Ein Garten auf dem Mond
eBook - ePub

Ein Garten auf dem Mond

  1. 240 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Ein Garten auf dem Mond

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Bernd Breitbachs Debütroman erzählt die Lebensgeschichte eines Einzelgängers. Schon früh verlässt er seine Familie, in der er sich nie zuhause gefühlt hat. Er versteht die Frauen nicht, in die er sich verliebt, und jene noch viel weniger, die ihn lieben. Von einem Tag in den nächsten zu leben, das ist ihm in die Wiege gelegt, und nur wenn er nichts tut, scheint er alles richtig zu machen.Die achtzehn Episoden handeln von angepassten und durchgedrehten Freunden, von Liebesbeziehungen und ihren sich ständig verschiebenden Machtverhältnissen, von der Schwierigkeit, sich zu binden, und der Unzumutbarkeit, in dieser Welt einen Platz einnehmen zu müssen. Jedes Kapitel glänzt dabei für sich und funktioniert auch als eigenständige Erzählung.Bernd Breitbachs Beschreibungen sind frei von unnötigem Ballast, seine Sprache ist schnörkellos und direkt. Nichts stört das hochwirksame Nebeneinander von Melancholie und Situationskomik, von gnadenloser Offenheit und zärtlicher Zurückhaltung.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Ein Garten auf dem Mond von Bernd Breitbach im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Literatur & Literatur Allgemein. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2013
ISBN
9783902844101

1.

