1 Einführung
»3D-Druck ist einfach und mittlerweile rasend schnell. Heute kann man sich einen fertigen 3D-Drucker im Elektrogroßmarkt kaufen. Man muss diesen nur an den heimischen PC anschließen und kann loslegen. Man benötigt keine Vorkenntnisse, die Druckobjekte sind hochwertig und mechanisch stabil. Um 3D-Modelle zu erstellen, gibt es kostenlose Software, mit der alles zum Kinderspiel wird.«
So oder ähnlich lesen sich Meldungen in den Medien und im Internet. Aber ist die Technik wirklich so einfach geworden? Muss man heute hierfür nur noch ein Benutzerhandbuch lesen, wozu noch vor nicht allzu langer Zeit hochqualifizierte Ingenieure benötigt wurden? Dass das nicht so ist und wie Sie trotzdem hochwertige 3D-Drucke erzeugen, erfahren Sie in diesem Buch.
1.1 An wen richtet sich dieses Buch?
Worum geht es?
Ich habe lange überlegt, was genau ich über den 3D-Druck schreiben soll. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Thema 3D-Druck in nur einem Buch nicht sinnvoll vollumfänglich behandelt werden kann. Einige Teile wie 3D-Scannen und 3D-Modellierung sind so umfangreich, dass diese eigene Bücher füllen.
Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, Allgemeines auf die Einführung zu beschränken. Den Großteil des Buches widme ich der verbreitetsten und kostengünstigsten 3D-Drucktechnologie, einem speziellen 3D-Drucker und ausgewählter Software, um zu zeigen, wie man genau damit zuverlässig zu vernünftigen Ergebnissen kommt.
Was bedeutet vernünftiges Ergebnis?
Das ist sicher Ansichtssache und dem 3D-Druck für den Privatbereich sind klare Grenzen gesetzt. Für mich bedeutet es vor allem, dass ich möglichst maßgenaue und mechanisch belastbare Bauteile erzeugen kann und dass ich diese Bauteile mit optisch gut aussehenden Oberflächen herstellen kann. Wie so etwas aussieht, sehen Sie in Abbildung 1–1. Die Oberfläche kommt natürlich so aus keinem 3D-Drucker, sondern hat ein spezielles Finish erhalten, das in 15 Sekunden erledigt war. Wie das geht, erfahren Sie unter anderem in diesem Buch.
Abb. 1–1 Beispiel für eine hochwertige Oberfläche
Warum ein spezieller Drucker und kein allgemeines Buch?
Weil der 3D-Druck sehr individuell ist und jeder 3D-Drucker und jede Software eine Wissenschaft für sich sind. Der 3D-Druck für den Privatanwender ist nicht standardisiert und selbst bei fertig aufgebauten Varianten weitgehend experimentell. Es gibt auch Gemeinsamkeiten, vor allem bei den Problemfällen. Die Lösungen dazu sind aber oft wieder individuell und es ist einfach nicht machbar, für hundert 3D-Drucker zu erklären, wie man dasselbe Problem auf hundert verschiedene Arten löst.
Abb. 1–2 Erweiterungen des Ultimaker Original (Vorderansicht) aus dem Buch
Es ist auch offensichtlich, dass man nicht für jeden 3D-Drucker ein Buch schreiben kann. Stattdessen beschreibe ich exemplarisch den 3D-Druck mit einem sehr guten, aber immer noch vergleichsweise günstigen 3D-Drucker, dem Ultimaker Original. Diesen baue ich selbst aus einem Bausatz auf und erkläre, wie man Problemfälle behandelt, Reparaturen vornimmt und viele Erweiterungen (Abbildungen 1–2 und 1–3) einbaut.
Abb. 1–3 Erweiterungen des Ultimaker Original (Rückansicht)
Wen interessiert es, wie ein 3D-Drucker zusammengebaut wird?
Sie – auch wenn Sie das vielleicht noch nicht wissen. 3D-Drucker funktionieren nicht wie Laser- oder Tintenstrahldrucker. Ein 3D-Drucker ist genaugenommen eine Werkzeugmaschine und kein Drucker. Werkzeugmaschinen müssen gewartet und repariert werden. Darum kommen Sie nicht herum, wenn Sie nicht monatelang jedes Jahr auf Ihren 3D-Drucker verzichten wollen, weil Sie diesen zur Reparatur einschicken müssen.
Verstopfte Düsen, verschlissene Lager und Zahnriemen, defekte Schrittmotoren und vieles andere sind Probleme, mit denen Sie häufiger zu tun haben werden. Wenn Sie nicht bereit sind, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, bleibt Ihnen nur die Option, 3D-Drucke von einem Dienstleister produzieren zu lassen.
Mit diesem Buch sind Sie in der Lage, den Ultimaker Original samt UltiController und beheiztem Drucktisch in alle Einzelteile zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. So können Sie sicher sein, dass Sie viele Probleme mit dem Drucker selbst meistern können. Viele Teile des Ultimaker Original gibt es bereits als 3D-Modelle und Sie können diese selbst drucken. So ist für lange Zeit für Nachschub gesorgt.
1.2 Warum 3D-Druck?
Der 3D-Druck wurde bereits vor über 30 Jahren vom Amerikaner Charles W. Hull, dem Gründer der Firma 3D Systems (www.3dsystems.com) erfunden. Mit einem Gewinn von fast 300 Millionen USD im Jahr 2014 gehört 3D Systems neben anderen großen Firmen wie STRATASYS zu den Marktführern. Hull ist auch der Erfinder der STL-Schnittstelle (Kurzform für Standard Tesselation Language, auch Standard Triangulation Language), einem Standardformat zur Beschreibung von 3D-Modellen. Dieses Format wird heute für viele Anwendungen genutzt und Sie werden damit oft in Berührung kommen, wenn Sie selbst 3D-Drucker einsetzen.
Die Hauptanwendung des 3D-Drucks war über lange Zeit und ist auch heute noch die Herstellung von Prototypen. Prototypen werden in der Industrie für die Entwicklung neuer Produkte gebaut, um verschiedene Eigenschaften zu überprüfen. Dies beschränkt sich aber keineswegs auf den 3D-Druck. Man stellt Prototypen auch mit anderen Maschinen wie beispielsweise CNC-Fräsen her.
Wichtig ist für die Prototypenherstellung, dass diese schnell veränderbar und kostengünstig produzierbar sind. Erstellt man einen Prototyp direkt aus einem Computermodell, so spricht man vom Rapid Prototyping. Man unterscheidet bei Prototypen vor allem zwischen Funktions- und Designmodellen. Erstere erlauben eine funktionelle und mechanische Prüfung, während letztere eine optische und haptische Bewertung zulassen. Oft muss man heute die Computermodelle aber nicht einmal mehr physikalisch herstellen, um deren Eigenschaften zu bewerten. Mit Programmen...