Organizational Behaviour - Verhalten in Organisationen
eBook - ePub

Organizational Behaviour - Verhalten in Organisationen

  1. 378 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Organizational Behaviour - Verhalten in Organisationen

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Im angelsächsischen Raum gehört das Organizational Behaviour ganz selbstverständlich zum Grundstock von sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen. Im deutschsprachigen Bereich wird an diese Tradition in zunehmendem Maße angeknüpft.Die vierzehn Beiträge dieses Buches stellen die wichtigsten Ergebnisse der Forschung zum Organizational Behaviour dar. Behandelt werden die Themen Arbeitszufriedenheit, Motivationale Orientierungen, Psychologischer Vertrag und Sozialisation, Commitment, Rollenverhalten und Extra-Rollenverhalten, Vertrauen, Macht, Gruppendynamik, Gruppenidentität, Teamentwicklung, Persönlichkeit und Arbeitsverhalten, Betriebsklima, Organisationskultur und Tausch.Autor(en)/Herausgeber; Author(s)/Editor(s): Prof. Dr. Albert Martin lehrt Personal und Führung an der Universität Lüneburg.Zielgruppen/Target groups: Studenten der Wirtschaftswissenschaften sowie Fach- und Führungskräfte

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Organizational Behaviour - Verhalten in Organisationen von Albert Martin im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Betriebswirtschaft & Organizational Behavior. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2017
ISBN
9783170299269

1 Vertrauen

Albert Martin

»Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.«
Bertolt Brecht: Leben des Galilei, 7. Bild
»Wer damit anfängt, dass er allen traut, wird damit enden, dass er jeden für einen Schurken hält.« Christian Friedrich Hebbel: Demetrius, 4. Akt, 2. Szene
Ohne wechselseitiges Vertrauen ist ein gedeihliches soziales Miteinander nicht möglich. Man stelle sich nur vor, wie man mit jemandem zusammenarbeiten würde, dem man gründlich misstraut. Bei manchen Tätigkeiten ist Vertrauen schlichtweg die Grundvoraussetzung der Arbeit. Ein Chirurg beispielsweise muss sich bei einer Operation auf seine Assistenten verlassen können, ein Lkw-Fahrer beim Rangieren auf seinen Beifahrer usw. Aber nicht nur unmittelbar bei der Verrichtung der Arbeit ist Vertrauen notwendig. Auch dort, wo über die Arbeitsbedingungen befunden wird, also in der arbeitspolitischen Sphäre, braucht es Vertrauen. Das Vertrauen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ist zwar – man möchte fast sagen: von Natur aus – weniger leicht zu gewährleisten als das persönliche Vertrauen zwischen Kollegen, gleichwohl aber unverzichtbar, weil sich ohne Vertrauen keine stabilen und belastungsfähigen Arbeitsbeziehungen entwickeln lassen. Es ist kein Zufall, dass das Betriebsverfassungsgesetz die »vertrauensvolle« Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung einfordert.
Die folgenden Ausführungen versuchen, einige Grundgedanken offenzulegen, die die wissenschaftliche Auseinandersetzung beherrschen und die nicht selten für einige Verwirrung sorgen. Leider muss dabei begrifflichen Fragen ein relativ großer Raum gegeben werden, weil die Schwierigkeiten mit dem Vertrauenskonzept oft bereits mit dem Wortverständnis beginnen. Abschnitt 1.2 widmet sich diesen Fragen. Es kann dabei nicht darum gehen, sterile Definitionen nebeneinander zu stellen, beabsichtigt ist mit den begrifflichen Erörterungen vielmehr, Hintergrundvorstellungen über das Vertrauensphänomen herauszuarbeiten, die geeignet sind, zu inhaltlichen Einsichten zu verhelfen. Im darauffolgenden Abschnitt 1.3 werden wichtige Einflussgrößen behandelt, die in der Lage sind, ein Vertrauensverhältnis zu begründen oder aber zu zerstören. Präsentiert werden sowohl empirische Ergebnisse als auch drei theoretische Ansätze mit deren Hilfe es möglich ist, zumindest Teilaspekte des Entstehens von Vertrauen zu erklären. Abgeschlossen wird der Aufsatz mit einer Stellungnahme zu der Frage, die gleich zu Beginn des nächsten Abschnitts aufgeworfen wird, der Frage nämlich, ob es ganz generell gut ist, seinen Mitmenschen zu vertrauen oder ob man nicht besser fährt, ihnen, vielleicht nicht gerade mit Misstrauen, aber doch auch nicht mit einem allzu vertrauensseligen, sondern mit einem eher nüchternen Blick zu begegnen.