Die Welt

Ich schloss die Augen, und die Welt drehte sich um mich. „Du hast alles vollgekotzt.“ Meine Schwester starrte mich mit einem Auge durch die offene Seite ihrer zugeklebten Brille an. Neben meinem Bett stand ein Eimer mit Wasser. Die Decke fühlte sich ohne Laken kalt an. „Erst das Bad und dann auch noch das Bett.“ Sie legte den Kopf schief, um mich genauer zu betrachten, und nahm meine Hand. Für einen Moment dachte ich, sie will mich trösten, plötzlich fühlte ich einen stechenden Schmerz.
„Bist du verrückt? Was soll das?“ Ich rieb meine Hand. „Ich blute!“
„Du bist krank. Ich musste dir eine Spritze geben.“ Sie hielt den Eierpicker aus der Küche in die Luft. Um ihren Hals hing ein Kinderstethoskop.
„Lass mich in Ruhe.“ Ich drehte mich zur Wand.
„Dann kann ich dich ja jetzt abhören.“ Sie schob meine Schlafanzugjacke hoch und ich ließ es zu, dass sie mit dem kalten Stethoskop meinen Rücken entlangfuhr.
„Ich kann nichts hören.“ Sie ließ enttäuscht von mir ab und ging zu meiner Mutter ins Wohnzimmer.
„Er ist jetzt wach, aber irgendetwas ist mit seinem Herz.“
„Was sagst du?“ Meine Mutter stellte den Staubsauger ab.
„Man hört nichts. Absolute Stille.“
„Dann ist ja gut. Und jetzt geh wieder spielen, sonst werde ich hier nie mehr fertig.“
„Meine Oma hat mir heimlich was in die Cola geschüttet.“
„Cola?“
„Na sicher.“ Meinem Freund wurde nicht viel erlaubt. Sein Vater arbeitete als Polizist. Seine Eltern meinten, dass der Sohn eines Polizisten auch ein Vorbild sein müsse. Sie wohnten im Haus gegenüber. Seine Mutter verdiente sich nebenbei etwas dazu, indem sie meiner Mutter und anderen Nachbarinnen preiswert die Haare frisierte. Sie hatten eine Garage, unser Auto stand auf der Straße.
Seine große Schwester ging zuweilen mit meinem Bruder in ein nahe gelegenes Wäldchen. Ich hatte noch nicht herausgefunden, was sie im Wald trieben. Ich nahm an, sie rauchten heimlich.
„Cola mit Schuss!“
„Alkohol?“
„Klar. Warum nicht?“
„Und deine Eltern erlauben dir das?“
„Spinnst du?“ Wir gingen die Straße entlang, vorbei an den Wohnhäusern der Postangestellten. Im Erdgeschoss der Hausnummer vierundzwanzig wohnte ein Verrückter. Ich hob einen Stock auf und kratzte damit im Sand. Ich wollte „Mörder“ schreiben, aber der Stock brach ab.
„Der Kindermörder!“ Ich spuckte aus.
„Das war ein Unfall.“
„Er hat das Kind umgebracht.“
„Das war nicht seine Absicht. Er ist nicht einmal dabei gewesen.“
Im letzten Sommer hatte der Verrückte hinter den Häusern auf dem freien Feld seinen Hausrat verbrannt. Einer der alten Farbeimer, die er zum Schluss noch in die Glut warf, explodierte, als er schon längst wieder zu Hause war. Der Deckel des Farbeimers schoss durch die Luft, traf ein Kind am Kopf und trennte die Schädeldecke ab. Es war sofort tot.
„Es hätte auch deine Schwester treffen können.“
„Schön wäre es“, sagte mein Freund. Bei ihm zu Hause auf dem Klo hatte ich im Wäschekorb einen BH und ein Höschen von ihr entdeckt.
Ich schmiss den Stock achtlos auf den Balkon des Kindermörders.
„Bist du verrückt?“ zischte mein Freund und zog mich am Ärmel.
„Was denn?“ fragte ich leichthin, bis ich das leise Knirschen der Balkontür hörte und im Augenwinkel eine dunkle Gestalt sah. Wir spurteten los und rannten, ohne uns umzublicken. Hinter uns hörten wir ihn fluchen. Ich duckte mich aus Angst, er würde etwas nach uns werfen oder sogar auf uns schießen. Außer Atem ließen wir uns hinter dem Häuserblock in einen Kellereingang fallen.
„Wenn der uns erwischt hätte“, keuchte mein Freund atemlos.
„Was glaubst du, was mein Vater mit dem macht, wenn er es wagt, mich anzufassen?“
„Was denn?“ Mein Freund sah mich fragend an. Ich ballte nur die Faust und hielt sie ihm drohend unter die Nase.
„Dein Vater hat ihn ja laufen lassen“, sagte ich.
„Mein Vater ist bei der Verkehrsüberwachung, die bearbeiten solche Fälle nicht. Das ist eine ganz andere Abteilung.“
„Polizei ist Polizei! Dem Kindermörder sollte man auch den Kopf abschneiden.“
„So wie dem Kind?“ fragte mein Freund traurig.
„Ja, Auge um Auge.“ Am Tag nach dem Feuer waren wir in einem großen Bogen durch die Felder zu der Unglücksstelle geschlichen und hatten noch in der Asche gestochert.
„Und hast du die neue Nachbarin jetzt gesehen?“
„Nein.“
„Ich habe sie gestern auf der Straße gesehen, in einem Minirock!“
„Vielleicht ziehen wir deswegen ja weg“, sagte ich.
