Paulus unter den Philosophen
  1. 278 Seiten
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Über dieses Buch

Was Paul of Tarsus a philosopher? Does he even rank amongst those philosophers who influenced occidental live and thought? The Italian philosopher Giorgio Agamben says, that the Epistle to the Romans is the fundamental messianic text of the western culture. The Jewish scholars Jacob Taubes and Daniel Boyarin insist on the philosophical and political Force of Pauline thinking. Long before that, Friedrich Nietzsche and Martin Heidegger dealt intently with the Epistle.Was Paul a Philosopher? In any case he received a lot of attention from the modern philosophers. The collection of contributions by theologians and philosophers gives profound insights into his thinking.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170270923
Christian Strecker

Schwellendenken

Zur liminalen Philosophie und Pauluslektüre Giorgio Agambens

Auf Einladung des Dichters René Char hielt Martin Heidegger in den Jahren 1966, 1968 und 1969 im ländlichen Idyll der französischen Provence, in Le Thor, drei philosophische Seminare ab, denen 1973 ein viertes in Zähringen folgte.1 Unter der sehr kleinen Schar auserwählter Teilnehmer befand sich während der beiden ersten Seminare der damals vierundzwanzig- bzw. sechsundzwanzigjährige Giorgio Agamben. In einem 2001 gegebenen Interview erinnert er sich daran wie folgt:
„Das zweite Seminar mit Heidegger fand im Sommer 1968 zwischen dem Prager Frühling und dem Einmarsch der Sowjets in die Tschechoslowakei statt. In der Seminarpause fiel häufiger der Name Arendt, zusammen mit dem von Herbert Marcuse. Ich las zu dieser Zeit außer Benjamin und Guy Debord auch Arendt. Heidegger gab mir die Adresse und sagte, dass ich ihr schreiben und seinen Namen dabei erwähnen könne. Ich habe Arendt allerdings nie persönlich getroffen; unsere Begegnung beschränkte sich auf einen kurzen Briefwechsel. Sie war immerhin so großzügig, dass sie in die deutsche Ausgabe ihrer Essays über ‚Macht und Gewalt‘ eine Fußnote einfügte, um einen Artikel zu den Grenzen der Gewalt zu zitieren, den ich ihr geschickt hatte.“2
Der erwähnte Brief, den Agamben im Jahr 1970 an Hannah Arendt sandte, ist im Arendt-Archiv erhalten. Agamben schreibt darin: „I am a young writer and essayist for whom discovering your books last year has represented a decisive experience. May I express here me gratitude to you, and that of those who, along with me, in the gap between past and future, fell all the urgency of working in the direction you pointed out.“3 Über die bloße Ehrerbietung hinaus wird der Einfluss Hannah Arendts auf den jungen Agamben4 in diesem Brieftext nicht zuletzt in der Wortwahl und einer einschlägigen Formulierung greifbar. So nimmt Agamben mit seiner Selbstdeklarierung als „Essayist“ – bewusst oder unbewusst – auf jenen Schreibstil Bezug,der Hannah Arendts Werk maßgeblich prägte.5 Zudem rekurriert die Beschreibung der Entdeckung der Bücher Arendts als entscheidende „Erfahrung“ auf einen Schlüsselbegriff ihres Denkens.6 Auffällig und bedeutsam ist aber v.a. Agambens Verortung der eigenen Person samt der ihm Gleichgesinnten in der „Lücke zwischen Vergangenheit und Zukunft“. Damit knüpft er offenkundig an Hannah Arendts Essaysammlung „Between Past and Future“ aus dem Jahr 1961 an, die 1968 in einer zweiten, erweiterten Auflage erschien. Die besagte Formulierung ist eine wörtliche Wiedergabe der Überschrift des von Arendt eigens für den Sammelband verfassten Vorwortes.7
Darin legt Arendt dar, dass und inwiefern ihre Essays als Übungen im politischen Denken zu begreifen seien. Die besagte Lücke zwischen Vergangenheit und Zukunft ist für sie jener „schmale Weg der Nicht-Zeit, den die Tätigkeit des Denkens in den Zeit-Raum der sterblichen Menschen schlägt und in den hinein Denken, Erinnerung und Antizipation aus dem Trümmerhaufen der geschichtlichen und biographischen Zeit das retten, was immer sie auf ihrem Gang berühren“8. Diese Lücke, „die einzige Sphäre, in der Wahrheit eventuell erscheinen mag“9, wurde Arendt zufolge jahrtausendelang durch die stabilisierende Kraft der Tradition überbrückt. Mit dem Fortschreiten der Moderne sei indes die Kraft der Tradition infolge der manifesten politischen Umbrüche totaler Herrschaft verlorengegangen. Die Erfahrung des Denkens erweise sich nun als eine, in welcher der Mensch, in der Kampflinie zwischen den aufeinander prallenden Wellen der Vergangenheit und der Zukunft stehend, diesen als dritte Kraft im eingesprengten Intervall widerständig standzuhalten habe, um die Zeiten dergestalt als eine Art Schiedsrichter unparteiisch beurteilen zu können. Diesen Gedanken gestaltet Arendt mittels einer recht eigenwilligen Deutung der Parabel „Er“ von Franz Kafka genauer aus.10
Mit seiner Verortung „in the gap between past and future“ gibt sich der jungeAgamben also in Anspielung auf Arendts Denkbild ganz offenkundig als geschichtsbewusster politisch-philosophischer Denker zu erkennen. Aber nicht nur das. Mit der Verortung seiner Person in der „Lücke“ der Zeit schlägt er bereits in frühester Zeit ein Thema an, das sein gesamtes Werk durchziehen wird. Immer wieder kommt Agamben in seinen zahlreichen Publikationen auf Lücken, Zwischenräume, Schwellen, Zonen der Unentscheidbarkeit, Ausnahmen, Zäsuren, Suspensionen, Latenzen, Leerstellen, Nullpunkte, Nicht-Orte u.ä.m. zu sprechen. Dies gilt nicht nur für seine vielfältigen philosophisch-politischen und historischen Reflexionen, dies gilt ebenso für seine Gedanken über Kunst, Sprache, Dichtung, Recht, Konsum, Religion, Theologie u.a.m. Ja, dies gilt bis in die Gliederung zumindest einiger seiner Werke hinein. In mehreren seiner Bücher begegnen Kapitel, die wörtlich mit „Schwelle“ überschrieben sind.11 Ganz augenscheinlich spielt die Lücke bzw. die Schwelle eine zentrale, wenn nicht gar die zentrale Rolle im Schreiben und Denken Agambens. Man kann Agambens Denken insofern als „Schwellendenken“ bezeichnen.12
Der vorliegende Beitrag will den Konturen dieses Schwellendenkens und darin den wichtigsten Kernpunkten der Philosophie Agambens nachgehen. Dies soll in ausführlicher Form geschehen, da Agambens Pauluslektüre wesentlich auf seinen grundlegenden philosophischen Einsichten basiert. Zuvor gilt es jedoch, einen Blick auf das „Phänomen Agamben“ zu werfen.

