Drei Freunde
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Drei Freunde

Erzählungen

  1. 141 Seiten
  2. German
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Drei Freunde

Erzählungen

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Über dieses Buch

Die sieben Erzählungen dieses Bandes zeigen den Autor auf der Höhe seiner Kunst. Sie sind funkelnde Kabinettstücke.Keine Abrechnung, keine Beschönigung, Hermann Peter Piwitt erzählt so beiläufig wie kunstvoll. Autobiographisches, Erinnertes und Erfundenes fließen ununterscheidbar ineinander, etwa wenn er über die eigene Kindheit spricht, über die Auseinandersetzungen vor und nach 1945 mit dem Vater, über den Bruder, über die Abenteuer als junger Mann mit Freunden und Künstlerkollegen in Frankfurt oder Berlin, Rom oder Seestadt, über die immer neuen Versuche, Frauen zu imponieren samt gelegentlicher Erfolge und demütigender Niederlagen. Und zwar von Jugend an bis ins Alter. Da findet sich nichts Ausgeschmücktes, kein Ornament. Piwitt muss sich und dem Leser nichts mehr beweisen, er kommt zur Sache und schweift ab, schaut sich kommentierend selbst über die Schulter und entwirft mit leichter Hand Lebensgeschichten, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Er ist ein genauer Zuhörer und Beobachter, seine Zuneigung gilt den kleinen Leuten, den Glücksmomenten und Malheurs des Alltags, die etwas ungemein Sinnliches gewinnen und zugleich eine weit darüber hinausgehende Dimension. Hier zieht einer Bilanz, darüber, was wichtig war und aufgehoben werden soll, und über das, was zeitlebens ein Rätsel blieb.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783835341180