1.1 Die Relevanz von Vertrauen

1.1.1 Ist Vertrauen gut?

Wem soll man nicht alles vertrauen! Den Kandidaten aller Wahlen, seiner (?) Bank, dem Arzt (»seines Vertrauens«), dem Freund, der Wettervorhersage und wem sonst alles – z. B. auch seinen Kollegen und seinem Arbeitgeber. Tatsächlich bleibt einem oft gar nichts anderes übrig, als sich vertrauensvoll durch den Alltag zu bewegen. Denn wer kann schon prüfen, ob der Bäcker nicht unser Brot vergiftet, ob der Pilot unseres Ferienflugzeugs Selbstmordabsichten hegt oder ob nicht der etwas minderbemittelte Sportwagenfahrer auch bei Rot über die Kreuzung brausen wird? Oder deutlicher: Was können wir schon tun gegen unvorhersehbare Katastrophen, tückische Krankheiten oder böse Nachbarn? Müssen wir uns nicht in vielerlei Hinsicht unserem Geschick hingeben und darauf vertrauen, dass alles schon gut gehen wird?
Aus dieser Grundsituation heraus entstehen manchmal skurrile Effekte. Wer z. B. von übermächtigen Personen abhängig und ihnen hilflos ausgesetzt ist, verfällt nicht selten darauf, diesen Personen gerade deswegen zu vertrauen, weil man ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Man kann darin eine Form des erzwungenen Vertrauens sehen, eine Facette des Vertrauens, das kaum dem angenehmen Bild entspricht, welches man üblicherweise mit dem Vertrauensbegriff verknüpft. Vertrauen vermittelt Wärme, Zuversicht und Bestätigung. Vertrauen ist uns wertvoll, wir geben es nicht einfach weg. Andererseits und ehrlicherweise muss man wohl zugeben, dass hinter dieser Wertschätzung des Vertrauens normalerweise eben auch kein besonderer Edelmut, sondern denn doch wieder nur der pure Egoismus steckt. Vertrauen ist gut für den, dem es gegeben wird – für den, der es gibt, ist es aber primär riskant. Denn Vertrauen ist eben nicht zu allererst ein angenehmes Gefühl, das man dem Andern schenkt, das ist allenfalls (manchmal) eine Begleiterscheinung. Mit seinem Vertrauen gibt man nicht irgendein Gut, sondern das eigene Geschick, manchmal sogar die eigene Person, in die Hand des Andern. Es ist deswegen kein Zufall, dass Menschen, die engeren Kontakt miteinander suchen, nicht damit zufrieden sind, wenn sie von ihrem Partner Geschenke, Aufmerksamkeit und schöne Gefühle bekommen. Sie wollen vielmehr Vertrauensbeweise – und erweisen sich damit paradoxerweise in höchstem Maße als misstrauisch. Und das ist verständlich, denn in der Tat kommt man mit Misstrauen oft besser durchs Leben, als wenn man sich seinen lieben Mitmenschen »naiv und vertrauensselig« nähert. Natürlich wird man durch offensichtlich misstrauisches Verhalten, durch misanthropisches Gebaren, Feindschaft und Arglist nicht viele Freunde gewinnen können. Aber das äußere Verhalten ist ja auch das eine, die gedankliche Grundhaltung das andere. Wenn man seinen Mitmenschen (mental) mit einem Misstrauensvorbehalt begegnet, dann schließt das nicht aus, dass man sich ihnen von einer angenehmen Seite zeigen, sich mit ihnen verstehen und ihr Vertrauen gewinnen kann. Ein vorsichtiger Umgang mit dem Vertrauen bewahrt jedenfalls vor Enttäuschungen und nicht selten vor ganz realen Verlusten.

