Teil I
Körpermerkmale analysieren
Frauen gibt es in allen Formen, Größen und Farben. Und auch wenn sie alle gleich sind, ist jede Frau einzigartig. Angesichts dieser Tatsache können Sie sich leicht vorstellen, dass es einfach kein Patentrezept für die Frauenfotografie gibt. Sie haben große Kundinnen, kleine Kundinnen, manche sind korpulent, andere mager. Sie fotografieren athletisch gebaute Frauen, aber auch solche mit »weichen« Körperformen. Manche Ihrer Models sind jünger, andere älter.
Wenn Sie bei unterschiedlichen Frauen exakt dieselbe Beleuchtung in derselben Position und Blitzstärke verwenden, fangen bestimmte körperliche Merkmale das Licht unterschiedlich ein. In diesem Teil des Buchs lernen Sie deshalb, individuelle körperliche Eigenschaften zu erkennen und optimal in Szene zu setzen. Ich kenne Fotografen, denen das Posing stämmiger Models unangenehm ist. Selbst angesehene Fotografen verstecken korpulente Models mitunter hinter Mauern, Büschen oder Türen, um den Körperbau dieser Frauen zu kaschieren. So etwas ist nicht in Ordnung. Als guter Fotograf müssen Sie lernen, Ihre eigene Voreingenommenheit zu überwinden, und sich darauf konzentrieren, jede Porträtkundin so vorteilhaft wie möglich darzustellen. Jede Frau besitzt ihre eigene Schönheit.
Kapitel 1
Gesichtsformen
Jeder von uns ist einzigartig – das ist einer der schönsten Aspekte des Menschseins. Wenn Sie sich einmal die Zeit nehmen, die Gesichter der Menschen zu studieren, merken Sie schnell, dass wir alle unterschiedliche Augen, Nasen, Lippen und Kieferpartien haben. Auch die Länge und Breite des Gesichts variiert von Person zu Person. Alle diese Merkmale ändern sich zudem mit Alter, Gewicht und so weiter. Genau mit dieser Einzigartigkeit möchte ich mich in diesem Buch auseinandersetzen. Ich werde Ihnen Techniken zeigen, mit denen Sie jedes Model vorteilhaft in Szene setzen können.
In diesem Kapitel beschäftige ich mich zunächst mit den Nuancen der verschiedenen Gesichtsformen und zeige, wie Sie mit Beleuchtung, Objektiven und Bildbearbeitung die einzigartigen Merkmale jeder Frau hervorheben können. Dazu müssen Sie nicht unbedingt die Körpermerkmale jedes Models kritisch analysieren; Sie sollten aber eine genaue Vorstellung davon haben, wie Sie die Beleuchtung und Nachbearbeitung individuell angehen können.
Bei der Definition der Gesichtsformen geht es ganz klar darum, den Blick auf die zentrale Stelle im Gesicht – die Augen – zu lenken, während gleichzeitig die besten Merkmale hervorgehoben werden und der Blick von anderen abgelenkt wird. Wenn Ihr Model zum Beispiel gewisse Probleme mit seiner runden Gesichtsform hat, sollten Sie nicht gerade ein Weitwinkelobjektiv verwenden, denn dann sieht das Gesicht noch breiter aus als in Wirklichkeit. Hat Ihr Model hingegen schöne Wangenknochen, sollten diese auf dem Bild nicht flach wirken. All diese Überlegungen müssen Sie im Kopf haben, bevor Sie Ihr Model fotografieren.
Bevor wir anfangen: meine moralische Verantwortung
Retusche ist in der Fotobranche heutzutage ein kontrovers diskutiertes Thema. Ich glaube, das liegt hauptsächlich daran, dass die Unternehmen ein unrealistisches Körperbild fördern. Wenn Sie außerdem bedenken, dass viele Unternehmen bereits für die falsche Darstellung der Wirksamkeit ihrer Produkte belangt wurden, wird klar, warum viele Länder mittlerweile fordern, dass digital manipulierte Bilder als solche gekennzeichnet werden müssen.
Unternehmen wie Dove bemühen sich um ethische Verantwortung und verzichten freiwillig auf Retusche und digitale Manipulation. Stattdessen nutzen sie Beleuchtung und Posing-Techniken, um verschiedene Körpertypen und Gesichtsformen individuell in Szene zu setzen und Hautunreinheiten auszublenden. Wie das alte Sprichwort sagt: »Machen Sie es gleich beim Fotografieren richtig.« Retusche ist genau wie alles andere in der Fotografie ein höchst subjektives Feld. Ganz egal, wie Sie zu diesem Thema stehen – ich halte es für meine Verantwortung, digital manipulierte Bilder klar als solche zu kennzeichnen. In den Abschnitten zur Beleuchtung zeige ich das Bild, wie es aus der Kamera kommt, neben dem fertigen Bild (etwa wie in Abbildung 1-2).
Abbildung 1-2
Wenn Sie das berücksichtigen, sollte klar sein, dass die einzelnen Bilder in diesem Buch mithilfe fotografischer Technik, Beleuchtung, Objektiv- und Kamerawahl sowie durch Nachbearbeitung entstanden sind.
Objektivwahl
Ich sage einmal ganz plakativ, dass die Wahl von Objektiv und Beleuchtung die beiden wichtigsten Entscheidungen sind, wenn Sie eine beliebige Person fotografieren – noch wichtiger als Ihr Konzept, die Produktion oder die Kamera. Warum? Weil sich durch das verwendete Objektiv und dementsprechend durch verschiedene Faktoren wie Brennweite, Abstand vom Motiv, Blende und Objektivverzerrung das Erscheinungsbild der Porträtierten möglicherweise völlig von ihrem Aussehen in der Realität unterscheidet.
Denken Sie daran, dass ...