Teil III
Anwendung
Koordinator:
Thomas Zeh
Autoren:
J. Albrecht
A. Bauer
W. Behme
B. Dinter
C. Dittmar
M. Ehrenmann
D. Findeisen
H. Gronwald
O. Görlich
H. Günzel
H. Heinze
M. Held
S. Hofmann
H. Jungheim
S. Keller
J. Kribbel
A. Langner
R. Lauser
W. Lehner
S. Möller
S. Mueck
V. Oßendoth
O. Paulzen
R. Pieringer
T. Priebe
T. Ruf
M. Schäfer
A. Scholz
J. Schirra
A. Totok
P. Tomsich
A. Vavouras
M. Wedler
J. Westermayer
S. Wimösterer
D. Winter
J. Witschnig
T. Zeh
In den Teilen I und II dieses Buches wird eine relativ abstrakte Darstellung eines Data-Warehouse-Systems sowie der zugrunde liegenden Techniken gegeben. Die Architektur dient dabei als Grundlage zu einer vollständigen Durchdringung des Themas. Der eventuelle direkte Bezug zur Praxis war dabei oft nicht sofort ersichtlich. Diese Lücke zwischen Theorie und Praxis soll in diesem Teil geschlossen werden. Das Data-Warehouse-System aus einer betrieblichen Sichtweise, die Organisation eines Data-Warehouse-Systems und vor allem Aspekte des Aufbaus, d.h. die Vorgehensweise und das Projektmanagement, stehen deshalb im Vordergrund. Aber auch hier wird die Architektur wiederum als Richtschnur verwendet, um alle Bereiche einzubeziehen.
Kapitel 10 gibt einen Überblick über die Vorgehensweise zum Aufbau eines Data-Warehouse-Systems. In diesem Zusammenhang wird auch das Thema eines unternehmensweiten Data-Warehouse-Rahmenwerks als Möglichkeit, die Land-schaft zu konsolidieren, erläutert. Anschließend wird in Kapitel 11 das Data-Warehouse-Projekt mit den organisatorischen Aspekten und Problemfeldern diskutiert. In Kapitel 12 werden Betriebs- und Weiterentwicklungsaspekte eines Data-Warehouse-Systems motiviert. Das letzte Kapitel (Kap. 13) rundet das Buch mit einer Auswahl von Praxisberichten ab, die den Bogen zu den anfangs genannten Anwendungsbereichen (Abschnitt 1.4) spannen.
10 Vorgehensweise beim Aufbau eines Data-Warehouse-Systems
Die Komplexität der Anforderungen des Managements und die bestehende ITLandschaft machen eine schnelle Standardlösung unmöglich. Die Arbeit beginnt somit nicht mit der Umsetzung, sondern mit der Fixierung der Strategie und der Abgrenzung von anderen Zielen und Aktivitäten des Unternehmens. Die Architektur im Großen, also die Einpassung der Data-Warehouse-Architektur in den Kontext des Unternehmens, und die Architektur im Speziellen, also fachliche und technische Realisierungsdetails, stellen einen wichtigen Meilenstein vor der eigentlichen Umsetzung dar.
Die Referenzarchitektur aus Kapitel 2 bildet die idealtypische Grundlage für alle Teile des Buches. Sie stellt gleichsam ein Ziel dar, das es zu erreichen gilt. Der Aufbau eines Data-Warehouse-Systems orientiert sich also an der Referenzarchitektur; die Vorgehensweise ist aber nicht klar vorgegeben. Es gilt somit zu diskutieren, welche Möglichkeiten es gibt und welche Faktoren den Aufbau beeinflussen.
