Psychisch belastete Eltern und ihre Kinder stärken
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Psychisch belastete Eltern und ihre Kinder stärken

Ein Therapiemanual

  1. 140 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Psychisch belastete Eltern und ihre Kinder stärken

Ein Therapiemanual

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Kinder psychisch belasteter Eltern sind mit besonderen Entwicklungsaufgaben konfrontiert und die Gefahr, selbst eine psychische Störung zu entwickeln, ist bei diesen Kindern deutlich erhöht. Durch gezielte Interventionen kann dieses Risiko jedoch gesenkt werden. Das vorliegende Manual hilft bei der Beratung psychisch belasteter Eltern und ihrer Kinder auf wissenschaftlich fundierter Basis. Es gibt einen Überblick über die aktuelle Forschung und zeigt verschiedene Aspekte der Situation psychisch erkrankter Eltern auf. Den Schwerpunkt bildet ein Gruppentherapiemanual, in dem relevante Inhalte behandelt und zwischen den einzelnen Sitzungen in Hausaufgaben vertieft werden. Tipps zum Umgang mit schwierigen Situationen runden das praxisorientierte Programm ab.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783170252851
Auflage
1

1         Vorwort

In der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, dem berühmten Burghölzli, kursierte in den 1970iger Jahren des letzten Jahrhunderts, als ich dort Assistenzarzt war, ein Aphorismus, der Bleuler zugeschrieben wurde (wobei nicht klar war, ob er von Vater Eugen oder Sohn Manfred ist). Sinngemäß lautet dieser Ausspruch, dass jede Generation von Forschern und Therapeuten neue Antworten auf die gleichbleibenden Fragen liefern muss, um durch ihre neuen Antworten zu einer engagierten, authentischen Arbeit motiviert zu sein.
Ein Blick in das Lehrbuch von Eugen Bleuler aus dem Jahr 1916 (Springerverlag) zeigt Sätze, die wir heute noch unterschreiben würden: »Für die Vorbeugung wird noch sehr wenig getan, und ohne Änderung der allgemeinen Anschauung und der Gesetzgebung wird sich auch nicht viel tun lassen.« (S. 150). Was unter Vorbeugung zu verstehen ist, da haben wir aber deutlich andere Vorstellungen, als Bleuler dies vor 100 Jahren hatte. So einfach ist es ja nicht, Fortschritt in der Psychiatrie zu beschreiben. Wenn wir etwa vergleichen, was Bleuler zum Wert der Arbeit gesagt hat und dies vergleichen mit dem, was heute über den Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und psychischen Erkrankungen geschrieben wird, kann man durchaus Parallelen sehen. Es gibt aber andere Positionen, bei denen wir von Fortschritt sprechen können. Zu diesen Fortschritten gehört meines Erachtens die Aufmerksamkeit für Kinder kranker Eltern. Dabei geht es nicht nur darum, dass diese Kinder gesehen werden, sondern auch darum, dass die Patienten in ihrer Identität als Mütter und Väter wahrgenommen werden.
Das vorliegende Buch dokumentiert die Auseinandersetzung einer Reihe junger Therapeuten, Ärzten und Psychologinnen, mit dem Thema. Das von ihnen entwickelte Manual für ein Gruppenangebot für psychisch kranke Eltern ist Resultat jahrelanger Erfahrungen, die von verschiedenen Generationen von Therapeuten gesammelt wurden und nun verdankenswerterweise überarbeitet, verdichtet und konzentriert wurden. Ich gratuliere allen Autoren, die ich aus »väterlichem« Stolz auch hier namentlich erwähne: Erica Desch, Irène Koch, Stephan Kupferschmid, Erich Leu und Karin Sahli.
Bern im Frühjahr 2013
Prof. Dr. med. Wilhelm Felder

