Bindungs- und Beziehungsqualität in der KiTa
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Bindungs- und Beziehungsqualität in der KiTa

Grundlagen und Praxis

  1. 218 Seiten
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Bindungs- und Beziehungsqualität in der KiTa

Grundlagen und Praxis

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Über dieses Buch

Die Qualität der Erzieherin-Kind-Beziehung stellt fraglos eine Größe für erfolgreiches Lernen des Kindes in der KiTa dar. Das Buch klärt, was hinsichtlich der professionellen "Beziehung" wissenschaftlich gesichert ist, und differenziert zwischen Theorie, Empirie und praktischer Anwendung. Es behandelt die theoretischen Grundlagen, die Entwicklung und Gestaltung von Erzieherinnen-Kind-Bindungen und -Beziehungen sowie die Diagnostik der Bindungs- und Beziehungsqualität. Die praktische Umsetzung mit konkreten Maßnahmen und Interventionen steht dabei im Vordergrund.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783170260184

TEIL III BINDUNGSQUALITÄT IN DER KITA-PRAXIS

Kunstwerk – Theorie und Praxis (Georg Skrypzak, 1946)
In Teil III werden Möglichkeiten der Gestaltung von Bindungen zwischen Erzieherinnen und Kindern in der KiTa vorgestellt. Diese Vorschläge gründen auf Überlegungen und Befunden der Bindungsforschung und wurden vom Autor zusammengestellt. Die Anwendbarkeit und Wirksamkeit dieser Vorschläge (wie Konzepte oder einzelne Programme) sind zwar zum größten Teil empirisch fundiert (
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Teile I und II). Die daraus abgeleiteten und vorgeschlagenen Maßnahmen wurden aber bislang selten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft. Diese fehlende empirische Evidenz muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Maßnahmen weniger gut oder nicht wirksam sind.
Für die unzureichende Evaluation pädagogischer Interventionen, welche sich mit der Erzieherin-Kind-Bindung in der KiTa befassen, gibt es u. A. zwei Gründe: (1) Nur wenige Programme oder Konzepte existieren. (2) Eine Überprüfung der Wirksamkeit pädagogischer Interventionen ist in aller Regel sehr komplex, da in solchen Praxisfeldern wie einer KiTa sehr viele Faktoren wirken können, aber nicht alle bzgl. ihrer Wirksamkeit kontrollierbar sind. Soweit Evaluationen vorliegen, werden diese in den folgenden Kapiteln aufgeführt.

11 Übergang in die Fremdbetreuung: die Kinderkrippe

Der Übergang (auch als Transition bezeichnet) in die Kinderkrippe ist ohne ein Konzept der Eingewöhnung vergleichbar mit der Stressinduktion bei der Durchführung der Fremden Situation (FS) (
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Kap. 1.8.1). Die Kinder werden von ihrer Bezugsperson getrennt und mit Neuem und Unbekanntem konfrontiert, wie Räumen, Gerüchen und Objekten, anderen Personen, anderen Kindern, Tagesabläufen, anderen Verhaltensweisen und Ritualen, und müssen diese Belastung ohne einen sicheren Hafen (
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Kap. 1.5) regulieren. Während in der FS die Trennung nur wenige Minuten dauert, ist der Aufenthalt in einer Kinderkrippe deutlich länger. Gerade für Kinder im Alter zwischen sieben Monaten und drei Jahren, die noch nicht die kognitiven Fähigkeiten entwickelt haben, die für eine Bewältigung dieser Belastungen erforderlich sind, stellt die Trennung von der Bezugsperson und der Besuch einer Kinderkrippe ohne Eingewöhnung eine fast unlösbare Aufgabe dar. Die Belastung, die Kinder dabei empfinden, ist enorm und kann sich sowohl auf physiologischer als auch auf Verhaltensebene kurzfristig und längerfristig auswirken.
Für die Gestaltung dieser Transition von U3-Kindern in die KiTa existieren in Deutschland verschiedene Modelle bzw. Konzepte, wie z. B. das Münchner Modell (Winner, 2009) oder das Eingewöhnungsmodell nach Beller (2002). Ein gut dokumentiertes und häufig angewendetes Eingewöhnungsmodell, das auf einer bindungstheoretischen Konzeption beruht, ist das Eingewöhnungsmodell des Instituts für angewandte Sozialisationsforschung (»infans«; Laewen et al., 2011). Die Entwicklung dieses Modells basiert zum einen auf der Bindungstheorie und ihren Forschungsergebnissen, zum anderen auf intensiven Beobachtungen von Eingewöhnungen in der KiTa-Praxis (
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Kap. 6). Aus bindungstheoretischer Perspektive gilt das infans-Eingewöhnungsmodell als eine sehr gelungene Umsetzung in die KiTa-Praxis. Evaluationen, die eine Wirksamkeit des »infans-Modells« belegen, stehen aber noch aus.

