Neoinstitutionalistische Organisationstheorie
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Neoinstitutionalistische Organisationstheorie

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Neoinstitutionalistische Organisationstheorie

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Über dieses Buch

Originating from the American organisational studies the neoinstitutionalist organisational theory is one of the foremost organisational theories. At the centre of this approach lies social embeddedness of Organisations as well as the important role of the social and cultural environment for the legitimacy of organisational structures and practices of management.The book gives a comprehensive introduction to the basics of neoinstitutionalist organisational theory. Results of the empirical research as well as conceptual developments of the approach are introduced and discussed. Using contemporary problems the varying positions within neoinstitutionalism, potential links to other organisational theories and the range of possible research methods are pointed out and discussed.

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Information

Jahr
2007
ISBN
9783170270022

1 Einleitung

In diesem Kapitel werden wir zunächst die grundlegende Perspektive und die zentralen Fragestellungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie vorstellen, um anschließend das Organisationsverständnis der Theorie zu skizzieren. Dieser ersten Annäherung folgt ein Überblick über den weiteren Aufbau des vorliegenden Buchs. In einem letzten Unterkapitel werden wir kurz ausführen, an wen wir uns mit diesem Buch wenden.

1.1 Die Perspektive und die Fragestellungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie

Die Umwelt von Organisationen besteht aus institutionalisierten Erwartungsstrukturen, die die Ausgestaltung von Organisationen nachhaltig prägen. So lässt sich das Kernargument der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie zusammenfassen.
Die neoinstitutionalistische Organisationstheorie zählt heute zu den international führenden Organisationstheorien. In Nordamerika wird sie neben dem Organizational-Ecology-Ansatz, in den zunehmend auch neoinstitutionalistische Argumentationsketten integriert werden, sogar als die führende Organisationstheorie betrachtet (Mizruchi/Fein 1999). Sie greift wesentliche Konzepte älterer Organisationstheorien auf, verändert deren Betrachtungswinkel aber häufig in fundamentaler Hinsicht.
Insbesondere die grundlegenden Arbeiten, die Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre veröffentlicht wurden (Meyer/Rowan 1977; Zucker 1977; DiMaggio/Powell 1983), stehen im Zeichen der Auseinandersetzung mit dem Kontingenzansatz, vor dessen Hintergrund die frühen Argumente formuliert wurden. In dieser Hinsicht baut die neoinstitutionalistische Organisationstheorie auf die Theorieentwicklung im Rahmen des Kontingenzansatzes in der Organisationsforschung in den 1960er und 1970er Jahren auf (Scott 2001; Schreyögg 2003; Wilkens/Lang/Winkler 2003). Auch im Rahmen der kontingenztheoretischen Forschung wurden Organisationen als offene Systeme betrachtet, deren Ausgestaltung wesentlich durch die sie umgebende Umwelt geprägt wird (s. für einen Überblick zur Kontingenztheorie Kieser 2006a). Der Neoinstitutionalismus greift zudem Argumentationsfiguren des so genannten alten Institutionalismus auf, der insbesondere in den USA in den 1950er und 1960er Jahren eine große Bedeutung in der Organisationsforschung hatte (s. v. a. Selznick 1949, 1957), und nimmt durch die Fundierung in der Wissenssoziologie von Berger und Luckmann (1967) zudem Bezug auf europäische institutionalistische Traditionen, die jedoch im Zuge der Etablierung der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie im nordamerikanischen Raum zunehmend in den Hintergrund rückten. Zugleich aber setzt sie sich deutlich von den beiden zuerst genannten Theorien in der Organisationsforschung ab. Diese Abgrenzungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie können wie folgt skizziert werden:
(1) Abgrenzung gegenüber dem »alten« Institutionalismus: Der »alte« Institutionalismus richtet die Aufmerksamkeit auf formale und informale Handlungen, Muster der Einflussnahme sowie auf Koalitionsbildungen zwischen Akteuren in Organisationen, während der Neoinstitutionalismus die Auswirkungen institutionalisierter Regeln und Erwartungen in der Umwelt auf die Ausgestaltung von Organisationen thematisiert. Während im alten Institutionalismus insbesondere normative Dimensionen von Institutionen betrachtet wurden, sind es nun vor allem die kognitiven Dimensionen von Institutionen, z. B. die unhinterfragten Selbstverständlichkeiten des Alltags, die als Einflussgrößen thematisiert werden. Zudem wird im alten Institutionalismus der Fokus auf einzelne Organisationen gerichtet, während es in der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie in erster Linie organisationale Felder (Gruppen von Organisationen) sind, die im Zentrum der Betrachtung stehen. Insgesamt geht es hier aber im Wesentlichen um unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und nicht um grundlegende Divergenzen, und die Unterscheidung in einen alten und einen neuen Institutionalismus besitzt längst nicht mehr jene Bedeutung, die sie zum Zeitpunkt der Formulierung der grundlegenden Beiträge des Neoinstitutionalismus innehatte. Durch die Schwerpunktsetzung auf Interessen, Konflikte und Macht, die sich in der jüngeren neoinstitutionalistischen Organisationsforschung zeigt, ist die Auseinandersetzung mit den Arbeiten der so genannten alten Institutionalisten im Übrigen wieder intensiver geworden (zum Verhältnis des alten und neuen Institutionalismus s. z. B. DiMaggio/Powell 1991; Scott/Christensen 1995a; Greenwood/Hinings 1996; Selznick 1996; Hirsch/Lounsbury 1997; Stinchcombe 1997).
(2) Abgrenzung gegenüber dem Kontingenzansatz: Anders als der in den 1960er und 1970er Jahren dominierende Kontingenzansatz (s. z. B. Donaldson 2001) richtet die neoinstitutionalistische Organisationstheorie ihr Augenmerk nicht primär auf die technische, d. h. die aufgabenbezogene Umwelt von Organisationen, sondern auf die kulturelle oder institutionelle Umwelt. Mit diesem Wechsel der betrachteten und als maßgeblich erachteten Aspekte der Umwelt verändert sich zugleich jener Faktor, der als bestimmend für den Fortbestand von Organisationen angesehen wird. Wurde in der Kontingenztheorie argumentiert, dass die Effizienz der Arbeits- und Tauschprozesse das Überleben einer Organisation sicherstellt, behauptet die neoinstitutionalistische Organisationstheorie, dass das Überleben einer Organisation in erster Linie von deren Legitimität abhängt. Legitimität wird dabei jedoch nicht als eine spezielle Ressource verstanden, die ebenso wie andere Ressourcen in (ökonomischen) Transaktionsbeziehungen eingesetzt werden kann, sondern als eine notwendige Bedingung, in der sich die Übereinstimmung der Organisation mit gesellschaftlich geteilten Werten, normativen Erwartungen sowie mit allgemeinen Regeln und Gesetzen widerspiegelt. Kurz – um es in den Begriffen von Max Weber (1972) zu sagen – die neoinstitutionalistische Organisationstheorie verschiebt den Fokus von Zweck- auf Wertrationalität und »Selbstverständlichkeiten« oder – in den Begriffen von March (1981; s. auch Townley 2002) – von einer »logic of instrumentalism« zu einer »logic of appropriateness« (March/Olsen 1989).
Der vor dem Hintergrund dieses – in gewisser Hinsicht durchaus als radikal zu bezeichnenden – Perspektivenwechsels auch aus Sicht führender Neoinstitutionalisten überraschende internationale Erfolg (Scott 1995) der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie manifestiert sich nicht nur in der Vielzahl der in bedeutenden internationalen Fachzeitschriften veröffentlichten Studien und der Häufigkeit, mit der die grundlegenden Arbeiten in der internationalen Organisations- und Managementforschung zitiert werden, sondern auch darin, dass verstärkt versucht wird, neoinstitutionalistische Argumente in andere Organisationstheorien zu integrieren bzw. die neoinstitutionalistische Organisationstheorie mit anderen Theorien zu kombinieren (wir werden auf diese Verknüpfungen im weiteren Verlauf unserer Ausführungen detaillierter eingehen; s. insb. Kap. 6). Auch im deutschsprachigen Raum findet die neoinstitutionalistische Organisationstheorie insbesondere seit Mitte der 1990er Jahre erheblichen Anklang (s. exemplarisch Türk 1989; 2000; Ortmann/Windeler/Becker/Schulz 1990; Faust 1992; Faust/Bahnmüller 1996; Vollmer 1996; Walgenbach 1998a, 1998b, 2000a, 2002, 2006a; Walgenbach/Beck 2003; Fallgatter 1999; Hasse/Krücken 1996, 2005a; Ortmann/Zimmer 1998; Bresser/Millonig 2003; Wilkens/Lang/Winkler 2003; Wolf 2003; Bresser/Dunbar/Millonig 2004; Meyer, R.E. 2004; Bühner/Stiller/Tuschke 2004; Brandl 2005; Scherm/Pietsch 2005; Muth/Süß 2006; Hellmann/Senge 2006).
