Psychotherapie bei Psychosen
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Psychotherapie bei Psychosen

Ein psychiatrisch-psychotherapeutischer Leitfaden zum Verstehen und Behandeln von Menschen mit Psychose

  1. 229 Seiten
  2. German
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Psychotherapie bei Psychosen

Ein psychiatrisch-psychotherapeutischer Leitfaden zum Verstehen und Behandeln von Menschen mit Psychose

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Über dieses Buch

Woher nehme ich die Sicherheit, dass der Patient gegenüber schizophren ist und ich es nicht bin? Was ist überhaupt eine Psychose und wird sie nur medikamentös behandelt?Das Buch richtet sich an angehende oder erfahrene ärztliche und psychologische Therapeuten im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie. Es gibt eine wissenschaftlich fundierte Einführung in die Grundlagen der psychiatrischen Diagnostik und die Entstehung von Psychosen. Es vermittelt integrativ die wichtigsten psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit einer Psychose. Eine Fülle konkreter Beispiele hilft dem Leser, das theoretische Wissen in seine praktische Tätigkeit zu integrieren. Therapeutische Basisverfahren werden insoweit vorgestellt, wie sie für die Behandlung von Psychosen relevant sind. Auch spezielle Themen wie Chronobiologie und biologische Verfahren werden berührt. Die Diskussion alternativer Versorgungsstrukturen öffnet den Blick auf eine sozialpsychiatrische Perspektive.Zusammengefasst, ein Buch fürs Leben. Was die Facetten seelischen Erlebens würdigt und die Lust weckt, Menschen mit Psychose auch psychotherapeutisch zu behandeln.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783170358140