„Ich kann einfach nicht mehr mit dieser ständigen Bedrohung leben!“ beschwerte sich meine Mutter auf dem Geburtstag meines Großvaters. „Diese Unperson läuft nackt mit ihrem Staubsauger durch die Wohnung. Ich lasse jetzt schon tagsüber die Rollos herunter. Wir sitzen nur noch im Dunkeln.“
„Und dein Mann, was sagt denn dein Mann dazu?“ fragte mein Patenonkel.
„Ich sehe die Hausarbeit jetzt mit ganz anderen Augen!“ Alle lachten, prosteten einander zu und tranken auf das Wohl meines Großvaters, der am Ende der Festtafel vor sich hin dämmerte.
Ich sah meinen Großvater selten, da wir nicht viel mit der Familie meines Vaters zu tun hatten. Meine Mutter gruselte sich davor, in seine Nähe zu kommen. Trotzdem feierten wir seinen achtzigsten Geburtstag bei uns zu Hause.
„Wir müssen Präsenz zeigen! Wir dürfen den anderen nicht das Feld überlassen“, lockte mein Vater sie mit einer zu erwartenden Erbschaft. Meine Mutter blickte skeptisch.
„Du glaubst immer noch an den Weihnachtsmann“, spottete sie. „Hast du es noch nicht begriffen? Die nutzen dich aus. Was glaubst du denn, warum wir bei uns feiern müssen? Wer ist denn auf diese glorreiche Idee gekommen?“ Mein Vater räusperte sich.
„Schließlich bin ich der Älteste.“
„Ja, und der Dümmste.“ Mein Vater verließ das Zimmer.
„Die haben ihn immer ausgenutzt!“ schimpfte meine Mutter.
„Wie hart dein Vater in deinem Alter schon gearbeitet hat, das kannst du dir nicht vorstellen. Im Winter musste er um fünf Uhr morgens, vor allen anderen, das Haus verlassen. In der eisigen Bude in seine starr vor Dreck und Kälte stehende Hose steigen, nur weil dein Großvater das Kohlengeld versoffen hatte! Dein Vater durfte nicht, so wie du, zur Schule gehen! Und spielen? Das Wort kannten wir nicht einmal.“
„Wir können ja zu dir gehen, vielleicht saugt sie ja gerade“, schlug mein Freund vor.
„Bist du irre? Meine Mutter bringt uns um! Wenn nur einer in die Nähe des Rollos kommt, ist er geliefert.“ Ich winkte ab und dachte an die Unterwäsche seiner Schwester.
„Und zu dir?“
„Meine Mutter hat Kundschaft.“ Wir saßen auf dem Bürgersteig und schoben Steinchen von links nach rechts.
„Waren denn alle so besoffen wie du?“ fragte mein Freund.
„Die haben sogar getanzt.“
„Was der Junge sich hier anhören muss!“ sagte meine Tante und drückte mich fest an ihren Busen. „Ihr Männer verderbt das Kind noch mit eurem Gerede.“ Ich bekam an ihrem Busen keine Luft mehr. „Da! Seht her! Er hat schon einen hochroten Kopf. Er bekommt genau mit, was ihr da redet. Glaubt bloß nicht, dass so ein Kind doof ist.“ Sie wuschelte mir mit der Hand durch die Haare.
„Hoch mit dir! Deine Tante muss mal für kleine Mädchen.“ Sie hob mich von ihrem Schoß.
„Dieses ewige Pinkeln geht mir auf die Nerven. Überleg dir das genau mit den Kindern!“ warnte sie meine frisch verheiratete Cousine, die sich nichts sehnlicher wünschte als Kinder. „Danach ist alles anders. Selbst die Blase senkt sich. Mach dir bloß keine Illusionen!“ Sie torkelte am Großvater vorbei, der sie plötzlich am Arm packte und auf seinen Schoß zog.
„Soll ich euch mal zeigen, wozu ein Mann in der Lage ist?!“ Sein Gebiss verrutschte. Er lutschte es wieder hinein. „Licht aus! Licht an!“ Er packte der Schwiegertochter an den Busen. Die kreischte um Hilfe. „Wenn es sein muss, zeige ich alter Bock es der Jugend hier auf dem Tisch!“ Er fasste ihr zwischen die Beine, dann sich ans Herz.
„Großmutter, komm schnell, der Großvater!“ rief meine Cousine erschrocken. Die Tante entwand sich seinen zitternden Klauen und zog ihr Dekolleté wieder gerade.
Meine Mutter verdrehte mir den Kopf und schob mich und meinen Cousin aus dem Wohnzimmer.
„Willst du ihm nicht mal dein Zimmer zeigen?“ fragte sie mich.
„Ich hab nur ein Etagenbett. Ich schlafe unten“, sagte ich zu meinem Cousin.
„Was redest du da!“ Meine Mutter gab mir einen Klaps. „Jetzt zeig ihm dein Zimmer! Los jetzt!“ Ich ging vor, mein Cousin trottete hinterher.
„Hier.“ Ich blieb an der Türschwelle stehen....

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Widmung
  6. 1. Die Welt
  7. 2. St. Tropez
  8. 3. Wasserallergie
  9. 4. Ein Garten auf dem Mond
  10. 5. Mau-Mau
  11. 6. Träume und Tabletten
  12. 7. Pourquoi pas?
  13. 8. Die Exfreundin
  14. 9. Fremdsprachige Landschaften
  15. 10. Der Gefallen
  16. 11. Brüderchen und Schwesterchen
  17. 12. Von nichts kommt nichts
  18. 13. Die Prophezeiung
  19. 14. Das Mädchen mit der Taube
  20. 15. Die Unternehmerin des Jahres
  21. 16. Ich & Du
  22. 17. Wo Rauch ist
  23. 18. Ein Leben davor