Sexualität, Körper und Neurobiologie
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Sexualität, Körper und Neurobiologie

Grundlagen und Störungsbilder im interdisziplinären Fokus

  1. 426 Seiten
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Sexualität, Körper und Neurobiologie

Grundlagen und Störungsbilder im interdisziplinären Fokus

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Über dieses Buch

Sexualität und Körper sind Themen, die zunehmend in den Fokus der Hirnforschung gerückt sind. Dabei werden sowohl die Grundlagen als auch die Funktionen des sexuellen Verhaltens, des Begehrens, der unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, sexueller Störungen und relevanter sozialer Prozesse auf Gehirnebene untersucht.In diesem Buch fassen führende Forscher und Psychotherapeuten die neuesten Erkenntnisse über Sexualität und Körperrepräsentanzen vor dem Hintergrund aktueller Hirnforschung zusammen.Interessant ist der interdisziplinäre Blick des Buches, der sowohl Grundlagenforscher wie auch Therapeuten, Psychologen, Ärzte und Soziologen zu Wort kommen lässt.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170275607

1 Einführung in die Neurobiologie

Rasiner Goebel
1.1 Überblick
1.1.1 Forschungsrichtungen der Neurobiologie
1.2 Aufbau und Funktion wichtiger Hirnstrukturen
1.2.1 Das mesolimbische System im Mittelhirn
1.2.2 Zwischenhirn: Informationsfilterung und hormonelle Steuerung
1.2.2 Endhirn: Bewusstes Handeln und Erleben
1.3 Relevante Methoden und Befunde der Neurobiologie
1.3.1 Genetik und Neuroendokrinologie
1.3.2 Neurophysiologie und Neurochemie
1.3.3 Kognitive Neurowissenschaft

1.1 Überblick

In den letzten Jahrzehnten hat die neurobiologische Erforschung des menschlichen Gehirns grundlegend zum Verständnis motivationaler, emotionaler und kognitiver Aspekte menschlichen Erlebens und Handelns beigetragen. Biologen, Mediziner, Psychologen sowie Forscher aus zahlreichen weiteren Fachrichtungen versuchen gemeinsam, die neuronalen Mechanismen zu entschlüsseln, die unserem Verhalten zu Grunde liegen. In dieser Einführung wird der Begriff »Neurobiologie« weit gefasst und schließt sowohl die Erforschung molekularer und zellbiologischer Grundlagen des Nervensystems (Neurobiologie im engeren Sinne) als auch die Erforschung neuronaler Aktivität in Zellverbänden (Neurowissenschaft im engeren Sinne) ein. Aus der Sichtweise der Psychologie wird der dargelegte neurobiologische Erklärungsansatz im Teilgebiet der Biologischen Psychologie verfolgt. Aus biopsychologischer Perspektive ist das Thema »Sexualität« besonders interessant, da es die Verwobenheit von psychischen Prozessen mit körperlichem Geschehen im besonderen Maße widerspiegelt. Zum einen wird die Wirkung kognitiver Vorgänge – Wahrnehmungen, Gefühle und Vorstellungen – auf physische Prozesse deutlich, zum anderen wird die Abhängigkeit des psychischen Erlebens von körperlichen Vorgängen wie z. B. hormonelle Prozesse ersichtlich.
Die verwendeten Methoden der Neurobiologie decken ein weites Spektrum ab, das von genetischen, neurochemischen und elektrophysiologischen Verfahren bis hin zu bildgebenden Verfahren reicht. Eine kurze Einführung kann dem weitreichenden Untersuchungsfeld und dem riesigen Arsenal von Messmethoden der Neurobiologie natürlich nicht gerecht werden. Für ausführliche deutschsprachige Einführungen eignen sich beispielsweise Birbaumer & Schmidt (2006), Engel (2009), Kandel et al. (2000), Schandry (2011) und Swaab (2012). In den folgenden Abschnitten werden daher lediglich einige zentrale Methoden und Erkenntnisse der Neurobiologie vorgestellt, die für ein tieferes Verständnis des Themas »Körper und Sexualität« besonders relevant sind.