Das Kapitel beginnt mit der Diskussion der Data-Warehouse-Strategie, die im Folgenden als Teil der Business-Intelligence-Strategie1 zu sehen ist und auf die Bereiche Datenintegration und -auswertung fokussiert. Die Business-Intelligence-Strategie wird einerseits aus den Unternehmenszielen abgeleitet, aber andererseits auch von der IT-Strategie beeinflusst. Anschließend wird ein Reifegradmodell entwickelt, das den Status von Data-Warehousing-Aktivitäten in einem Unternehmen darstellen kann. Weiterhin werden die Relevanz und die Besonderheiten des Themas Architektur beim Aufbau eines Data-Warehouse-Systems diskutiert und schließlich die Vorgehensweise zum Aufbau erläutert. Im Gegensatz zum Kapitel 11, das einen Schwerpunkt auf das Data-Warehouse-Projekt legt, fokussiert dieses Kapitel auf Vorgehensmodelle.
10.1 Data-Warehouse-Strategie
Der Aufbau von Data-Warehouse-Systemen ist kein isolierter Prozess, der losgelöst von den anderen betrieblichen Prozessen und der betrieblichen Umgebung durchgeführt werden kann. Beim Data-Warehouse-System spielen neben den Daten auch der Zweck, die Organisation, die Technik, das Geld und nicht zuletzt der Mensch eine Rolle. Daher bedarf es umfassender integrierender Betrachtungen, die zu Rahmenbedingungen für das Unternehmen, die IT, das Data Warehousing und schließlich für alle Business-Intelligence-Bestrebungen führen. Dies geschieht im Prozess der Strategiefindung.
Das Data-Warehouse-Projekt bei Star*Kauf kann auch hier als typische Fallstudie gesehen werden. Das Management hat verschiedene Auswertungsanforderungen, die es zu konkretisieren und in einem Data-Warehouse-Projekt zu realisieren gilt. Als problematisch kann die Tatsache gesehen werden, dass nicht nur eine Auswertungsdatenbank, sondern parallel dazu Anwendungen für die neue zentrale Datenbank, wie eine unternehmensweite Controlling-Lösung über alle Warenhäuser, entstehen. Eine projektübergreifende Strategie ist unverzichtbar.
Nachfolgend wird der Prozess der Strategiefindung beschrieben. Es werden zunächst die Begriffe Unternehmensstrategie und IT-Strategie erläutert und es wird die Frage nach der Machbarkeit eines Data-Warehouse-Systems gestellt. Die Data-Warehouse-Strategiefindung kann niemals für sich alleine geschehen, da sie von der allgemeinen Business-Intelligence-Strategie und auch der IT-Strategie abhängt. In die Betrachtung müssen deshalb alle Strategien und deren Verbindungen einbezogen werden.
10.1.1 IT-Strategie
Unter Unternehmensstrategie wird hier die langfristig und breit ausgelegte Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit verstanden. Die IT-Strategie ist Teil der Unternehmensstrategie; sie hat sich an den Unternehmensvisionen und den Unternehmenszielen auszurichten. In Bereichen, deren Wertschöpfung maßgeblich von der IT abhängt (z.B. bei Banken und Versicherungen und in der Telekommunikation), hat die IT-Strategie einen entsprechend hohen Stellenwert.
Umgekehrt beeinflussen die technologischen Potenziale neuer IT-Systeme die Unternehmensziele sowie die Unternehmensstrategie in immer stärkerem Maße (Stichworte: Netzwerke, Internet). Für Unternehmen ist es geradezu lebensnotwendig, ihre Strategie an den technologischen Potenzialen zu orientieren. Die Konsequenz und die Geschwindigkeit, mit der sich technologisches Vermögen in der Unternehmensstrategie und der Ausrichtung des unternehmerischen Handelns niederschlagen, entscheiden über zukünftige Wettbewerbsvorteile. Hinzu kommt eine immer stärkere technische sowie funktionale Vernetzung betrieblicher Abläufe, die im Zuge der Globalisierung und internationaler Kooperationen und Allianzen an Komplexität gewinnt. Die IT-Strategie steht somit in einer Wechselwirkung mit den Unternehmensstrategien und den Unternehmenszielen.
Die IT-Strategie besteht laut Jakubczik und Skubch [JSC95] im Wesentlichen aus:
den
organisatorischen und technologischen Leitlinien und
dem
strategischen Informationsplan.
