Theorie der Schule
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Theorie der Schule

Institutionelle Grundlagen pädagogischen Handelns

  1. 304 Seiten
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Theorie der Schule

Institutionelle Grundlagen pädagogischen Handelns

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Über dieses Buch

Diese profunde Einführung in die Institution und Organisation Schule beschreibt ihre Funktionen für die Gesellschaft und für das Individuum. Gleichzeitig zeigt sie, wie die hier Tätigen als Akteure an der Gestaltung der Schule beteiligt sind und welche Spielräume sie für pädagogisches Handeln haben. Es wird exemplarisch ebenso auf die heute anstehenden Aufgaben der Schule (Gestaltung der Ganztagsschule, inklusive Schule) eingegangen wie auf neue gesellschaftliche Herausforderungen (z. B. digitale Revolution, Globalisierung). Die Autorin betont die Dringlichkeit, dass die Schule, besonders in Zeiten schulkritischer Stimmungen, über sich selbst aufklärt und ihren Beitrag zur Förderung relevanter Hintergrundfähigkeiten zur Sicherung der Zivilgesellschaft (Fähigkeit zu Kommunikation, Kooperation, Konfliktlösungen) leistet. Die Möglichkeiten zukunftsweisenden pädagogischen Gestaltens und Veränderns innerhalb der Einzelschule und des Schulsystems werden theoriegeleitet diskutiert.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170255401

1 Zur Bedeutung einer Theorie der Schule

Die Schulpädagogik hat keine alleinige Definitionsmacht mit Blick auf die Schule und die Theoriebildung über die Schule. Vielfältige gesellschaftliche Akteure diskutieren über die Schule, ihre Ziele, Zwecke und Funktionen und über ihre institutionelle Gestalt. Dabei werden unterschiedliche Positionen eingenommen. Lehrpersonen heute sehen sich einer Situation gegenüber, in der sie sich gegenüber der Schule und in der Schule positionieren und ihre Sicht erklärend darlegen müssen. Daher scheint es mir sinnvoll, über die Schule als soziale Tatsache nachzudenken. Ich ziehe dazu die Überlegungen von John R. Searle und Hermann Giesecke heran, die Institutionen (wie die Schule) als soziale Tatsachen erklären und zeigen, wie sie durch das Handeln der Akteure hergestellt und gestaltet werden. Die Schule als gesellschaftliche Institution ist in staatliche Strukturen eingebunden; dabei delegiert der Staat die Wahrnehmung der Aufgaben an die Lehrkräfte. Diese handeln sowohl im Interesse des Staates als auch im eigennützigen Interesse; diese eigennützigen Interessen sollen durch die (Selbst-)Verpflichtung auf den Erwerb von Kompetenzen und ein Berufsethos begrenzt werden. Ich diskutiere Formen der Einflussaufnahme auf die Richtung der Schulentwicklung durch staatliche Steuerungsinstrumente und durch die Stärkung des Einflusses der Öffentlichkeit. Mit Jürgen Habermas zeige ich, dass Menschen auf die Richtung der Schulentwicklung durch Beteiligung an Diskursen in der Bürgergesellschaft über die Art der Modernisierungs- und Reformprozesse von Schule Einfluss nehmen können. Abschließend erörtere ich die Bedeutung von Theorie für das Denken über und das Handeln in der Schule.

