Psychoanalyse nach Sigmund Freud
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Über dieses Buch

This volume provides up-to-date insights into the psychoanalysis founded by Sigmund Freud as a treatment procedure, set in the context of its historical development and its relevance today. Important theoretical and technical treatment concepts, as well as the epistemological status of psychoanalysis, are discussed. The book is supplemented with an overview of the general and specific theory of disturbance and change in psychoanalysis and notes on the state of research, institutional structures and developments, as well as resources for further training.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783170308763
Auflage
1

1 Ursprünge und Entwicklungen der Psychoanalyse

Über die Psychoanalyse zu schreiben, ist nicht erst seit der innerpsychoanalytischen Pluralismusdebatte (Wallerstein 1992; Green 2005) schwierig geworden. Auch kann die lange Zeit gängige Unterteilung Pines (1988) in vier psychoanalytische »Psychologien« (Triebtheorie, Ichpsychologie, Selbstpsychologie und Objektbeziehungstheorie) nicht mehr alle Strömungen abbilden, die in der zeitgenössischen Psychoanalyse eine Rolle spielen (vgl. zu psychoanalytischen Schulen z. B. Mertens 2010; 2011). Im Weiteren beziehe ich mich auf die Freudsche Psychoanalyse und in der Darstellung von deren Entwicklung auf diejenigen Autoren, die eine zentrale Position hinsichtlich der Weiterführung einnehmen (und weniger auf diejenigen, die die Freudsche Theorie ergänzt haben, z. B. in Form der Narzissmustheorie Kohuts). Das ist zwar einerseits eine etwas künstliche Trennung, andererseits ermöglicht sie jedoch eine in diesem Zusammenhang nötige Akzentsetzung auf die Darstellung dessen, was aus den Freudschen Konzepten geworden ist. Und hier bieten sich diejenigen Autoren an, die meist in einer Linie mit Freud gesehen werde, etwa in einer Rede der Freud-Klein-(Bion-) Richtung, bei den sog. »contemporary Freudians« (unter denen Sandler als der wichtigste zu nennen ist) und schließlich diejenigen, die sich einer Re-Lektüre Freuds verschreiben (Lacan, Laplanche, Green), mit dem Ziel einer Fortführung (vgl. umfassender auch: Conci und Mertens 2016).

1.1 Freuds Psychoanalyse

Um »Freuds Psychoanalyse« soll es also gehen und damit ist nicht allein auf die folgende Darstellung der wissenschaftlichen und disziplinären Hintergründe und der konzeptuellen und behandlungstechnischen Entwicklung der Psychoanalyse durch Freud verwiesen, sondern auch auf die Verflechtung der Psychoanalyse mit Freuds Biografie und seiner Selbstanalyse (die ihn, nicht zuletzt über die Analyse seiner eigenen Träume oder die Reflexion der Bedeutung des Todes seines Vaters, in seiner Konzeptentwicklung beeinflusste). Dabei bleiben allerdings biografische Aspekte Freuds im engeren Sinn weitgehend außen vor (vertiefend dazu siehe z. B. Jones 1960; Schur 1972; Gay 1987; P. Schneider 1999).
Für die Diskussion der psychoanalytischen Grundkonzepte ab Abschnitt 2.1.2 ist auf die Arbeiten von Laplanche und Pontalis (1967), Zepf (2006a), Mertens (2014) oder Ermann (2015) zu verweisen.