1.1.2 Ist Vertrauen notwendig?

Gegen das Lob des Misstrauens gibt es allerdings auch ernstzunehmende Einwände. Auf zwei möchte ich kurz eingehen. Der erste Einwand macht geltend, dass der Misstrauische zwar Gefahren vermeidet, dass ihm aber auch Gewinne entgehen und er sich langfristig besserstellen würde, wenn er sein Misstrauen ablegte. Der zweite Einwand stellt heraus, dass jede Zusammenarbeit Vertrauen voraussetzt, dass Vertrauen also notwendig ist, damit überhaupt so etwas wie ein erträgliches soziales Leben entstehen kann. Den ersten Einwand werde ich zurückweisen, den zweiten halb zugeben.
Miteinander zu kooperieren bringt – zwar nicht immer, aber doch häufig – Gewinn. Es müsste also im Interesse aller Beteiligten liegen, die Zusammenarbeit zu suchen. Ganz so einfach sind die Verhältnisse aber normalerweise nicht. Denn oft ist es auch vorteilhaft, wenn sich zwar der Partner engagiert, man selbst sich jedoch zurückhält. Möglicherweise ist man selbst ja gegen entsprechende Versuchungen gefeit, das Vertrauen des Andern auszunutzen. Aber gilt dies auch für den Partner? Wenn man mit einem Kollegen verabredet hat, mit allem Einsatz an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten, was gibt einem dann die Sicherheit, dass er sich an die Verabredung wirklich hält? Vielleicht gönnt er sich ja erst noch einen Kurzurlaub, während man sich selbst mit den unerfreulichsten Aufgaben herumplagt. Sollte man nicht besser misstrauisch sein und lieber auch erst mal gar nichts tun? Was spricht gegen das Misstrauen und dafür, das Risiko einzugehen, dass die eigene Vertrauensvorleistung enttäuscht werden kann? Als Argument hierfür wird häufig angeführt, dass sich opportunistisches Verhalten zwar kurzfristig auszahlen kann, langfristig aber kaum. Und das sollten alle potentiellen Kooperationspartner ja auch wissen: Kein Mensch will sich mit jemandem abgeben, der sich immer unkooperativ verhält. Aber leider ergibt sich daraus kein eindeutiger Schluss. Erstens ist »langfristig« ein dehnbarer Begriff. Unter Umständen umfasst Langfristigkeit das ganze Leben und solange es Opportunisten gelingt, Personen zu finden, die sich ausnützen lassen, so lange zahlt sich Opportunismus eben auch aus. Und zweitens verhalten sich Opportunisten nur selten wirklich so plump, dass man ihnen ihren reinen Egoismus nachweisen kann. Außerdem lässt sich häufig nicht sagen, wo genau die Grenze zwischen natürlichem Eigeninteresse und Opportunismus verläuft. Und schließlich wird der Opportunist versuchen, seinem Verhalten eine einleuchtende Rechtfertigung zu verpassen. Er kann den Partner außerdem durch Nebenleistungen versöhnen, er kann ihn bestechen oder ihm sogar ein schlechtes Gewissen verpassen, z. B. darüber, dass er nicht nachsichtiger mit den Schwächen von Menschen umgeht. Gäbe es all das nicht, es gäbe weniger und kürzere Romane. Opportunismus ist also alles andere als die natürliche Misserfolgsstory. Und noch weniger gilt dies für das Misstrauen. Denn das rät ja nur zur Vorsicht. Kommt man nach gründlicher Analyse zum Ergebnis, dass sich das Risiko lohnt, mit jemandem vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, dann wird man sich auch wie ein verlässlicher Kooperationspartner verhalten (der jedoch – innerlich – immer auf der Hut bleibt).
Das zweite oben angeführte Argument gegen das Misstrauen macht geltend, dass es ohne Vertrauen keine wirkliche Zusammenarbeit geben kann. Bei dieser Frage geht es nicht primär um das Interesse des Einzelnen, sondern darum, ob soziale Systeme ohne Vertrauen überhaupt funktionsfähig sein können. Diesbezüglich wird man Abstufungen vornehmen müssen. Bestimmte Beziehungen brauchen viel Vertrauen, andere sehr viel weniger. Dies gilt auch für die Arbeitssphäre. Einem Flugzeugführer muss man zweifellos mehr vertrauen als einem Zeitungsverkäufer, Feuerwehrleute müssen sich mehr aufeinander verlassen als Briefträger und ein Vorgesetzter, dessen Mitarbeiter mehr von ihrer Sache verstehen als er selbst, muss zwangsläufig ein größeres Vertrauen entwickeln als ein Vorgesetzter, dessen Mitarbeiter nur einfache Handlangerdienste verrichten. Doch selbst im letzteren Fall ist Vertrauen ein Thema. Denn was würde geschehen, wenn das Arbeitsverhältnis ein Misstrauensverhältnis wäre? Die Mitarbeiter würden ihre Arbeit sicher nicht mit großer Lust vollbringen. Sie wären ständig auf der Suche nach einem anderen Arbeitgeber und ein Engagement über das hinaus, was unmittelbar kontrolliert und materiell eingefordert werden kann, wäre ebenfalls nicht zu erwarten. Misstrauen verschenkt also wertvolle Ressourcen. Außerdem weckt und verstärkt Misstrauen Konflikte und erzeugt damit zusätzliche Reibungsverluste. Ganz offenbar ist ein gewisses Mindestmaß an Vertrauen notwendig, damit überhaupt eine einigermaßen funktionsfähige Zusammenarbeit möglich ist. Im Vertrauen stecken darüber hinaus große Leistungspotentiale. Vertrauen erleichtert die Kommunikation, die Bereitschaft einander zu helfen und etwas zu tun, ohne immer gleich danach zu fragen, welchen Gewinn man aus seinem Handeln ziehen kann. Vertrauen ist also offenbar nützlich. Und es kann selbst dem Vertrauensgeber nützen, nämlich dadurch, dass sein Vertrauen durch Vertrauen belohnt wird. Dennoch, Vertrauen ist ein prekäres Gut. Gibt man es in die falschen Hände, dann drohen nicht nur materielle Verluste, sondern auch immaterielle Schäden. Neben Ärger und Verdruss kann enttäuschtes Vertrauen dazu führen, dass man sich schwertut, in Zukunft überhaupt noch jemandem Vertrauen entgegenzubringen.