Die Leitlinien einer IT-Strategie enthalten Richtlinien und auch Freiräume innerhalb der Informationsverarbeitung des Unternehmens, die sich permanent den Veränderungen der Umwelt anzupassen haben. Der strategische Informationsplan ist das konkrete Aktionsprogramm für die IT-Großvorhaben mit Aussagen über Prioritäten, Zeiten, benötigte Ressourcen und Kapazitäten. Innerhalb des strategischen Informationsplans werden die Weichen für Business Intelligence und somit den Data-Warehouse-Einsatz im Unternehmen gestellt.
Der Prozess einer Strategie- und Architekturentwicklung als solcher sollte als permanenter Prozess gelebt werden und bedarf eines Verfahrens, das die verschiedenen Sichten, Erfahrungen der Mitarbeiter und die funktionalen Anforderungen an die IT-Infrastruktur in ausreichendem Maße berücksichtigt (strategisches Lernen).
Die Abbildung 10–1 zur Strategiefindung zeigt, wie Visionen, Strategien, Architektur, Prozesse und Funktionen eines Unternehmens die Auswahl und den Einsatz von IT-Technologien bestimmen und umgekehrt. Durch diesen vernetzten Prozess von Strategie- sowie Architekturentwicklung und dem Ausschöpfen des Technologiepotenzials und den praktischen Erfahrungen der Mitarbeiter eines Unternehmens kann eine optimale Strategie geschaffen und umgesetzt werden. Von entscheidender Bedeutung ist die (Er-)Kenntnis um die Wissens- und Erfahrungspotenziale der Menschen und der kommunikative Austausch zwischen ihnen (engl. knowledge management).
Abb. 10–1 Strategiefindung
10.1.2 Data-Warehouse-Strategie
Business Intelligence und der Teilbereich Data Warehousing hat in den Unternehmen durch neue Techniken und Einsatzmöglichkeiten an Profil gewonnen. Die Data-Warehouse-Systeme, die ursprünglich an die Zielgruppe des Managements gerichtet waren, haben sich über diesen Anwendungs- und Adressatenkreis hinaus verbreitet. Die Technik und Methodik des Data Warehousing ist geeignet, die zunehmende Datenflut zu strukturieren, aufzubereiten und den unterschiedlichsten internen und externen Zielgruppen eines Unternehmens anzubieten. In Verbindung mit Webtechnologien und serviceorientierten Architekturen gewinnt das Data Warehousing eine neue Dynamik und hat sich auch in Bereichen, die über den ursprünglichen Zweck hinausgehen, etabliert. In den Anfängen wurde Data Warehousing als strategisch eingeordnet, da die hierdurch gewonnene Information der strategischen Entscheidungsfindung des Managements als solide Grundlage gedient hat. Die Bedeutung des Data Warehousing im Umfeld der operativen Bereiche der Unternehmen (z.B. Customer Relationship Management oder Business Activity Monitoring) begründet eine weitaus stärkere Orientierung der Business-Intelligence-Strategie – und somit auch der Data-Warehouse-Strategie und -Architektur – an den strategischen Erfordernissen des Unternehmens. Die Planung dieser Strategien ist folglich mit den Anforderungen und Prämissen der ITStrategie des Unternehmens abzustimmen.
10.1.3 Rolle des Data-Warehouse-Systems innerhalb der IT-Strategie
Die Data-Warehouse-Strategie ist Teil der Business-Intelligence- und der IT-Strategie, und sie bewegt sich in dem durch diese Strategien festgelegten Rahmen. Strategische Einsatzfelder des Data Warehousing (Abschnitt 1.4) werden meist in den jeweils zuständigen Geschäftsbereichen im Rahmen der strategischen Planung festgelegt. Dies kann innerhalb einer Strategiestudie erfolgen. Die Ergebnisse der Strategiestudie sollten Aussagen über folgende Aspekte aufweisen:
Rolle des Data Warehousing im Business Intelligence als
Baustein der strategischen Unternehmensführung und des
operativen Geschäfts im Rahmen der IT-Gesamtstrategie
Einsatzfelder und ihr Umfang (inhaltlich, organisatorisch...