Wenn Essen Angst macht
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Wenn Essen Angst macht

Essstörungen - Fakten, Geschichten und Hilfen

  1. 236 Seiten
  2. German
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Wenn Essen Angst macht

Essstörungen - Fakten, Geschichten und Hilfen

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Relation to food can get out of control. For some patients starvation becomes an addiction others cant stop eating. Bulimics vomit after eating; orthorexia makes people try to consume exclusively healthy food. This reference book is arranged by symptoms, which can appear with eating disorder. Next to short accounts and interviews with persons concerned, the chapters consist of a presentation of the pathology, expert interviews, and explanations for relatives as well as guidance to overcome eating disorders. This work allows outsiders insight into the minds of patients. It gives persons with eating disorders practical hints to work on their recovery.

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Information

Jahr
2011
ISBN
9783170274563

1 Wie alles begann: Von Einstiegsdrogen und Selbstbestimmung

1.1 Magersucht

Wenn Diäten zur Sucht wird

Normalerweise nimmt man nach einer Diät irgendwann wieder zu oder hält das Gewicht. Manche Menschen machen jedoch weiter, auch wenn sie die gewünschten Kilos längst abgenommen haben. Sie merken plötzlich, wie leicht es ist, sich durch Nichtessen Erfolgserlebnisse zu verschaffen.
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Jede 100 Gramm, die die Waage weniger anzeigt, lösen in ihnen Belohnungsgefühle aus. Diese Belohnungsgefühle sind alles, was sie noch interessiert. Sie haben sich an der Einstiegsdroge „Diät“ versucht und sind süchtig geworden. Sie nehmen weiter ab. Immer weiter. Für einige wenige gilt sogar das Motto: Ana till the end: Magersucht bis zum Ende.

Erst Leistung, dann Liebe?