2         Einleitung

In diesem Buch finden Sie ein Gruppentherapiemanual für psychisch belastete Eltern. Als Anwender sehen wir ambulant arbeitende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, psychosoziale Beratungsstellen sowie Kompetenzteams in Kliniken und anderen Einrichtungen. Dieses Manual ist aus der kontinuierlichen Arbeit mit psychisch belasteten Eltern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Bern entstanden. In sechs Modulen sollen wichtige Themen rund um das Thema psychische Belastung und Elternschaft behandelt werden. Wir hoffen, dass Inhalte des Manuals auch im Einzelsetting gewinnbringend eingesetzt werden können.
In der Arbeit mit psychisch belasteten Eltern und insbesondere in der Entstehungsphase des nun vorliegenden Buches, wurden neben dem Gruppentherapiemanual weitere Aspekte wichtig. In Kapitel 4 werden diese Aspekte von Autorinnen und Autoren mit besonderen Fachkenntnissen aus ihren Perspektiven beschrieben. Das Thema Scham- und Schuldgefühle, die Bedeutung von Entwicklungsaufgaben und eines entwicklungsangemessenen Problemverständnisses werden ebenso aufgegriffen wie aktuelle entwicklungspsychologische Modellvorstellungen und die Situation Kinder körperliche kranker Eltern. Langjährige kinderpsychiatrische Erfahrung ist in die Kapitel über die Begutachtung der Erziehungsfähigkeit und die Bedeutung des Themas Kinder psychisch kranker Eltern in der stationären Kinderpsychiatrie eingeflossen. Da die Kooperation mit der Universitätsklinik für Psychiatrie Bern immer eine zentrale Rolle für die Umsetzung unserer Arbeit war, sind wir über die Beiträge über das Durchführen von Infogruppen für Patientinnen und Patienten, die Bedeutung der Elternrolle auf einer Akutstation und der Bedeutung von Recovery besonders dankbar. Ein Blick nach Winterthur auf die dortige Netzwerkarbeit rundet das Perspektivenkapitel ab.
Die folgenden zwei Kapitel könnten als Widerspruch angesehen werden: Zum einen eine präzise und fachkundige Falldarstellung einer Kindertherapie eines mutistischen Mädchens, zum anderen der Blick auf die Evidenzbasierung therapeutischer Maßnahmen. Die Zusammenführung dieses scheinbaren Gegensatzes von Einzelfallbetrachtung und dem Blick auf die wissenschaftliche Fundierung unseres Handelns ist aus unserer Sicht für die weitere Entwicklung unseres Faches bedeutsam – ja notwendig.
Abschließend bedanken wir uns bei allen, die zu diesem Buch beigetragen haben. Durch die finanzielle Unterstützung der Gottfried und Julia Bangerter-Rhyner-Stiftung konnten wichtige Impulse in der Versorgungsforschung gesetzt werden und die inhaltlichen Anregungen von Frau Prof. Dr. med. Susanne Schlüter-Müller gaben uns neue Perspektiven. Unser besonderer Dank gilt Prof. Dr. med. Wilhelm Felder, der als Ordinarius für Kinder und Jugendpsychiatrie und Klinikdirektor uns stets unterstützt hat. Durch seinen Einsatz, seine Fachkenntnisse, seine Supervision und durch seine organisatorischen Entscheidungen wurde es uns ermöglicht, einen Beitrag zum Thema Kinder psychisch belasteter Eltern zu leisten.
Irène Koch, Winterthur
Stephan Kupferschmid, Bern

