Trieb
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Trieb

  1. 176 Seiten
  2. German
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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Im ersten Band der Reihe werden Freuds Bemerkungen zum Trieb vorgestellt und kritisch erörtert, insbesondere die Charakterisierung des Triebs als "Grenzbegriff zwischen Somatischem und Psychischem". Es findet eine Einordnung verschiedener Fassungen des Konzepts in der Entwicklung des Freud'schen Werkes statt. Mit den Konzeptionen bei Melanie Klein und Jean Laplanche werden zwei Linien der Weiterentwicklung akzentuiert. Zudem findet das Verhältnis von Trieb und Affekt Erwähnung. Schließlich wird geprüft, wie sich das Triebkonzept in Relation zu psychologischen Motivationstheorien, zur Neurobiologie und zur Konzeptualisierung vergleichbarer klinischer Phänomene durch andere therapeutische Richtungen setzen lässt. Falldarstellungen dienen der Veranschaulichung der Konzeptionen.Hierzu erhältlich: Memorystick mit Video aller fünf Vorlesungen (978-3-17-034651-2).

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783170337503
Auflage
1
 

1          Einleitung

 
 
 
In der öffentlichen Vorlesung »Grundelemente psychodynamischen Denkens« geht es mir um drei Bereiche:
Das ist erstens der Bereich der konzeptuellen Kritik, also eine Prüfung der psychoanalytischen Konzepte, ihres argumentativen Status und der Entwicklung bis heute. So wichtig und interessant es bis heute ist, was sich bei Freud dazu finden lässt, hat sich die konzeptuelle Geschichte der Psychoanalyse nicht vor 80 Jahren erledigt, sondern sie ist lebendig weitergegangen.
Zweitens geht es um die klinische Praxis, das heißt darum, den Bezug zu Behandlungen herzustellen, wie sie heute stattfinden. Dabei spielt es auch eine Rolle, das psychoanalytische Vorgehen mit dem Vorgehen in anderen psychotherapeutischen Verfahren zu vergleichen und in Bezug zu setzen. Das schließt es ein, im Hinblick auf die Konzepte zu prüfen: Wie stellen sich andere psychotherapeutische Verfahren und deren Störungs- und Veränderungstheorie ähnliche Phänomene vor, die in der Psychoanalyse in bestimmten Konzepten gefasst sind?
Drittens ist mir der wissenschaftliche Transfer wichtig. Es soll darum gehen, die psychoanalytischen Konzepte in Relation zu setzen zu psychologischen Theorien und an einigen Stellen auch zu anderen wissenschaftlichen Theorien und Ergebnissen. Das bedeutet auch, sie für eine wissenschaftliche Interdisziplinarität anschlussfähig zu machen. Beim Triebkonzept etwa gibt es eine naheliegende Brücke zur Neurobiologie, von deren Begrifflichkeiten es sich in einigen Punkten offensichtlich unterscheidet, in der aber gleichzeitig der Versuch zu sehen ist, etwas Ähnliches fassbar zu machen.
Ich werde eingangs etwas zum Rahmen der Überlegungen darstellen, nämlich im Hinblick auf psychoanalytische Konzepte zu definieren, was ich unter einem Konzept und unter »Psychoanalyse« und »psychoanalytisch« verstehe (
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Kap. 2), bevor ich zum Triebkonzept im Besonderen komme. Beginnen werde ich dabei mit einer Darstellung von Freuds Konzeption (