1.1.1 Wurzeln

Medizin und Neuropathologie

Nachdem es zunächst Freuds Wunsch gewesen war, Jura zu studieren und Politiker zu werden (P. Schneider 1999, S. 27), entschied er sich dafür, 1873 in Wien ein Medizinstudium zu beginnen – und das, obwohl er als Kind »niemals ›Doktor‹ gespielt« hatte (Freud 1927a, S. 290)! Was die Ausrichtung des Medizinstudiums anging, war die Abgrenzung von der (Natur-)Philosophie besonders wichtig – dem gegenüber hatten Anatomie und Physiologie eine entscheidende Bedeutung. Auch die Darwinsche Evolutionstheorie dürfte im Hintergrund sehr spürbar gewesen sein. Das sog. »Manifest« der Helmholtz-Schule (ein Briefauszug Emil Du Bois-Reymonds), zu dessen Kreis Emil Brücke, einer der frühen Lehrer Freuds, an dessen physiologischem Institut er zwischen 1876 und 1882 arbeiten würde, gehörte, bezog sich auf das Programm, nur physikalisch-chemische Kräfte als im Organismus wirksam anzunehmen – und bisher unerklärte Phänomene durch die hinzugezogene Annahme »neue[r] Kräfte« zu erklären, »welche, von gleicher Dignität mit den physikalisch-chemischen, der Materie inhärent, stets nur auf abstoßende oder anziehende Componenten zurückzuführen sind« (zit. n. P. Schneider 1999, S. 28).
Zwar sind Freuds zoologische Forschungen zu den Geschlechtsorganen von Aalen nicht ohne historische Kuriosität, wichtiger in seiner Studienzeit ist allerdings die Beschäftigung mit der Neurophysiologie im Labor Brückes. Der Aufenthalt dort ist aus einem weiteren Grund für die Entwicklung psychoanalytischen Denkens wichtig gewesen, nämlich dahingehend, dass Freud dort auf Josef Breuer traf, mit dem er 1895 die Studien über Hysterie veröffentlichen würde, so etwas wie den Gründungstext psychoanalytischen Arbeitens. Zuvor schloss Freud 1881 sein Studium mit der Promotion ab, 1885 folgte die Habilitation im Fach Neuropathologie (in den Jahren dazwischen hatte Freud zunächst in einer Abteilung für Innere Medizin und dann im hirnanatomischen Labor Theodor Meynerts gearbeitet und geforscht). Mit einer akademischen Laufbahn sah es aus verschiedenen Gründen (Freuds Judentum ist einer unter anderen gewesen) schlecht aus, auch deshalb, weil Freud im Anschluss an seine Heirat mit Martha Barnays in 1886 den Entschluss traf, seine Familie eher durch das Einkommen aus einer nervenärztlichen Praxis finanziell versorgen zu können. Dieser Schritt ist für die Entwicklung der Psychoanalyse nicht unerheblich gewesen, ging es doch in seinen Studien nun weniger um Anatomie und Physiologie, sondern um »Fälle« von Hysterie, die er erforschte.

Die Philosophie Franz Brentanos

Mit Freuds Studienbeginn entfiel die Philosophie als Pflichtfach im Wiener Medizinstudium, nichtsdestoweniger besuchte er drei Jahre lang die Vorlesungen Franz Brentanos, der einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Phänomenologie Husserls haben sollte. Husserl besuchte die selben Vorlesungen Brentanos wie Freud, zog daraus aber letztlich Folgerungen fürs Bewusstsein statt für das Unbewusste. Am 1894 nach Wien berufenen Brentano, den Freud offenbar sehr bewunderte, ist weiter entscheidend, dass er als ehemaliger Priester nicht nur die Philosophie, sondern mit der Theologie noch einen zweiten Zweig repräsentierte, der zur anatomischen, physikalisch-chemischen Ausrichtung des Wiener Medizinstudiums und dem Anliegen des jungen Freud in einem deutlichen Gegensatz stand. Brentano beschäftigte sich, verkürzt gesprochen, mit Bewusstseinsakten und thematisierte dabei die Intentionalität des Bewusstseins, wie sie später bei Husserl weiter ausgearbeitet werden würde. Gemeint ist damit im Wesentlichen, dass »Bewusstsein« (sofern man es nicht schlicht als das Gegenteil von Bewusstlosigkeit versteht, also nicht als bloße Vigilanz) nicht losgelöst von Bewusstseinsakten steht und damit immer Bewusstsein von etwas ist (vgl. z. B. Stegmüller 1975, Kap. 1; in der Relevanz für die Psychoanalyse besonders Schöpf 2014, S. 33ff.). Hier liegt im Übrigen auch die Ablehnung Brentanos gegenüber unbewusster Seelentätigkeit begründet: Einer Aktpsychologie in diesem Sinn muss es als ein Widerspruch erscheinen, dass es Unbewusstheit von etwas geben sollte. »Intentionalität« ist dabei nicht als auf physikalische Phänome gerichtet zu beschreiben (wie etwa die Wahrnehmung von etwas), auch wenn es sich auf etwas in der Welt richtet. Brentanos Lehre markiert dabei einen Überschneidungsbereich zwischen Psychologie und Philosophie – liest man dies als eine Abkehr von spekulativer Naturphilosophie oder Metaphysik, sind die Anreize, die es für Freud hatte, Brentano zu hören, leicht ersichtlich: die Empirie einer »deskriptiven Psychologie« und die naturwissenschaftliche Methode, sowie eine Diskreditierung von romantischer Naturphilosophie oder deutschem Idealismus. Der Einfluss Brentanos auf Freud ist lange Zeit unterschätzt worden (vgl. Gödde 2009, S. 93ff.).