1 Krankheitslehre

1.1 Der psychiatrische Krankheitsbegriff

Woher nehme ich die Sicherheit, dass der Patient mir gegenüber schizophren ist und ich es nicht selbst bin?
Was ist überhaupt eine psychiatrische Erkrankung? Ein objektiver Gegenstand, eine Realdefinition, oder ein begriffliches Konstrukt, d. h. eine Nominaldefinition, oder nur eine individuelle Reaktion, eine Lebensform, also eine biographische Definition?
Das gegenwärtige Krankheitsverständnis gemäß der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) beruht auf den beiden zuletzt genannten Definitionen. Aber unverändert besteht die Vorstellung, dass »Geisteskrankheiten« nicht medizinisch einzuordnen seien, sondern als begründete Verhaltensweisen in einem konkreten sozialen System anzusehen, sprich höchstens moralische Probleme sind (Szasz 2013).
Der Krankheitsbegriff in der Psychiatrie ist durch die ausgeprägte Verschränkung mit dem gesellschaftlichen und politischen Umfeld bestimmt. Diagnosen werden zum Teil stigmatisierend verwandt, was zu Kontroversen und Entwicklung einer »Anti-Psychiatrie«-Haltung führte. Demgegenüber ist eine »Anti-Somatik-Bewegung« in der Bevölkerung wenig vorstellbar. In Japan wird darüber diskutiert, die Schizophrenie in eine Störung der Einheit des Selbst umzubenennen (Umehara et al. 2011), oder als Spektrum zu sehen (Guloksuz und van Os 2018) und darüber den Begriff ganz abzuschaffen. Ist die Schizophrenie überhaupt eine Erkrankung (Read et al. 2004), d. h. gibt es eine Kernerkrankung (Parnas 2011) im Sinne Kraeplins? Von Dr. Knock aus dem Bühnenstück von Jules Romain (Uraufführung 1923) wissen wir, dass einige Erkrankungen nicht bestehen, bis wir sie akzeptieren, wahrnehmen, benennen und behandeln bzw. mit ihnen Geld verdienen (Romain 2001). Vielleicht benötigt es ein neues Verständnis für psychische Erkrankungen (Heinz 2017), soziale Neurowissenschaften, die Symptome erforschen statt Krankheiten? Die klassische Psychopathologie nach Jaspers scheint ausgedient zu haben. Kritikern zu Folge wird sie dem Subjekt nicht gerecht, ist zu vage, nicht ausreichend wissenschaftlich fundiert, trägt zu Pathologisierung und Medikalisierung bei und ist zudem manipulations- und missbrauchsgefährdet.
Das National Institut of Mental Health hat im Jahr 2009 in den Vereinigten Staaten das Research Domain Criteria (RDoc) Projekt gestartet, um Befunde aus der neurobiologischen Forschung mehr zu berücksichtigen und Grundlagenforschung und klinische Forschung wieder stärker zusammenzuführen (Jäger 2015). Dieser neue datengetriebene Ansatz könnte anstelle einer nosologischen Einteilung wie bislang zu einer diagnostisch nutzbaren Clusterung aus integrierenden Daten zu Genetik, Neurobiologie, Hirnaktivität, Immunologie, Verhaltensprozesse und Lebenserfahrungen führen (Insel und Cuthbert 2015; Clementz et al. 2016; Clementz 2016; Strik et al. 2017). Gehirnmorphologische Biomarker können z. B. zwischen einer unipolaren und bipolaren Depression unterscheiden (Redlich et al. 2014) oder zur Vorhersagbarkeit von therapeutischen Verfahren genutzt werden (Redlich et al. 2016; Hahn et al. 2015; 2017; Lueken et al. 2013).
Das menschliche Gehirn ist über Areale organisiert. Diese sind Teile eines großen Netzwerkes mit eigener Dynamik und komplexen Effekten. Die zugehörigen Funktionen lassen sich nicht in psychologische Termini fassen. Einfache Begrifflichkeiten wie Aufmerksamkeit, Emotionen oder Halluzinationen kommen dem Verständnis der Hirnfunktion nicht nahe. Mittlerweile besteht eine deutliche Divergenz zwischen der Grundlagenforschung und der klinischen Psychiatrie, so dass es an der Zeit ist, eine gemeinsame Sprache zu finden. Wir sollten nicht vergessen, dass das Gehirn ein Beziehungsorgan ist (Fuchs 2016). Psychiatrische Diagnostik und Therapie sind somit nicht nur Technik, sondern immer eingebunden in eine Beziehung. Die Psychiatrie ist eine Abschätzung der Behandlungsmöglichkeiten. Der (RDoC)-Ansatz einschließlich einer sozialen Neurowissenschaft stellt eine zukunftsweisende diagnostische Option dar.
Merke
Die Natur kennt keine Sprünge. Der Übergang zwischen pathologisch und physiologisch ist stets fließend. Eine Hirnfunktion ist Netzwerkstruktur und -dynamik, d. h. immer reduktionistisch zu sehen. Psychiatrische Diagnosen sind gegenwärtig begriffliche Konventionen. Die psychiatrische Diagnostik erfordert eine Multiperspektive. In einem wissenschaftlichen Diskurs sollten die Methoden miteinander und nicht gegeneinander reden.