Gesellschaftliche Diskurse über Schule – ein erster Streifzug

Die Schule ist heute keine gesellschaftliche Institution mehr, die unhinterfragt akzeptiert wird. Wir finden »Absetzbewegungen« von der Schule durch Lehrkräfte, die dazu auffordern, ihre Schule zu schließen, weil es – angesichts mangelnder Akzeptanz ihrer Grundlagen – unmöglich wird, Schule abzuhalten. Wir treffen auf Eltern, die die Schule kritisieren oder/und ihre Kinder von der Schule fernhalten und eine Unterrichtspflicht statt einer Schulpflicht einfordern (vgl. Haym 2012). Wir begegnen Lehrkräften, Eltern und Schüler/innen, die sich – trotz oder gerade aufgrund ihrer Tätigkeit in der Schule oder des Schulbesuchs (der Kinder) – von der Schule distanzieren. In unterschiedlichen öffentlichen und pädagogischen Diskursen finden wir disparate explizite oder implizite Bestimmungen ihres Charakters und ihrer Aufgaben. Im reformpädagogischen Diskurs wird die Schule als Institution kritisch gesehen; ihr Anstaltscharakter wird angeklagt und alternativ die Gestaltung einer Gemeinschaft von Lehrpersonen und Kindern und Jugendlichen eingefordert. (Diese kann hierarchisch oder symmetrisch gedacht werden). Lehrer sollen als Persönlichkeiten wirken; Kinder werden als gut, begabt, interessiert und zum eigenständigen Lernen befähigt gedacht. Sie dürfen selbst aussuchen, ob, was und wie sie lernen wollen. Sie dürfen in dem ihnen eigenen Tempo vorgehen. Manchmal geht die schulkritische Position so weit, dass Lehren und Lernen selbst eher verpönt wird. Die Erwachsenen sehen sich nicht in der Rolle als Lehrpersonen und Erzieher/innen, sondern als Begleiter, Beobachter, manchmal sogar schwärmerische Bewunderer dieser »göttlichen« Kinder. Sie übernehmen keine Verantwortung für den Lernprozess der Kinder und Jugendlichen. Die Interaktion zwischen den Schüler/innen und den Erwachsenen wird nicht als Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen begriffen, sondern als eigener Wert verstanden.
Im Diskurs der Lehrerverbände wird die Aufmerksamkeit vor allem auf die Schule als Arbeitsplatz und auf die Sicherung von Rahmenbedingungen für eine gute professionelle Arbeit gerichtet.
In Positionspapieren der Arbeitgeberverbände wird die Schule als Institution des Staates kritisch diskutiert; die neue Leitidee versteht die Schule als Dienstleistungsbetrieb. Lehrer/innen werden als »Führungskräfte« verstanden. Quer zu dieser Bestimmung werden sie zugleich als Personal, das flexibel am Arbeitsmarkt eingekauft, eingesetzt, aber auch entlassen werden kann, gefasst. Lehrer werden nicht als Angestellte oder Beamte des Staates verstanden, die ein Amt innehaben und es entsprechend ausgestalten sollen und somit den Schüler/innen und der Gesellschaft verpflichtet sind. Nein, die Schüler/innen resp. ihre Eltern werden im »Dienstleistungsunternehmen Schule« als »Kunden« verstanden, die »Dienstleistungen« nachfragen. Bildung wird für den Einzelnen zur Investition, die sich rechnen soll. Dabei wird aus einem öffentlichen Gut ein Individualgut; es wird nicht mehr (weitgehend) kostenfrei bereitgestellt, sondern soll bezahlt werden. Die Beziehungen innerhalb der Schule sollen an ökonomischen Prinzipien ausgerichtet werden. Die Schule als Betrieb – so die Idee – soll sich die Lehrkräfte ebenso wie die Schüler/innen selbst aussuchen können. Die Schulen treten miteinander in einen Wettbewerb um (gute) Schüler/innen und um eine Elternschaft aus einem sozialen Milieu, die auch in der Lage ist, die Schule durch zusätzliche Spenden oder Formen der Zuarbeit zu unterstützen. Die von den Schulen erteilten Berechtigungen sollen nicht mehr die Eintrittskarte in weiterführende Systeme sein. Stattdessen sollen jeweils aufnehmende Systeme (Schulen und Hochschulen) ihre Schüler, Studenten oder Auszubildenden nach eigenen Anforderungen und Auswahlkriterien selbst auswählen.
Denkfiguren aus dem medialen Diskurs und dem dominanten Zeitgeist halten Einzug in Schule und Unterricht. Dirk Kutting setzt sich mit dabei vorhandenen Leitideen kritisch auseinander und fasst einige so zusammen:
»Der Mensch ist nicht mehr als ein höheres Tier. Der Mensch ist nicht mehr als sein Gehirn. (…). Der Mensch ist nicht mehr als eine autopoetische Maschine. Der Mensch erfährt keine Wirklichkeit, sondern seine Konstruktionen. Der Mensch ist kein Subjekt, das selbstbewusst frei Entscheidungen treffen kann, weil seine neuronalen Strukturen ihn determinieren. Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners. Wahrnehmung ist eine virtuelle Simulation von dem, was wir Wirklichkeit nennen. Unser Ich ist eine Fiktion, ein Traum des Gehirns. Dieses ›Ich‹ ist nicht im moralischen Sinne für das verantwortlich, was das Gehirn tut« (Kutting 2010, 35).
Er zeigt, dass damit »zwei grundlegende Voraussetzungen der Institution Schule diskursiv den Lehrern« genommen werden: »Die Frage nach dem Verstehen und der Aneignung unserer gegenständlichen Wirklichkeit und die Frage nach der Person, die diese Wirklichkeit verstehen und sich aneignen will« (ebd., 41). Nach Kutting sollte es in der Schule nicht darum gehen, eine Orientierung des »Das kann jeder sehen wie er will« durchzusetzen, sondern die Haltung zu fördern, etwas wissen zu wollen: also wissen zu wollen, wie etwas ist und darüber zu streiten (ebd. 2010, 46).
Die unterschiedlichen Auffassungen über den Charakter von Schule, ihre Aufgaben und Leistungen, können vielleicht mit als Ursachen für Fehlentwicklungen verstanden werden. Eine besteht darin, dass die Schule ihren Auftrag vergisst. »Das ist eine Schule, der ein klares Koordinatensystem fehlt und die sicheren Boden unter die Füße bekommen muss, um ihren Aufgaben gerecht zu werden« (ebd., 10). Kutting benennt als Fehlentwicklung, »wenn die Institution Schule mit unklaren Anforderungen überfrachtet wird, wenn Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden können und wenn Eigeninteressen vor das öffentliche Interesse gestellt werden« (ebd., 10).

