Schülerinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen
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Schülerinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen

Erkennen, fördern, unterrichten

  1. 140 Seiten
  2. German
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Schülerinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen

Erkennen, fördern, unterrichten

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Integration von Schülern mit Förderbedarf im Zeichen der Inklusion hat zur Folge, dass der sonderpädagogische Förderbedarf oft nicht mehr festgestellt wird. Schüler aus dem (ehemaligen) Förderschwerpunkt Lernen geraten dabei aus dem Blick, weil sie keine offensichtlich feststellbare Behinderung oder Beeinträchtigung aufweisen. Das Buch entwirft vor diesem Hintergrund Kriterien, die Lernbeeinträchtigungen auszeichnen können. Erläutert werden zunächst die äußeren Risikofaktoren und individuellen Merkmale, die Lernen erschweren können. Es folgen detaillierte Beschreibungen der Erscheinungsformen von Lernbeeinträchtigungen in der Sprache, im Lern- und Leistungsverhalten sowie im sozial-emotionalen Verhalten von Schülern. Dies hilft Lehrkräften, diese Kinder und Jugendlichen mit ihren besonderen Bedürfnissen in den Blick zu nehmen und sie gezielt zu unterstützen.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783170338500

1

Geschichtliche Perspektive auf beeinträchtigtes Lernen

1.1 Wer nicht lernen wollte, dem drohte die Peitsche: Zur Zeit Karls des Großen

Schulleistungsschwache oder »lernunwillige« Schüler gemäß der heutigen Vorstellung kann es erst seit der Zeit geben, in der Bildung erstmals einem breiten Kreis angeboten wurde. Zur Zeit Karls des Großen wurde die Bildung von Laien außerhalb des privilegierten Adels ins Auge gefasst. Laien waren Menschen, die nicht Mönche oder Priester werden wollten oder sollten (Weinfurter 2014, 200 f.). Das Religiöse war dabei ein wichtiges Moment, denn es ging auch darum, dass die Menschen die Texte verstehen, die sie beten, was durch Bildung und Lesen können befördert werden sollte. Hier bringt der Historiker Weinfurter eine interessante Begrifflichkeit ins Spiel: Die Menschen sollten »keine ›Idioten‹ (idiothae), das bedeutet ungebildet, sein« (ebd., 182). In der Zeit um 800 beschloss die bayerische Bischofssynode, dass in jeder Bischofsstadt eine Schule eröffnet werden solle. Manche Bischöfe nahmen diese Aufgabe sehr ernst. Weinfurter berichtet von einem bayerischen Würdenträger, der mit Strafen versuchte, die Lernunwilligen zu motivieren. Der Historiker merkt dazu recht trocken an:
»Wer nicht lernen wolle, den solle man mit Schlägen und Fasten bei Wasser und Brot dazu zwingen. Auch Frauen sollten mit Peitschenhieben oder Fasten dazu gebracht werden, ihren Widerstand aufzugeben – immerhin ein Beleg dafür, dass die Bildungsbemühungen auch Frauen galten« (ebd., 201).

1.2 »Schulen für schwachbefähigte Kinder«: Heinrich Ernst Stötzner und Heinrich Kielhorn

