Landschaftsaufnahmen sind die Domäne weitwinkliger Objektive – meist wird, wie hier, mit Stativ gearbeitet. AF-S 14–25 mm f2.8 G; 24 mm; f16; 13 s; ISO 125
1 D610: Nützliches Zubehör und Voreinstellungen
Eine Kamera muss zum Fotografen passen – zu seiner Art zu fotografieren und seinen bevorzugten Motiven. Bei der D600 hatte ich sofort das Gefühl, dass sie passt. Erstens, weil sie exzellente Abbildungseigenschaften aufweist, und zweitens, weil sie professionelles Handling in einem kompakten, aber dennoch widerstandsfähigen Gehäuse bietet. Seit Sony im Herbst 2013 die A7 vorgestellt hat, gehört die D600 –und jetzt die D610 – zwar nicht mehr zu den kompaktesten Vollformatkameras, aber ein griffiges Gehäuse ist bei längeren Fotoshootings ohnehin von Vorteil.
Abb. 1.1: Die D610 liegt perfekt in der Hand, so wie schon die D600.
Mein Blickwinkel
Als Grafikdesigner arbeitete ich mit Bildern von Vollprofis und Topfotografen, lange bevor ich mich selbst intensiv mit Fotografie befasste. Qualität und Professionalität von Aufnahmen beurteilen zu können, gehört für den Grafiker zum Berufsalltag. Als professioneller Bildbearbeiter gewinnst du einen präzisen Blick für Abbildungs- und Wiedergabedetails, die dem Laien und Amateur oft entgehen. Wahrscheinlich liegt es an diesem Hintergrund, dass ich mit den Grenzen der Abbildungsqualität von Kompaktkameras und Einsteiger-DSLRS oft nicht ausreichend glücklich werde.
Obwohl ich immer betone, dass nicht die Kamera das Bild macht, sondern derjenige, der sie bedient, kann wohl kein erfahrener Fotograf leugnen, dass eine hochwertige Ausrüstung guten Aufnahmen eine Brillanz verleiht, die mit einfacheren Geräten nicht zu erreichen ist. Allerdings möchte ich davor warnen zu erwarten, dass die teurere Kamera automatisch zu besseren Aufnahmen führt. Ich habe Fotografen gesehen, die aus einfachen Geräten umwerfende Bilder herausholen – selbst aus Mobiltelefonen –, und Fotografen, die mit einer Topausrüstung durch die Gegend marschieren und bestenfalls einmal einen akzeptablen Glückstreffer landen. Fotografie besteht eben doch aus 90 % Kreativität und gekonnter Umsetzung und lediglich etwa 10 % technischer Finesse des Equipments.
Ich werde Ihnen auf den kommenden Seiten viele Tipps rund um die Arbeit mit der D610 geben. Vieles davon würden andere Fotografen wohl genau so empfehlen. Manches aber werden andere anders sehen. Die Art, wie ein Fotograf arbeitet, hängt vor allem von den Themen und von seiner generellen Herangehensweise ab. Ich würde mich selbst als leidenschaftlichen Fotografen bezeichnen, der möglichst viel fotografieren will. Ich mag weder langwierige Vorbereitungen für Fotoshootings noch endloses Nachbearbeiten am Computer. Das alles kostet Zeit, die ich lieber hinter der Kamera verbringe.
Abb. 1.2: Die Nikon D610 kann durchaus auch als schöne Spiegelreflexkamera bezeichnet werden.
© Nikon GmbH 2013
Zu meinen Lieblingsmotiven gehören Menschen. Statt umfangreicher Organisation und Planung bevorzuge ich dabei eine spontane Arbeitsweise. Normalerweise beschreibe ich meinen Modellen vor einem Termin grob ein paar Ideen und schaue, ob etwas dabei ist, mit dem sie sich anfreunden können. Wenn nicht, höre ich mir ihre Ideen und Styling-Vorschläge an und überlege mir dann eine passende Location.
Ich arbeite am liebsten alleine – einmal vom Modell abgesehen. Ich weiß sehr wohl um den Wert von Stylisten, Visagisten und Assistenten, dennoch ziehe ich es vor, unabhängig von Dritten zu sein. Bei der Wahl und der Einstellung von Szenen gehe ich ebenfalls spontan und intuitiv vor. So wie ich dem Modell nur wenig vorgebe und einfach schaue, was sich ergibt und in welche Richtung es sich entwickelt, so plane ich auch die Szene, die Einstellungen und die Lichtführung nicht strategisch voraus. Es ist eher so, dass ich mich an die passenden Einstellungen herantaste. Obwohl ich intuitiv und spontan arbeite, bin ich andererseits doch eine Art Kontrollfreak. Ich gebe nur ungern Kontrolle an die Automatiken einer Kamera ab, sondern bevorzuge in den meisten Bereichen manuelle Einstellungen, die ich kontrolliere – beim Belichtungsmodus ebenso wie beim Weißabgleich und bei der Blitzsteuerung.
Neben meiner Leidenschaft für die People-Fotografie sind Kameras generell meine ständigen Begleiterinnen. Eigentlich fotografiere ich alles, was mir vor die Linse kommt. Ich liebe die Street Photography, bin aber leider zu schüchtern, um Leute auf der Straße anzusprechen, weshalb meine Ausflüge in dieses Genre eher sporadisch ausfallen. Für wirklich beeindruckende Landschaftsaufnahmen fehlt mir die Begeisterung fürs frühe Aufstehen, für Tiere die Geduld zum langen Warten, für die Makrofotografie die Konzentration auf ein einziges Thema. Trotzdem mache ich im Alltag, auf Wanderungen und auf Reisen von alldem ein bisschen – etwas, das ich ich wohl mit den meisten Amateurfotografen teilen dürfte.
Abb. 1.3: Fotosession mit entfesselten Systemblitzen und dem Nikon Creative Lighting System
Der Kernbereich People-Fotografie und die Art, wie ich diese angehe, sowie das Von-allem-ein-bisschen prägen meinen Blickwinkel auf und meinen Anspruch an eine Kamera. Ich weiß natürlich, dass Sie dieses Buch nicht lesen, weil sie etwas über mich erfahren wollen, sondern weil Sie sich für die D610 interessieren. Dennoch sollte es helfen, den Autor als Fotografen in Grundzügen zu kennen, um gelegentlich nachvollziehen zu können, weshalb er eine bestimmte Aufgabe auf die von ihm beschriebene Art angeht.
Ich werde versuchen, Ihnen die D610 aus meiner Perspektive näherzubringen, dabei alles zu erzählen, was in meinen Augen wichtig ist, aber auch wegzulassen, was mir nicht wichtig erscheint. Ich filme nicht, also werde ich mich auf Fotografie konzentrieren – kreative Fotografie, wie es im Titel heißt. Ein Handbuch zur Kamera darf das nicht. Ein Handbuch wollte ich nie schreiben. Nikon hat fantastische Handbücher! Die Konzentration auf das, was ich für wichtig halte, ermöglicht es mir dabei, ausreichend tief in die Materie einzudringen und Ihnen nicht nur zu erzählen, was ich wie einstelle, sondern auch warum, o...