Negative Affekte in der Psychotherapie
eBook - ePub

Negative Affekte in der Psychotherapie

  1. 87 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Negative Affekte in der Psychotherapie

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Scham, Wut, Neid...: Psychische Störungen sind immer eng mit negativen Affekten verknüpft. Daher spielen solche Gefühle - sowohl auf Seiten der Patienten als auch der Therapeuten - eine besondere Rolle in jeder Psychotherapie.Der Autor beschreibt in diesem Band ein integratives Rahmenmodell zum Verständnis psychischer Störungen. Ausgehend davon erläutert er kenntnisreich typische Manifestationen von Kern-Affekten in der Psychotherapie sowie deren Diagnostik und illustriert anhand von ausführlichen Fallbeispielen den Umgang damit. Den Abschluss bildet ein Blick in die Psychotherapieprozessforschung, der die Bedeutung der Arbeit an negativen Affekten hervorhebt.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Negative Affekte in der Psychotherapie von Cord Benecke, Michael Ermann im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Psychologie & Psychanalyse. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2018
ISBN
9783170351400
Auflage
1

1. Vorlesung
Motive, Affekte und ein Schichtenmodell

Emotionen und Prozessen der Emotionsregulation wird eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen zugeschrieben1. Entsprechend finden diese Prozesse mittlerweile in allen Psychotherapie-Verfahren besondere Beachtung2. Emotionale Prozesse hängen auf das Engste mit motivationalen Prozessen zusammen. Eine ausführliche Darstellung der psychologischen sowie der modernen psychoanalytischen Theorien zu Motivation und Emotion findet sich in Benecke und Brauner3.

