Individuation und Wandlung
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Individuation und Wandlung

Der "Werdensprozess der Seele" in der Analytischen Psychologie C. G. Jungs

  1. 151 Seiten
  2. German
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Individuation und Wandlung

Der "Werdensprozess der Seele" in der Analytischen Psychologie C. G. Jungs

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Über dieses Buch

Das alte "Werde, der Du bist" bestimmt die abendländische Auffassung von der Entwicklung des Menschen bis heute. In der Tiefenpsychologie hat C. G. Jung dieses Prinzip unter der Bezeichnung "Individuation" als psychotherapeutische Leitlinie, aber auch als "Anleitung" für ein selbstbestimmtes, authentisches, jedoch sehr bezogenes Leben formuliert. Ziel ist die "geeinte und einzigartige Persönlichkeit" (Jung). Das Buch erläutert in moderner Sprache Jungs Auffassungen, deren Weiterentwicklungen und philosophischen sowie wissenschaftlichen Fundierungen.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783170284227
Auflage
1

1          Vorbemerkungen: Die ›Essentials‹ der Analytischen Psychologie C. G. Jungs

 
 
 
C. G. Jung schuf im Laufe seines schöpferischen Lebens ein psychologisch-philosophisches Denkgebäude, das, nach anfänglichen Versuchen auf naturwissenschaftlichen und experimentalpsychologischen Feldern, zu einem umfassenden geisteswissenschaftlichen System mit grundlegenden kultur-, religions- und geschichtswissenschaftlichen Ansätzen sowie sozialwissenschaftlichen und psychotherapeutischen Anwendungsformen derselben heranwuchs. Mit welchen Überschriften oder Kernbegriffen diese Tiefenpsychologie (hier verstanden als eine Psychologie mit herausragender Beachtung unbewusster dynamischer Prozesse) am besten und prägnantesten zusammenfassend beschrieben werden kann, ist innerhalb der Community der Analytischen Psychologie (also derjenigen tiefenpsychologischen Schulrichtung, die sich ableitet aus den Konzepten Jungs und seiner unmittelbaren Schüler) nicht eindeutig beantwortet, und auch die Frage, ob die Analytische Psychologie (wie etwa im Krankenkassensystem der Bundesrepublik Deutschland) der Psychoanalyse zuzuordnen ist oder ob sie nicht vielmehr eigenständig daneben steht, ist weltweit beständig in Diskussion.
Auszugehen ist bei der Frage nach dem, was eine therapeutische Denkrichtung im Endeffekt wirklich ausmacht – von ihrem zugrundeliegenden Menschenbild. Von Jung und zahlreichen seiner Nachfolger wird hier die Annahme eines Unbewussten mit tiefen, kollektiven Schichten genannt, das sich dem Bewusstsein gegenüber weitgehend autonom verhält und eine gewisse Dynamik aufweist. Dazu gehört, dass die Analytische Psychologie mit einem als letztlich unwissbar und damit auch unmessbar, geheimnisvoll, mit den Begriffen des Numinosen und der Opazität umschriebenen seelischen Innenraum rechnet, was auch als das ›Fremde‹ oder ›Andere‹ in uns benannt wird. An anderer Stelle (Vogel 2016) wurde auf dieser Grundlage folgender Vorschlag zur Formulierung solcher ›Essentials‹ gemacht, in die das hier vorzustellende Individuationskonzept eingebettet ist.
Die Kernbegriffe der Analytischen Psychologie sind demnach
•  Das Konzept eines geschichteten, dynamischen Unbewussten und der Archetypen als die Inhalte der kollektiven, unbewussten Regionen
•  Das Konzept des Selbst als das regulierende Zentrum des menschlichen Daseins und seiner Beziehung zum bewussten ›Ich‹
•  Die sog. ›Typologie‹, also die Sicht des Menschen als ein Wesen mit komplementären psychischen Funktionen, die den Blick auf sich selbst und die Anderen bestimmen
•  Das Finalitätsprinzip als ein Verständnis der menschlichen Entwicklung als zielgerichteter und sinnhafter Prozess
•  Das Individuationskonzept