Der große Erfolg der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie ist auf der einen Seite deshalb erstaunlich, weil sie zunächst auf erhebliche Widerstände und Kritik stieß (z. B. Perrow 1986). Der Widerstand war nicht zuletzt auf die vor wenigen Jahren und zum Teil auch heute noch als provokativ empfundenen Forschungsfragen zurückzuführen, die viele Grundannahmen und »Selbstverständlichkeiten« in der Organisationswissenschaft infrage stellten bzw. immer noch stellen. Diese Forschungsfragen werden von Scott (2001: XIX f.) wie folgt zusammengefasst:
»Why do organizations of the same type, such as schools and hospitals, located in widely scattered locales, so closely resemble one another?
Institutions of various sorts have existed for thousand of years. What specific types of institutions are associated with the rise of organizations?
How are we to regard behavior in organizational settings? Does it reflect the pursuit of rational interests and the exercise of conscious choice, or is behavior primarily shaped by conventions, routines, and habits?
Why is it that the behavior of organizational participants is often to depart from the formal rules and stated goals of the organization?
Why is it, if formal rules are largely ignored, that resources and energy are expended to maintain them?
Why and how do laws, rules, and other types of regulative and normative systems arise? Do individuals voluntarily construct rule systems that then bind their own behavior?
Where do interests come from? Do they stem from human nature, or are they culturally constructed?
Why do specific structures and practices diffuse through a field of organizations in ways not predicted by the particular characteristics of adopting organizations?
How do differences in cultural beliefs shape the nature and operations of organizations?
Why do organizations and individuals conform to institutions? Is it because they are rewarded for doing so, because they think they are morally obliged to obey, or because they can conceive of no other way of behaving?
What processes relate institutions to organizations? What vehicles or carriers transmit institutional messages to organizations, and how do organizational actions and reactions affect institutions?
If institutions work to promote stability and order, how does change occur? If institutions control and constitute individuals, how can individuals hope to alter the systems in which they are embedded?«
Auf der anderen Seite aber ist der Erfolg durchaus nachvollziehbar, da es die Vertreter/innen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie verstanden haben, die Theorie kontinuierlich zu entwickeln und auf immer neue Fragestellungen anzuwenden. Die Entwicklungsfähigkeit und Flexibilität der Theorie wird schon allein durch den Vergleich der oben skizzierten Fragestellungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie in der ersten und zweiten Auflage des Überblickswerks von Scott (1995: XIII f. und 2001: XIX f.) deutlich. Gleichzeitig erweist sich aber gerade diese Flexibilität und Offenheit immer mehr auch als Gegenstand der Kritik: Dem Neoinstitutionalismus wird vorgeworfen, keinen kohärenten konzeptionellen Rahmen zu besitzen, seine eigenen Kernaussagen zu vernachlässigen und allzu großzügig – d. h. ohne genaue Analyse der wissenschaftstheoretischen Grundannahmen – auf Konzepte aus anderen Theorietraditionen zurückzugreifen. Nach »Jugend« (Scott 1987) und »Erwachsenenstatus« (Scott i. Dr.) wird nunmehr vielfach die Frage diskutiert, ob der Neoinstitutionalismus nun »past its sell date« ist.
In diesem Buch wollen wir die grundlegenden Argumentationsfiguren sowie die Weiterentwicklungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie darstellen und kritisch würdigen. Wir wollen den Lesern/innen zudem einen Überblick über die inzwischen sehr umfangreiche Literatur zur neoinstitutionalistischen Organisationstheorie geben und damit zugleich die Einordnung dieser Literatur erleichtern. Dazu dienen auch die spezifischen Literaturhinweise, die wir jeweils am Ende eines Kapitels geben werden. Um die Theorie jedoch insbesondere in den Kapiteln 2 bis 5 ausführlich darstellen zu können, ist es erforderlich, zunächst das Organisationsverständnis der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie detaillierter darzulegen.

