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AUFBAU EINER SPIEGELREFLEXKAMERA
Nichts bewahrt uns so gründlich vor Illusionen wie ein Blick in den Spiegel.
Aldous Huxley
Egal ob Ihre D7500 Ihre erste Spiegelreflexkamera ist oder ob Sie schon viel Erfahrung mit dieser Kameraklasse haben – um eine Kamera optimal einzusetzen, ist es sehr hilfreich, ihre prinzipielle Technologie zu verstehen. Welche Bauteile haben welche Funktion und welche Aufgabe? Was sind die Stärken einer Spiegelreflexkamera und welches sind ihre technologischen Grenzen? Welche Modi habe ich als Fotograf zur Auswahl, um die Stärken zu nutzen und die Schwächen zu kompensieren? Diese Grundlagen erkläre ich in diesem Kapitel, obwohl sie nicht zwingend zum Fotografieren nötig sind. Wenn Sie eher rein praktisch veranlagt sind, blättern Sie also ruhig direkt weiter zum Schnelleinstieg (ab Seite 18). Andererseits basiert die Funktion nun einmal auf der Technologie und deshalb kann man die Kamera besser einsetzen, wenn man sie besser versteht. Und ganz nebenbei ist diese Technologie unheimlich interessant. Finde ich. Ich hoffe, Sie auch.
1.1FUNKTIONSPRINZIP
Die Idee, überhaupt einen klappbaren Spiegel in eine Fotokamera einzubauen, hatte ursprünglich den Sinn, dass man damit unmittelbar durch das Objektiv auf das Motiv blicken und gleichzeitig auch noch die Schärfe beurteilen konnte. Dabei entsprach der Bildwinkel automatisch immer dem des verwendeten Objektivs und der Blick war auch noch parallaxenfrei. »Parallaxenfrei« bedeutet ohne einen perspektivischen Versatz. Separate Sucher sitzen immer gegenüber dem Objektiv versetzt, sodass man das Motiv etwas weiter von der Seite und von etwas weiter oben betrachtet. Je nach Aufnahmeabstand schaute man damit mal mehr und mal weniger am Motiv vorbei. Der Spiegel ermöglichte es, direkt durch das angesetzte Objektiv zu schauen – What you see is what you get.
Im Laufe der Zeit kamen später immer neue Funktionen hinzu: Der Schnellrücklaufspiegel, der nicht nur beim Auslösen hoch-, sondern unmittelbar nach der Belichtung auch wieder herunterklappt, eine kamerainterne Belichtungsmessung, die Springblende, die die Blende erst für die Belichtung auf den eingestellten Wert schließt und zuvor ein Sucherbild mit maximaler Helligkeit möglich macht, die Blendenkopplung, die den eingestellten Blendenwert an den Body überträgt, Autofokus, mit dem nicht mehr der Fotograf, sondern die Kamera das Scharfstellen erledigt. Eine der letzten Neuerungen war die, dass der Film durch einen digitalen Sensor ersetzt wurde – aus SLR (»Single Lens Reflex«1) wurde D-SLR (»Digital Single Lens Reflex«).
Foto: Nikon
Abb. 1.1: Digitale Spiegelreflexkamera im Querschnitt (hier die Nikon D4 – zum Zerschneiden einer D7500 reichte das Budget für dieses Buch leider nicht aus).
Das Bild zeigt den Zustand der Kamera bei Verwendung des optischen Suchers. Das Licht, das durch das Objektiv in die Kamera fällt, wird vom Spiegel nach oben auf die Einstellscheibe umgelenkt. Das Prisma stellt das Bild seitenrichtig auf und das Okular lenkt es ins Auge des Fotografen. Ein geringer Anteil des Lichts wird vom Hauptspiegel durchgelassen und über den Hilfsspiegel ins AF-Modul gelenkt. Im Sucher wird ein weiterer Teil des Lichts ausgespiegelt und auf den Belichtungsmesssensor gelenkt.
Für die Belichtung oder die Live-View-Funktion werden Spiegel und Hilfsspiegel hochgeklappt und der Verschluss geöffnet. Alles Licht fällt dann unmittelbar auf den Bildsensor.
Inzwischen werden fast alle diese Funktionen auch von Kameras ohne Spiegel geboten. Dennoch gibt es gute Gründe, am Spiegel festzuhalten.
1.2SPIEGEL
Der Spiegel in einer modernen D-SLR ist eigentlich zwei Spiegel. Beim Blick ins Bajonett erkennt man den Hauptspiegel. Er lenkt das Licht, das durch das Objektiv fällt, nach oben auf die Einstellscheibe (gewöhnlich auch als »Mattscheibe« bezeichnet). Er spiegelt jedoch nicht alles Licht nach oben, sondern lässt einen geringen Anteil durch. Dieses Licht wird vom Hilfsspiegel, einem kleineren Spiegel, der etwa rechtwinklig hinter dem Hauptspiegel sitzt, nach unten geworfen. Dort, im Boden des Spiegelkastens der Kamera, ist das Autofokusmodul platziert. Dieses separate Autofokusmodul ermöglicht einen sehr schnellen und zugleich präzisen Autofokus. Damit dieses Modul aber überhaupt Sicht auf das Motiv bekommt, ist die Aufspaltung des Lichts über den Hilfsspiegel unerlässlich. Ein solches Modul kann also in eine spiegellose Kamera nicht integriert werden.