1.2 Definition einer »Psychose«

Der Begriff »Psychose« ist unspezifisch, vergleichbar »Herzkreislaufproblemen« in der somatischen Medizin. Hierunter können sich dann sehr unterschiedliche Krankheitszustände wie Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckentgleisungen oder nur einfache orthostatisch bedingte Synkopen verbergen. Psychose ist eine sehr allgemeine Bezeichnung für viele Formen psychischen Andersseins und psychischer Krankheit, die teils durch erkennbare Organ- oder Gehirnerkrankungen hervorgerufen werden oder deren organische Grundlagen hypothetisch sind (z. B. sog. endogene Psychosen) (Peters 1990). Mit Begründung der Psychoanalyse wurde eine Trennung zur »Neurose« vorgenommen, wobei in einzelnen Fällen die Abgrenzung schwierig sein kann. Als Unterscheidungskriterien dienen Schweregrad der psychischen Auffälligkeiten, z. B. in den USA lange die Notwendigkeit einer stationären Unterbringung, Besonderheiten in der Symptomatik wie bizarre Verhaltensweisen, fehlende Nachvollziehbarkeit des Erlebens, Kommunikationsstörungen oder mangelnde Krankheitseinsicht. In der deutschen Psychiatrie bestand die Vorstellung einer krankhaften hirnorganischen Veränderung als Ursache, welche sich in Zeit- und Verlaufskriterien zur diagnostischen Klassifikation niederschlägt (Dilling et al. 2005).
Insbesondere Wahn, aber auch Halluzinationen und formale Denkstörungen werden oft als Merkmal einer Psychose benannt. Letztendlich können alle psychotischen Ausgestaltungen den Bereichen »Sprache«, »Affekte« und »Motorik« zugeordnet werden, welche als gemeinsame Basis der zwischenmenschlichen Kommunikation dienen. In einer weit gefassten Definition kann eine Psychose als eine Störung der Realitätsbezüge verstanden werden. Der Charme dieser Auslegung besteht in der Annahme eines Kontinuums seelischen Erlebens, von normalen Reaktionsformen des Gehirns zu funktionellen und weiter strukturellen Veränderungen, die gegebenenfalls auch morphologisch als Defekt nachweisbar sind.
Psychotisches Erleben findet sich somit auch bei psychisch gesunden Menschen, z. B. optische Halluzinationen nach Schlafentzug, bei Migräne, Epilepsie, hohem Fieber, Überdosierung gewisser Medikamente, bei Drogenkonsum, oder Depersonalisations- und Derealisationserleben bei Schlaftrunkenheit, Verliebtsein, Liebeskummer, Stress oder auch Deprivation und Reizentzug. Psychotisches Erleben von Gesunden unterscheidet sich nicht grundlegend von dem schizophrener Menschen, auch diese sind in der Lage, Trugwahrnehmungen als irreal zu erkennen. Im Gegensatz zu Gesunden benötigen sie jedoch hierfür Unterstützung.
Psychotisches Erleben kommt weiterhin bei unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen, affektiven, schizophrenen und wahnhaften sowie hirnorganisch bedingten Störungen vor.
Merke
Eine Psychose ist eine Störung der Realitätsbezüge. Psychotisches Erleben ist eine relativ eingeschränkte, unspezifische Reaktionsform des Gehirns auf unterschiedliche innere oder äußere Reize. Psychotisches Erleben findet sich auch bei Gesunden.

