und sehr wertvollem Rosenholz stehen exotische Früchte, feine dunkle Schokoladen und aromatischer Tee. Es gibt frische Weintrauben, Ananas und Erdbeeren, englische Salatgurken, frischen Spargel, junge zarte Erbschen und neue Kartoffeln. Die Ware importiert der Kaufmann aus Südfrankreich oder England und fasziniert damit die verwöhnten Gäste des Kurbades, genau wie mit gewissen Raritäten, die er zu Ostern besorgen kann, wie ungesalzenem russischen Frühjahrskaviar.
Ein paar Stufen führen als Portal zu seinem Ladengeschäft, das tiefe Fenster für die Auslagen hat. Über der Eingangstür seines Ladens prangt das Wappen der Familie Messmer, das der Kaufmann eigens aus Holz hat schnitzen lassen. Er hat ein Gespür für Stil und Außenwirkung. Messmer stellt außerdem nur bestens geschultes Personal für sein Geschäft ein, um die anspruchsvollen und weltgewandten Kunden des Bades zu beraten. Immer wieder schärft er seinen Leuten ein, dass diese Kunden anders seien als die Hausfrauen aus Baden-Baden. Immer wieder erklärt er ihnen, wie sie richtig und zuvorkommend auf die Fragen der Kunden reagieren sollen. Vor allem beim Produkt Tee sind viele von ihnen gänzlich ratlos, ist man im Teetrinken doch zu dieser Zeit noch recht unbeleckt. Doch die feine Gesellschaft spürt schnell, dass Tee geistvollen Genuss, Konzentration und Muße bedeuten kann. Baden-Baden geht zur Eröffnung des Geschäftes seiner Hoch-Zeit entgegen – Glamour und Weltoffenheit ziehen ein, wer hierhin reist, ist äußerst neugierig auf neue Produkte und Lebensstile. Ein perfekter Zeitpunkt!
Eduard Messmer ist, obwohl damals noch recht jung, ein origineller, offener Geist aus einer angesehenen Familie. Seine Umgebung schätzt seine Leichtigkeit im Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen, die ihn auszeichnet. Sowohl mit der feinen Gesellschaft vermag er bald gepflegt auf Französisch zu parlieren als aber auch mit dem einfachen Kutscher zuweilen derbe mit Freiburger Dialekt vor seiner Ladentür in der Gasse zu scherzen. Das öffnet dem Kaufmann in Baden-Baden schnell Türen und Herzen. Vielleicht liegt es daran, dass sein Vater in der Stadt ein angesehenes Hotel führt, seine Mutter wiederum ist eine aufgeweckte und fantasievolle Frau, die ihre Kinder sehr emotional und offen erzieht.
Die exquisite Kundschaft seines »Specerei Waaren-Geschäftes« ist schnell ganz verrückt nach dem Schwarztee, der eigentlich nur einen kleinen Teil von Messmers Geschäft ausmachen sollte. Sie steht bald Schlange und trifft sich im Laden, weil Messmer ihnen ganz unerwartet Zugang zu einer neuen, betörenden Welt eröffnet. Selbst Messmer ist überrascht von der Wirkung. Im Laden verströmt sein Tee einen feinen aromatischen, zuweilen leicht süßlichen Duft, der beim Übertreten der Schwelle sogleich geheimnisvoll-fremdländisch in die Nase dringt: Ein wenig würzig riecht es, ein bisschen orientalisch, dazu der Geruch der dunklen Rosenholzregale – diese Mischung lässt sogleich an die Ferne und die Romantik denken. Ein Eskapismus und Exotismus werden bei den Kundinnen geweckt, die gut zu den Sehnsüchten und Stimmungen dieser Zeit passen und vielleicht deswegen die Erfolgsgeschichte einer Marke und eines Produktes erklären können. Der Kaufmann Messmer trifft den Zeitgeist.