11.1 Bindungsorientierte Eingewöhnung in der Krippe: das infans-Modell

Mit dem bindungsorientierten Eingewöhnungsmodell nach infans wird versucht, die Belastung des Kindes in seiner Eingewöhnungsphase in einer Einrichtung zu reduzieren. In den ersten Tagen und Wochen ist die Hauptbezugsperson anwesend und dient als Ausgangsbasis, von der aus das Kind eine neue sichere Bindung zur Bezugserzieherin entwickeln kann. In der gesamten Transitionsphase von der Familie in die Kinderkrippe bleibt das Kind nie ohne Schutz und Unterstützung durch eine Bezugsperson. Dies führt beim Kind zu einer deutlich geringeren Belastung und erhöht sehr seine Chance, eine neue qualitativ hochwertige Bindung zur Bezugserzieherin aufzubauen. Auch für die Erzieherin ergeben sich Vorteile: Anstelle einer zusätzlichen Belastung durch ein Kind, das offensichtlich unglücklich und belastet ist, erlebt sich die Erzieherin als entlastet und auch als selbstwirksam, da sie für das Kind eine effektive Ressource darstellt und somit für kindliches Wohlbefinden sorgt. Das infans-Modell besteht dabei aus drei aufeinanderfolgenden Phasen: (1) Informations-, (2) Eingewöhnungs- und (3) Schlussphase (
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Abb. 6).
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Abb. 6: Die Phasen des infans-Eingewöhnungsmodells (Laewen et al., 2011)

1. Informationsphase

In der Informationsphase werden die Eltern vorab (schriftlich und mündlich) über die Bedeutung und Abläufe des Eingewöhnungsprozesses informiert. Da auch für die Eltern der Übergang ihres Kindes in eine KiTa mit unterschiedlichen Herausforderungen und Ängsten verbunden sein kann (
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Tab. 17), dient die Informationsphase daher dazu, den Eltern diese Ängste zu nehmen und sie über die Bedeutung der Eingewöhnung aus bindungstheoretischer Perspektive zu informieren. Durch diese Informationen erhalten die Eltern ein klares Bild von den Abläufen der Eingewöhnung.
Tab. 17: Inhalte und Bedeutung des Informationsgesprächs vor Beginn der Eingewöhnung nach Laewen et al. (2011)
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Für eine KiTa ist es sinnvoll, einen Gesprächsleitfaden zu entwickeln und eine Handanweisung zu erstellen, welche man den Eltern übergeben kann. Über den Buchhandel kann eine solche Handanweisung für Eltern erworben werden (Laewen et al., 2012).

2. Eingewöhnungsphase

Die Eingewöhnungsphase wird in drei Phasen unterteilt: (1) eine Grundphase, (2) einen Entscheidungstag und (3) eine Stabilitätsphase (
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Abb. 6).
1. Die Grundphase dauert zunächst drei Tage, in der das Kind für bis zu zwei Stunden mit einer primären Bezugsperson (z. B. der Mutter) in der KiTa bleibt. Die Mutter ist dabei die »sichere Basis«, von der aus das Kind die neue Umgebung in Ruhe erkunden kann. Bei Belastung des Kindes ist sie der »sichere Hafen«, an den sich das Kind wenden kann. Die Mutter bleibt dabei überwiegend passiv. Auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagiert sie aber weiterhin responsiv. Die Mutter sollte das Kind in dieser Grundphase nicht alleinlassen, um keine zusätzliche Belastung zu erzeugen.
Für die Grundphase bieten sich zudem ruhigere und abgegrenzte Bereiche in der KiTa an, die beim Kind eine Vertrautheit schaffen. Die Rolle der Erzieherin besteht zu Beginn darin, die Kontaktversuche des Kindes feinfühlig aufzunehmen und dabei nicht eingreifend zu sein. Das Übersehen von Kontaktversuchen durch die Erzieherin kann den Aufbau einer Erzieherin-Kind-Bindung nachhaltig behindern. Dies bestätigen Laewen et al. (2011) bei ihren Videobeobachtungen: Häufiges Übersehen der Erzieherin von Kontakt-Signalen des Kindes konnte zum Scheitern eines Beziehungsaufbaus führen. Neue Interaktionen sollen durch die Erzieherin langsam und vorsichtig initiiert werden, ohne das Kind zu bedrängen. Diese sollten vor allem in Form kleinerer Interaktionen (z. B. Spielangebote) stattfinden.
Am ersten Tag besteht die Aufgabe der Erzieherin vor allem darin, das Verhalten des Kindes in der neuen Situation und sein Bindungsverhalten gegenüber der primären Bezugsperson zu beobachten, um so Informationen über die kindlichen Bindungsbedürfnisse zu sammeln. Am zweiten Tag begleitet die Erzieherin Bezugsperson und Kind zu den Versorgungshandlungen (z. B. Wickeln oder Füttern). Dadurch lernt sie die individuellen Rituale kennen und baut gleichzeitig zunehmend Nähe zum Kind auf. Sie geht auf Kontaktversuche des Kindes ein und initiiert selbst Interaktionen. Der dritte Tag dient der Konsolidierung der Erfahrungen.
2. Am vierten Tag wird über die Länge der Eingewöhnungsphase entschieden (Entscheidungstag). Diese Länge hängt vom Verhalten des Kindes während einer maximal 30 Minuten dauernden Trennung von seiner primären Bezugsperson (Mutter, Vater, Oma etc.) ab (
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Tab. 18): Werden weitere Tage der Eingewöhnung benötigt, oder kann mit einer ersten Trennung begonnen werden?
Aufgrund ihrer umfangreichen Krippenstudie in Wien machen Fürstaller, Funder und Datler (2011) darauf aufmerksam, dass manche Kinder ihre negativen Emotionen und Traurigkeit nicht durch Aggressionen oder Weinen ausdrücken, sondern eher durch eine Art »stille Traurigkeit«...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort der Herausgeberin und der Herausgeber
  5. Inhalt
  6. Vorwort
  7. Teil I: Theorien und Konzepte der Bindungsqualität
  8. Teil II: Bindungs- und Beziehungsqualität im Vorschulsetting
  9. Teil III: Bindungsqualität in der KiTa-Praxis