Freuds ambivalente Haltung zur Psychologie

Einerseits kann also davon gesprochen werden, dass Freud über Brentano eine gewisse Art von Psychologie als Theorie des Psychischen nahegebracht wurde, d. h. der Gedanke einer methodisch naturwissenschaftlichen, empirischen Sicht darauf, dass auch eine Innenperspektive jenseits der Wahrnehmung erforschbar ist (Urteile z. B. oder andere Bewusstseinsakte). Ebenso hatten Helmholtz, Brücke und Du Bois-Reymond und anders auch Gustav Theodor Fechner, dessen Einfluss auf Freuds frühes Denken ebenso wenig übergangen werden sollte, Berührungspunkte mit der Psychologie. Die Psychologie als akademische Disziplin entwickelte sich zudem parallel zu Freuds Medizinstudium, deutlich etwa an der Begründung des Wundtschen Labors in Leipzig im Jahr 1879. Bereits 1872/73, zeitgleich also mit dem Beginn von Freuds Medizin-Studium in Wien, war Wundts Arbeit Grundzüge der Physiologischen Psychologie erschienen. Auch Theodor Lipps wurde ein Bezugspunkt Freuds und es war Stanley Hall, der ihn 1909 in die USA einlud.
Und auch wenn Freud sich zweifellos mit der Psyche beschäftigte, dem empirischen Grundgedanken der Psychologie nahe stand und in seinen Überlegungen einige wichtige Figuren in der Anfangszeit der akademischen Psychologie als Referenzpunkte zu erkennen sind, und auch wenn er die Ausarbeitung der Gedanken aus verschiedenen Manuskripten und den Briefen an Wilhelm Fließ Entwurf einer Psychologie nennt (Freud 1950), so wird doch nicht zuletzt durch den Umstand, dass er dieses Buch nicht veröffentlicht sehen wollte, Freuds Bemühen um die Abgrenzung von der Psychologie als Fach ersichtlich. Damit ist noch nicht einmal gemeint, dass Freud die Bemerkung abgab, in der Psychologie komme »die konstitutionelle Untauglichkeit des Menschen zu wissenschaftlicher Forschung in vollem Ausmaß zum Vorschein« (1933, S. 4), sondern es geht vielmehr darum, dass Freud unter Psychologie im Wesentlichen Bewusstseinspsychologie verstand. Im fiktiven Dialog eines Analytikers mit einem unparteiischen Zuhörer in Die Frage der Laienanalyse lässt Freud den Erstgenannten auf die Frage nach der Begründung einer »neuen Psychologie« durch die Psychoanalyse sagen, »daß es auf psychologischem Boden sozusagen keinen Respekt und keine Autorität gibt. Jedermann kann da nach Belieben ›wildern‹. […] Wahrscheinlich gibt es auf diesem Gebiet keine ›Fachkenntnisse‹. Jedermann hat sein Seelenleben und darum hält sich jedermann für einen Psychologen. Aber das scheint mir kein gültiger Rechtstitel zu sein.« Und Freud meint weiter, die »Schulpsychologie« habe niemals »den mindesten Beitrag zur Aufklärung« der »Anomalie« leisten können, dass bei einigen Personen die »Gedanken ihre eigenen Wege gehen, so daß sie gezwungen sind, über Probleme zu grübeln, die ihnen furchtbar gleichgültig sind«. Auch den »Sinn der Träume« habe die Schulpsychologie nie angeben können (1926e, S. 219). Diese Ansicht vertritt Freud deshalb, weil in ihr das Unbewusste keinen Platz hatte; er schreibt: »Die Daten der bewussten Selbstwahrnehmung, die ihr [der »Bewusstseinspsychologie«; d. Verf.] allein zur Verfügung standen, haben sich überall als unzureichend erwiesen, um die Fülle und Verwicklung der seelischen Vorgänge zu durchschauen« (1940a, S. 126).