Zur Realutopie einer funktionierenden Schule

Es mehren sich Stimmen, die die Realutopie einer funktionierenden Schule formulieren. So schreibt Peter Brenner: »Die Schule der Zukunft ist die funktionierende Schule. Die Schule muss wieder in die Lage versetzt werden, ihre Aufgabe zu erfüllen: sie muss eine Schule sein, in der Unterricht erteilt wird und nicht ausfällt; eine Schule, in der Schüler Wissen und Fertigkeiten vermittelt bekommen; eine Schule, die dafür sorgt, dass jeder ihrer Schüler am Ende lesen, schreiben und rechnen kann und die jedem Schüler jenes kulturelle Grundwissen vermittelt, das nötig ist, um dem Zerfall der sozialen Bindekraft entgegenzuwirken« (Brenner 2006, 195). Nach Dirk Kutting hat die Schule ihre eigene Rationalität. Diese benennt er mit dem Begriff der »geerdeten« Schule.
Die geerdete Schule »gestaltet den Übergang der nächsten Generation ins Erwachsensein. Die geerdete Schule lässt sich ihre wichtige Aufgabe nicht schlechtreden. Sie nimmt Abschied von überspannten Hoffnungen und Erwartungen. In ihr arbeiten ausreichend gute Lehrerinnen und Lehrer. Diese sind heilsam resigniert, weil sie mit der Schule keine Erlösungshoffnung verbinden. Sie können selbstvergessen bei der Sache sein, weil sie wissen, was ihre Sache ist. Sie können lobend Anerkennung finden, weil sie die Arbeit von Kolleginnen und Kollegen wertschätzen. Schülerinnen und Schüler dürfen in dieser Schule interessante schwierige Menschen sein, die ihren Weg nicht schon gefunden haben müssen. Im Unterricht gibt es eine inhaltsreiche Bezogenheit zwischen Lehrern und Schülern, bei der unauffällig nachhaltig vorangeschritten wird. In der Klasse müssen die Kinder keine Freunde und kein Team sein, aber sie müssen miteinander arbeiten. Das darf auch Spaß machen, muss es aber nicht. Die Eltern wissen, dass die Schule ihr Ding macht, daher können sie Konflikte in der Schule lassen. Zuhause unterstützen sie ihre Kinder und können auch mal sagen: ›Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Tut mir leid, wenn dich die Lehrer ärgern, aber machen muss du deinen Job trotzdem‹. Die geerdete Institution Schule vermittelt Wissen und gibt Orientierung« (Kutting 2010, 114 f).