Sie weiß nicht mehr, wie oft sie darüber nachgedacht hat, warum sie in die Magersucht geraten ist. Eins weiß sie sicher. Es ist nicht passiert, da sie aussehen wollte wie irgendein Magermodel aus einem Hochglanzmagazin. Wenn sie ehrlich ist, findet sie diese dürren Kleiderständer einfach nur hässlich.
Was aber dann? Tiefe Konflikte mit ihrer Mutter? Fehlanzeige. Okay, es hatte in ihrer Pubertät Reibungspunkte und Konflikte gegeben, aber wo gibt es die nicht?
Und trotzdem. Sie war mit ihrem Leben nicht zufrieden gewesen. Sie hatte sich seit ihrer Kindheit stets eingeengt gefühlt. Si cher, die Eltern hatten alles für sie getan, waren immer da gewesen. Und doch: Für sie war es wie ein goldener Käfig gewesen.
Sie hatte sich immer danach gesehnt, eigene Erfahrungen machen zu dürfen. Auch mal hinfallen zu dürfen, ohne gleich Vorwürfe zu hören zu bekommen nach dem Motto „Das kommt davon. Hättest du es nur genauso gemacht, wie wir es wollten, wäre das nicht passiert. Du bist selber Schuld an deinem Unglück.“ Sie hasste solche Sätze. Sie sehnte sich nach dem Gefühl, aufgefangen zu werden, wenn sie einmal hinfiel. Keine Vorwürfe, sondern einfach nur: „Ich bin für dich da.“ Doch das konnten die Eltern nicht. Sie waren für sie da, solange sie funktionierte. Solange sie sich so verhielt, wie die Eltern es für richtig hielten. Sie sollte Leistungen bringen und die Träume der Eltern leben. Dann wurde sie geliebt, dann bekam sie Aufmerksamkeit. Bei schlechten Noten oder einem anderen „Versagen“ hieß es nur „Mehr lernen, mehr üben, mehr Einsatz zeigen“. Und immer „Du bist doch selbst daran schuld. Hättest du am Tag vor der Arbeit nicht noch abends mit einer Freundin telefoniert, hättest du eine bessere Note geschrieben. Hättest du vor dem verlorenen Tennisspiel mehr trainiert, hättest du gewonnen. Hättest du nur. Hättest du nur. HÄTTEST DU NUR…“ Mit anderen Worten: Du hast uns Schande gebracht. Wir schämen uns wegen dir. Und das nach allem, was wir für dich getan haben (Eine lange Aufzählung von Dingen, die die Eltern getan hatten, würde folgen.) Und dann: „Womit haben wir so eine Tochter verdient?“
Erst als sie viel älter war, stellte sie die Frage andersherum: Womit habe ich solche Eltern verdient? Eltern, die mich nur beachten, wenn ich funktioniere, und die bei Misserfolgen noch betonen müssen, dass sie mich TROTZDEM lieben?
Zurückblickend verstand sie ihre große Verzweiflung als Kind, dass die Liebe ihrer Eltern aufhören könnte, wenn sie zu viele Fehler machte, nicht perfekt genug war. Perfektion war folglich alles für sie. Die meisten Bereiche in ihrem Leben waren auch perfekt gewesen: Immer Klassenbeste, fast nur Einser, Klassensprecherin, fünf Pokale von gewonnenen Tennisturnieren, Landesmeisterin im Kopfrechnen. Aber zur Perfektion gehörte auch ein perfektes Aussehen. Und sie war von Natur aus eher stämmig und leicht pummelig. Wie oft schon hatte die Familie enttäuscht festgestellt, dass sie wohl nach dem Vater schlage und nicht nach der grazilen und elfengleichen Mama.
Ihr war das lange egal gewesen. Doch plötzlich gewann die Figur auch in ihrem Umfeld an Bedeutung. Und dann die immer mahnenden Worte der Mutter, wenn sie in ihren Pfefferminztee mehr als einen Löffel Zucker tun wollte. „Zucker macht dick. Du wirst es bereuen. Sag dann nicht, dass ich dich nicht gewarnt habe!“ In ihr wuchs die Überzeugung heran, nicht mehr geliebt zu werden, wenn sie zu viel wiegen würde. Und tatsächlich: In der Schule erlebte sie, dass in ihrer Kleidergröße 36 bereits als „fette Sau“ beschimpft wurde. Bloß weil sie früh in die Pubertät gekommen war und gleich viel Busen bekommen hatte.
Dann der Schock: Bei der nächsten Klassensprecherwahl wurde sie nur Stellvertreterin. Und ihr Schwarm aus der Nachbarklasse entschied sich nicht für sie, sondern für eine Barbiepuppe mit Topmodel-Figur. Man munkelte, dass diese Barbie Bulimie habe. Doch das machte sie erst recht interessant.
Weinend lag sie abends in ihrem Bett. Warum war sie nicht auch dünner, warum nur musste sie normalgewichtig sein? Normal war doch langweilig, viel zu durchschnittlich.
An diesem Abend fasste sie einen Beschluss: Sie würde abnehmen. Oder besser noch: Magersüchtig werden. Dann würde sie auch etwas Apartes für sich haben.
Sie verringerte langsam und Schritt für Schritt ihre Portionen immer weiter. Irgendwann aß sie nichts mehr in der Schule und ließ sowohl Pausenbrot als auch Müsliriegel in der Mülltonne verschwinden. Anstelle der Trinkpäckchen nahm sie in eine Trinkflasche abgefüllten, ungezuckerten Tee mit. Mittags nahm sie nur kleine Portionen. Die Mutter unterstützte sie noch darin und schien stolz auf ihre Tochter sein. Auf ihre Tochter, die gerade auf dem direkten Weg in die Magersucht war. Als es ein paar Mal mittags nicht das gab, was das Mädchen gerne mochte, ließ es auch diese Mahlzeit ausfallen. Auf diese Weise wurde sie immer weniger. Sie freute sich jedes Mal, wenn sie auf die Waage stieg und diese sie mit einem niedrigeren Gewicht begrüßte. Wieder eine Leistung, wieder tapfer durchgehalten und gehungert und wieder Disziplin gezeigt. Sie freute sich, sich selbst so gut unter Kontrolle zu haben.
Doch irgendwann, ganz schleichend, übernahm eine andere Macht die Kontrolle über ihr ganzes Leben. In ihren Kopf zog die Stimme ein, die Stimme der Magersucht. Von nun sagte ihr diese Stimme, was sie essen durfte und sollte und was nicht. Jede 100 Gramm weniger auf der Waage stellten die Stimme zufrieden. Jede Zunahme führte dazu, dass sie sich verachtete wegen ihrer Disziplinlosigkeit. Ganz tief unten saß in ihr die Angst, jetzt, wo sie über die Stränge geschlagen hatte, nicht genug gehungert und verzichtet hatte, weniger geliebt zu werden. Denn Liebe war etwas, das hatte sie in ihrer Kindheit gelernt, das man nicht einfach hat, sondern sich Tag für Tag erarbeiten muss. Erarbeiten, in dem man Leistung bringt. Erarbeitet, indem man hungert und hart zu sich ist. Das war man den Eltern schuldig: Nach allem, was sie für einen getan hatten, musste man sich dankbar zeigen und funktionieren. Funktionieren – wenn es sein muss bis zum Tod. Sie hatte keine Angst mehr. Denn auf diesem Weg war sie sich zumindest der Liebe der Eltern sicher.