Spätestens seit dem Philosophenarzt und Maler Carl Gustav Carus (1789–1869) und den Einflüssen der Romantik auf das menschliche Bemühen, sich selbst zu verstehen, gilt die Psychologie v. a. in tiefenpsychologischen Kreisen als eine »Wissenschaft, die sich mit den Werdensprozessen der Seele beschäftigt« (Wehr 1996, S. 21). Jung selbst bezeichnete seine wissenschaftlichen Werke als »lediglich Nebenprodukte eines persönlichen Individuationsprozesses« (Jung in Hinshaw und Fischli 2003, S. 252) und ordnete seine wichtigsten wissenschaftlichen Konzepte diesem zu. Aber auch außerhalb der Jung‘schen Community wird der Individuationsbegriff zuallererst Jung zugeschrieben (z. B. im Duden), obwohl sowohl innerhalb als auch außerhalb der Psychologie vielfältige weitere Bedeutungsfacetten zu finden sind, die mit der Sichtweise der Analytischen Psychologie nichts mehr zu tun haben.
Gleichzeitig kann Jungs Gesamtwerk aber eben auch als kreativer Ausdruck seines eigenen Individuationsprozesses gelesen werden. So wie die anderen Kernbegriffe Jungs ist auch der Individuationsgedanke keine primär klinisch-psychologische Theorie. Sie ist vielmehr eine empirisch belegbare und philosophisch-geisteswissenschaftlich begründbare Sicht auf das Wesen des Menschen im Sinne einer tiefenpsychologischen Grundlagentheorie/-philosophie. Aus ihr lassen sich sekundär Anwendungen entwickeln, etwa im Bereich der Kulturtheorie, der Sozialwissenschaften oder, wie in unserem Falle, der Psychotherapie.
Zu keinem der oben genannten Essentials hinterließ C. G. Jung eindeutige, erst recht nicht lehrbuchartige Werke. Auch der Individuationsbegriff wurde von ihm in gewisser Weise inkonsistent entwickelt und dargestellt. Dies gilt, obwohl durchaus Texte wie etwa das zweite Kapitel des 1916 verfassten Büchleins ›Die Beziehungen zwischen dem Ich und dem Unbewussten‹ (Jung 1916, GW Bd. 7) oder der reich bebilderte Aufsatz ›Zur Empirie des Individuationsprozesses‹ (Jung 1950, GW Bd. 9/1) zu den empfehlenswerten ›Klassikern‹ Jung‘scher Individuationsdarstellungen zählen (die Literaturangaben zu Jungs Werk beziehen sich immer auf die Sonderausgabe der Gesammelten Werke im Walter Verlag). Vielmehr müssen seine theoretischen Konzepte aus vielen Abschnitten, Kapiteln und Einzelaussagen unterschiedlicher Bände des gewaltigen Gesamtwerks herausgeschält und zu einem weitestgehend einheitlichen Konzept zusammengefügt werden. Hinzu kommt, dass Jung auch bzgl. des Individuationsgedankens im Verlauf seiner persönlichen Entwicklung zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Betrachtungsschwerpunkte setzte und manchmal sogar fast gegensätzliche Formulierungen benutzte. Diese breite, von Jung durchaus anerkannte und gutgeheißene Heterogenität vieler seiner zentralen Begriffe führte bereits in der zweiten Generation der Jungianer und erst recht bis in die heutige Zeit hinein zu verschiedenen Anwendungs- und Darstellungsweisen der Individuationstheorie im deutschsprachigen, aber auch im angloamerikanischen Raum. Die Bandbreite der Begriffsverwendung geht dabei von der Nutzung des Individuationsgedankens als Nachweis der spirituellen, ja mystischen Grundausrichtung Jungs auf der einen bis hin zur Operationalisierung des Individuationskonzepts als psychotherapeutische Prozesstheorie auf der anderen Seite.
Der Wandlungsaspekt schließlich ist dem Individuationsprinzip bei- und begriffshierarchisch untergeordnet. Der Individuationsprozess folgt nicht einer linearen, schrittweisen Veränderung, sondern geschieht in (Lebens-)»Stadien« von Progression und Regression, Fließen und Stagnation (Jacobi 1971), in Wandlungsphasen, die den Prozess wiederum vorantreiben. Wandlung ist so betrachtet die praktische ›Funktionsweise‹ der Individuation und hat damit gerade für die psychotherapeutische Umsetzung der Individuationsidee eine besondere Bedeutung.

2 Einführung in ein individuationsorientiertes Denken

»Leben ist Werden«
H. Hesse
Im Folgenden sollen überblicksartig und ausgehend von ihren klassischen Vorläufern die wichtigsten in der Psychotherapielandschaft zu findenden Konzepte menschlicher Individuation aufgeführt werden, um in einem nächsten Schritt die genuin jungianische Sichtweise darauf beziehen und davon abheben zu können.