Schultheoretische Überlegungen in Anlehnung an John R. Searle

Lehrer/innen heute müssen – angesichts vielfältiger gesellschaftlicher Debatten – in der Lage sein, eine angemessene Position gegenüber der Institution Schule und in der Institution Schule einzunehmen. Angesichts der gesellschaftlichen Erfahrung, dass Institutionen (z. B. ganze Gesellschaften und ihre Einrichtungen) implodieren, dass Institutionen (in Umwälzungen und Revolutionen) zerstört werden können, das sie durch Fehlannahmen gefährdet sind, scheint es mir sinnvoll, sich die Grundlage von Institutionen zu vergegenwärtigen. Dazu ziehe ich die Überlegungen von John R. Searle heran.
John R. Searle zeigt, dass institutionelle Tatsachen »nur innerhalb von Systemen konstitutiver Regeln existieren« (Searle 1997, 38). Sie werden durch explizite deklarative Äußerungen geschaffen; die dort handelnden Personen können ihre Rollen nur ausüben, wenn sie – durch kollektive Übereinkunft – diese Rollen übernehmen. Searle zeigt, dass dabei die konstitutive Regel gilt: X zählt als Y in K, wobei mit Y ein bestimmter Status oder eine bestimmte Funktion verbunden ist (vgl. ebd., 54). Er führt aus, dass Institutionen auf Sprache angewiesen sind, weil im Medium der Sprache Übereinkünfte getroffen werden; dabei erneuern sich Institutionen durch den »konstanten Gebrauch« (ebd., 67). Searle führt aus, dass die Struktur institutioneller Tatsachen eine Struktur von Machtbeziehungen ist (ebd., 103).
»Alles, was wir in der Zivilisation schätzen, erfordert die Schaffung und Aufrechterhaltung institutioneller Machtbeziehungen durch kollektiv zugewiesene Statusfunktionen. Diese erfordern ständige Überwachung und Anpassung, um Fairness, Effizienz, Flexibilität und Kreativität zu schaffen und zu bewahren, ganz zu schweigen von solchen traditionellen Werten wie Gerechtigkeit, Freiheit und Würde« (ebd., 104).
Institutionelle Macht ist Vorbedingung für die Existenz liberaler Werte; sie äußert sich als symbolische Macht durch die Schaffung von Bedeutung und als deontische Macht durch die Schaffung von Rechten und Pflichten. Dabei wird die Struktur menschlicher Institutionen durch konstitutive Regeln hergestellt, die nicht kodifiziert, sondern durch Interpretation und Anwendung zur Wirkung gebracht werden. Sie haben zur Voraussetzung, dass Menschen auf der Basis von Gründen handeln. »Intentionale Zustände funktionieren nur unter der Voraussetzung einer Menge von Hintergrundfähigkeiten« (Searle 1997, 135). Diese Fähigkeiten sind geknüpft an Wahrnehmung, Sprache, strukturiertes Bewusstsein, Auswertung von Erfahrungen und Disposition für ein Verhalten, das durch Regeln geleitet wird. Diese Hintergrundfähigkeiten sind kausal empfindlich gegenüber den spezifischen Formen der konstitutiven Regeln der Institution (vgl. Searle 1997, 154 ff), d. h. Menschen sind disponiert, Regeln zu befolgen und erwerben diese Hintergrundfähigkeiten auch in Reaktion auf die Regelstruktur der Institutionen.
»(…) die institutionelle Struktur enthält eine gesellschaftlich geschaffene normative Komponente in sich, und diese wird nur durch die Tatsache erklärt, dass die institutionelle Struktur eine Regelstruktur und dass die wirklichen Regeln, die wir spezifizieren, wenn wir die Institution beschreiben, diejenigen Aspekte bestimmen, unter denen das System normativ ist« (ebd., 156 f). Personen entwickeln in der Regel Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, sich in der Gesellschaft und den ihr zugehörigen Institutionen zu bewegen (vgl. ebd., 156 f).
Übertragen auf die Schule als gesellschaftliche Institution bedeuten diese Überlegungen, dass die Schule und die Rolle von Lehrpersonen und Schüler/innen durch kollektive Übereinkunft hergestellt werden. »Status-Funktionen sind (…) das Bindemittel, das die Gesellschaft zusammenhält. Ohne die Anerkennung der Schule als gesellschaftlicher Institution und ohne Anerkennung von Schulaufsicht, Schulleitung und Lehrkräften mit dem, ihnen jeweils zugewiesenen, Status könnten sie ihren Aufgaben nicht nachkommen. Weil die Gesellschaft ihnen die Status-Funktion zuweist, haben sie Pflichten, Rechte und Macht. Die Schule, eine gesellschaftlich geschaffene Institution, funktioniert nur dadurch, dass in ihr konstitutive Regeln gelten und anerkannt werden. Diese Regeln regulieren nicht nur Rollen und Verhalten der an der Schule Beteiligten; sie schaffen erst die Möglichkeit zum Lehren und Lernen.
Gleichwohl wissen wir, dass es nicht ausreicht, sich als Lehrkraft ausschließlich über diese Statuszuweisung als Autorität zu verstehen. Wenn der Lehrperson z. B. aufgrund ihrer Position Fachkompetenz und pädagogische Autorität zugeschreiben wird, muss sie sich darum bemühen, diese auch persönlich zu erwerben und zum Tragen zu bringen. Der Lehrer muss die Anziehungskraft, die vom ›objektiven Zielgut‹ ausgeht, »in seiner Person veranschaulichen, und das tut er nur, soweit sie ihm echt persönlich eigen sind, soweit er sie also nicht bloß kennt, sondern sie auch in seinen Taten erstrebt« (Langeveld 1969, 99). Kurz: die Zuschreibung einer Statusfunktion reicht nicht aus, jede Lehrperson muss als Individuum dafür Sorge tragen, sie in ihrem Handeln angemessen zu realisieren.