1. Zu Giorgio Agamben

Zweifelsohne zählt Giorgio Agamben zu den international meistdiskutierten Philosophen der Gegenwart. Neben der großen Aufmerksamkeit, die seine Bücher regelmäßig in der Tagespresse sowie in Fachzeitschriften erfahren,13 bezeugen dies zumal die zahlreichen Einführungen14, Einzelstudien15 und Sammelbände16, die in den letzten Jahren zu seiner Philosophie vorgelegt wurden. Dieses beachtliche Interesse an Giorgio Agamben geht nicht zuletzt auf die Kontroversen zurück, die insbesondere die ersten Bände seines Homo-sacer-Projekts auslösten.17 Fragt man genauer nach, lassen sich für die bemerkenswerte Aufmerksamkeit, die der italienische Philosoph gegenwärtig erfährt, drei Gründe benennen, die zugleich Charakteristika seines Denkstils offenbaren.
(1) Die politisch-philosophischen Studien der Homo-sacer-Buchreihe zeichnen sich durch hohe politische Aktualität aus. Mehr noch: Einige der darin formulierten Thesen erwiesen sich im Nachhinein als geradezu hellsichtig, schienen sie sich doch durch spätere weltpolitische Entwicklungen verblüffend zu bestätigen.18
Dies gilt namentlich für den ersten Band des Homo-sacer-Projekts, der im italienischen Original im Jahr 1996 erschien und der Buchreihe den Namen verlieh. Die darin vorgetragene These, das Lager sei im Sinne einer Materialisierung des die souveräne Politik insgesamt kennzeichnenden Ausnahmezustandes das biopolitische Paradigma der Moderne bzw. der „nómos der Moderne“,19 erhielt durch die einschneidenden politischen, militärischen und rechtlichen Antworten auf die Terroranschläge am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten – darunter die Errichtung des Gefangenenlagers in der Guantanamo Bay, die Vorkommnisse im US-amerikanischen Militärgefängnis Abu-Ghraib und die in der westlichen Welt allenthalben vorangetriebene Etablierung vielfältiger rechtlicher Ausnahmezustände – besondere politische Brisanz.20 Seinem 2003 veröffentlichten Buch über den „Ausnahmezustand“ war vor diesem Hintergrund von vornherein hohe Aufmerksamkeit sicher. Agamben baute darin seine These vom Ausnahmezustand als herrschendem Paradigma des Regierens weiter aus, u.a. unter Verweis auf den „USA Patriot Act“ vom 26.10.2001 und die „military order“ vom 13.11.2001.21 Agambens Spürsinn zeigte sich dann einmal mehr, als er ein Jahr vor der durch die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers ausgelösten Finanzkrise seine Studie „Il Regno e la Gloria“ vorlegte, in der er „den Sieg, den gegenwärtig die Ökonomie und die Regierung über jeden anderen Bereich des gesellschaftlichen Lebens davonzutragen scheinen“22, genealogisch untersuchte. Auch wenn Agamben darin keine finanzwirtschaftlichen Problemzusammenhänge diskutiert, trifft er mit seiner genealogischen Verankerung der Ökonomie in der Geschichte der ökonomischen Theologie doch einen Nerv der Zeit.
Immer wieder geht Agamben in seinen Büchern auf aktuelle politische bzw. gesellschaftliche Verhältnisse und Fragestellungen ein. Dies gilt für die Organspende, den Umgang mit Flüchtlingen, biometrische Erkennungstechniken, Formen des Konsums u.v.a.m. Er präsentiert sich darin als Philosoph, der keine Scheu hat, aktuellen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Dies tut er freilich nicht im Stil eines ausgewiesenen Sozialphilosophen. Klassische sozialwissenschaftliche Theorien finden allenfalls am Rande Beachtung. Eine Ausformulierung konkreter, realpolitischer Alternativentwürfe unterbleibt. Stattdessen koppelt Agamben die soziopolitischen Herausforderungen der Zeit – bisweilen dunkel raunend – mit Phänomenen aus Literatur, Kunst und Religion. Diese Mixtur verleiht seinen Ausführungen ein besonderes Charisma.
