1 Einführung in ausgesuchte Themenfelder des Entrepreneurships
Abb. 1: Übersicht zum ersten Kapitel
Kurze Hinführung und historischer Abriss zum Entrepreneurship
Der Begriff Entrepreneur stammt aus dem Französischen und stellt eine Komposition aus der Präposition entre, was im Deutschen als unter verstanden werden kann, und dem Wort prendre, was mit etwas nehmen übersetzt wird, dar. Ursprünglich wurde der Begriff zur Beschreibung von Leuten gebraucht, die Risiken annehmen und eingehen oder – im Sinne eines Wagnisses – ein unternehmerisches Vorhaben realisieren (vgl. Barringer/Ireland (2008), S. 5). Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Begriff Entrepreneur im Bereich der Wirtschaftswissenschaften im Zusammenhang mit der Einkommenserzielung unter Unsicherheit eingeführt. Später wurde das Bedeutungsspektrum – in Abgrenzung zu Kapitalisten – um eine Koordinationsfunktion hinsichtlich der Produktionsfaktoren Land, Kapital und Arbeit erweitert. Im Zuge der industriellen Revolution – also im 18. und 19. Jahrhundert – wurde der Begriff vornehmlich für Menschen gebraucht, die eine Geschäftsidee soweit ausbauen, entwickeln und benötigte Ressourcen anhäufen, um ein funktionierendes Unternehmen zu errichten (vgl. Fueglistaller et al. (2016), S. 5). Entrepreneure sammeln und integrieren – diesem Verständnis nach – die erforderlichen Ressourcen, wie beispielsweise die benötigten finanziellen Mittel, die personelle Ausstattung, das Geschäftsmodell, die Strategie und die Fähigkeit zur Risikoübernahme, um ein überlebensfähiges Geschäft zu etablieren (vgl. Barringer/Ireland (2008), S. 5). Der Begriff Entrepreneurship sowie der wissenschaftliche Diskurs wurde vor allem durch den österreichischen Ökonomen Joseph Alois Schumpeter nachhaltig geprägt, der vornehmlich junge, innovative Unternehmer als wirtschaftliche Entwicklungstreiber identifizierte, die das Potenzial haben, in bestimmten Schüben bzw. Zyklen die Wirtschaft auf eine höhere Ebene zu heben (vgl. Fritsch (2016), S. 6). Vor diesem Hintergrund kann Entrepreneurship als ein Prozess verstanden werden, bei dem die Menschen unternehmerische Gelegenheiten bzw. Marktchancen wahrnehmen und diese ohne Rücksicht auf die Ressourcen, die sie gegenwärtig kontrollieren, verfolgen (vgl. Stevenson/ Jarillo (1990), S. 23). Dieser personenzentrierte Ansatz wurde insbesondere in den 1990er Jahren schwerpunktmäßig betrachtet (vgl. Fueglistaller et al. (2016), S. 7). Als Wissenschaftsdisziplin beschäftigt sich Entrepreneurship heute sowohl mit der Herkunftsbestimmung unternehmerischer Gelegenheiten und deren Identifikations-, Bewertungs- und Verwertungsprozess als auch den Menschen, die diese unternehmerischen Gelegenheiten identifizieren, bewerten und ausnutzen (vgl. Shane/ Venkataraman (2000), S. 218).
1.1 Verortung und Begriffsbestimmung zum Entrepreneurship
Verschiedene Definitionen
Wie bereits oben angedeutet, kann das Entrepreneurship hinsichtlich der jeweiligen Perspektive, Fokussierung und Schwerpunktlegung unterschiedlich definiert werden. Landström (2005) hat in der internationalen Forschungslandschaft zum Entrepreneurship insgesamt 77 verschiedene Auffassungen sowohl zum Entrepreneur als auch zum Entrepreneurship identifiziert. In der nachfolgenden Tabelle sind sechs Begriffsbestimmungen zum Entrepreneurship dargestellt.
Autor(en)Definition
Tab. 1: Definitionen von Entrepreneurship (Quelle: In Anlehnung an Landström (2005), S. 11)
Schumpeters (1934) Definition von Entrepreneurship bezieht sich vor allem auf das innovative Verhalten der Entrepreneure und deren Einfluss auf den marktlichen Status quo. Nach seiner Auffassung entwickeln Entrepreneure neue Dinge oder wenden neue Methoden an und legen damit den Grundstein für die Eröffnung neuer Märkte, neuer Bezugsquellen und die Errichtung neuer Unternehmen. Gemäß den Ausführungen von Drucker (1985) werden im Rahmen des Entrepreneurships bestehende Ressourcen mit neuen wertschöpfenden Eigenschaften ausgestattet, sodass neue Ressourcen, Methoden oder Kombinationen entstehen. Er fokussiert dabei die Umsetzung von Innovationen und greift den schöpferischen Charakter des Entrepreneurships auf. Stevenson und Gumpert (1985) betonen in ihrer Definition insbesondere den Prozesscharakter des Entrepreneurships. Hier geht es vornehmlich um den Prozess der Verfolgung und des Nutzens von Möglichkeiten und Chancen unabhängig von den gegenwärtig zu steuernden Ressourcen. Nach Auffassung von Gartner (1989) bezieht sich Entrepreneurship auf die Schaffung von Organisationen respektive den Prozess der Entstehung neuer Organisationen. Timmons (1997) bezeichnet Entrepreneurship als eine bestimmte Art des Denkens, Schlussfolgerns und Handelns. Diese ist vornehmlich chancenorientiert, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und setzt auf eine ausgewogene Führung. Bei Venkataraman (1997) bezieht sich Entrepreneurship auf das wie, von wem und mit welchen Konsequenzen Chancen bzw. Gelegenheiten zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen entdeckt, bewertet und ausgebeutet werden. Anhand dieser exemplarisch vorgestellten Definitionen werden die unterschiedlichen Zugänge zum Entrepreneurship deutlich. Die dargestellten Auffassungen variieren hier unter anderem von einer personenbezogenen Betrachtung, einer strukturellen und prozessualen Fokussierung bis hin zu einer übergreifenden Perspektive.
Aufgrund des breiten Definitionsspektrums und zum einheitlichen Verständnis soll an dieser Stelle eine für die weitere Auseinandersetzung mit dem Begriff Entrepreneurship geltende Auffassung festgelegt werden. Dazu wird die bereits in der Hinführung dargestellte funktionale Definition von Entrepreneurship nach Stevenson und Jarillo (1990) herangezogen: »Entrepreneurship is a process by which individuals – either on their own or inside organizations – pursue opportunities without regard to the resources they currently control« (Stevenson/Jarillo (1990), S. 1).
Existenz- vs. Unternehmensgründung
Unter den Entrepreneurship-Begriff kann jedoch nicht jede Gründung subsumiert werden. Szyperski und Nathusius (1977) differenzieren hier zwischen Existenz- und Unternehmensgründung (vgl. Szyperski/Nathusius (1977), S. 27f.). Nach den Ausführungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2002) bezeichnet die Existenzgründung ein »rechtlich unabhängiges Arbeitsverhältnis, das zur Sicherung einer selbstständigen unternehmerischen und auch freiberuflichen Existenz dient« (BMBF (2002), S. 13). Dies beinhaltet auch die Ausnutzung von Innovationen in der Reife- und Auslaufphase sowie Aktivitäten von Kleingewerbetreibenden. Grundsätzlich steht die Existenzsicherung des Gründers im Vordergrund. Im Rahmen von Untern...