2.1 Erste Entwicklungen des Individuationsgedankens

Das wahrscheinlich von dem klassisch-griechischen Dichter und Philosophen Pindar (ca. 520–446 v. Chr.) erstmals formulierte und von Friedrich Nietzsche gern adoptierte genoio, hoios essi‚ – ›Werde, der/die du bist‹ – ist bis in die heutige Zeit in der Entwicklung der abendländischen Philosophie ein zentraler Terminus geblieben. Es ist »eine der klassischen und archetypischen Aussagen der Denker aller Zeiten« (Bucay 2015, S. 77) und gleichzeitig die wohl kürzeste Zusammenfassung des Jung‘schen Individuationsgedankens. Kenner des klassischen Altertums weisen allerdings darauf hin, dass der Satz von Pindar wohl so verstanden werden müsse, dass er den angesprochenen Fürsten damit auffordere, so zu werden wie Pindar gesagt habe, dass er tatsächlich sei (z. B. Thummer 1972). Damit ist bereits auf die Gefahr hingewiesen, dieses Ideal und damit auch die gesamte Individuationsidee normativ zu missbrauchen, indem der eine wisse, wie der andere werden solle, wie der »Individuierte« denn letztendlich sein solle. Übersetzt von Friedrich Hölderlin heißt es in Pindars zweiter pythischen Ode: »Werde der du bist erfahren« (Beißner 1974). Hier zeigt sich bereits die Nähe zu einem zweiten, v. a. in der Psychoanalyse häufig strapazierten Aphorismus, dem gnothi seauton, – ›erkenne dich selbst‹ – des delphischen Tempels. Zu werden, der man ist, setzt also schon lange vor Sigmund Freud (1856–1939) einen Erkenntnisakt voraus und formuliert längst vor Alfred Adler (1870–1937) und C. G. Jung die menschliche Entwicklung als nach vorne und auf ein Ziel hin ausgerichtet. Individuation als ›Werde, der/die du bist‹ setzt voraus, dass es etwas in uns gibt, das werden soll. Sie verläuft, so verstanden, nicht in irgendeine x-beliebige Richtung. Im Griechischen kennt man den Begriff der Entelechie, der übersetzt werden könnte als das ›in sich selbst zu findende Ziel‹ und der bereits deutliche Anklänge an moderne Vorstellungen von Selbstverwirklichung birgt. »Es ist das uns aufgetragene Wesen, das wir geheimnisvoll, keimhaft als ein unentfaltetes Bild in uns tragen« (Froboese 1956, S. 136) und Jungs dazu passende Auffassung, der Mensch solle zu dem bestimmten »Einzelwesen« werden, »das er nun mal ist« (GW Bd. 6 § 827; Bd. 7 § 267), stellt das Gegenteil einer (post-) modernen ›anything goes‹-Beliebigkeit dar. Die moderne Philosophie greift an vielen Stellen auf Pindars Mahnung zurück. So trägt etwa Nietzsches epochale wie umstrittene Selbstdarstellung ›Ecce homo‹ aus dem Jahr 1889 den Untertitel ›Wie man wird, was man ist‹, Martin Heidegger zitiert den Spruch in seiner Schrift ›Was ist Metaphysik‹ aus dem Jahr 1929 und der französische Existenzialismus greift Pindars Grundgedanken in seiner Konzeption einer anzustrebenden maximalen menschlichen Authentizität wieder auf (
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Kap. 2.3, 9.3 und 18.1). Die prominente Jung-Schülerin und -Vertraute Jolande Jacobi (1890–1973) wies in der ersten deutschsprachigen Monographie zur Individuationsidee (1971) ebenso darauf hin, dass in der europäischen Geistesgeschichte bereits viele Gedanken von Jungs Individuationsvorstellungen vorweggenommen wurden.
Bei nicht wenigen zeitgenössischen Autoren der Soziologie und Philosophie finden sich zu Recht skeptische Gedanken zu einem zum postmodernen Leistungszwang verkommenen ›Werde, der du bist‹. Zu nennen ist hier v. a. Alain Ehrenberg (2008), der v. a die Depression in der Folge dieses Zwanges sieht, sowie Byung Chul Han (2015) und seine Rede von der »Last des spätmodernen Imperativs« […] man »selbst sein zu müssen« (S. 50). Dass diese einleuchtenden Gesellschaftsanalysen nicht direkt auf den Individuationsbegriff der Analytischen Psychologie anwendbar sein können, wird spätestens dann klar, wenn wir den damit gemeinten Prozess u. a. als Ausdruck von Spontaneität und Folge eines ›Tuns im Nicht-Tun‹ beschreiben (vgl. v. a. Kap. 19).
Zusammenfassend hat das individuationsbestimmende ›Werde, der/die du bist‹ also mehrere für die Entwicklung einer psychologischen Theorie – und als solche wird das Individuationskonzept hier verstanden – relevante Implikationen. Die Aufforderung ›Werde, der/die du bist‹ beinhaltet
• Es gibt jemanden, der/die man im tiefsten Innern ist.
• Wer man (eigentlich) ist, ist nicht beliebig.
• Es gibt eine ›Uneigentlichkeit‹ (Unechtheit, Unauthentizität, ›falsches Selbst‹).