1.1.1 Forschungsrichtungen der Neurobiologie

Als Teil der Neurowissenschaften analysiert die Neurobiologie Aufbau und Funktionsweise der zentralen Einheiten aller Nervensysteme, den Neuronen (Nervenzellen), und untersucht, welche Eigenschaften und Auswirkungen die Vernetzung dieser Zellen zu neuronalen Netzwerken in komplexen Nervensystemen erzeugt. Neben Neuronen wird aber auch die Rolle anderer Zelltypen wie insbesondere Gliazellen analysiert, die nicht nur als Stützelemente im Nervensystem fungieren, sondern aktiv an der Aufrechterhaltung des elektrischen Potenzials von Nervenzellen beteiligt sind. Ferner spielt die Entschlüsselung der modulierenden Funktion von Botenstoffen und Hormonen für die Arbeitsweise komplexer neuronaler Netzwerke eine zentrale Rolle. Als Hirn- oder Gehirnforschung wird die neurobiologische Forschungsrichtung bezeichnet, die sich vorwiegend mit dem Aufbau und der Funktionsweise des Gehirns von Primaten (Menschen und Menschenaffen) befasst. Neben der experimentellen Grundlagenforschung wird unter medizinischen Gesichtspunkten in der Hirnforschung auch nach Ursachen und Heilungsmöglichkeiten von Nervenkrankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder Demenz geforscht. Relevante Methoden und Ergebnisse der Hirnforschung für das Thema »Körper und Sexualität« stehen in dieser Einführung im Vordergrund.

1.2 Aufbau und Funktion wichtiger Hirnstrukturen

Die strukturelle Abgrenzung von spezialisierten Hirnregionen (► Abb. 1) aufgrund der Morphologie des Gehirns ist schwierig. Dies gilt insbesondere für den Kortex (Großhirnrinde), da eine Region, die visuelle Information verarbeitet, makroskopisch das gleiche Aussehen hat wie eine Region, die Sprache produziert. Neben Methoden der Zellphysiologie liefern in den letzten Jahren bildgebende Verfahren (► Abschnitt »Funktionelle Bildgebung –fMRT«) neue Einsichten in die aufgabenspezifische Aktivität von Hirngebieten. Auf der Basis morphologischer, funktioneller und entwicklungsgeschichtlicher Gesichtspunkte wird das Gehirn im Allgemeinen in die Abschnitte Rhombenzephalon (Rautenhirn), Mesenzephalon (Mittelhirn) und Prosenzephalon (Vorderhirn) untergliedert. Das Rautenhirn enthält die Medulla oblongata (verlängertes Mark), Pons (Brücke) und Cerebellum (Kleinhirn). Das Mittelhirn enthält Tectum (Dach), Tegmentum (Haube) und Crura cerebri (Hirnschenkel, auch Pedunculi cerebri). Verlängertes Mark, Brücke und Mittelhirn werden zusammen als Hirnstamm bezeichnet, der Kerngebiete enthält, die vor allem lebenswichtige Funktionen der vegetativen Steuerung übernehmen und wichtige Neurotransmitter produzieren (Serotonin in den Raphe-Kernen und Noradrenalin im locus coeruleus); auch durchzieht den Hirnstamm die Formatio reticularis, die als steuerndes Netzwerk mit nahezu allen wichtigen Hirnregionen verbunden ist und insbesondere die allgemeine Aktivität der Hirnrinde reguliert. Das Vorderhirn besteht aus Dienzephalon (Zwischenhirn) und Telenzephalon (Endhirn). Das Zwischenhirn enthält Thalamus, Epithalamus mit Epiphyse (Zirbeldrüse), Subthalamus sowie Hypothalamus mit Hypophyse. Das Endhirn enthält Neokortex, Basalganglien (Endhirnkerne) und Riechhirn.
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Abbildung 1. Wichtige Hirnregionen des Rhombenzephalons (Rautenhirn), Mesenzephalons (Mittelhirn) und Prosenzephalons (Vorderhirn) gekennzeichnet auf einem MRT-Sagittalschnitt (Medianebene).

1.2.1 Das mesolimbische System im Mittelhirn

Das mesolimbische System ist an der Entstehung von Lustgefühlen beteiligt (»positives Belohnungssystem«) und fördert durch Glücksgefühle das Verstärken bestimmter Verhaltensmuster, die mit Belohnung in Verbindung stehen. Es hat seinen Ursprung im ventralem Tegmentum (area tegmentalis ventralis, auch: ventrale tegmentale Zone, VTZ) des Mittelhirns und ist Teil des limbischen Systems (► Abschnitt »Das limbische System: Verarbeitung von Emotionen«).
Der Neurotransmitter des mesolimbischen Systems ist das Dopamin, das zum großen Teil von dopaminergen Neuronen gebildet wird, deren Zellkörper im ventralen Tegmentum liegen und deren Axone zum Nucleus accumbens (eine Kernstruktur der Basalganglien) ziehen, aber auch zu anderen Hirnstrukturen wie der Amygdala, dem Hippocampus, dem Kortex entorhinalis und dem Gyrus cinguli. Das mesolimbische System ist der wichtigste Angriffspunkt für Drogen. Längerfristige Effekte bei Abhängigkeitsentwicklung sind mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Veränderungen in der Genexpression innerhalb von Neuronen des mesolimbischen Systems mit verursacht.