1.2 Das Organisationsverständnis in der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie

Formale Organisation durchdringt zunehmend und weltweit alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Es gibt kaum Aktivitäten, die wir uns losgelöst von jeglichen Organisationen vorstellen können – die Welt, in der wir leben, ist eine Organisationsgesellschaft (Perrow 1991; Jäger/Schimank 2005).
In den meisten Organisationstheorien und auch im Alltagsverständnis wird Organisation als Mittel betrachtet, um ein oder mehrere vorgegebene Ziele in technisch effizienter Weise zu erreichen. In diesem Sinne herrscht eine funktionalistische Sichtweise auf Organisationen, Organisieren, Organisations- und Managementpraktiken vor, die zunächst auch durchaus plausibel erscheint: Von Menschen geschaffene Dinge (Artefakte) dienen Zwecken und sind insofern rational, d. h. zweckmäßig, in dem sie zur Erreichung der übergeordneten Ziele beitragen. Wenn sie es nicht oder nicht mehr tun, werden die Mittel aufgegeben. Die Organisation wird aufgelöst, alte Organisationsstrukturen werden in neue überführt, Managementpraktiken werden aufgegeben und durch neue und zweckmäßigere ersetzt.
Ohne sich Organisationen im Besonderen zu widmen, wurde Max Weber zum »Grandseigneur der Organisationsforschung«. Insbesondere sein Bürokratiemodell hat Generationen von Organisationswissenschaftlern und Organisationstheorien inspiriert und geprägt – selbstverständlich auch den Neoinstitutionalismus, wiewohl dieser vorrangig auf ein von der Organisationsforschung ansonsten weit weniger beachtetes Argument Webers – jenes der fortschreitenden Rationalisierung – Bezug nimmt.
Auch das Bürokratiemodell von Max Weber (1972), auf dem das Organisationsverständnis der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie aufbaut, basiert grundsätzlich auf einer technisch-funktionalistischen Interpretation von Organisation. Allerdings geht die neoinstitutionalistische Organisationstheorie in wesentlichen Aspekten über das Modell von Weber hinaus, weil sich moderne Organisationen nicht bzw. nicht mehr angemessen mit dem Idealtypus der Bürokratie beschreiben lassen (Drori/Meyer/Hwang 2006).
Bürokratie bedeutet nach Max Weber (1972) eine Form der legalen Herrschaft, die auf dem Glauben an die Legitimität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft berufenen Amtsträger beruht (eine kurze Zusammenfassung des Bürokratiemodells von Max Weber findet sich in Kieser 2006b). In ihr sieht Weber eine Form der Verwaltung, die anderen deutlich überlegen ist. Kennzeichen der Bürokratie sind »Präzision, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Aktenkundigkeit, Kontinuierlichkeit, Diskretion, Einheitlichkeit, straffe Unterordnung, Ersparnisse an Reibungen, sachlichen und persönlichen Kosten« (Weber 1972: 561 f.). In der Bürokratie – die in Webers Kennzeichnung einen Idealtypus, d. h. keine Beschreibung der Realität, sondern eine Übersteigerung derselben darstellt, um das »Wesen« der Bürokratie deutlicher hervortreten zu lassen – besteht Arbeitsteilung. Jeder Beamte – auch angestellte Manager in Unternehmungen werden von Weber als Beamte bezeichnet, weil sie dies in dieser Zeit oftmals zuvor waren und auch in den Unternehmungen so bezeichnet wurden – hat festgelegte Verantwortungsbereiche und Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse, die personenunabhängig und generell festgelegt werden. Es werden nur Personen eingestellt, die aufgrund ihrer Ausbildung befähigt sind, das vorgegebene Aufgabenfeld zu übernehmen. In der Bürokratie gibt es eine Amtshierarchie, d. h. ein festes