Der bedeutendste historische Meilenstein in der Heilpädagogik mit Schwerpunkt auf die Schülerschaft mit Lernbeeinträchtigungen ist Stötzners Schrift »Schulen für schwachbefähigte Kinder. Erster Entwurf zur Begründung derselben« von 1864. Sie wurde knapp 100 Jahre später als vollständiger Nachdruck der Originalausgabe wieder aufgelegt. Die Schrift ist kein ausschließlich pädagogisch motiviertes Werk; das lässt sich daraus schließen, dass Heinrich Ernst Stötzner dem ersten Kapitel eine Art Widmung vorangestellt hat: »Allen Schulbehörden an’s Herz gelegt« (Stötzner 1864/1963, 5). Die Adressaten für seine Monographie waren also Behörden bzw. die Schulverwaltung; es war ein Appell zur Einrichtung von »Schulen für schwachbefähigte Kinder«.
Folgende Beschreibung der Situation der schwachen Lerner zu Stötzners Zeiten gehört zu den meistzitierten Passagen in der Geschichte der Heilpädagogik; sie wirkt auch heute noch auf viele, die mit Kindern und Jugendlichen beruflich zu tun haben, beklemmend.
»Sie sind die letzten in der Klasse, selbst die im nächsten Jahre eintretenden überflügeln sie bald. Beim besten Willen können sie ja mit den anderen nicht gleichen Schritt halten. Und dies dennoch von ihnen verlangen, hieße einen Lahmen schelten, weil er beim Wettlauf so weit hinter denen, die gesunde Beine besitzen, zurückbleibt. Erst müht sich wohl der Lehrer rechtschaffen mit ihnen ab. Er versucht es auf jegliche Weise, die harte Schale, die den Geist dieses Kindes umgibt, zu durchbrechen – aber es geht zu langsam vorwärts, und er kann doch um eines, zweier willen nicht die ganze Klasse aufhalten. Da wird er wohl ungeduldig und meint, mit Strafen schneller weiter zu kommen; aber nun verliert das arme Kind mit der Liebe zum Lehrer auch alles Vertrauen zu sich selbst. Es wird immer matter; vielleicht wird es sogar noch stöckisch und trotzig. Und nun lässt der Lehrer das Kind fallen« (Stötzner 1864/1963, 6).
Zwanzig Jahre später thematisiert der Hilfsschullehrer Heinrich Kielhorn deutlich den Zusammenhang zwischen der sozialen Lage der Kinder und ihren Schulleistungen. Der Jargon irritiert im 21. Jahrhundert und wirkt geradezu menschenverachtend:
»Je größer die Städte sind, desto mehr setzt sich der Bodensatz der Bevölkerung in ihnen ab; desto mehr nackte Armut und Verkommenheit bergen sie. Und gerade diese Schichten sind es, die die meisten schwachsinnigen Kinder liefern« (Kielhorn 1887, 309).
Allerdings sind solche Zitate nicht ohne den historischen Zusammenhang gerecht zu beurteilen. Im Begriff »nackte Armut« schwingt offenbar auch ein Fünkchen Mitgefühl mit, was aufgrund Kielhorns eigener Biografie verständlich wäre. Schließlich stammt auch er aus armen Verhältnissen. In seinem »Hilfsschul-Lehrplan« von 1909, den Kielhorn in seiner damaligen Funktion als Schulinspektor und Leiter der Hilfsschule in Braunschweig verfasst hat, finden sich Fallbeispiele, die gut die Kinder und Jugendlichen beschreiben, die Schüler der damaligen Hilfsschule waren. Von der Ausdrucksweise abgesehen, gibt es Beispiele, die von großem pädagogischen Einfühlungsvermögen zeugen:
»Ein 14jähriger gutmütiger, aber etwas hastiger Knabe hatte ein kleines Mädchen geschlagen, welches ihn mit dem Balle an den Kopf geworfen hatte. Ihm, unter seinen Freunden eine Respektsperson, war es eine Ehrverletzung, von einem Mädchen an den Kopf geworfen zu werden. In diesem Sinne verteidigte er sein vermeintliches Recht in unpassender Weise gegenüber dem aufsichtsführenden Lehrer. Der Klassenlehrer, dem er zur Bestrafung überwiesen wurde, ließ ihn eine Viertelstunde unberücksichtigt. Als sich seine Erregung gelegt hatte, bekannte er reuemütig, gefehlt zu haben. Ein ermahnendes Wort hatte in diesem Falle mehr Wirkung, als eine Strafe gehabt haben würde; das war aus dem dankbaren Blicke des Jungen herauszulesen« (Kielhorn 1909, 80).
Wie sich die Situation aus der Sicht des geschlagenen Mädchens darstellte, wird nicht weiter erwähnt, was bedauerlich ist. Konzentriert man sich aber auf das Fallbeispiel des Jungen, wird eindeutig ein moderner pädagogischer Stil an den Tag gelegt. Es folgen noch zwei weitere Schilderungen, in denen Verständnis und Nachsicht gegenüber eigentlich unerwünschtem Verhalten gezeigt wurde. In der überwiegenden Zahl der weiteren Beispiele allerdings wurde die Prügelstrafe für die richtige Methode gehalten, angewendet an Jungen wie an Mädchen:
