11. Öffentliches Dienstrecht. Das Personalvertretungsrecht gehört zum öffentlichen Dienstrecht (BVerfG, 3.10.1957 – 2 BvL 7/56 – BVerfGE 7, 120). Hieraus folgt, dass der Bund für den Bereich seiner Beschäftigten die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz hat (Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG). Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht für die Regelung der Statusrechte und -pflichten der Beamten und Richter der Länder nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG und für das Arbeitsrecht, einschließlich des Betriebsverfassungsrechts, nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Für das Personalvertretungsrecht der Beschäftigten der Länder, der Gemeinden und der anderen, der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach der Föderalismusreform I ausschließlich die Länder zuständig. Das LPVG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines allg. Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft.
22. Verhältnis zum BPersVG. Für die Länder konnte der Bund bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034; sog. Föderalismusreform I) Rahmenvorschriften erlassen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG a. F.; vgl. hierzu BVerfG, 3.10.1957 – 2 BvL 7/56 – BVerfGE 7, 120; BVerwG, 23.6.2010 – 6 P 8.09 PersR 2010, 442 = PersV 2010, 454). Von dieser Kompetenz hat der Bund im BPersVG Gebrauch gemacht. § 94 BPersVG bestimmt, dass die §§ 95 bis 106 BPersVG für die Gesetzgebung der Länder Rahmenvorschriften darstellen. Da Art. 75 GG ersatzlos aufgehoben worden ist, gibt es insoweit keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes mehr; die §§ 95 bis 106 BPersVG könnten heute deshalb nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden. Diese Rahmenvorschriften des BPersVG gelten nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG aber als Bundesrecht fort, mit der Maßgabe, dass sie jederzeit durch Landesrecht ersetzt werden können (Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG); zur Föderalismusreform I, insb. zu ihren Auswirkungen auf die Vorschriften in §§ 94 bis109 BPersVG vgl. Ilbertz-Widmaier § 94 Rn. 1 ff. Das LPVG enthält – jedenfalls seit dem ÄG 2013 – inhaltsgleiche Vorschriften, weshalb die §§ 95 bis 106 BPersVG in Baden-Württemberg keine Bedeutung mehr haben. Auch § 51 BeamtStG, der bestimmt, dass die Bildung von Personalvertretungen zum Zweck der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Behördenleitung und Personal unter Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten zu gewährleisten ist, hat nur deklaratorische Bedeutung.
3Unmittelbar geltendes Bundespersonalvertretungsrecht. In den §§ 107 bis 109 BPersVG hat der Bund Regelungen getroffen, die für die Länder unmittelbar gelten. Auch insoweit besteht seit der Föderalismusreform keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes mehr soweit es sich um personalvertretungsrechtliche Regelungen (§§ 107 Satz 1 und 109 BPersVG), handelt. Auch diese Vorschriften gelten nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort, sind aber durch Landesgesetz ersetzbar (vgl. hierzu: BAG, 7.11.2007 – 7 AZR 820/06 – PersR 2008, 203 – zu § 107 Satz 1 BPersVG).
4Arbeitsrechtliche Regelungen. Anderes gilt für die §§ 107 Satz 2 und 108 BPersVG, für die die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG unverändert besteht (vgl. hierzu BAG, 13.3.1986 – 6 AZR 207/85 – BAGE 51, 261). Diese Normen haben auch nach der Föderalismusreform unmittelbare Geltung für die Länder. Jedenfalls stellt § 108 Abs. 1 BPersVG unmittelbar geltendes und die Länder bindendes Bundesarbeitsrecht dar; entgegenstehendes Landesrecht ist nichtig oder bedarf der bundesrechtskonformen Auslegung. Nach § 108 Abs. 1 BPersVG bedarf die außerordentliche Kündigung des dort genannten Personenkreises durchweg der vorherigen Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Wird diese nicht erteilt, steht das Zustimmungsersetzungsverfahren offen (§ 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG), bei dem der betroffene Arbeitnehmer zwingend Beteiligter ist (§ 108 Abs. 1 Satz 3 BPersVG). Da das Bundesrecht die Mitglieder aller Personalvertretungen schützt, steht § 58 Abs. 3 Satz 1 (AusbildungsPR), der nur auf § 47 Abs. 1 und 2 und nicht – wie sonst im LPVG üblich (z. B. §§ 15 Abs. 5, 20 Abs. 1 Satz 3) – auch auf dessen Abs. 4 verweist im Widerspruch zum Bundesrecht. Dem kann unschwer durch die gebotene direkte Anwendung von § 108 Abs. 1 BPersVG begegnet werden, die Widersprüchlichkeit der Regelungen schafft für die Rechtsanwender aber zunächst Unsicherheit. Ob auch § 107 Satz 2 BPersVG als Bundesarbeitsrecht uneingeschränkt weiter gilt, hat das BVerwG ausdrücklich offengelassen (BVerwG, 21.2.2011 – 6 P 12/10 – PersR 2011, 271).
53. Arbeitsrecht. Die Länder sind befugt, im Rahmen des Personalvertretungsrechts auch Rechtsverhältnisse der Arbeitnehmer zu regeln. Diese Gesetzgebungskompetenz besteht aber nur, wenn nicht der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung u. a. auf das Arbeitsrecht. Nach Art 72 Abs. 1 GG haben die Länder hier eine Gesetzgebungskompetenz nur solange und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat. Die einschränkenden Regelungen des Art. 72 Abs. 2 und 3 GG sind vorliegend nicht einschlägig, weil sie nicht das Arbeitsrecht (Nr. 12) betreffen. Das bedeutet, dass Landesgesetze, die im Widerspruch zum arbeitsrechtlichen Bundesrecht stehen, nichtig sind. Sind sie bereits vor dem Bundesrecht erlassen worden, werden sie mit Inkrafttreten des Bundesrechts nichtig; werden sie im Widerspruch zu bestehendem Bundesrecht erlassen, sind sie von Anfang an nichtig. Art. 72 Abs. 1 GG geht Art. 31 als lex specialis vor. Dies trifft z. B. für § 47 Abs. 3 Satz 1 insoweit zu, als dort die §§ 15 und 16 KSchG für den dort genannten Personenkreis für nicht anwendbar erklärt werden. Erfüllen diese Personen die Voraussetzungen der §§ 15 und 16 KSchG, so sind diese bundesrechtlichen Regelungen uneingeschränkt für sie anwendbar. Eine Öffnungsklausel, die abweichende landesrechtliche Regelungen zulässt, enthält das KSchG nicht; § 47 Abs. 3 Satz 1 ist insoweit nichtig. Unbedenklich ist dagegen die fast inhaltsgleiche Regelung von § 47 Abs. 3 Satz 1 BPersVG, da diese als spezielle bundesrechtliche Regelung dem KSchG vorgeht.