Über die Notwendigkeit, über die Schule als Institution aufzuklären

In der demokratischen Gesellschaft müssen Gesetze, Regeln und Normen, denen man folgen soll, durch Gründe legitimiert werden. Es ist notwendig, die Schule als Institution zu erklären und die Regeln des Zusammenlebens begründet darzulegen. Ziel dabei ist es, dass Lehrkräfte und Schüler/innen ein Verständnis ihrer Rollen, der damit verbundenen Statusfunktionen ebenso wie ein Verständnis der gesellschaftlichen Institution Schule entfalten.
Hermann Giesecke begründet die Institution Schule für das Individuum mit der Eröffnung von Möglichkeiten für die Teilhabe am beruflichen, kulturellen und politischen Leben durch die Ausbildung von Handlungsfähigkeiten. Die Schule leistet einen Beitrag zur Reproduktion und Weiterentwicklung der Gesellschaft. Daher könne von den Schüler/innen Lernen, Anstrengung und Leistung als »...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. 1 Zur Bedeutung einer Theorie der Schule
  7. 2 Instituetik – Organisatorische Antworten auf pädagogische Aufgaben
  8. 3 Pädagogische Tätigkeit als Berufstätigkeit in der Schule
  9. 4 Schule als Arbeitsplatz
  10. 5 Strukturen des Schulsystems in der Bundesrepublik Deutschland
  11. 6 Das Schulverhältnis als Rechtsverhältnis
  12. 7 Schule als Institution und Organisation
  13. 8 Schulkritik – Ein Beitrag zur Ermöglichung von Prozessen der Erneuerung?
  14. 9 Schulen im Wandel
  15. 10 Die Ganztagsschule
  16. 11 Von der Entwicklung eigener Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche zur Idee der inklusiven Schule
  17. 12 Schule in der durch Informationstechnologie bestimmten Gesellschaft
  18. 13 Bildungsbenachteiligung und Bildungsgerechtigkeit
  19. 14 Schule in der Weltgesellschaft
  20. 15 Schultheorie und pädagogisches Handeln
  21. Literatur