• Man kann erkennen, wer man (eigentlich) ist.
• Es ist nötig, sich in diese Richtung zu entwickeln.
• Es ist möglich, sich in diese Richtung zu entwickeln.
In psychologischer Sprache ist hier oft die Idee eines ›Wahren Selbst‹ oder eines unverfälschten Selbstkerns (
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Kap. 11) gemeint, der sich vom bewusst gelebten und erfahrenen Ich unterscheidet und der zudem jeden Einzelnen von allen anderen unterscheidet und konkret und einzigartig macht. Das Individuationskonzept Jungs erhebt den Anspruch, einen Weg aufzeigen zu können zu einer solchen Eigentlichkeit, zu einem ›Wahren Selbst‹ (ein Begriff, der in jungianischen Zusammenhängen weiter gefasst wird als in der populären Sicht des Psychoanalytikers und Zeitgenossen Jungs D.W. Winnicott (1886–1971)). Hier kommt also die Bedeutung des alten, spätestens seit Aristoteles die Philosophiegeschichte begleitenden und auch von Arthur Schopenhauer (1788–1860) wieder aufgegriffenen principium individuationis zum Tragen. Es geht um die Frage, wie der/das Einzelne zustande kommen kann, um die Art und Weise der Unterscheidung der Dinge voneinander, die diese dann als einmalig definiert, die in der Scholastik des Mittelalters dann zu komplexen systematischen Überlegungen führte. Schopenhauer, der auf Jung erheblichen Einfluss ausübte, kritisiert kurz gesagt die in der Philosophie vorherrschende Konzeption der Individuation als Entwicklung von Einzelwesen aus einer Grundgesamtheit und weist, entsprechend seiner Affinität zur indischen Philosophie, auf die notwendige Erkenntnis der der Vielheit immer zugrundeliegenden Einheit hin (Schopenhauer 1918). Das »Werde, die/der du bist« würde so auch zu einer Erkenntnis der Zugehörigkeit, zu einer allumfassenden Ganzheit (ein Begriff, der im vorliegenden Buch immer als Potenzialität verstanden werden will).
Die theologische Diskussion geht in diesem Zusammenhang aus vom »unverfälschten und unversehrten Bild […], das Gott sich von jedem von uns gemacht hat« (Grün 2014, S. 33) und dem wir nahekommen sollten. Dieses Bild ist immer einzigartig und kann nicht durch Imitation erreicht werden. So auch Jung, wenn er meint, bei der Individuation handelt es sich nicht um eine Art »einer gesuchten Besonderheit, sondern einer Besonderheit, die a priori schon in der Anlage begründet ist« (Jung 1921 GW Bd. VI, § 747).
Der französische Philosoph Jean Paul Sartre (1905–1980) kam in einigen seiner existenzialistischen Grundaussagen dem Jung‘schen Individuationsdenken in Teilen recht nahe (Vogel 2013), war aber durchaus skeptisch in Bezug auf das ›Werde, der/die du bist‹, da man nur der werden könne, der man noch nicht ist… (Thomä 2016). Der postmodernen Hinterfragung folgend, sind heute auch viele Psychotherapeuten und analytische Psychologen zurückhaltend bzgl. eines Individuationsbegriffes, der so etwas wie Bestimmung, ein vorgegebenes Schicksal, ein steuerndes Selbst annimmt (Jung 1934, GW Bd. 17, § 300), auch wenn dieses Ganzheitsziel, wie hier vertreten, lediglich als Möglichkeitsraum im Menschen schlummert. Die vielgenannte ›pos...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Geleitwort
  5. Inhalt
  6. Zur Einführung
  7. 1 Vorbemerkungen: Die ›Essentials‹ der Analytischen Psychologie C. G. Jungs
  8. 2 Einführung in ein individuationsorientiertes Denken
  9. 3 Der Individuationsbegriff bei C. G. Jung
  10. 4 Individuation und Finalität
  11. 5 Individuation und die psychischen Grundfunktionen
  12. 6 Die Vereinigung der Gegensätze
  13. 7 Der Individuationsweg als Archetyp
  14. 8 Das alchemistische Werk – Die Rolle der Beziehung zum Anderen
  15. 9 Die Aufgaben des Individuationsprozesses
  16. 10 Individuation und chinesische Philosophie
  17. 11 Das Selbst ist und bestimmt das Ziel
  18. 12 Symbole des Individuationsprozesses
  19. 13 Lebensphasen und Lebensaufgaben
  20. 14 Individuation und Lebenssinn
  21. 15 Die (Krise der) Lebensmitte und die zweite Lebenshälfte
  22. 16 Hindernisse im Individuationsverlauf – Abwehr und klinische Krankheitstheorie
  23. 17 Persönliche Entwicklung und soziale Entwicklung
  24. 18 Affekte des Individuationsprozesses
  25. 19 Individuation als klinisch-psychologischer Begriff
  26. 20 Individuation und Zeit
  27. 21 Das Individuationskonzept als Spiritualität in der Psychotherapie
  28. Literaturverzeichnis
  29. Sach- und Personenverzeichnis