Motive und Affekte

Freud betrachtete Emotionen, Affekte, Gefühle anfangs im Wesentlichen als von den Trieben abgeleitete Größen (»Triebabkömmlinge«). Später gestand er den Affekten, insbesondere der Angst, einen von den Trieben unabhängigen Status zu4: Die Angst dient dem Ich nun als Signal zur Mobilisierung von Abwehrmechanismen. Aus dieser Konzeption wurde das sogenannte Konflikt-Dreieck abgeleitet:
Images
Abb. 1: Konflikt-Dreieck
Hier haben die Affekte bedeutsame Funktionen innerhalb der unbewussten Dynamik. Entsprechend spielten unbewusste »Gefühle« (z. B. unbewusste Schuldgefühle, unbewusste Aggression, unbewusster Neid usw.) von je her eine große Rolle in den psychoanalytisch-psychodynamischen Störungstheorien und Behandlungskonzepten.
Die psychodynamische Perspektive geht davon aus, dass auch ein Großteil der Emotionsregulierungsprozesse unbewusst abläuft, indem mit der Aktivierung unbewusster Affekte automatisch Abwehrprozesse einsetzen5.
Weder unter psychologischer noch unter psychoanalytischer Perspektive sind emotionale Prozesse ohne Rekurs auf eine Motivationstheorie zu verstehen6. Die engen Verbindungen zwischen Motiven und Emotionen findet sich z. B. dergestalt, dass:
1. Motive im Kern aus bestimmten emotionalen Zielzuständen bestehen;
2. bei einer Diskrepanz zwischen aktueller Situationsbewertung und aktuell vorherrschendem Motiv andere, meist negative Emotionen ausgelöst werden;
3. Emotionen zu bestimmten Handlungen motivieren, Emotionen gewissermaßen »Handlungsempfehlungen« geben;
4. Emotionen durch (motiv-dienliche) Handlungen reguliert werden können.
Es besteht kein abschließender Konsens darüber, welche basalen Motivsysteme beim Menschen anzunehmen sind. Die verschiedenen Motiv-Listen7 zeigen zwar Überschneidungen, aber eben auch Unterschiede. Zu den basalen Motiven oder Grundbedürfnissen können aber wohl folgende gezählt werden8:
• Bedürfnis nach Bindung: eine primäre objektsuchende Motivation, Suche nach Bezogenheit der Liebe und Bindung9
• Bedürfnis nach Sicherheit: Das Sicherheitsprinzip wird von Sandler10 als wesentlich erachtet, es stehe über dem Lustprinzip und sorge dafür, dass als gefährlich erachtete Triebimpulse unter Kontrolle gebracht werden.
• Das Streben nach Autonomie bzw. Individuation wird ebenfalls als ein zentrales Motiv angenommen11.
• Bedürfnis nach Selbstbehauptung und Exploration12.
• Bedürfnis nach sinnlichem Vergnügen und sexueller Erregung13.
• Kohut14 stellte den Selbstwert bzw. dessen Regulation ins Zentrum seiner Theorie15.
• Dem Streben nach Bildung einer Identität wird eine starke, spezifisch menschliche motivationale Komponente zugesprochen16.
Aus einer neurobiologischen Perspektive postuliert Panksepp sieben sogenannte affektive Instinktsysteme17:
1. SEEKING: aufregende, euphorische Antizipation beim objektlosen Streben,
2. RAGE: durch Frustration ausgelöste Zustände von Wut/Hass oder Eifersucht,
3. FEAR: automatische »Fight, flight, freeze«-Reaktionen auf bedrohlichen Stimulus,
4. PANIC/GRIEF: durch Zurückweisung/Einsamkeit ausgelöster psychischer Schmerz
5. LUST: physisch-sexuelles Begehren,
6. CARE: Fürsorge-Verhalten, besonders gegenüber eigenem Nachwuchs,
7. PLAY: angeborenes Bedürfnis nach »Raufen und Balgen«, aber auch Lachen.
Eine systematische Integration unterschiedlicher Ansätze zur Beschreibung basaler menschlicher Motiv-Systeme und deren Verbindung zu affektiven Prozessen steht bisher aus18.
Im Kern gehen psychoanalytische Modelle davon aus, dass sich auf der Basis (meist früher) Beziehungserfahrungen sogenannte Repräsentanzen bilden. Diese Repräsentanzen vom Selbst (Selbstrepräsentanzen) und von bedeutsamen Anderen (Objektrepräsentanzen) sowie die zwischen Selbst und Objekt erwartbaren affektiven Interaktionen stellen Verdichtungen der frühen affektiven Erfahrungen dar, spiegeln aber nicht notwendigerweise die vergangenen Realerfahrungen wider, da sie im psychoanalytischen Verständnis schon unter dem Einfluss von Abwehrprozessen gebildet werden19. Die psychischen Repräsentanzen sind also schon durch psychische Prozesse veränderte Niederschläge realer Erfahrungen. Gleichwohl fungieren sie als eine Art unbewusster Schablonen, die in Alltagssituationen aktiviert werden.
Im Idealfall macht ein Mensch im Laufe seines Lebens die unterschiedlichsten emotionalen Erfahrungen, auch negative: Erfahrungen von Angst, Trauer, Hilflosigkeit, Scham, Schuld, die aber gleichzeitig mit der Erfahrung verbunden sind, dass diese Zustände auch reguliert werden können (anfangs mit Hilfe der Betreuungsperson, später zunehmend durch eigene psychische Regulierungsfähigkeiten). Das wäre die Voraussetzung dafür, dass von diesen Emotionszuständen, auch den sehr negativen, eine bewusste psychische Repräsentanz entwickelt werden kann und diese Zustände nicht abgewehrt werden müssen. Sind diese Emotionszustände aber wiederholt mit der Erfahrung verbunden, dass sie nicht reguliert werden können, dass es keine Möglichkeit gibt, aus Zuständen von Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit usw. wieder herauszukommen, dann entwickeln wir über kurz oder lang Strategien, um ja nicht mehr in diese Zustände zu geraten, Strategien, diese Zustände zu vermeiden, um jeden Preis. Diese als unbewältigbar erlebten Affektzustände sind wiederum üblicherweise mit spezifischen Selbst- und Objektrepräsentanzen verknüpft, deren Aktivierung ebenfalls vermieden werden muss. Dies wird in dem Begriff der Emotionsdynamik20 deutlich: Emotionen sind die eigentlichen »Beweger« im psychischen System. Ein Großteil psychischer Aktivität dient der Regulierung von (im Wesentlichen unbewussten) Affekten, die den Kern der meist...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung
  6. 1. Vorlesung Motive, Affekte und ein Schichtenmodell
  7. 2. Vorlesung Emotionsdiagnostik und Behandlungsimplikationen
  8. 3. Vorlesung Frau A.: »Analyse ist die Hölle«
  9. 4. Vorlesung Frau D. und das »namenlose Mädchen«
  10. 5. Vorlesung Reflexion der Fälle, Forschungsbefunde und ein Fazit
  11. Literatur
  12. Stichwortverzeichnis
  13. Personenverzeichnis