Was Angehörige wissen sollten

Warum ausgerechnet mein Kind? Diese Frage stellen die meisten Eltern, wenn ihr Kind an Magersucht erkrankt. Eine Antwort drauf gibt es nicht. Auch, was die Gründe für die Krankheit sind, ist nicht immer klar festzumachen. Meistens kommen mehrere Bedingungen und Faktoren zusammen, damit sich eine Essstörung entwickelt. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem eine ererbte Veranlagung, Selbstzweifel, ein geringes Selbstwertgefühl und Perfektionismus. Unter bestimmten äußeren Umständen bricht die Krankheit dann aus. Diese äußeren Umstände können belastende Lebensereignisse sein wie ein sexueller Missbrauch, die Trennung der Eltern, ein Umzug oder andauernde negative und verletzende Kommentare wegen des äußeren Erscheinungsbildes.
Gemeinsam haben viele Magersüchtige, dass sie hohe Leistungen von sich erwarten bzw. dass ihnen nahestehende Menschen, vor allem die Eltern und Großeltern, eine hohe Leistungserwartung an sie stellen.
Oft kommen die Betroffenen aus Familien, in denen vor allem äußere Erfolgserlebnisse zählen. Gleichzeitig kann ein großes Maß an Opferbereitschaft vorhanden sein. Meist ist es die Mutter, die sich für die Familie oder Bekannte aufopfert, nie an sich selbst, sondern immer nur an andere denkt. Dadurch wird vorgelebt, dass Verzicht und Aufopferungsbereitschaft lobenswerte und wünschenswerte Eigenschaften sind, oft werden diese auch gerade von den Töchtern erwartet. Bemüht wird nach außen eine perfekte Familie dargestellt. Im Inneren sieht es jedoch ganz anders aus. Anstelle unbedingter Liebe lernt der Nachwuchs nur dann Aufmerksamkeit kennen, wenn er etwas erreicht, Erfolge eingefahren hat. Die Magersucht ist eine weitere Möglichkeit für die jungen Menschen, erfolgreich zu sein mit dem Ziel, im Hinblick auf die Figur dem Ideal der Gesellschaft zu entsprechen. Mit jedem verlorenen Gramm erhalten sie Erfolgserlebnisse. Sie bringen Leistung und erfüllen damit Erwartungen. Das gibt einen Moment der Selbstbestätigung und häufig kommen auch von außen – zumindest in der Anfangsphase – Worte der Anerkennung. Nicht zuletzt haben die Magersüchtigen hier einen Bereich entdeckt, in dem ihnen irgendwann niemand mehr so leicht das Wasser reichen kann. Unter vielen Magersüchtigen tobt gar ein erbitterter Wettstreit darum, wer dünner und leichter ist, wer den niedrigsten BMI hat und am diszipliniertesten hungern kann.
Magersucht kann auch eine Art Rebellion sein. Betroffene stammen dann meistens aus überbehüteten Familien, in denen ihnen von Anfang jeder Stein aus dem Weg geräumt wurde. Sie durften sich selten mal selbst an etwas erproben, sondern bekamen den sichersten und scheinbar besten Weg gleich von der Familie vorgeschrieben. Die Betroffenen wuchsen mit dem Gefühl auf, nichts selbst kontrollieren zu können, sondern lediglich ein verlängerter Arm der Eltern zu sein. Häufig sind davon „Püppchen-Kinder“ betroffen, die von ihren liebenden Eltern in Samt und Watte gepackt wurden. Schlechte Erfahrungen, Probleme, Ärger – all das wollten die Eltern ihren Sprösslingen ersparen. Doch es kommt ein Zeitpunkt, an dem die Heranwachsenden ausbrechen wollen aus diesem goldenen Käfig und sich endlich selbst am Leben versuchen, endlich selbst die Kontrolle übernehmen wollen. Dies steht wiederum im Widerspruch zu dem extremen Harmoniebedürfnis in den Familien, in denen es negative Gefühle, Probleme oder Konflikte nicht geben darf. Ein Ausbruch aus diesen Strukturen scheint unmöglich, ohne nicht undankbar zu erscheinen, da die übergroße Liebe der Eltern damit ein Stück weit zurückgewiesen w...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Einleitung – Hunger nach Leben
  7. 1 Wie alles begann: Von Einstiegsdrogen und Selbstbestimmung
  8. 2 Nährwert, Gewicht und Kalorienverbrauch
  9. 3 Entweder oder: Freunde versus Essstörung
  10. 4 Essstörungen an Festtagen
  11. 5 Essstörungen als Suchterkrankung
  12. 6 Bewegungsdrang: Und jeden Tag ein bisschen länger
  13. 7 Bulimie: Zwischen Toilette, Supermarkt und Bankrott
  14. 8 Lifestyle oder Selbstmord auf Raten: Die Pro-Ana-Problematik
  15. 9 Angst vor Folgeschäden
  16. 10 Essstörungen und Ängste
  17. 11 Bei Gefühlen essen
  18. 12 Warum „Richtig-Esser“ oft falsch liegen
  19. 13 Termin mit der Essattacke
  20. 14 Situationen aus dem Alltag
  21. 15 Tipps aus dem Notfallkoffer
  22. 16 Ablenken? So kann es gehen
  23. 17 Mittendrin und doch nur dabei: Die Rolle von Angehörigen und Freunden
  24. Glossar
  25. Literatur
  26. Adressen und Ansprechpartner für Menschen mit Essstörungen und deren Angehörige (erweitert nach ANAD® e. V.)
  27. Link-Tipps
  28. Beratungstelefone