Vor allem die betuchten Damen sind schnell fasziniert von dem Gedanken, bei einer Tasse edelsten und dampfenden Tees in ihrem Boudoir zu entspannen und ihren Träumereien von fernen Ländern und amourösen Abenteuern nachzuhängen. Wir schreiben um 1800 die Zeit der Romantik. Die Herrschaft der Vernunft in der Epoche der Aufklärung wird abgelöst von eher subjektiven Eindrücken und der Hinwendung zu Stimmungen. Es ist die Zeit des Schwärmerischen, Subjektiven und Abenteuerlichen. Der Traum rückt ins Zentrum des Interesses der Damen genauso wie das Motiv der Abenteuerreise in ferne Kolonien und exotische Länder. Eskapismus wird diese Zeitströmung auch genannt. Vor allem die reichen, von der Erwerbsarbeit befreiten schönen Damen können sich diese Sehnsüchte leisten, eine richtige Romanleidenschaft entbrennt unter ihnen. Es ist die richtige Zeit für ein Produkt wie Tee, das seit jeher mit Muße, Genuss, Gefühlen und Individualismus verbunden ist: Die Geburtsstunde von Messmer Tee – der späteren Erfolgsmarke.
Wenn die Damen aus dem Laden mit der luxuriösen Einrichtung zurück auf die Gernsbacher Straße treten, haben sie in Gedanken eine Reise in die Kolonien gemacht: Auch wenn ihnen die Tee-Ernte und die fremde Kultur dort trotzdem weitgehend rätselhaft bleiben, sind sie beflügelt, irgendwie angeregt und tragen ihr angenehm aus der Packung duftendes Teepaket mit feiner Schnur in ihre schneeweißen Villen am Rand von Baden-Baden. Dort sitzen sie nun mit ihren gekräuselten Haaren und Häubchen in ihren Salons und Kabinetten und verschlingen historische Abenteuerromane, die en vogue sind. Im Jahr von Messmers Geschäftseröffnung kommt beispielsweise der Roman Onkel Toms Hütte heraus, ein Schmöker, der das romantische Interesse an fernen Ländern und Kulturen in Europa weiter beflügelt.
Tee ist zu dieser Zeit selten und exotisch. Wohlhabende Adelsfamilien trinken ihn. Außer im Landstrich Ostfriesland, wo die Teekultur bereits weite Verbreitung durch den Import von den Holländern gefunden hat und den König von Preußen sogar zu Bemühungen veranlasste, den möglicherweise gefährlich hohen Teekonsum einzuschränken, ist Tee ein Produkt für die Avantgarde. In den Großstädten gibt es vereinzelt literarische Salons, in denen es zum neuesten Chic avanciert, Tee zu trinken. Auch der alte Goethe serviert seinen intellektuellen Gesellschaften gerne eine Tasse Tee und ist damit äußerst fortschrittsorientiert.
Sein Freund Eckermann erinnert sich an die anregende und geistvolle Wirkung des Tees. Er schreibt: »Diesen Abend war ich bei Goethe zu einem großen Tee. Die Gesellschaft gefiel mir, es war alles so frei und ungezwungen. Man stand, man scherzte, man lachte. Goethe ging bald zu diesem und zu jenem und schien immer lieber zuzuhören und seine Gäste reden zu lassen, als selbst viel zu sagen. Goethes Frau kam oft und schmiegte sich an ihn und küsste ihn.«
Tee für die Oberschicht
Für Kaufmann Eduard Messmer und den Tee in seinen Rosenholzregalen kommt positiv hinzu, dass nicht nur der Adel das mondäne Weltbad Baden-Baden für sich entdeckt hat, sondern auch Feingeister und empfindsame Seelen wie der Maler Gustave Courbet, die Musikerin Clara Schumann, die hier ihre Konzerte gab, und selbst der Schriftsteller Dostojewski weilte in Baden-Baden und wählte die Stadt und das Casino als Schauplatz seines Romans Der Spieler. Diese künstlerische und geistige Avantgarde bringt die nötige Sensibilität und Neugier mit, um ein exotisches Produkt wie Tee berühmt zu machen und zum Modegetränk im Weltbad zu stilisieren. Sie alle kaufen bei Messmer im Kolonialwarenladen mit der dunklen, ein wenig zauberhaften Atmosphäre und sind beeindruckt.