Freud bezeichnet seine Gedanken aus dem Entwurf einer Psychologie als seine Psychologie. Und man kann darin durchaus ein Zusammenwirken dessen erkennen, was er als dynamisches Kräftespiel bei Brücke gelernt hatte, und dem, was die Aktpsychologie Brentanos als grundlegend annimmt – beigemengt ist dem der Fokus auf das Unbewusste, die Frage also, wie sich ein Kräftespiel dort zeigt, wo es um Bewusstwerdung und dessen Verhinderung geht.
Es ist anhand dessen zu sagen, dass Freud die Psychoanalyse durchaus als Psychologie des Unbewussten versteht, als eine Lehre des Psychischen unter Einbezug des Unbewussten, aber dass er insofern eine ambivalente Haltung der Psychologie gegenüber einnimmt, als er die Psychoanalyse sowohl gegenüber der Alltagspsychologie als auch der »Schulpsychologie« abgegrenzt sehen will. Die Psychoanalyse ist für Freud eine Psychologie wie es sonst keine Psychologie gibt. Dabei dürfte es, angesichts von Freuds wiederholter impliziter und expliziter Bemühungen, die Psychoanalyse und ihr Vorgehen wissenschaftlich zu legitimieren, einen Einfluss gehabt haben, dass in wissenschaftstheoretischen Entwürfen, die zu Freuds Zeiten etwa durch den Wiener Kreis ab 1907 gewissermaßen in der Luft lagen, die Psychologie eine Rolle im Entdeckungs-, nicht aber im Begründungszusammenhang inne hatte, als Intuition kam ihr die Hypothesenbildung zu, mehr aber nicht. Das mag neben Einflüssen Brückes oder Fechners eine Rolle dabei gespielt haben, dass Freud das Kräftespiel des Seelenlebens in quasi-physikalischem Duktus ausarbeitet und oft Figuren aus der Hydraulik o. ä. verwendet.
Und doch gibt er seiner Theorie den Namen Metapsychologie, als »Name[.]« für »meine hinter das Bewußtsein führende Psychologie« (Freud 1985, S. 329; offenbar eine Formulierung von Wilhelm Fließ aufgreifend). Die Metapsychologie enthält die theoretischen Annahmen der Psychoanalyse und beschreibt »einen psychischen Vorgang nach seinen dynamischen, topischen und ökonomischen Beziehungen« (Freud 1915c, S. 281). Schmidt-Hellerau (2000, S. 450) meint, es stünden dabei, »[n]icht die psychischen Phänomene als solche und ihre Bedeutung für das Individuum […] zur Debatte, sondern die Konzeptualisierung ihres Zustandekommens mit Hilfe theoretischer Konstrukte«. Gill (1976, S. 962) rückt die Metapsychologie gerade von der Psychologie überhaupt ab und betont ihre Zusammensetzung aus einer »Reihe von biologischen und neurologischen Hypothesen«.
Ein anti-psychologischer Impetus der Psychoanalyse ist bei späteren Autoren deutlicher, am stärksten bei Lacan, für den »das Unbewußte der Psychologen […] verblödend auf das Denken« wirkt (1964a, S. 210). Hier geht es in erster Linie darum, dass das Interesse der Psychoanalyse sich nicht auf eine synthetische Einheit des Erlebens oder des Ichs richtet, sondern in analytischer Absicht auf dessen Zerlegung, das allerdings wiederum nicht in einem irgendwie atomistischen Sinn, sondern in Freilegung der Kräfteverhältnisse.