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Kap. 3). Dabei werde ich mich vorrangig an der Arbeit Triebe und Triebschicksale (Freud, 1915c) orientieren, weil sich dort die m. E. zentralen Merkmale des Triebes finden lassen, wie Freud sie beschreibt. Zum einen das, was man als den »psychosomatischen« Charakter des Triebes in konzeptueller Hinsicht verstehen kann, zum anderen die weiteren Merkmale: Sein Wirken als »konstante Kraft« oder die Unterteilung in Drang, Ziel, Objekt und Quelle des Triebes. Eine knappe Diskussion der Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (Freud, 1905d) wird das um weitere Aspekte ergänzen, in erster Linie um die Freud’schen Überlegungen zum Partialtrieb. Im Anschluss an Hinweise dazu, was der Trieb mit der Neurose zu tun hat, werde ich ein Fallbeispiel im Licht der Freud’schen Überlegungen diskutieren. Freuds Bemerkungen zum Trieb umfassen auch die Frage nach der Rolle der Aggression und schließlich die Konzeption der Kultur als etwas, das auf »Triebverzicht« (sexueller und aggressiver Art) aufgebaut ist. Anhand eines weiteren Fallbeispiels wird die Bedeutung der Aggression erörtert werden. Im darauffolgenden Abschnitt (
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Kap. 4) geht es um zwei wichtige psychoanalytische Weiterentwicklungen der Freud’schen Triebtheorie, in denen jeweils das Verhältnis von Trieb und Objekt (zur Wahl dieser Terminologie s. u.) genauer beleuchtet wird: Die Ansätze Melanie Kleins und Jean Laplanches. Dabei spielen die Konzepte der unbewussten Phantasie einerseits und der rätselhaften Botschaften andererseits als Elemente früher Entwicklungsprozesse in Relation zum Trieb eine bedeutende Rolle. Auch diese Überlegungen werden durch ein Fallbeispiel, hier aus einer Kinderbehandlung, ergänzt. Im nächsten Kapitel (
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Kap. 5) werde ich das Verhältnis von Trieb und Affekt in unterschiedlichen Konzeptionen diskutieren. Angefangen mit Freuds (wenig ausgearbeiteter) Theorie der Affekte wird der Gang der Darstellung den Weg über die Ansätze André Greens, Otto F. Kernbergs und Siegfried Zepfs nehmen. Dabei werden die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und Referenzpunkte deutlich werden, es wird sich aber auch zeigen, wie alle drei Ansätze als Weiterführung Freud’scher Überlegungen angesehen werden können; auch hier soll ein Fallbeispiel das Gesagte veranschaulichen. Daran anknüpfend (
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Kap. 6) geht es um interdisziplinäre und schulenübergreifende Aspekte der psychoanalytischen Triebtheorie. Dazu werde ich zuerst diskutieren, ob diese als eine (psychologische) Motivationstheorie aufzufassen ist, und sie in Relation zu Ansätzen zu Motiven und Motivation in der Psychologie setzen. Ebenfalls werde ich die Bedeutung des Triebes gegenüber Konzepten der Neurobiologie betrachten und schließlich knapp untersuchen, welche Motivationsauffassungen die Grundlage für andere psychotherapeutische Verfahren bilden. Ein Fallbeispiel aus einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung dient zur Weiterführung der Gedanken. Ich schließe mit einem Ausblick (
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Kap. 7) auf die durch das hier Dargestellte möglich und nötig werdende Diskussion weiterer Konzepte.