System von Über- und Unterordnung. Die Amtsführung erfolgt nach festgelegten Regeln und die Aufgabenerfüllung beruht auf Schriftlichkeit (Akten). Die Beamten sind auf formalen Gehorsam festgelegt, was den Einzelnen dazu veranlasst, zu handeln, »als ob er den Inhalt des Befehls um dessen selbst willen zur Maxime seines Verhaltens gemacht habe« (Weber 1972: 123). Amtsführung ist von der eigenen Person zu trennen, sie darf sich nur an der Sache orientieren. Die Bürokratie bietet »das Optimum an Möglichkeit für die Durchführung des Prinzips der Arbeitszerlegung in der Verwaltung nach rein sachlichen Gesichtspunkten, unter Verteilung der einzelnen Arbeiten auf spezialistisch abgerichtete und in fortwährender Uebung immer weiter sich einschulende Funktionäre« (Weber 1972: 562). Der Vorteil der Bürokratie ist somit, dass ihr Arbeitsergebnis kalkulierbar wird wie das einer Maschine. Der einzelne Beamte ist jederzeit ersetzbar und bar jeglichen Einflusses auf die Gestaltung seiner Arbeit. Neben den offensichtlichen Nachteilen, liegen aber auch die Vorzüge auf der Hand: Professionalität, Objektivität und Abkehr von der Willkür des Herrschenden – Tugenden, die noch heute weitgehend die Vorstellungen eines Rechtsstaates prägen.
Dem gegenüber steht jedoch das Verständnis von Organisationen als sowohl in ihrer Existenz als auch ihren konkreten Formen eng mit dem sie umgebenden gesellschaftlichen Umfeld verwoben, das für den Neoinstitutionalismus charakteristisch ist. Über die Merkmale der Bürokratie hinaus, d. h. über das Vorhandensein von expliziten und in ihrer Wirkung vorhersagbaren Elementen der formalen Struktur, wie etwa Hierarchie, Arbeitsteilung oder Arbeitsanweisungen, spiegeln moderne Organisationen eine Vielzahl von standardisierten und rationalisierten Vorstellungen von Angemessenheit und des Wünschenswerten in der Umwelt von Organisationen wider, welche die Elemente des Bürokratiemodells zum Teil untergraben (Drori/Meyer/Hwang 2006) – man denke nur an Konzepte wie Vertrauensorganisation, Netzwerkorganisation oder die post-bürokratische Organisation.
Diese nur exemplarisch angeführten neuen Standards der Angemessenheit organisationaler Strukturen und Praktiken haben verschiedene Ursprünge: Einige werden mit professionellem oder wissenschaftlichem Wissen begründet. Andere basieren auf der Übertragung nicht-ökonomischer Werte auf organisationale Kontexte – etwa die Konzepte der Corporate Social Responsibility und des Corporate Citizenship, nach denen Mitarbeiter nicht lediglich als passive Objekte betrachtet werden sollen, die der Steuerung durch Management- und Organisationsinstrumente unterworfen werden (s. für eine solche Vorstellung von den Mitarbeitern einer Unternehmung etwa Taylor [1911] oder auch die klassische Management- und Organisationslehre, einen Überblick vermittelt Kieser 2006c), sondern als aktive Individuen, die sowohl Rechte und Pflichten haben als auch mit spezifischen Fähigkei...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Abbildungsverzeichnis
  7. 1 Einleitung
  8. 2 Die grundlegenden Beiträge
  9. 3 Die Kernkonzepte und ihre Weiterentwicklung
  10. 4 Institutioneller Wandel
  11. 5 Das Akteurskonzept der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie
  12. 6 Verknüpfungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie mit anderen Organisationstheorien und Managementansätzen
  13. 7 Empirisches Design und Methoden: Der Werkzeugkasten neoinstitutionalistischer Forschung
  14. 8 Forschen auf der Basis der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie
  15. Literaturverzeichnis
  16. Sachregister