3 Risikokinder – Kinder mit Resilienzen (Stephan Kupferschmid)

Kinder mit psychisch erkrankten Eltern sind mit besonderen Belastungen und Entwicklungsaufgaben konfrontiert und haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst eine psychische Störung zu entwickeln. Diese Aussage kann heutzutage als wissenschaftlich gesichert und unter Fachpersonen als bekannt gelten. Trotzdem ist die Umsetzung in der Praxis, in die Versorgungsstrukturen und Angebote für Betroffene auch heute noch eine Herausforderung.
Die Beschäftigung mit dem Thema Kinder psychisch kranker Eltern hat mittlerweile eine lange Tradition. Schon eine frühe Arbeit des englischen Kinder- und Jugendpsychiaters Sir Michael Rutter (1966) untersuchte die Situation dieser Kinder. In späteren Arbeiten (Rutter und Quinton, 1977) beschrieb er die psychische Störung eines Elternteils als risikoerhöhende Bedingung für die Entwicklung des Kindes. Die Begrifflichkeit der Risikofaktoren, d. h. Bedingungen die die Wahrscheinlichkeit für psychische Störungen oder Erkrankungen erhöhen, prägte lange Zeit die wissenschaftliche Diskussion. So fasste im deutschsprachigen Raum Steinhausen (1984) unter dem Titel »Risikokinder« unter anderem die Forschung zu Kinder schizophrener Eltern, Kindern depressiver Eltern und Kinder alkoholkranker Eltern zusammen.
Dieser Blick auf das Risiko und die Aufdeckung von Risikomechanismen ist ein bedeutender Erkenntnisgewinn der letzten Jahrzehnte. So konnten prä-, peri und postnatale Risikofaktoren, der Einfluss des kindlichen Temperamentes, die Beziehung der Eltern untereinander und die Bedeutung des familiären Klimas und der Erziehungsstile als bedeutsame Risikomechanismen identifiziert werden. Eine praktisch anwendbare Umsetzung ist z. B. der Family Adversity Index (Voll et al. 1982), der anhand von sechs Punkten Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für eine fehlangepasste kindliche Entwicklung liefert. Bei diesen risikoerhöhenden Bedingungen ist davon auszugehen, dass sich der Effekt beim Vorliegen mehrerer Risikofaktoren potenziert. In einer aktuellen WHO-Studie (McLaughlin et al. 2012) konnte dieses Entwicklungsrisiko in einer großen Populationen länderübergreifend eindrucksvoll belegt werden. Dabei zeigte sich beim Vorliegen affektiver Störungen, Angststörungen sowie Substanzmissbrauchs eines Elternteils eine Risikoerhöhung um den Faktor 2,6 bis 3,2 für das Kind eine psychiatrische Störung zu entwickeln. Bei zwei betroffenen Elternteilen steigt dieses Risiko auf den Faktor 4,6 an (ebd.).
Weitaus weniger Studien beschäftigen sich hingegen mit risikomildernden Bedingungen. Es kann als wichtiger Beitrag von Emmy E. Werner angesehen werden, die Frage nach den Gründen einer trotz allen widrigen Umständen gelungenen Entwicklung zu stellen. Inzwischen ist dieses Konzept der Resilienzen weit verbreitet. Ideengeschichtlich ergänzt es Konzepte der Salutogenese und des Copings und eröffnet gegenüber dem Risikobegriff eine gute Möglichkeit zur Ressourcenorientierung. Resilienzen können dabei bei dem Individuum selbst, im familiären und im weiteren Umfeld gefunden werden.
Gerade durch dieses komplexe Zusammenspiel zwischen Risiken und Resilienzen, entwicklungshindernden und entwicklungsfördernden Faktoren ist die Thematik der Kinder psychisch kranker Eltern auch über 60 Jahre nach Erscheinen der Arbeit von Sir Michael Rutter relevant und noch nicht am Ende angekommen. Spezifischere Fragestellungen, die Evaluation von Interventionen und mögliche Frühinterventionen bei Kindern mit einem stark erhöhten Risiko sind aktuelle Forschungsaufgaben. Die Entwicklung der Epigenetik, d. h. die aktuelle Diskussion zu Gen-Umwelt-Interaktionen, eröffnet möglicherweise neue Sichtweise auf die transgenerationale Weitergabe von Belastungen.
Neben diesen wissenschaftlichen Perzeptiven ist es eine große Herausforderung und Aufgabe, das bereits gesicherte Wissen um Risiken, Resilienzen und erfolgversprechende Interventionen in die Praxis umzusetzen. Die Forderung nach einer Versorgung »aus einem Guss« (Schneider, 2002) ist an vielen Stellen sicher noch nicht ausreichend und trotzdem für die betroffenen Familien von hoher Bedeutung. Konkrete Fragen wie die Finanzierung und die Qualität solcher Angebote spielen dabei ein zentrale Rolle. Dabei ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen notwendig. Als gemeinsame Grundlage können dabei die spezifischen Bedürfnisse der Familien und die durch die psychische Belastungen gegebenen Herausforderungen dienen. Diese sollen im Folgenden für die Kinder depressiver Eltern, Kinder von Eltern mit psychotischen Störungen, Kindern von Eltern mit Angststörungen und Kinder alkoholabhängiger Eltern dargestellt werden. Dabei werden jeweils typische Merkmale herausgearbeitet.