2 Was sind psychoanalytische Konzepte?

In einem Videoclip aus der Sesamstraße sehen wir das Krümelmonster beim Versuch einer Demonstration des Unterschieds zwischen »schnell« und »langsam«. Dazu isst es erst einen Keks schnell – und bei seinem anschließenden Versuch, einen weiteren Keks langsam zu essen, sehen wir, wie das Krümelmonster immer stärker in einen Zustand gerät, in dem es seine Erregung kaum noch beherrschen kann, bis dahin, dass es schließlich auch den eigentlich langsam zu essenden Keks herunterschlingt: »Ich sag’s ganz ehrlich: Ich kann’s besser schnell.«…1
Das Krümelmonster, das einen Keks langsam zu essen versucht, scheitert an dem, was man psychoanalytisch im Zusammenhang des sekundärprozesshaften Funktionierens beschreiben kann, d. h. es gibt keine Möglichkeit von Triebaufschub oder ein Verschieben der Triebbefriedigung oder des Verlangens, welches das Krümelmonster nach dem Verzehr des Kekses hat. Wie kann nun der Sprung vom Krümelmonster zu Freud bzw. einer Theorie des Psychischen oder des Triebes gefunden werden? Was unterscheidet eine Darstellung in der »Sesamstraße«, die den Unterschied zwischen »schnell« und »langsam« auf diese Weise erklärt, von einer wissenschaftlichen Theorie über Triebhaftigkeit, Impulssteuerung o. ä.?
Dazu ist es wichtig zu klären, was im Weiteren unter einem Konzept verstanden werden soll. Eine ganz allgemeine Definition wäre, dass ein wissenschaftliches Konzept auf der Grundlage eines methodischen Zugangs zur Empirie etwas über deren Phänomene sagt. Die Empirie kann man ganz grundlegend verstehen als Welt der Erfahrung. Im ganz weiten Sinne des Begriffes (vgl. z. B. Bonß, 1982) sind wir bereits beim Besuch einer Vorlesung, beim Lesen eines Buchs etc. mitten in der Empirie. Empirische Forschung, wie es in der wissenschaftlichen Literatur meistens terminologisch verwendet wird, meint einen engeren Begriff. Dieser bezieht sich dann nicht nur einfach auf eine Erfahrungswelt, wie wir sie auch im Alltag haben, sondern auf eine forscherisch-empirische, messbare, vergleichbare, vielleicht sogar auch auf Vorhersagbarkeit abzielende Weise, mit der die Erfahrung untersucht wird. Empirische Forschung in diesem Sinn ist also eine Art Meta-Empirie im eigentlichen, erfahrungsbezogenen Sinn. Dabei ist es wichtig, dass wir in einem empirischen, wissenschaftlichen Zugang die Konzepte nicht als Dinge in der Welt finden, die wir als solche beobachten könnten. Das gilt für die Psychoanalyse, aber natürlich auch für die Physik und für alle anderen Wissenschaften. Die Schwerkraft beispielsweise beobachte ich nicht, ich beobachte die Wirkung der Schwerkraft, also ein Phänomen, auf das ich mit Konzepten antworte, die hier dann noch zu einer Gesetzesaussage verknüpft sind. Aber zunächst sind es Konzepte. Auf einer stark abstrakten Ebene ist das ein einheitswissenschaftlicher Gedanke, die Forderung nach einer Einheitswissenschaft wird schließlich erst dann problematisch, wo auf niedrigeren Abstraktionsstufen eine Einheitlichkeit von Methodologie, Methode und zulässigen Schlüssen gefordert wird. Auf der Ebene des allgemeinen Verhältnisses von Konzept und Empirie ist das noch nicht so problematisch (sofern man gut darüber nachdenkt, was als »Beobachtung« gelten soll).
So ähnlich wie über das Konzept »Schwerkraft« kann man das auch über psychoanalytische Konzepte sagen: Die Verdrängung lässt sich nicht beobachten. Es lässt sich etwas beobachten, das ich mir auf konzeptueller Ebene versuche darüber begreiflich zu machen, dass man sich manchmal an affektiv bedeutsame Dinge nicht erinnern kann, weil sie affektiv bedeutsam sind. Ähnlich kann man auch nicht sagen, Freud habe das Über-Ich »entdeckt«, sondern er ist auf bestimmte klinische Phänomene gestoßen und hat versucht, darauf eine konzeptuelle Antwort zu finden.