1.2.2 Zwischenhirn: Informationsfilterung und hormonelle Steuerung

Als »Tor zum Bewusstsein« ist eine der wichtigsten Funktionen des Thalamus die Filterung und Sortierung von sensorischer Information und deren Weiterleitung an verschiedene Hirnrindengebiete. Bei der Weitergabe sensorischer Information wird dabei die topographische Struktur der Information (auf der Haut, auf der Retina usw.) weitgehend bewahrt. Aus dem Thalamus projizieren auch Neurone der Schmerzbahn in den primären und sekundären somatosensorischen Kortex (s. u.). Über gut ausgebildete Verbindungen zur frontalen Hirnrinde können bestimmte Kerngebiete des Thalamus auch auf motivationale, emotionale und kognitive Prozesse Einfluss nehmen.
Eine der Hauptaufgaben des Hypothalamus besteht in der Anpassung vegetativer Funktionen an die sich ständig ändernden Anforderungen aufgrund emotionaler und motivationaler Prozesse. Die in ihm generierten Impulse laufen sowohl über den sympathischen als auch den parasympathischen Zweig des vegetativen Nervensystems. Außerdem hat er eine wichtige integrierende Funktion bei der Steuerung von Verhaltensmustern im Zusammenhang mit Reproduktion, Brutpflege und Abwehr- bzw. Fluchtreaktionen. Aufgrund seiner engen Verbindungen zu den vegetativen Organen ist er von großer Bedeutung für emotionsbegleitende Körperprozesse. Über die Hypophyse vermag er auf hormonellen Weg regulierend auf zahlreiche Körperfunktionen einwirken. Im Hypothalamus sind verschiedene Neurotransmitter wirksam, da unterschiedlichste Neuronentypen aus unterschiedlichen Hirnarealen hierhin Fasern entsenden. Auch besitzen zahlreiche seiner Neuronen an ihrer Oberfläche Rezeptoren für verschiedene Hormone, insbesondere Sexualhormone, Schilddrüsenhormone und Hypophysenhormone. Der Nucleus praeopticus ist an der Regulation der Körpertemperatur und des Sexualverhaltens (Geschlechtshormonsekretion) beteiligt und in weiblichen und männlichen Gehirnen von unterschiedlicher Größe.
Die Hypophyse ist Bildungsort und Speicher für verschiedene Hormone, die als Folge von Hypothalamusbefehlen in den Blutstrom ausgeschüttet werden können. Neben zahlreichen anderen Funktionen beeinflussen Hormone in besonders ausgeprägter Weise das Sexualverhalten. Die Hypophyse ist die wichtigste Steuerungseinheit innerhalb des endokrinen Systems des Körpers, bei dem Hormone in die Blutbahn sezerniert (ausgeschüttet) werden. Sie besteht aus dem Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) und dem Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse). Die Adenohypophyse sezerniert zahlreiche Hormone, die andere Drüsen zur Produktion von Hormonen anregen (glandotrope Hormone); hierzu zählen z. B. die Gonadotropine, die auf die Keimdrüsen wirken, LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon), das Stresshormon ACTH (adrenokortikotropes Hormon) und das Prolaktin, das auf die weibliche Brustdrüse wirkt. Darüber hinaus sezerniert die Andenohypophyse Hormone, die eine direkte Wirkung auf Zielorgane ausüben (effektorische Hormone); hierzu zählt das Wachstumshormon Somatotropin (engl. Growth hormone, GH). Die Neurohypophyse sezerniert die Hormone Vasopressin (auch antiduretisches Hormon, ADH) und Oxytocin. Neben anderen Wirkungen wie der Erhöhung des Blutdrucks hat Vasopressin auch eine Bedeutung für das Sexualverhalten. So konnte an männlichen Versuchstieren gezeigt werden, dass die Vasopressinkonzentration im Gehirn mit der Intensität sexueller Aktivität korreliert. Das zweite Hormon des Hypophysenhinterlappens ist das Oxytocin, das wichtige Funktionen im Zusammenhang mit Geburt (Wehen) und Stillen hat. Oxytocin scheint auch prosoziales Verhalten zu stimulieren. So wurde beobachtet, dass die intrazerebrale Applikation von Oxytocin selbst bei jungfräulichen Ratten Brutpflegeverhalten induzierte. Beim Menschen konnten durch die Oxytocingabe als Nasenspray positive Verhaltensweisen wie Steigerung des Vertrauens, Zunahme sympathischen Verhaltens und Reduktion von Angst und Stress ausgelöst werden.
Wichtigstes Organ des Epithalamus ist die Epiphyse (Zirbeldrüse). Sie produziert das Hormon Melatonin und ist damit an der Schlaf-Wach-Regulation beteiligt.