Hypnose bei Charcot

1885 reiste Freud nach Paris, um, so nahm er an, bei Charcot Hirnanatomie zu lernen. Er musste feststellen, dass dieser sich in anderen Gebieten betätigte, und war umso gefesselter von Charcots Überlegungen zur Behandlung der Hysterie. Unter Hypnose, so konnte Charcot zeigen, ließen sich hysterische Symptome hervorbringen und verschwinden lassen. Die Gedanken zur Therapie blieben in Paris aber nebensächlich, so dass Freud die Anregung aus Paris mitnahm, Hypnosebehandlungen bei hysterischen Patientinnen durchzuführen. In der Folgezeit führten ihn die Tätigkeit in seiner Praxis und der Austausch mit Breuer zur Untersuchung der Sexualität in der Ätiologie der Hysterie und anderer Neurosen. Der Weg dahin lief über die Hypnose, daran anschließend die sog. »Druck-Prozedur« (in der Freud seine Patientinnen nicht mehr hypnotisierte, aber ihnen, während sie auf der Couch lagen, auf die Stirn drückte, in der Annahme und unter der Empfehlung, was ihnen als nächstes einfalle, wäre die Bedeutung des Symptoms und der Weg zu dessen Aufgabe; vgl. Freud 1895d, S. 270ff.) und schließlich der »kathartischen Methode«, deren Grundannahme darin bestand, dass die Abfuhr eines »einklemmten« und von der Vorstellung abgetrennten Affekts die neurotischen Symptome zum Verschwinden bringen könne. Von diesen Modellen, die bei Charcot ihren Ursprung haben, behielt die Psychoanalyse das Couch-Setting bei, ebenso wie die Versuche, Erlebnisweisen jenseits des Bewussten einzubeziehen und schließlich den Gedanken einer spontanen, ungesteuerten und von den diskursiven Regeln der Alltagskommunikation (relativ) entlasteten Rede (s. u. zur freien Assoziation).

Freuds ambivalente Haltung zur Philosophie

Die Philosophie Brentanos ist nicht der einzige philosophische Einfluss gewesen, der auf Freud wirkte, aber einer der wenigen, die Freud anerkannte und nutzte. Wie oben geschildert, dürfte das mit der Stellung Brentanos zu Empirie, deskriptiver Psychologie und naturwissenschaftlicher Methode zu tun gehabt haben – ein Denkansatz, zu dem Freud die Psychologie des Unbewussten hinzufügen konnte. Dem ste...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Geleitwort zur Reihe
  5. Inhalt
  6. Einleitung
  7. 1 Ursprünge und Entwicklungen der Psychoanalyse
  8. 2 Verwandtschaften mit anderen Verfahren
  9. 3 Wissenschaftliche und therapietheoretische Grundlagen
  10. 4 Kernelemente der Diagnostik
  11. 5 Kernelemente der Therapie
  12. 6 Fallbeispiel
  13. 7 Anwendungsgebiete
  14. 8 Behandlungssettings
  15. 9 Wissenschaftliche und klinische Evidenz
  16. 10 Aus-, Fort- und Weiterbildung und institutionelle Strukturen
  17. Literatur
  18. Sachwortverzeichnis