3.1 Kinder depressiver Eltern

Depressive Störungen sind häufig, können während der gesamten Lebensspanne auftreten und stellen für die Betroffenen wegen der vielfältigen Auswirkungen auf das eigene Erleben, die Beziehungen zu anderen Menschen und die allgemeine Lebensqualität eine starke Beeinträchtigung dar. Kinder, die in Familien mit depressiver Belastung aufwachsen und leben, sind mit vielfältigen Auswirkungen konfrontiert, die sich je nach Lebensalter und Entwicklungsstand unterschiedlich manifestieren können.
Schon in der Schwangerschaft kann eine Depression der Mutter Auswirkungen auf körperliche Funktionen des Säuglings haben. Es kann zu einer Dysfunktion der Regulationsmechanismen des Säuglings kommen (Goodman, 2007). Im Kindesalter kann es zu einem beeinträchtigten Bindungsverhalten, einer emotionalen Dysregulation, Defiziten in der Aufmerksamkeitsleistungen und oppositionellen Verhaltensweisen kommen. Auch können schon in der Kindheit eine Selbstwertproblematik und altersadaptierte depressive Symptome auftreten.
Im Jugendalter ist sowohl das Risiko für depressive Störungen als auch für andere psychiatrische Störungen erhöht. Die depressiven Erkrankungen kommen um den Faktor 2,8 bei einem erkrankten Elternteil und den Faktor 3,3 bei zwei erkrankten Elternteilen häufiger vor. Dabei kommt es auch zu einem niedrigeren Erkrankungsalter und insgesamt schwereren Verläufen (Lieb et al., 2002).
Auch andere psychiatrische Störungen können bei den Kindern vermehrt auftreten. Dabei sind vor allem Angststörungen und Störungen des Sozialverhaltens zu nennen, wobei jedoch das gesamte Spektrum der psychiatrischen Störungen häufiger vorkommt. Bis ins Erwachsenenalter hinein sind die Raten an psychiatrischen Störungen erhöht. So fanden Weissman et al. (1992) bei 50 % der Kinder depressiver Eltern im Alter von 20 Jahren depressive Störungen und im Erwachsenenalter fand sich eine um den Faktor 5 erhöhe Rate an Substanzmissbrauch (ebd.). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es entwicklungsabhängige Einflüsse einer depressiven Erkrankung eines oder beider Elternteile auf das Kind gibt. Dabei ist sowohl das Risiko selbst an einer affektiven Störung zu erkranken signifikant erhöht, als auch die Auftretenswahrscheinlichkeit für andere psychiatrische Störungen.

