Problemverhalten und Gewalt im Jugendalter
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Problemverhalten und Gewalt im Jugendalter

Erscheinungsformen, Entstehungsbedingungen, Prävention und Intervention

  1. 364 Seiten
  2. German
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Problemverhalten und Gewalt im Jugendalter

Erscheinungsformen, Entstehungsbedingungen, Prävention und Intervention

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Quellenangaben

Über dieses Buch

Jugendliche sehen sich mit zahlreichen Entwicklungsaufgaben konfrontiert. Neben spezifischen Risiken im Jugendalter erschweren auch Problemlagen aus dem Kindesalter eine Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungsanforderungen. Einige Jugendliche entwickeln in Folge ein Problemverhalten (z. B. Gewalt/Bullying, Happy Slapping, Delinquenz, Substanzmissbrauch, exzessiven Medienkonsum) oder tauchen in extreme Jugendkulturen ein. Autoren aus unterschiedlichen Disziplinen stellen in diesem Band aktuelle Erkenntnisse zu Problemverhaltensweisen, zu deren Entstehung und Folgen sowie zu sinnvollen Möglichkeiten des Umgangs dar.

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Information

Jahr
2008
ISBN
9783170280700

IV Spezifische Problem- und Lebenslagen im Jugendalter

15 Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter

Britta Michaelsen-Gärtner und Peter Paulus
Die zehnjährige Lena geht seit acht Wochen nicht mehr zur Schule. Auch vorher fehlte sie bereits häufiger, weil sie sich krank fühlte und über körperliche Beschwerden, wie Bauchweh, klagte. Lenas Mutter hat immer wieder versucht, ihre Tochter trotz der Verweigerung in die Schule zu bringen – in der Hoffnung, dass sie doch am Unterricht teilnehmen würde, wenn sie erst einmal in der Schule war. Oftmals hat Lenas Mutter den ganzen Vormittag vor der Schulklasse gesessen, damit Lena am Unterricht teilnehmen konnte. Da sich Lenas Gemütslage in den letzten Monaten jedoch so stark verschlechtert hat, dass sie gar nicht mehr zur Schule geht, hat ihre Mutter beschlossen, mit Lena professionelle Hilfe aufzusuchen. Der Spezialist diagnostiziert bei Lena eine sogenannte Schulphobie.

15.1 Problemdarstellung

Das beschriebene Beispiel stellt keinen Einzelfall dar. Zahlreiche Kinder und Jugendliche leiden unter psychischen Auffälligkeiten und Störungen. Oftmals bleiben ihre Probleme und Störungen jedoch über lange Zeit „unentdeckt“, so dass die Kinder und Jugendlichen nicht selten die gesamte Schulzeit ohne Hilfe und Unterstützung durchlaufen. Mit ihrem Slogan „there is no health without mental health“ rückt daher die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die psychische Gesundheit ins Zentrum der Aufmerksamkeit und weist auf die hohe Anzahl psychischer Störungen bereits bei Kindern und Jugendlichen hin. Auch im Rahmen der gesundheitswissenschaftlichen Forschung hat es in jüngster Zeit vermehrt Untersuchungen zur psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen gegeben. So berichtet unter anderem das Robert-Koch-Institut in einer seiner Veröffentlichungen zu den Ergebnissen des bundesweiten Kinder-und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS), dass bei ca. 22 % der Kinder und Jugendlichen Hinweise auf eine psychische Auffälligkeit vorliegen: „Unter den spezifischen psychischen Auffälligkeiten treten Störungen des Sozialverhaltens (10 %), Ängste (7,6 %) und Depressionen (5,4 %) am häufigsten auf“ (Ravens-Sieberer et al., 2006, S. 8). Angesichts dieser nicht unerheblichen Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen in der schulpflichtigen Allgemeinbevölkerung ist es nicht nur wichtig, eine angemessene psychosoziale und gesundheitliche Versorgung sicherzustellen, sondern auch, gezielt ursachenbezogene Prävention zu betreiben. Aber nicht nur für die Heranwachsenden ist eine solche Prävention wichtig, sondern auch im Hinblick auf psychische Auffälligkeiten im Erwachsenenalter, die oftmals in Kindheit und Jugend ihren Ausgang nehmen und damit für hohe Folgekosten im Gesundheitswesen verantwortlich sind.
Die WHO unterstreicht den Bedarf an Prävention, indem sie der Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in ihrem „Aktionsplan für psychische Gesundheit“ breiten Raum einräumt. Die Europäische Kommission hat mit dem sogenannten Grünbuch „Die psychische Gesundheit der Bevölkerung verbessern – Entwicklung einer Strategie für die Förderung der psychischen Gesundheit in der Europäischen Union“ (2005) die Grundlage für Initiativen geschaffen, die auch Kinder, Jugendliche und Schulen mit einschließen. In der Bundesrepublik Deutschland betont die Jugendministerkonferenz in ihrem Bericht „Kinder und Gesundheit – Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Lage“ im Mai 2005 die Bedeutung auch der Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Das vorliegende Kapitel gibt einen Einblick in das Leben und Leiden von Kindern und Jugendlichen, zeigt risikoerhöhende Bedingungen und Ressourcen in ihrer Entwicklung auf und diskutiert verschiedene Möglichkeiten zur Prävention psychischer Störungen und Auffälligkeiten.

