Entwicklungspsychologie der Kindheit und Jugend
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Entwicklungspsychologie der Kindheit und Jugend

Ein Lehrbuch für die Lehrerausbildung und schulische Praxis

  1. 314 Seiten
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Entwicklungspsychologie der Kindheit und Jugend

Ein Lehrbuch für die Lehrerausbildung und schulische Praxis

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Pädagogen nehmen heute einen erzieherischen Auftrag wahr, der weit über die Vermittlung von Wissen hinausgeht: Sie sollen Lernstand und Leistungsdefizite ebenso erkennen können wie individuelle Lernprozesse und motivationale Ressourcen. Die Entwicklungspsychologie liefert hierfür wichtige Erkenntnisse. In dem Buch wird entwicklungspsychologisches Basiswissen vermittelt, das auch eine vertiefende Auseinandersetzung mit speziellen Teilgebieten ermöglicht. Neben zentralen entwicklungspsychologischen Konzepten wird die Entfaltung von körperlichen, intellektuellen, motivationalen, emotionalen und sozialen Funktionen und Fertigkeiten sowie der Persönlichkeit beschrieben und ihre Bedeutung für das pädagogische Handeln herausgestellt.

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Information

Jahr
2011
ISBN
9783170281462

1 Einführung

1.1 Grundlagen der Entwicklungspsychologie

1.1.1 Definition und Gegenstand

Der Begriff „Entwicklung“ geht sowohl auf das lateinische explicare als auch das französische évoluer zurück und meint etwas, das sich allmählich herausbildet (vgl. Kluge, 2002). In dieser Umschreibung sind die Aspekte Richtung, Veränderung und Zeitbezug enthalten. Der Begriff „Entwicklung“ kann damit zunächst ganz allgemein bestimmt werden als eine zielgerichtete Veränderung, die auf der Zeitachse beobachtet wird. In der Entwicklungspsychologie werden als Zeitvariable die Abschnitte des Lebenslaufes gesetzt.
Eine Veränderung wird im Verständnis der traditionellen Entwicklungspsychologie jedoch nur dann als Entwicklungsgeschehen aufgefasst, wenn neben der Zielgerichtetheit (auch: Unidirektionalität) auf einen qualitativ immer höherwertigen Endzustand hin drei weitere Kriterien erfüllt sind: Erstens muss es sich um eine Veränderung handeln, die trotz unterschiedlicher Entwicklungsbedingungen in allen Kulturen so oder so ähnlich wiederzufinden ist (Universalitätskriterium). Zweitens muss es sich um eine Veränderung qualitativstruktureller und nicht nur quantitativer Art handeln. Und drittens muss die Veränderung nachhaltig sein, d. h. sie muss eine dauerhafte Wirkung auf nachfolgendes Geschehen haben und wird nicht mehr verloren gehen (Irreversibilitätskriterium).
Tatsächlich ist die menschliche Entwicklung jedoch deutlich vielgestaltiger, als es mit dieser engen Definition fassbar ist: Unterschiedliche Merkmale verändern sich auf unterschiedliche Weise und zu unterschiedlichen Zeiten (Multidimensionalität), es gibt keine universell gültigen Zielzustände (Multidirektionalität) und Entwicklungsveränderungen haben in der Regel nicht singuläre, sondern multiple Ursachen (Multikausalität, vgl. Rothgang, 2009). In der modernen Entwicklungspsychologie wurde deshalb die oben beschriebene Entwicklungsdefinition erweitert: Als „Entwicklung“ werden heute sämtliche Veränderungen im Rahmen der Individualentwicklung (Ontogenese) verstanden, die relativ überdauernd sind, einen inneren Zusammenhang aufweisen und mit dem Lebensalter in Zusammenhang stehen (vgl. z. B. Trautner, 2006; Montada, 2008a; Berk, 2005; Siegler, DeLoache & Eisenberg, 2008).
Die Wurzeln der Entwicklungspsychologie reichen bis in die Antike zurück. Schon in der vorwissenschaftlichen Zeit wurden Beschreibungen der Entwicklung und des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen publiziert. Erste Schriften finden sich bereits bei Platon (z. B. „Gesetze“) und Aristoteles (z. B. „Nikomachische Ethik“). Im Mittelalter war in der europäischen Welt die Vorstellung verbreitet, Kinder seien bereits kleine Erwachsene und als solche zu behandeln (vgl. Lück, 2009). Erst bei den Philosophen der Aufklärung (z. B. Locke, 1690/2006, 1693/2007; Rousseau, 1762/1998) finden sich wieder Schriften, die sich mit der Entwicklung im Kindes- und Jugendalter beschäftigen und eine Anpassung des pädagogischen Handelns an die Entwicklungsbesonderheiten dieser Altersphase fordern. Die Anfänge einer wissenschaftlichstandardisierten Annäherung an die Besonderheiten kindlicher Entwicklung finden sich z. B. bei Tetens (1777; Forderung nach Verwissenschaftlichung der Entwicklungspsychologie), Tiedemann (1787; Systematisierung von Verhaltensbeobachtung), Quetelet (1835/1914; Einführung statistischer Methoden) und Preyer (1882/2007; Systematisierung der biografischen Methode; vgl. Trautner, 2003, S. 15ff.). Die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Veröffentlichungen Darwins (1860/2008, 1871/2010) angeregte Verknüpfung von Entwicklungsdenken und Biologie brachte viele Aufzeichnungen von Beobachtungen kindlichen Aufwachsens hervor, aber auch tierpsychologische und völkerpsychologische Studien (vgl. Weinert & Weinert, 2006). Auch die mit Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzende systematisch-empirische Erforschung allgemeiner Veränderungen des Aufwachsens beschränkte sich weiter größtenteils auf das Kindes- und Jugendalter, da die Vorstellung, Entwicklung sei mit dem Eintritt in das Erwachsenenalter abgeschlossen, weit verbreitet war (Petermann & Schneider, 2008). Eine Erweiterung der Forschungsperspektive auf die gesamte Lebensspanne ist verstärkt seit Ende der 1960er Jahre zu beobachten (siehe unten Abschnitt 2.2.2). Einen Grund sehen Siegler, DeLoache und Eisenberg (2008) in der veränderten Lebenserwartung sowie der robusteren Gesundheit und damit einhergehenden größeren Aktivität älterer Menschen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts stehen zudem verstärkt differentielle Betrachtungen sowohl spezieller Entwicklungsbereiche als auch interindividueller Unterschiede von Entwicklungsverläufen im Mittelpunkt der Forschung. Zunehmend wird in diesem Zusammenhang auch den Störungen normaler Entwicklung, Veränderungen auf Grundlage spezieller Voraussetzungen oder Defizite sowie den Besonderheiten der Entwicklung spezieller Gruppen (z. B. Hochbegabte, Migranten, Hochbetagte) Aufmerksamkeit geschenkt (Montada, 2008a).
Dollase (1985, S. 5) sieht Entwicklung und Veränderung als „fraglos wichtige(n) Aspekt jedes psychologischen Phänomens“. Die Entwicklungspsychologie stellt sich heute als ein vielfältig differenziertes Teilgebiet der Psychologie dar, das auf alle Grundlagenfächer der Psychologie (Allgemeine Psychologie, Biologische Psychologie, Differentielle Psychologie, Sozialpsychologie) rekurriert und mit verschiedenen anderen Wissenschaftsdisziplinen vernetzt ist (z. B. Medizin, Biologie, Soziologie, Kulturanthropologie, Ethologie). Sie definiert sich dabei durch ihren besonderen Fokus, nämlich die Betrachtung der Veränderungen und Stabilitäten der Phänomene menschlichen Erlebens und Verhaltens im Lebenslauf (vgl. Trautner, 2006; Montada, 2008a).