(2) In den Büchern Agambens begegnen wiederholt aufrüttelnd provokativ formulierte Thesen und Aussagen.
So spricht Agamben im ersten Homo-sacer-Band von einer „innersten Solidarität zwischen Demokratie und Totalitarismus“23. In den gegenwärtigen westlichen Gesellschaften, die er unter Rekurs auf Guy Debord als „postdemokratische Spektakel-Gesellschaften“ beschreibt,24 macht er einen „Niedergang der Demokratie“ und eine „zunehmende Konvergenz mit totalitären Staaten“ aus.25 Diese Konvergenz liege darin begründet, dass der politische und rechtliche Ausnahmezustand, auf dem die Totalitarismen des 20. Jh.s gründeten, auch in den westlichen Demokratien in verdeckter Form mehr und mehr zur Regel würde.26 Im Ausnahmezustand öffne sich ein politisch-rechtlicher Schwellenraum, in dem all das, was eigentlich keine legale Form annehmen könne, im Modus der Ausnahme Legalität erlange. Der Ausschluss aus dem Recht werde so ins Recht gesetzt. Diesen legalen Schwellenraum füllten die demokratischen Massengesellschaften durch „Biopolitik“, d.h. durch die Produktion von „nacktem Leben“, das ohne strafrechtliche Konsequenzen willkürlicher Verfügung und Tötung ausgesetzt werden könne, wie dies in extremster Form ehedem in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern der Fall war. Vor diesem Hintergrund erhebt Agamben, wie bereits erwähnt, das Lager zum zentralen biopolitischen Paradigma der Moderne. Als „Ausnahmeraum“, in dem angesichts der Suspendierung des Gesetzes prinzipiell alles möglich sei, gehöre das Lager keineswegs der faschistischen Vergangenheit an, es erweise sich vielmehr als „versteckte Matrix, als … nomos des politischen Raums, in dem wir immer noch leben“27. Der Begriff des Lagers darf dabei nicht im herkömmlichen Sinn auf architektonisch klar identifizierbare Ensembles rigoroser Einsperrung beschränkt werden, er markiert bei Agamben vielmehr jenen sich in unterschiedlichsten Umfeldern materialisierenden „Raum, der sich öffnet, wenn der Ausnahmezustand zur Regel zu werden beginnt“28. Die Konkretisierungen, die Agamben für die zunehmende Ausbreitung von Ausnahmeräumen und -zuständen anführt, stecken nun ein bemerkenswert weites Feld ab: Sie reichen vom Fußballstadion in Bari, in dem die italienische Polizei 1991 albanische Flüchtlinge einsperrte, über die zones d’atten...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung
  6. Paulus, Apostolischer Zeuge des christlichen Glaubens und mutiger Lehrer der Völker. Sein vorbildliches Wirken als exemplarischer Theologe und großer Missionar
  7. Paulus, die antike Philosophie und Immanuel Kant
  8. Paulus der Jude und seine postmodernen Deuter
  9. Der Anti-Philosoph. Nietzsches Paulusdeutung
  10. Mit dem Wort des Apostels Ernst machen? Martin Heideggers „Hermeneutik der Faktizität“ als Zwiegespräch mit Paulus
  11. Die paulinische Anthropologie aus Sicht der Leibphänomenologie von Hermann Schmitz
  12. Woher wissen Sie das? Die Paulusdeutungen von Jacob Taubes
  13. Paulus – ein Champion jüdischer Selbstkritik? Eine kritische Auseinandersetzung mit Daniel Boyarins Paulusdeutung
  14. Kenosis und Caritas. Die Postmoderne als Einlösung der christlichen Botschaft. Gianni Vattimo und Paulus
  15. Unendliche Unendlichkeit als das Prinzip allen Seins. Alain Badious Paulusinterpretation vor dem Hintergrund seiner Ontologie und Ethik
  16. Der produktive Verrat des Außenseiters. Slavoj Žižeks radikale Pauluslektüre
  17. Schwellendenken. Zur liminalen Philosophie und Pauluslektüre Giorgio Agambens
  18. Autoren