1.1.3 Ist Vertrauen besser als Kontrolle?

Lenin wird der Satz zugesprochen: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« In vielen Publikationen findet man ebenfalls die Entgegensetzung der beiden Begriffe, verbunden mit der Behauptung, dass Vertrauen und Kontrolle Substitute seien, also gegeneinander ausgetauscht werden könnten. Dies ist allerdings eine sehr undeutliche Rede. Substitute sind dadurch definiert, dass sie denselben Zweck erfüllen oder dieselbe Wirkung hervorrufen. Das gilt im vorliegenden Fall aber nur sehr eingeschränkt. Die Substitutionsbehauptung gründet meistens in der stillen Annahme, dass man seine Ziele besser durch Vertrauen als durch Kontrolle erreichen könne und zwar deswegen, weil Kontrolle die Motivation beeinträchtige, Vertrauen die Motivation dagegen fördere. Dabei handelt es sich allerdings um eine sehr voraussetzungsreiche Hypothese, zu der jeder aus eigener Anschauung viele Gegenbeispiele kennen dürfte. Und dazu kommt, dass man es in aller Regel nicht auf das Vertrauen abgesehen hat, das man zu geben bereit ist, sondern auf das Vertrauen, das einem entgegengebracht wird. Was einen bei der Frage, ob man jemandem sein Vertrauen »schenken« soll vor allem interessiert, ist dessen Vertrauenswürdigkeit. In Tabelle 1.1 sind die logischen Möglichkeiten angeführt, die sich aus dem Zusammentreffen von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit bei zwei Partnern ergeben.
Tab. 1.1: Vertrauenssituationen
Images
Wie man daraus sieht, gibt es einen positiven »Fit« von Vertrauensdispositionen und Vertrauenswürdigkeit nur in einem einzigen Fall (Feld 16). Hier vertrauen sich beide Partner und sie sind auch beide gleichermaßen vertrauenswürdig. Der negative Gegenpol findet sich in Feld 1, in dem weder Person A noch Person B dem Partner Vertrauen entgegenbringen und in dem auch keine der beiden Personen besonders vertrauenswürdig ist. Dessen ungeachtet kann es auch in diesem Fall zu einem befriedigenden Tausch bzw. zu kooperativem Verhalten kommen. Notwendig hierfür sind jedoch besondere Vorkehrungen, wenn man so will, also die Etablierung von Kontrollen (Vertragsstrafen, Einschaltung von Treuhändern, Pfandhinterlegungen, vollständige Transparenz, enge Überwachung der einzelnen Handlungsschritte usw.). Einigermaßen schlechte Voraussetzungen stecken in den Situationen 2 und 3. Die in diesen Fällen jeweils vertrauenden Personen, setzen sich einem hohen Risiko aus, dass ihr Vertrauen enttäuscht wird. In Situation 4 kann alles gut gehen, sie ist jedoch einigermaßen störungsempfindlich gegenüber Versuchungen, die die Beteiligten von ihrem Vertrauenskurs abbringen könnten. Situation 13 ist besonders interessant, weil in diesem Fall keiner dem anderen vertraut, obwohl keinerlei Grund für Misstrauen besteht. Offensichtlich werden hier, von beiden Seiten, die Chancen vertan, die in einer Vertrauensbeziehung liegen. Einseitig vertan werden diese Chancen von Person A in Situation 15 und von Person B in Situation 14. Ein opportunistischer Vorteil ergibt sich für nicht-vertrauenswürdige Personen insbesondere dann, wenn der Partner einem vertraut und dazu noch vertrauenswürdig ist (Fälle 6 und 11). Die angeführte Betrachtung unterstellt einen objektiven Blick von dritter Seite. Wie sich die Verhältnisse tatsächlich darstellen, wird von den unmittelbar Beteiligten naturgemäß oft nicht durchschaut. Man handelt also aufgrund von Vermutungen, die nicht unbedingt der Realität entsprechen und schafft damit gegebenenfalls neue Fakten, die die ursprüngliche Vertrauenssituation grundlegend verändern können.