1.3 Entstehung von Psychosen und psychotischer Symptome

Unter einer Psychose werden diagnostisch heterogene Störungsbilder verstanden. Der Psychose-Begriff findet zumeist Anwendung für das Auftreten von Halluzinationen und Wahn, mitunter werden auch Ich-Störungen und formale Denkstörungen umfasst. Die ätiopathogenetischen Grundlagen sind unklar, es wird aber von einem Zusammenwirken organischer Krankheitsursachen mit psychosozialen Faktoren ausgegangen. Die Gewichtung, mehr zu einem neurobiologischen oder psychosozialen Pol hin, ist nicht nur akademischer Natur, sondern beschreibt unterschiedliche Erkrankungen mit unterschiedlichen Anforderungen an den Therapeuten. Mit fließendem Übergang lassen sich organisch/hirnorganisch bedingte Psychosen, strukturbedingte Psychosen, konfliktbedingte Psychosen, reaktivbedingte und traumabedingte Psychosen abgrenzen. Die Plastizität des Gehirns beinhaltet nicht nur, dass bestehende Defizite teilweise von anderen Hirnregionen abgedeckt werden können, sondern auch, dass durch eine gezielte Beeinflussung selbst strukturelle Veränderungen möglich sind.
Für die schizophrenen, die schizoaffektiven und die bipolar affektiven Störungen ist eine genetische Beteiligung bekannt (Glessner et al. 2017; Charney et al. 2017; Schizophrenia Working Group of the Psychiatric Genomics Consortium 2014). Obwohl mittlerweile eine Vielzahl von Risikogenen identifiziert werden konnte, haben einzelne Gene nur einen geringen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko. Die hohe Heritabilität ist somit nicht hinreichend, eine solche Erkrankung zu entwickeln. Verschiedene Umweltfaktoren sind vermutlich ebenfalls von Bedeutung. Möglicherweise verändern sie durch DNA-Methylisierung (Montano et al. 2016) und Histonacetylierung die Ableserate der beteiligten Gene. Die abgeänderte epigenetische Regulation könnte eine Modifikation der neuronalen Entwicklung und darüber auch der Neurotransmission verursachen. Das Auftreten psychopathologischer Symptome wäre letztendlich die Konsequenz (Buchholz et al. 2013).
Daneben könnten Umweltfaktoren über hormonelle, entzündliche, immunologische oder neurotoxische Prozesse direkt die Hirnentwicklung und damit auch die neuronale Informationsverarbeitung beeinflussen. So ist bei Patienten mit einer Schizophrenie oder anderen Psychosen eine Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) als Folge von chronischem Stress, Cannabiskonsum oder im Rahmen entzündlicher Reaktionen bekannt (Walker et al. 2013). Eine Dysregulation des Immunsystems und oxidativer Stress scheinen ebenfalls pathophysiologisch bedeutsam zu sein (Haller et al. 2014; Goldsmith et al. 2016; Jordan et al. 2016; Black et al. 2015; Flatow et al. 2013; Michel et al. 2012; Miller et al. 2011; Palta et al. 2014; Popa-Wagner et al. 2013), weiterhin besteht zumindest für eine Untergruppe von Patienten ein Zusammenhang mit Antikörpern gegen den N-Methyl-D-Aspartat glutamatergen Rezeptor (NMDA-Rezeptor) (Steiner et al. 2013; Kovac et al. 2018).
Zahlreiche hirnmorphologische und -funktionelle Veränderungen sind mittlerweile für Psychosen bei schizophrenen, schizoaffektiven und bipolaren Patienten beschrieben (Andreasen et al. 2008; Lefort-Besnard et al. 2018; Pezzoli et al. 2018; Walton et al. 2018; 2017; Altamura et al. 2017; Eggins et al. 2018; Wise et al. 2017). Es benötigt jedoch die Analyse großer Datensätze, um Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, was sicherlich auch am gegenwärtigen Klassifikationssystem und der Heterogenität der DSM- oder ICD-Diagnosen liegt.
Die Identifikation klar unterscheidbarer »Biotype für Psychose« mit Hilfe ZNS-basierter Biomarker gibt Aufschluss darüber, dass mehrere pathophysiologische Wege zur Manifestation einer klinisch ähnlichen Psychose führen können (Clementz et al. 2016).