1.2.3 Endhirn: Bewusstes Handeln und Erleben

Das Endhirn (Großhirn) besteht aus dem Kortex (graue Substanz, Zellkörper), dem darunterliegenden Marklager (weiße Substanz, Bahnen, Zellfortsätze) und weiteren Abschnitten grauer Substanz, die als Großhirnkerne (Basalganglien, Claustrum und Corpus amygdaloideum) zusammengefasst werden. Großhirnrinde und Marklager bilden zusammen den Großhirnmantel (Pallium). Der Kortex (Cortex cerebri) lässt sich histologisch in Isokortex (sechs Schichten von Nervenzellen), Allokortex (drei bis fünf Schichten) und einzelne Kerngebiete aufteilen.

Basalganglien: Motorik

Die Basalganglien (► Abb. 2) liegen in der Tiefe des Palliums über dem Dienzephalon. Das Striatum (Streifenkörper) besteht aus Nucleus caudatus und Putamen. Des Weiteren gehört das Pallidum (Globus pallidus) zu den Basalganglien im engeren Sinne. Aufgrund der engen neuronalen Verbindung werden zwei weitere assoziierte Kerne funktionell zu den Basalganglien hinzugezählt: der Nucleus subthalamicus und die Substantia nigra. Putamen und Globus pallidus werden manchmal unter dem Begriff »Linsenkern« (Nucleus lentiformis) zusammengefasst. Die Basalganglien modulieren die motorischen Impulse des Kortex und sind für eine reibungslos und koordiniert verlaufende Bewegungsausführung notwendig.

Das limbische System: Verarbeitung von Emotionen

Das limbische System (► Abb. 2) liegt ringartig wie ein Saum (lateinisch: limbus) über den subkortikalen Hirnkernen und ist vom Isokortex durch Furchen getrennt. Es besteht aus phylogenetisch alten Anteilen der Großhirnrinde (Paläopallium und Archipallium, auch Allokortex). Zum limbischen System wird heute nicht nur der eigentliche »Ring« um Basalganglien und Thalamus gezählt, sondern auch medial gelegene subkortikale Strukturen, insbesondere Amygdala (Mandelkern) und Hippokampus. Ferner werden Verbindungen zum Mittelhirn als mesolimbisches System (► Kap. 1.2.1) bezeichnet. Die Hippocampusformation (Hauptteil des Allokortex) ist von besonderer Bedeutung für Lernen und Gedächtnis sowie Aggression, Motivation und Bewusstsein. Der Gyrus cinguli stellt eine Verbindung zu fast allen Anteilen des Neokortex dar. Er scheint von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit vegetativen, psychomotorischen und emotionalen Funktionen zu sein. Eine der Hauptaufgaben der Amygdala ist das Signalisieren von möglichen Gefahrenquellen in der Umgebung, wofür die reichhaltigen afferenten Fasern aus dem visuellen System dienlich sind. Neben einer wichtigen Rolle beim Erleben von (negativen) Emotionen, insbesondere Angst (LeDoux, 1996), wird der Amygdala auch eine wichtige Rolle bei der assoziativen Verbindung von sensorischen Elementen aversiver Reize mit dessen biologischer Bedeutsamkeit zugeschrieben (Furchtkonditionierung). Ist die Amygdala zerstört, werden keine konditionierten emotionalen Reaktionen mehr ausgelöst. Durch ausgeprägte Verbindungen zum präfrontalen Kortex ist die Amygdala auch an höheren kognitiven Operationen beteiligt.
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Abbildung 2. 3D Visualisierung wichtiger subkortikaler Hirnregionen oberhalb eines horizontalen MRT Schnittes mit Thalamus, Basalganglien (Putamen, Globus pallidum, Nucleus caudatus) und Teilen des limbischen Systems.
Das limbische System spielt für die Verarbeitung von Emotionen eine entscheidende Rolle, es wird jedoch nicht mehr als funktionell abgegrenztes »Emotionszentrum« betrachtet, da es hochgradig mit anderen kortikalen und nicht-kortikalen Strukturen des Gehirns vernetzt ist. Die Entstehung von Emotion und Triebverhalten muss also immer als Zusammenspiel vieler Gehirnanteile gesehen werden.
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Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Verzeichnis der Herausgeber und Autoren
  6. Geleitwort
  7. 1 Einführung in die Neurobiologie
  8. I Psychologische Grundlagen der menschlichen Sexualität
  9. II Neurobiologische Grundlagen der Sexualität
  10. III Neurobiologie ausgewählter sexueller Störungen
  11. IV Körper- und Körperschemastörungen
  12. V Ausgewählte Aspekte
  13. Stichwortverzeichnis