»In einer Familie ist der Mann ein gewalttätiger Trinker, die Frau ein zanksüchtiges Weib; die Kinder sind geistig minderwertig. Streitigkeiten und Prügeleien zwischen den Eheleuten kamen häufig vor, unflätige Schimpfereien bildeten die Umgangssprache, so daß sich die Kinder nicht scheuten, ihre Eltern mit Schimpfwörtern zu belegen.
Die älteste Tochter dieses Ehepaares war dessen getreues Abbild.
An Intelligenz, Rechtsbewußtsein und Gemüt leidlich gut begabt, aber an Ordnung und Gehorsam überhaupt nicht gewöhnt, suchte das Mädchen die Schulordnung zu durchbrechen und zu umgehen, wo es irgend möglich war. Von der Mutter aufgestachelt, wurde es in seinem 12. Jahre mehr und mehr frech; in herausfordernder Weise tat es gerade das, was ihm verboten war. Das Mädchen war auf dem Standpunkte angekommen: »Ihr dürft mich nicht schlagen. Redet was ihr wollt, ich mache, was ich will!« – bis es eines Tages von dem Klassenlehrer eine Züchtigung mit dem Stocke erhielt. Eine andere Lösung war nicht möglich. Die beschwerdeführende Mutter wurde abgewiesen, dem Kinde wurde eröffnet, daß es bei jedem Ungehorsam eine gleiche Strafe erhalten würde. Der Erfolg war, daß in den folgenden zwei Jahren wohl noch etliche Male daran erinnert werden mußte, der Stock sei noch vorhanden; aber das Kind ordnete sich unter und wurde allmählich empfänglich für freundliche und gütige Behandlung« (Kielhorn 1909, 82).
Doch nicht nur in der Stadt, wie bei Kielhorn geschildert, sondern auch in besonders abgelegenen, armen Landgemeinden, wuchsen Kinder unter erbärmlichen Bedingungen auf. Der Kunsthistoriker Wilhelm Lübke stellte seinen eigenen Lebenserinnerungen (Lübke 1891) die seines Vaters voran. Peter Lübke, geboren 1798, schrieb seine ergreifenden und lesenswerten Erinnerungen unter der bescheidenen Überschrift »Aus dem Leben eines Volksschullehrers« auf. 1819 tritt er seine erste Stelle in einem kleinen, sehr abgelegenen Bauerndorf auf halber Strecke zwischen Köln und Kassel an. Die Schulgemeinde würde man aus heutiger Perspektive für verwahrlost halten – auch der aus einem zwar einfachen, aber gepflegten Haushalt stammende Junglehrer Peter Lübke sah das so: Während der Gutspächter auf dem Schloss »36 Pferde und 72 Kühe hielt« (ebd., 12), hungerten und froren die Bauern im Dorf. An einem kalten Dezembertag 1819 tritt der junge Lehrer das erste Mal in das weitgehend ungeheizte Schulhaus; das Entsetzen packt auch den mittlerweile über 90-Jährigen bei der Erinnerung daran:
»Wenn ich nicht eine so große Lust zum Lehrfache gehabt hätte, so hätte mir am ersten Tage beim Anblicke meiner Schüler der Mut sinken müssen; denn ein großer Theil derselben, besonders die Knaben, kamen im kalten Winter barfuß zur Schule, in grobe, schmutzige Leinewand gehüllt, die ehemals grau gewesen war. (…) Bei den Mädchen reichten die leinenen Röcke bis ans Knie, und die Füße waren nackt, aber mit einer Kruste von Schmutz bekleidet. Ich glaubte, unter die Hottentotten gerathen zu sein. Ueberdies hatten die Kinder in 1 1/2 Jahren keinen Lehrer gehabt und waren ganz verwildert. Bald gewahrte ich aber, daß es gutmüthige und folgsame Wilde waren, die sich culturfähig und empfänglich für den Unterricht zeigten. Mit großer Freude ging ich ans Werk, sie zu bilden und zu erziehen. Zuerst arbeitete ich darauf hin, daß sie mit Schuhen und Strümpfen zur Schule kamen« (Lübke 1891, 13).
Man kann sich denken, dass Peter Lübke einen weiten Weg vor sich hatte, aber man kann sich auch sehr gut vorstellen, dass auf seiner Agenda als allererstes warme Füße für die Kinder standen, bevor er an Unterricht denken konnte. Diese Aufzeichnung eines Volksschullehrers sollte natürlich keine genuin heilpädagogische Beschreibung sein. Der Zusammenhang zwischen Armut und vorenthaltenen Bildungschancen wird jedoch überdeutlich und ergänzt die Beschreibungen aus dem 19. Jahrhundert, die sich auf die Zustände in den Städten konzentrieren.