Literaturhinweis

Trautner, H. M. (2003). Allgemeine Entwicklungspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer.

1.1.2 Anspruch entwicklungspsychologischer Forschung

Die Entwicklungspsychologie befasst sich also mit der Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von zielgerichteten, geordneten und nachhaltigen Veränderungen im Lebenslauf. Gegenstand dieser Betrachtung sind alle im Zusammenhang mit der Ausreifung körperlicher Funktionen, Entfaltung der Persönlichkeit und Erlangung von Handlungskompetenzen stehende Phänomene. Dazu zählen Überzeugungen, Interessen, Motive und Selbstkonzepte ebenso wie die körperliche Reifung, die Entfaltung kognitiver Funktionen, die Kontrolle emotionaler Reaktionen und die Prozesse der Aneignung von motorischen, sozialen und intellektuellen Fertigkeiten.
Ziel der Forschungsbemühungen ist es einerseits, Wissen über „typische“ Entwicklungsverläufe bereitzustellen und die Entwicklungsbedingungen zu identifizieren, unter denen einen Entwicklung „normal“ verlaufen kann. Andererseits sollen auch die Entwicklungsbedingungen identifiziert werden, die Entwicklungsprozesse behindern oder die Entwicklungsprozesse optimieren helfen. Solche Erkenntnisse unterstützen die Beratung von Eltern genauso wie die Begründung sozialpolitischer Entscheidungen, bilden aber auch die Grundlage für das Verständnis des Wesens des Menschen allgemein (Siegler, DeLoache & Eisenberg, 2008).
Moderne entwicklungspsychologische Forschung dient also zwei Zielen: der Bereitstellung von Basiswissen über das Entwicklungsgeschehen (Grundlagenforschung) und der Ableitung von Maßnahmen zur Optimierung von Entwicklungsprozessen (Anwendungsforschung) bzw. Vermeidung von Entwicklungsbeeinträchtigungen (Präventionsforschung). Sie berücksichtigt dabei die Perspektive der Veränderung über die gesamte Lebensspanne und den Einfluss biologischer Prozesse genauso wie den Einfluss der Bedingungen des Aufwachsens (ökologische Perspektive). Neben der Beschreibung, Erklärung und Vorhersage interessiert also auch die Frage nach Möglichkeiten der Beeinflussung menschlichen Erlebens und Verhaltens. Denn aus Alterskurven und Normtabellen über die Entfaltung körperlicher und psychischer Funktionen kann z. B. abgeleitet werden, wie Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersstufen Lehrstoff angemessen vermittelt werden kann (Berk, 2005). Aus diesem Anspruch heraus etablierte sich die „Angewandte Entwicklungspsychologie“ als neue Teildisziplin der Psychologie. Diese versteht sich als eigenständiges Anwendungs- und Forschungsfeld, das unter starker Betonung der Lebensspannenperspektive, der Entwicklung in natürlichen Kontexten sowie der Einbeziehung nahezu aller menschlichen Lebensbereiche unter individueller wie familiärer Perspektive Entwicklungsprozesse beschreibt und zu optimieren sucht. Als zentrale Aufgaben gelten Entwicklungsdiagnostik, entwicklungsorientierte Intervention sowie die Ermittlung präventions- und bewältigungsorientierter Maßnahmen (Petermann & Schneider, 2008).