Für die Belichtung oder für den Live-View-Betrieb wird der Spiegel nach oben geklappt und gibt den Weg frei in Richtung Verschluss und Bildsensor. Bei Serienaufnahmen öffnet und schließt sich der Spiegel bis zu achtmal pro Sekunde und ermöglicht zwischen zwei Belichtungen die Sicht auf das Motiv – das ist feinmechanisches Hightech.
1.3SUCHER
Der Sucher setzt sich im Wesentlichen zusammen aus der Einstellscheibe, auf die das Bild über den Spiegel geworfen wird, dem Prisma, das das Bild seitenrichtig stellt, und dem Okular, durch das man den Blick durch das Prisma auf die Einstellscheibe hat. Ein optischer Sucher hat den unvergleichlichen Charme, dass er einen unverstellten Blick auf das Motiv erlaubt. Sie sehen, was sich vor Ihrer Linse befindet, in Echtzeit und in natürlicher Farbe und Helligkeit. Wesentliche Informationen wie das aktive Fokusmessfeld oder auf Wunsch auch Gitterlinien werden zwar auch im Sucher eingeblendet, aber das Bild selbst bleibt natürlich und ohne jede Verzögerung, die bei elektronischen Suchern vorkommen konnte. (Fairerweise sollte ich aber erwähnen, dass bei aktuellen Kameras mit elektronischem Sucher ein spürbarer zeitlicher Versatz zwischen einem Geschehen im Motiv und dessen Anzeige im Sucher kaum noch vorkommt. Bei älteren Modellen war das noch anders.) In einem optischen Sucher wird zudem fast kein Strom verbraucht, lediglich die LCD- und LED-Anzeigen sind elektrisch, im Gegensatz zu einem elektronischen Sucher, bei dessen Verwendung jedes einzelne Pixel Strom zieht.
Abb. 1.2: Der Blick durch den Sucher mit eingeblendeten Gitterlinien (siehe Seite 272) und Informationen zu Belichtung und ISO-Einstellung. Die eingeblendeten Informationen variieren je nach Einstellung.
1.4LIVE-VIEW
Im Live-View-Modus hört Ihre D7500 vorübergehend auf, eine Spiegelreflexkamera zu sein, und verhält sich so wie vergleichbare spiegellose Systemkameras: Statt im optischen Sucher sehen Sie Ihr Motiv in Echtzeit auf dem Monitor.
Abb. 1.3: Monitoransicht im Live-View-Modus. Der Live-View bietet in dieser Situation gleich zwei Vorteile: Einen bequemeren Blick aufs Motiv und einen präziseren Autofokus.
Damit das funktioniert, muss der Bildsensor freie Sicht durchs Objektiv haben – der Spiegel muss also hochgeklappt bleiben. Letzteres bedeutet, dass alle Bauteile, die darauf angewiesen sind, ihr Licht via den Spiegel zu erhalten, im Live-View nicht funktionieren können. In diesem Fall werden ihre Funktionen vom Bildsensor übernommen. Hinweis: Auch im Live-View wird der Spiegel vor der eigentlichen Belichtung zunächst kurz herunter- und sofort wieder hochgeklappt, obwohl dies theoretisch überflüssig ist. Vermutlich gibt es konstruktionsbedingte Gründe.
1.5MONITOR
Der Monitor Ihrer D7500 ist ein neigbarer Touchscreen, was ihn vielseitig einsetzbar macht. Die Touchfunktionalität entspricht im Wesentlichen den Grundfunktionen beim Bedienen eines Smartphones. Sie können tippen, wischen, Bilder mit zwei Fingern auf- und zuziehen, um sie zu vergrößern oder zu verkleinern und Text eingeben. Besonders praktisch ist die Touchfunktion im Live-View, wo sie das schnelle Positionieren des AF-Messfelds durch Antippen des Hauptmotivs erlaubt, auf Wunsch mit direkter Auslösung (siehe Seite 138).
Genauere Hinweise zum Einsatz der Touchfunktionalität finden Sie im Schnelleinstieg auf Seite 26.
1.6BILDSENSOR
Die Aufgabe des CMOS-Bildsensors ist es primär, Ihr Motiv so klar, brillant und scharf aufzuzeichnen, wie Sie es sehen. Das erledigt er in ziemlich beeindruckender Weise – die Bildqualität Ihrer D7500 ist der der D500 ebenbürtig und das ist immerhin Nikons professionelles Spitzenmodell im DX-Bildformat.
Im Live-View übernimmt der Sensor aber nicht nur die Registrierung des Bildes für die Übertragung auf den Monitor, sondern auch die Aufgaben des Sensors für die Belichtungsmessung und des AF-Moduls. Auf diesen Punkt werde ich...