1.3 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Intelligenztest von Binet und Simon

1905 konstruierten der Psychologe Alfred Binet und der Arzt Théodore Simon den ersten Intelligenztest, der nach Schwierigkeitsgraden gestaffelt war (Myschker 1998, 38). Otto Bobertag legte für diesen Test eine deutsche Version vor, die 1912 vom Hilfsschularzt Fritz Chotzen »als eine weitgehend sichere und leicht zu handhabende Methode zur Erfassung geistesschwacher Kinder bzw. für das Überweisungsverfahren in die Hilfsschule« erkannt wurde (ebd.). Gerade aber im Zuge der sich verbreitenden Intelligenzüberprüfungen »wurde eindeutig nachgewiesen, dass Hilfsschulbedürftigkeit und medizinisch oder psychologisch definierter Schwachsinn (…) begrifflich keinesfalls gleichzusetzen waren. Fast die Hälfte der damaligen Hilfsschüler fiel im engeren Sinne nicht unter dieses Kriterium« (Kanter 2006, 147). Diese deutlichen Zusammenhänge hielten Lehrer wie den Hilfsschulrektor und späteren Nationalsozialisten Martin Breitbarth nicht davon ab, aus seiner Perspektive ein Leben in Armut als logische Konsequenz aus »geistiger Minderwertigkeit« abzuleiten (Breitbarth 1915). Auch gemessen an der Zeit – der erste Weltkrieg war bereits im Gange – liest sich der 1915 in der Verbandszeitschrift Die Hilfsschule veröffentlichte Vortrag Breitbarths mit dem Titel »Die Wechselbeziehungen zwischen geistiger Minderwertigkeit und sozialem Elend« erschreckend. Ohne Mitleid beschreibt er die elenden Wohnverhältnisse der armen Familien – weniger, um den Zusammenhang zwischen den unwürdigen Umständen, in denen viele Familien lebten, mit den schulischen Problemen herzustellen, sondern zur Illustration des Zusammenhanges zwischen erblicher »Minderwertigkeit« und Leben in Armut. Die Beschreibungen von bis zu achtköpfigen Familien, die in einem Zimmer hausen und zum Teil ihr dürftiges Einkommen durch Schlaf- und Kostgänger aufwerten, sind erschütternd. (Schlaf- und Kostgänger waren meist Fabrikarbeiter, die in die Stadt kamen ohne eine Unterkunft zu besitzen. Sie schlüpften z. B. nach ihrer Nachtschicht in die soeben frei gewordenen Betten und konnten gegen ein Entgelt auch in der Familie essen, die dadurch ihr Einkommen aufbesserte.)
Ein in Wortwahl und Gesinnung abstoßender Artikel, der allerdings unfreiwillig – wenn auch vorwiegend in anderer Richtung gemeint – die Zusammenhänge zwischen Armut, ja Elendsverhältnissen und Hilfsschulbesuch beschreibt:
»Es sind in der Tat die allerminderwertigsten Wohnungen in unserer Stadt, die von diesen Leuten, natürlich der Billigkeit wegen, gemietet worden sind, und so zeigt sich an dieser Stelle zum erstenmal deutlich, daß geistige Minderwertigkeit und soziales Elend Geschwister sind und sich gegenseitig bedingen« (Breitbarth 1915, 240).
Er berichtet nicht nur – wie oben bereits erwähnt – von Hilfsschülern, die mit ihrer sechs- oder mehrköpfigen Familie in einem Zimmer leben müssen, sondern auch von Wohnungen, in denen sich bis zu drei Personen ein Bett teilen müssen. Dass die Väter aber wenig Einkommen hätten, sei kein Wunder – daran schließt sich eine wiederum herablassende Beschreibung von Schülern wie Eltern, oft ehemaligen »Schulversagern« an. Die Eltern von Hilfsschülern, befragt nach einer möglichen Ursache für den »Schwachsinn« ihres Kindes, suchten aus Scham die Schuld beim nicht anwesenden Elternteil, was Breitbarth damit kommentiert, dass »zuweilen solche Auskünfte von einem unfreiwilligen Humor begleitet« seien (ebd., 238). Er habe des Öfteren feststellen können, dass »der abwesende Teil der Eltern jedesmal die indirekte Ursache für die Minderwertigkeit des Kindes abgeben mußte, obgleich der anwesende Teil den Stempel des Schwachsinns an der Stirn trug und auf Befragen auch zugeben mußte, daß er während der ganzen Schulzeit nicht über die Unterstufe der Volksschule hinausgekommen war« (ebd.). Nun, wenn bei Breitbarth von einem Stempel auf der Stirn die Rede ist, ist es wohl ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort zur Reihe Inklusion praktisch
  5. Inhalt
  6. Einleitung
  7. 1 Geschichtliche Perspektive auf beeinträchtigtes Lernen
  8. 2 Aktuelle Perspektiven auf Lernbeeinträchtigungen
  9. 3 Fazit und Ausblick
  10. Literatur