Zuweilen berichtet ein Kunde dem jungen, stets tadellos gekleideten Kaufmann von Goethes Salon, in dem er gewesen und mit Tee in Berührung gekommen sei. Messmer lauscht. Der Tee inspiriert die Kreativen, die Baden-Baden entdeckt haben, für ihre verschiedenen Künste. Sie beginnen zu ahnen: Tee ist Augenblickskunst, Muße, Tee ist der Philosophie und der Literatur verwandt. Tee ist subtiler als Kaffee.
Freilich braucht es für den endgültigen Durchbruch von Messmer aber auch noch einen »Kairos«, eine historische Sternstunde, die dem jungen und talentierten Kaufmann aus Baden-Baden zu Hilfe eilen soll. Sie kommt!
Diese Sternstunde hat mit der Russlandbegeisterung des deutschen Kaisers zu tun. Besonders feiner russischer Tee ist im 19.Jahrhundert nämlich groß in Mode, hat sich doch herumgesprochen, dass man am kaiserlichen Hof angeblich auf Tee aus Russland schwört und diesen direkt vom Zaren aus St.Petersburg freundschaftlich bezieht. Auch in Baden-Baden leben viele Russen, die gerne bei Messmer einkaufen, allerdings keinen Tee. Diesen beziehen sie recht dünkelhaft direkt aus der Heimat. So hält es auch der deutsche Kaiser, und die Sehnsucht des Adels geht vage auf exotische Früchte, russische Pelze und auf jenen Tee aus Russland, der angeblich so vollmundig und kraftvoll schmeckt.
Eduard Messmer verkauft in erster Linie Souchong-Sorten aus China, ebenfalls sehr luxuriös und teuer. Dieser Tee hat einen leicht rauchigen Geschmack, da er über einem Feuer mit Tannennadeln oder Harzen getrocknet wird. Seine feinsten Sorten gibt es in einer Schmuckdose, auf der »Mongolia Mischung« steht, der feine Souchong mit Blüten wird in exquisit gebundenen Paketen mit Firmenwappen verkauft. Die Preise liegen bei 4 oder 5 Goldmark das Pfund. Zum Vergleich: Zu dieser Zeit kostet ein Pfund Kaffee 1,60 Goldmark, und eine Gans gibt es für 4,50 Goldmark.
Allerdings fordert die betuchte Kundschaft mit dem besonderen Geschmack, die solche Preise für Tee zahlen kann, den armen Kaufmann auch heraus: Scheinbar mögen die Herrschaften nichts lieber, als nachts oder am Sonntag ihren Tee bei Messmer im Kurbad einzukaufen. Mit ihren ausladenden Hüten stehen die Damen vor ihm, die Männer mit Gehrock, Zylinder und Spazierstock, und sie wollen ganz aufgekratzt den Kaufmann zu nachtschlafender Zeit nach ihrer Pfeife tanzen lassen. Ob er diesen Tee habe, ob er jenen Tee habe, ob er mal die Dose aus dem Regal zum Schnuppern heben könne und wie man den Tee denn am besten zubereite? Sie stehen mit Unschuldsmienen vor ihm. Sie zeigen mit dem Finger auf die Regale, lachen, sind elektrisiert von ihren Champagnerrunden, die in den warmen Sommernächten bis in den Morgen dauern. Anfangs macht Messmer das alles hundemüde mit. Doch dann regt sich Widerstand in ihm.
Der unternehmungslustige und entschiedene Eduard Messmer weiß sich zu wehren und Grenzen zu setzen. Er ist der erste Kaufmann, der die Sonntagnachmittagsruhe freiwillig für seine Angestellten im Kurbad einführt. Die Adligen von Baden-Baden sind empört, ja beinahe fassungslos. So etwas wie ein soziales Mitgefühl gibt es damals nicht. Messmers Tee wird in Baden-Baden trotzdem – nach anfänglichen trotzigen Boykottversuchen der High Society – gekauft und getrunken. Das liegt an der Qualität, fehlender Konkurrenz und der bereits angedeuteten historischen Gelegenheit, die sich dem Kaufmann nun bieten wird...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Zitat
  6. Die Messmers: Eine besondere Familie im Weltbad Baden-Baden