Besondere Herausforderungen in der Familie

Das Miteinander und die Kommunikation in der Familie kann durch eine Depression tiefgreifend verändert sein. Diese Besonderheiten lassen sich bei postpartal depressiven Müttern schon rasch nach der Geburt in der Mutter-Kind-Interaktion aufzeigen. Untersuchungen zeigen einheitlich, dass die frühe Mutter-Kind-Interaktion deutliche Auffälligkeiten aufweist. So zeigt eine depressiv erkrankte Mutter vermehrt Passivität, weniger positiven Affekt, weniger Körperkontakt, weniger sprachlichen Ausdruck und geringere Sensitivität für kindliche Signale (Reck et al., 2004). Mögliche Reaktionen des Säuglings sind ein vermehrter Rückzug und Vermeidungsverhalten, weniger Blickkontakt, weniger positiver Affektausdruck und eine erhöhte Irritabilität. Ebenso kann eine mangelhafte Stressregulation und erhöhte Stressparameter, z. B. Kortisol, nachgewiesen werden (Reck et al., 2004). Aus diesen Beobachtungen ergibt sich die Frage, wie Bindungserfahrungen der Kinder aussehen und ob das Ausbilden einer sicheren Bindung gewährleistet ist. Verschiedenen Interventionen (z. B. Brisch, 2012; Hofecker-Fallahpour, 2003) setzen in dieser Entwicklungsphase mit unterschiedlichem theoretischen Hintergrund an.
Als ein spezifischer Teil der familiären Interaktion ist auch der Erziehungsstil zu betrachten. Durch Überforderung der Eltern und durch fehlende positive Bewältigungsstrategien kann es zu strafenden, herabsetzenden Erziehungshandlungen kommen. Ebenso ist das Vorliegen eines inkongruenten Erziehungsstils für die Kinder ein Entwicklungsrisiko. Ein berechenbarer Erziehungsstil ist jedoch für den Aufbau eines stabilen Selbstkonzeptes besonders relevant. Eine Häufung derart negativer Erziehungsstile kann für das Kind eine traumatisierende Erfahrung, im Sinne eines Typ-II-Trauma (Schmeck & Schlüter-Müller, 2009), darstellen.
Neben diesen interaktionalen Besonderheiten muss sich das Kind eines depressiven Elternteils mit Themen auseinander setzen, die es überfordern und ängstigen können. Dazu gehören insbesondere:
• Erleben von Hilflosigkeit und Rückzug der Eltern
• Einbezug in negative Kognitionen
• nicht verstehbare Reaktionen der Eltern auf Emotionalität des Kindes
• möglicherweise sozialer Abstieg
• Behandlung der Eltern mit Psychopharmaka
• Behandlung in einer psychiatrischen Klinik
• Miterleben von Zwangsmaßnahmen und Zwangseinweisungen
• Äußerung von suizidalen Gedanken durch die Eltern
• Miterleben von suizidalen Handlungen

Fallvignette

Herr N., 47 Jahre alt, leidet seit 8 Jahren unter einer Depression, die mit Schlafstörungen, Hoffnungs- und Antriebslosigkeit sowie wiederholten suizidalen Krisen einherging. Er erhielt vom Hausarzt eine antidepressive Medikation, die zeitweise die Symptomatik besserte. In einer erneuten akuten Krise wurde Herr N. im Krisenzentrum hospitalisiert. In diesem Rahmen fand auch das Beratungsgespräch statt.
Herr N. berichtete über eine starke Verunsicherung, da er nicht abschätzen konnte, inwieweit er seine zehnjährige Tochter Danielle über die Depression informieren sollte. Bislang hatte er keine Erklärungen gegeben...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. 1 Vorwort
  6. 2 Einleitung
  7. 3 Risikokinder – Kinder mit Resilienzen (Stephan Kupferschmid)
  8. 4 Perspektiven
  9. 5 Kinderpsychotherapie einer elektiv mutistischen Patientin: Die Folgen der psychotischen Erkrankung des Vaters für die kindliche Entwicklung anhand einer Falldarstellung (Sigrid von Aster)
  10. 6 Interventionen (Eliane Siegenthaler, Stephan Kupferschmid)
  11. 7 Konzept und Rahmenbedingungen der Gruppentherapie (Stephan Kupferschmid, Irène Koch)
  12. 8 Resilienz, Kommunikation & Recovery – Gruppentherapiemanual für psychisch belastete Eltern (Irène Koch, Erica Desch, Karin Sahli, Erich Leu, Stephan Kupferschmid)
  13. 9 Ausblick
  14. 10 Anhang: Arbeitsmaterialien
  15. 11 Literaturverzeichnis
  16. 12 Register