Konzepte stehen dabei nicht alleine, sondern in einem konzeptuellen Zusammenhang. Wenn ich versuche, das Über-Ich der Psychoanalyse etwa mit der Schwerkraft konzeptuell in Bezug zu setzen, scheitere ich daran, weil sie in anderen konzeptuellen Zusammenhängen stehen und einander vermittelt werden müssten (auch wenn vielleicht zunächst einmal der Zweck genau dieser Vermittlung fraglich wäre…). Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ein Konzept dann wissenschaftlich ist, wenn es auf der Basis eines methodischen Zugangs zur Empirie etwas über die Empirie sagt. Der wissenschaftliche Zugang zur Welt der Erfahrung ist ein methodischer. Das heißt auch, dass Konzept und Methode in Wechselwirkung zueinander stehen und in Wechselwirkung zueinander entwickelt werden. Deshalb bezeichnet man die Theorie der Methode als Methodologie, und sie ist vom theoretischen Zusammenhang beeinflusst, in dem eine Methode steht. Das wiederum bedeutet, dass wissenschaftliche Ergebnisse immer methodenspezifisch gewonnen werden. Wenn ich irgendetwas experimentell überprüfe, dann interessiert mich natürlich, durch welches Experiment eine bestimmte Hypothese geprüft oder eine andere verworfen wird. Über den Umweg der Methode sind damit wissenschaftliche Ergebnisse immer in Bezug zur Theorie zu setzen. Es gibt keine theoriefreie Methode, es gibt keine methodenunspezifischen Forschungsergebnisse – und damit stehen Ergebnisse immer schon im Kontext von Theorie und theoretischen Konzepten.
Das macht die ganze Sache natürlich nicht einfacher. Wenn Sie zum Beispiel an die Spiegel-Titel der letzten 20 Jahre denken, dann wurde dort immer mal wieder die Frage aufgeworfen: Sind Freuds Konzepte belegt? Dann ist natürlich wichtig, sich anzugucken, was es bedeutet, ein Konzept zu prüfen. Ich kann es über Beobachtung prüfen – wie bei der Schwerkraft: Wenn ich feststelle, dass die Dinge nicht mehr nach unten fallen, dann ist die Theorie der Schwerkraft, wie wir sie kennen, zumindest erweiterungsbedürftig, denn dann machen Konzepte hier die Empirie nicht mehr begreifbar. Ich kann bei der Prüfung von Konzepten durch (im weitesten Sinn:) Beobachtung auch eine Ebene weiter gehen, nämlich in der Operationalisierung von Konzepten. Operationalisierungen machen Konzepte methodenspezifisch handhabbar – das ist z. B. die Grundlage für wissenschaftliche Interdisziplinarität. Wenn ich das Triebkonzept im MRT-Scanner untersuchen will, dann brauche ich eine Operationalisierung dessen, die überhaupt den methodischen Zugang brauchbar sein lässt. »Trieb« ist kein Konzept, das ich beobachten kann, und es ist auch kein Konzept, das ich messen kann. Es ist schließlich auch kein Konzept, das den Methoden der Neurobiologie ohne Weiteres zugänglich ist. Das ist es erst als ein im Bezug auf die Untersuchungsmethoden operationalisiertes (sofern dieser Schritt gelingt).
Die Beobachtungsebene ist allerdings nicht die einzige Ebene von Prüfbarkeit. Ich kann ein Konzept auch argumentativ prüfen oder widerlegen. Da es in einem konzeptuellen Zusammenhang steht, geht es immer auch um die Frage, an welcher Stelle eine Veränderung der Theorie vorgenommen wird, wenn die Erfahrung etwas anderes zeigt als das, was ein einzelnes Konzept begreifbar macht. Das ist ein klassisches Problem der Wissenschaftstheorie: Was muss verändert werden, wenn die Beobachtungen nicht zu meiner Theorie passen? Das bekannteste Beispiel ist die Frage nach dem schwarzen Schwan, woran sich wissenschaftsphilosophiegeschichtlich der Unterschied zwischen Verifikation und Falsifikation deutlich machen lässt (etwa bei Popper, 1935). Ich kann durch die Welt gehen und sagen, die Aussage »Alle Schwäne sind weiß« ist dann richtig, wenn ich alle Schwäne beobachtet habe und alle weiß sind. Das wäre die Verifikation. Ich kann es mir allerdings auch ein bisschen leichter machen, nämlich mit der Falsifikation, und sagen, der Satz: »Alle Sc...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1 Einleitung
  7. 2 Was sind psychoanalytische Konzepte?
  8. 3 Die Triebtheorie bei Freud
  9. 4 Trieb und Objekt in Entwicklungstheorien des Triebes
  10. 5 Trieb und Affekt
  11. 6 Trieb interdisziplinär
  12. 7 Ausblick
  13. Literatur
  14. Verzeichnis der zitierten Medien
  15. Stichwortverzeichnis