1.2 Begriffe: Fragen über Fragen

Über Vertrauen zu sprechen, ist einigermaßen vertrackt. Je mehr man sich auf Vertrauensdiskussionen einlässt, umso weniger klar scheint das zu werden, was man gemeinhin Vertrauen nennt. Die Alltagssprache verhält sich dabei recht gutmütig und produziert damit allerlei Ungereimtheiten bis hin zum Unsinn. Ein Beispiel: »Diejenigen, die mit Nein stimmen, sind die, die dem Präsidium nicht vertrauen«, rief Beckenbauer im Jahr 2002 den 1.513 Mitgliedern auf der außerordentlichen Jahreshauptversammlung des FC Bayern München warnend zu …« (Spiegel Online – 15. Februar 2002). Offenbar beschleichen nicht jeden Skrupel, der diejenigen warnt, die ihm vertrauen sollen. Aber auch anders herum: Wie ist das zu verstehen, wenn sich jemand für das ihm entgegengebrachte Vertrauen bedankt? Macht das Sinn? Mit seinem Dank drückt er zumindest Verständnis dafür aus, dass man ihm misstraut. Offen bleibt nur, ob er meint, dass es Grund dafür gibt oder ob er den Vertrauenden für etwas beschränkt hält. Ähnlich paradox sind Aufforderungen wie »Du musst mir vertrauen!« oder auch Maximen wie »Trau, schau wem!«.

1.2.1 Objekte des Vertrauens

Worauf kann sich Vertrauen überhaupt richten? Gottvertrauen ist ja etwas a...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titel
  3. Copyright
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort zur 2. Auflage
  6. 1 Vertrauen
  7. 2 Macht
  8. 3 Tausch
  9. 4 Ideologie
  10. 5 Arbeitsverhalten
  11. 6 Entscheidungsverhalten
  12. 7 Konfliktverhalten
  13. 8 Psychologischer Vertrag
  14. 9 Organisationales Commitment
  15. 10 Rollen, Extra-Rollenverhalten und Organizational Citizenship Behavior
  16. 11 Rückzugsverhalten
  17. 12 Gruppenidentität
  18. 13 Teamorientiertes Verhalten
  19. 14 Organisationskultur
  20. 15 Betriebsklima
  21. Verzeichnis der Autoren