15.1.1 Epidemiologie psychischer und emotionaler Störungen im Kindes- und Jugendalter

Ein Vergleich der wichtigsten internationalen Studien der letzten Jahre zeigt eine durchschnittliche Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen von 18 % (Ihle & Esser, 2002). Chronisch treten psychische Störungen durchschnittlich bei etwa 10 % der Kinder und Jugendlichen auf. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Barkmann und Schulte-Markwort (2004) in ihren Untersuchungen. Bei einer Gegenüberstellung von 29 in Deutschland durchgeführten Studien stellten sie eine durchschnittliche Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen von 17,2 % fest. Die aktuellen Ergebnisse des Robert-Koch-Instituts liegen mit 22 % etwas höher als der Durchschnitt (Ravens-Sieberer et al., 2006). Bei einem Vergleich der Geschlechter fällt auf, dass bis zum 13. Lebensjahr psychische Auffälligkeiten häufiger bei Jungen auftreten. Während sich die psychischen Störungen der Jungen auf das Alter der Kindheit oder Schulzeit konzentrieren, treten sie bei Mädchen vorwiegend während der Adoleszenz auf (Kolip, 2002). Dementsprechend wurden depressive Störungen, die bei Jungen häufiger im Schulalter auftreten, im späten Jugendalter und frühen Erwachsenenalter doppelt so häufig bei Mädchen festgestellt. Dies ist durch eine Abnahme internalisierender Störungen bei Jungen und eine gleichzeitige Zunahme bei den Mädchen zu erklären (Ihle & Esser, 2002). Während Jungen ihre Aggressionen eher nach außen wenden, richten Mädchen sie zunehmend gegen sich selbst. Jungen neigen daher eher zu hyperkinetischen Störungen, dissozialen Störungen, Störungen durch Substanzgebrauch sowie monosymptomatischen Störungen, wie Tics (vgl. aber Kap. 7). Bei Mädchen und jungen Frauen treten neben den depressiven Verstimmungen häufiger Essstörungen (vgl. Kap. 12) auf (Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur & Ludwig Boltzmann Institut für Medizin und Gesundheitssoziologie, 2004; Heinemann & Hopf, 2001).