Möglicherweise ist der Einfluss ungünstiger Umweltfaktoren umso größer, je früher sie in der Entwicklung auftreten. Für Geburts- und Schwangerschaftskomplikationen, Viruserkrankungen und Mangelernährung der Mutter während der Schwangerschaft, aber auch körperlichen und psychischen Störungen in der frühkindlichen Entwicklung sowie psychosozialen Belastungen in der Kindheit konnte ein erhöhtes Risiko gefunden werden (Belbasis et al. 2018; Dean und Murray 2005; Mäki et al. 2005). Es ist davon auszugehen, dass die negative frühkindliche Einwirkung zu funktionellen Störungen führen kann und auch mit diskreten Hirnschädigungen einhergeht. Die Auswirkungen tragen zu einer gestörten neuronalen Entwicklung bei, die dann mit der Hirnreifung in der Adoleszenz offensichtlich wird. Da belastende Lebensumstände aus der frühen Kindheit oft bis in das Erwachsenenalter reichen, stellen sie eine Potenzierung einer möglichen Fehlentwicklung der Persönlichkeit dar, wobei es dann zu einer wechselseitigen Beeinflussung kommen kann. Oder Traumata wie sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt oder schwere Vernachlässigung in der Kindheit verändern selbst die Epigenetik, wie am Beispiel der Regulation des Glukokortikoidrezeptors gezeigt werden konnte (McGowan et al. 2009).
Hieraus leitet sich die Notwendigkeit ab, nicht nur ausreichend psychosoziale Unterstützungsangebote für werdende Eltern vorzuhalten, sondern auch präventiv wirksam zu intervenieren, insbesondere wenn diese selbst psychisch erkrankt sind (Jordan et al. 2012; Jordan 2018). Unabhängige Risikofaktoren in der Adoleszenz oder dem frühen Erwachsenenalter scheinen im Wesentlichen durch einen Missbrauch von Stimulantien und Cannabis begründet (Belbasis et al. 2018), wahrscheinlich über eine Sensibilisierung des dopaminergen Systems (Dean und Murray 2005; Mäki et al. 2005).
Die Dichotomie der Schizophrenie zeigt, dass es unterschiedliche Phänotypen des Verlaufs gibt (Craddock und Owen 2010). Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass viele Verbindungen zwischen kindlichen Traumatisierungen und der Entwicklung einer Psychose bestehen (Hardy et al. 2016; Isvoranu et al. 2017), insbesondere affektive mit Angst als dem wesentlichen Bestandteil, aber auch Impulskontrollstörungen und körperliche Retardierung scheinen von Bedeutung zu sein und stehen in Beziehung zu anderen psychopathologischen Symptomen. Sexueller Missbrauch in der Kindheit könnte das Risiko für akustische Halluzinationen erhöhen, wohingegen ein emotionaler Missbrauch in Zusammenhang mit der Entwicklung von Wahnvorstellungen gesehen wird (Hardy et al. 2016).
Vom psychosozialen Pol aus betrachtet liegt die Ätiologie psychogener, auch psychotischer Störungen in ungünstigen Umwelteinflüssen, die nicht bewältigt werden können. Sie treffen auf eine gesunde Persönlichkeit oder auf jemanden mit unterschiedlich ausgeprägten strukturellen Einschränkungen, d. h. einer verminderten Bewältigungsfähigkeit.
Auch im gesunden Leben finden sich reaktive Störungen. Sie treten als Reaktionen auf übermäßige Belastungen auf, wobei bei dem Betroffenen keine besondere Disposition besteht. Psychosen sind bei reaktiven Störungen selten und zumeist nur kurz andauernd, können aber durchaus vorkommen.
Posttraumatische Belastungsstörungen entstehen durch einmalige oder anhaltende Traumatisierungen in verschiedenen Lebensabschnitten. Anhaltende frühe Traumatisierungen sind als ungünstiger für die Entwicklung einer Psychose anzusehen.
In der psychoanalytischen Lehre wird zwischen Konflikt und Struktur unterschieden. Konflikte bezeichnen unlösbare Gegensätze widersprüchlicher Motivationen. Misslungene Konfliktlösungen stellen ein Risiko für die Entstehung einer Konfliktpathologie dar (Ermann 2016). Konfliktstörungen beruhen auf fixierten, unbewussten Konflikten, die ihren Ursprung in der Kindheitsentwicklung nehmen. Psychotisches Erleben ist eher selten, allenfalls passager, eingebunden z. B. in eine narzisstische oder depressive Persönlichkeitsstörung.
Unter einer Struktur wird ein überdauerndes Muster, mit denen der Mensch sich zu sich selbst und seinen Objekten in Beziehung setzt, verstanden. Sie äußert sich in basalen Fähigkeiten wie der Regulation von Beziehungen, Affekten, Impulsen und im Selbstwertgefühl (Ermann 2016). Strukturstörungen liegt eine Entwicklungspathologie zugrunde, die durch Mangelerfahrungen in den vulnerablen Phasen der frühkindlichen Entwicklung be...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1 Krankheitslehre
  7. 2 Diagnostik
  8. 3 Krankheitsbilder und Behandlung
  9. 4 Therapeutische Basisverfahren
  10. 5 Alternative Versorgungsmodelle
  11. 6 Vom Leben – Der Schattengänger
  12. 7 Literatur
  13. Stichwortverzeichnis