Literaturhinweis

Trautner, H. M. (2003). Allgemeine Entwicklungspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer.

1.1.3 Forschungsmethoden der Entwicklungspsychologie

Die Basis entwicklungspsychologischer Forschung ist wie in den anderen Fächern der Psychologie auch die Einhaltung bestimmter Forschungsstandards. Grundlegend sind die Realisierung von Objektivität (Unabhängigkeit des Messergebnisses vom Untersucher: Gelangt ein anderer Untersucher unter den gleichen Umständen zum selben Messergebnis?), Reliabilität (Zuverlässigkeit des Messergebnisses: Wird bei wiederholter Messung unter gleichen Umständen das gleiche Messergebnis erzielt?) und Validität (Gültigkeit des Messergebnisses: Sind die erhobenen Kennzahlen inhaltlich geeignet, die Forschungsfrage zu beantworten?). Ein Forschungsvorgehen, das diesen Standards genügen will, zeichnet sich durch die Einhaltung folgender Eckpunkte aus:
  • Das Untersuchungsinstrument wird theoriegeleitet sorgfältig ausgewählt bzw. konstruiert und erprobt.
  • Das Untersuchungsvorgehen ist maximal standardisiert, d. h. die Untersuchung wird auf immer dieselbe Weise und möglichst unter immer denselben Bedingungen durchgeführt.
  • Das Untersuchungsvorgehen und die speziellen Bedingungen der Durchführung werden genau dokumentiert in späteren Veröffentlichungen transparent gemacht.
  • Es wird darauf geachtet, dass die Stichprobe ein adäquates Abbild der Grundgesamtheit darstellt, d. h. sie ist im Hinblick auf die gewählte Auswertungsmethode groß genug und berücksichtigt relevante Untergruppen (Subpopulationen) in einem angemessenen Verhältnis.
  • Eine ggf. notwendige Zuweisung zu unterschiedlichen Untersuchungsbedingungen wird nach dem Zufallsprinzip („randomisiert“) vorgenommen.
Darüber hinaus kommt der Einhaltung ethischer Standards gerade bei Untersuchungen im Kindes- und Jugendalter eine große Bedeutung zu:
  • Die Untersuchungspartnerinnen und Untersuchungspartner nehmen ausschließlich freiwillig teil und willigen nach erfolgter Aufklärung ein (sog. informierte Einwilligung).
  • Die Anonymität wird sichergestellt.
  • Das Untersuchungsvorgehen führt zu keiner Schädigung.
  • Das Vorgehen wird nach der Untersuchung transparent gemacht.
  • Die Ergebnisse werden den Untersuchungspartnerinnen und Untersuchungspartnern auf verständlichem Niveau zur Kenntnis gebracht und erklärt.
Die gebräuchlichsten Datenerhebungsmethoden der Entwicklungspsychologie sind standardisierte Testverfahren, die Beobachtung von Verhalten und die mündliche wie schriftliche Befragung.
Standardisierte Testverfahren kommen z. B. im Rahmen einer Entwicklungsdiagnostik zum Einsatz. Es handelt sich hier um Verfahren, die für die verschiedensten Entwicklungsbereiche Normwerte von Vergleichsgruppen bereitstellen und so eine Einschätzung der Individualleistung hinsichtlich einer Abweichung vom zu erwartenden Leistungsstand ermöglichen. Kurzverfahren (sog. „Screenings“) ermöglichen eine erste Grobeinschätzung im Sinne auffällig vs. unauffällig. Allgemeine Entwicklungstests bieten einen Einblick in ein breites Spektrum der Fertigkeiten eines Kindes. Für die Untersuchung spezieller En...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Geleitwort
  6. Vorwort
  7. 1 Einführung
  8. 2 Körperliche Entwicklung
  9. 3 Entwicklung kognitiver Funktionen
  10. 4 Emotionale und Soziale Entwicklung
  11. 5 Entfaltung der Persönlichkeit
  12. Literatur
  13. Stichwortverzeichnis