15.1.2 Häufigkeit und Symptome psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter

Das Erscheinungsbild der psychischen Störungen im Kindes-und Jugendalter ist vielfältig. Häufig treten die vorliegenden Störungen auch gleichzeitig (komorbid) auf. So können zum Beispiel bei fast 50 % der Kinder mit dissozialen Störungen gleichzeitig auch hyperkinetische Störungen festgestellt werden. Weiterhin leiden 25 % dieser Kinder gleichzeitig auch an depressiven Störungen. Die häufigsten komorbiden Störungen bei Depression sind Angststörungen (40 %) (Ihle & Esser, 2002). Tabelle 15.1 gibt einen Überblick über die wesentlichen psychischen Krankheitsbilder im Kindes-und Jugendalter, die im Rahmen der „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC)-Studie in Österreich erhoben wurden.
Die Angststörung als häufigste psychische Störung bei Kindern und Jugendlichen zeichnet sich durch häufige und unrealistische Ängste aus, die die normale Lebensführung der Betroffenen stark beeinträchtigen. Oftmals ist sie mit Vermeidungs- oder Fluchtverhalten verbunden. Je nach Alter und Entwicklung treten unterschiedliche typische Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen auf (Steinhausen, 2002). Während im Säuglings-und Kleinkindalter die Trennungsangst dominiert, treten im Vorschulalter und in der mittleren Kindheit häufiger Tierphobien und Dunkelangst auf. Typisch für die mittlere Kindheit und frühe Adoleszenz sind Schulangst und Schulphobien sowie Sozialphobien. Während bei der Schulangst Demütigungen, Ausgrenzungen, Diskriminierungen und das eigene Versagen gefürchtet werden, ist bei der Schulphobie häufig eine panische Trennungsangst ausschlaggebend. Für eine Sozialphobie ist die Furcht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen und sich eventuell blamieren zu können, ursächlich. Während der Adoleszenz treten vermehrt generalisierte Angst-und Panikstörungen sowie Agoraphobien auf (Angst vor Situationen und Orten, bei denen ein Entkommen schwierig oder peinlich wäre). Neben den altersgebundenen Angststörungen können auch altersunabhängige Manifestationen im Kindes-und Jugendalter diagnostiziert werden: Hierzu zählen beispielsweise die Störung mit sozialer Ängstlichkeit oder die Sozialphobie, bei der Kinder und Jugendliche nicht in der Lage sind, altersgemäße Sozialkontakte zu entwickeln. Sie sind Fremden gegen über stets befangen. Der Extremfall einer Störung mit sozialer Ängstlichkeit äußert sich im mutistischen Kind mit Sprechverweigerung.
Dissoziale Störungen drücken sich in wiederholt oder dauerhaft antisozialem Verhalten aus, bei dem Regeln und Normen verletzt und die Rechte anderer beeinträchtigt werden. Betroffene Eltern klagen in erster Linie über fehlenden Gehorsam und Widerstand gegenüber anderen Personen, der sich in Schreien, Schlagen, Hänseln sowie Schuleschwänzen, Stehlen, Lügen, Zerstören und Zündeln äußert. Mit zunehmendem Alter treten oftmals schwerwiegende Symptome, wie Vandalismus, körperliche Auseinandersetzungen auch mit Erwachsenen, Drogenmissbrauch, Einbruch, wiederholte Schulverweise sowie Bandenzugehörigkeit, auf. Störungen des Sozialverhaltens im Kindes-und Jugendalter sind oftmals mit einer Reihe weiterer Störungen verbunden (Steinhausen, 2002). Zu den komorbiden Störungen zählen:
Tab. 15.1: Häufigkeiten und Symptome psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen (in Anlehnung an Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend et al., 2004)
Diagnose
Symptomatik
Häufigkeit
Angststörung
Vermehrtes Schwitzen, trockener Mund, Zittern, Erhöhung der Pulsfrequenz, Verstärkung der Atmung, Angst zu sterben oder „verrückt zu werden“, Vermeidungs- und Fluchtverhalten, psychosomatische Beschwerden.
bei ca. 10 % eines Jahrgangs, häufigste Störung im Kindes- und Jugendalter
Sozialphobie
(Sonderform
der Angststö-
rung)
Deutliche Furcht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten, oder klare Vermeidung der angstauslösenden Situationen. Sie tritt in sozialen Ereignissen auf, wie Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit, Begegnung von Bekannten, Teilnahme an Gruppen oder Festen.
bei ca. 1–4,6 % eines Jahrgangs
Aggressiv-dis-
soziale Störung
Aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren, Betrug, Diebstahl, Zündeln, Vandalismus, Schuleschwänzen und Weglaufen von zu Hause.
bei ca. 5–7 % eines Jahrgangs, überwiegend Jungen
ADHS
Aufgaben nicht zu Ende bringen können, Zerstreutheit,...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. I Einführung
  7. II Facetten gewalttätigen Verhaltens im Jugendalter
  8. III Risikoverhalten im Jugendalter
  9. IV Spezifische Problem- und Lebenslagen im Jugendalter
  10. Liste der Autoren und Herausgeber
  11. Stichwortverzeichnis