DREI FREUNDE

Ich mag keine Kinder. Ich habe schon als Kind keine Kinder gemocht. Angeber! Wichtigtuer! Lieber spielte ich allein. Zum Beispiel mit Käfern. Ich quälte sie nicht. Nur ein bisschen dem Weg folgen sollten sie, den ich ihnen wies. Den Grashalm hoch. Oder so. Die Kinder, auf die ich traf, verfolgten alles, was vor ihnen floh; und wenn sie es fassen konnten, töteten sie es. Dabei war ich nicht gern allein. Es beunruhigte mich.
Und die Unruhe wurde stärker. Einmal sah ich den Tod die Treppe hochkommen. Sein Schädel war von der Abendsonne hell. Er lächelte. Ich war allein im Haus und lag schon im Bett. Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war er verschwunden.
Die älteren Brüder waren nicht anders. Sie verteidigten mich, wenn ich der Feigling sein sollte. Aber der Älteste musste früh in den Krieg. Und der Jüngere zog mit Freunden los und schoss mit dem Kleinkalibergewehr auf Vögel, die er anhand von Büchern für »schädlich« erklärt hatte. Mitten im Singen im Kirschbaum flogen die Amseln auseinander. Ich übte mich mit einigem Erfolg in der Rolle des Tölpels, der sie hin und wieder »aus Versehen« verjagte. Ich zog mich in Krankheiten zurück, um ihnen fernbleiben zu können. Tagsüber lag ich im Bett und sah stundenlang dem Kreisen der Fliegen um die Lampe an der Decke zu. Ich wartete auf den Winter, wenn die Tiere sich zurückzogen.
So ergibt sich alles auf Erden von Natur, sagte der Bruder, lud das Gewehr durch, zielte auf mich und schoss in die Decke.
Der Trick mit dem Kranksein hat übrigens bis heute funktioniert. Immer hatte ich was.
Ich erntete Spott. Im Stillen gaben sie mich auf. Ich fasste mir ein Herz. Ich ließ das Atmen; minutenlang. Der macht’s nicht lange, entschieden sie. Einmal richtig krank zu sein wünschte ich mir. Nicht nur immer Husten, Schnupfen. Wenn es hoch kam, Mumps. Einmal das Versteckspielen beenden können! Während sie die wahnwitzigsten Konkurrenzen austrugen. Sie rannten um die Wette. Sie tanzten bis zur Erschöpfung. Sie verdienten beachtlich, einer mehr als der andere. Und am Ende hatten sie durchaus schöne Mädchen zu häßlichen Witwen gemacht und ihre noch häßlicheren Kinder zu Halbwaisen. Sie sind alle früh in die Grube gefahren.
Ich lebe noch immer. So dahin. Was sollte ich sonst machen?
Ich habe einen unbehelligt gebliebenen Körper zu Ärzten getragen. Ich sagte, mir fehle nichts. Das werden wir nicht abrechnen können, antworteten sie. Sie begutachteten mich. Ich hatte mich früh von allen überflüssigen Körperteilen und Organen getrennt. Mandeln, Prostata, Blinddarm: alles raus damit! Was blieb, war ein träger Darm. Blutdruck? Immer bestens eingestellt. Rückenschmerzen? Kamen und gingen. Viel gewandert war ich dazu. Und noch mehr Alkohol. Unmengen, ja. Und täglich. Ein Leben lang. Ihr Urteil: Tipptopp!
Ich hätte zufrieden sein können. Warum ist mir der Leib trotzdem immer zur Last gefallen? Der Sexualtrieb? Dass ich ihn durchs Leben habe schleppen müssen, wo ich es doch lieber durchflogen hätte? Ganz langsam natürlich. Wenn du es nur verstanden hättest, einmal eine anzusprechen; wenn du das Geld gehabt hättest, sie auch nur einzuladen auf einen Kaffee! Natürlich nur Spitzenkräfte! Und wo es jeden Tag eine andere sein sollte? Huren? Nein. Lieber hätte ich mich kastrieren lassen.
Ich musste an den kleinen Marktplatz in der Seestadt denken. Ich hielt mich dort gerade auf. Von gegenüber sang ein alter Mann zum Akkordeon unendlich langsam ein russisches Lied mit unendlich vielen Strophen. Eine noch ältere Frau in einem beigen Wollmantel schleppte im Takt dazu ihr Bein nach, der Sonne entgegen, die eben im Herbstdunst versank.
Was hätte Fürchterlicheres passieren können? Dass ich mir am Ende den Fuß brach? Eine Bombe neben mir detonierte und mich in den Tod riss, mit all den unsäglichen Menschen? Ich wollte aus den Hosentaschen ein paar Münzen ausgraben, aber sie fielen durch ein Loch darin das Hosenbein hinab in den Stiefel. Ich zog die Stiefel aus und fischte sie raus. Ich erreichte das einzige Café, das ich hier kannte; aber dieses Café ohne Namen, auf dem, ah ja, Fanny-Mendelssohn-Platz, das unter einem alten Ahornbaum seine Tische und Stühle ausbreitete gegenüber einem Bunker aus den sechziger Jahren, der einmal die Firma Karstadt beherbergt hatte, äh, wie weiter? Bitte?
Mir fiel ein Lied ein. Ich stand auf, nahm einen Schluck Kaffee und sang: Es war an einem Frühlingstag im sonnigen Sorrent / Ein junges Mädchen und ein junger Mann / Die beiden gingen Hand in Hand durchs sonnige Sorrent / Und ihres Lebens schönste Zeit begann / Sie waren mit dem Herzen dabei / Und schworen sich ewige Treu / Und als er Abschied nahm / und nie mehr wiederkam / da weinte sie vor Gram / Auf der Reise in den sonn’gen Süden / traf ich eine Frau bezaubernd schön / Doch ihr Blick schien leer und ohne Frieden / in die weite Ferne hinzugehn / kein Wort auf meine Fragen / wollt sie mir zur Antwort sagen / bis mir eine andre dann erzählte / was der armen Schönen einst geschehn / (Es war … usw. wie oben).
Die wenigen Gäste applaudierten. Ich mochte das Lied. Es stammte von einem unbekannten Komponisten der fünfziger Jahre. Ich brach immer in Tränen aus, wenn ich es sang. So wie bei Bob Dylan, Jim Morrison, Robert Schumann oder Alban Berg. Jim Morrison, wo es hieß: Mother, I want to f… you. Der Frühlingstag war dagegen leicht zu singen. Terz hoch, Quinte runter, Quart hoch. Billiger ging es nicht. Aber zur Not sang ich alles. Lieder muss man parat haben. Es kann immer sein, dass man als Sänger gebraucht wird.
Schluss damit! Wollten wir nicht ein Buch schreiben? Ein Buch mit einem Helden? Und Action? Und all dem Gedöns? Und einer Heldin. Und da ist sie schon. Da geht sie. Sie trägt eine große schwarze Tasche auf dem Rücken. Sie setzt sich und bestellt einen Kaffee. Sie war die Einzige, die nicht applaudierte, als ich von Sorrent sang. Ihre dunklen Augen wischten gerade so über mich weg. Amüsement und Enttäuschung waren in diesem Blick. Als sie aufstand, wogte die Luft im Abstand von drei Metern rundum. Sie strich sich den Rock glatt. Sie war so groß gewachsen, dass ein Kleingewachsener eine Leiter hätte anstellen müssen. Und mit wie vielen kleingewachsenen Männern sie es wohl schon gehabt hatte!
In einer Aura von Düften wogte sie davon. Ist schon fast an mir vorbei, da fällt ihr die Tasche ein, die sie auf ihrem Stuhl zurückgelassen hatte. Sie greift danach und fischt sich heraus tatsächlich ein Schifferklavier, setzt sich wieder und beginnt zu spielen das Stück, das ich gesungen hatte zuvor. Eine kurze, getragene Einleitung, die das Thema anklingen ließ. Dann fiel sie in Trab und endete in einem rasenden Schlussteil.
Und ich war verliebt in sie mindestens einen Tag und eine Nacht. War in Gedanken schon unterwegs mit ihr. Nach Rom, die kleine Straße rechts von der Spanischen Treppe hoch zu dem Lädchen mit den bunten handgearbeiteten Stricksachen mit den Blumen und Applikationen drauf, von denen ich überzeugt war, dass sie ihr gestanden hätten, wenn ich nur irgendwie wieder zu Geld gekommen wäre. Oder so. Warum starren Sie so?, sagte sie, als sie das Akkordeon verpackt hatte. Und ich: Warum sehen Sie so gut aus? Wir hatten offenbar denselben James-Bond-Film gesehen, den – hoffentlich – allerletzten.
Die Brasilianisierung des Globus schritt fort. Die geringer verdienenden Deutschen mussten in billigere Viertel wegziehen. Deutsch hörte man dort kaum noch. Ein Prozent der Menschen auf der Erde besaß hundert Prozent des Vermögens. Ein Haufen zog mit Transparenten vorüber. Kapitalismus führt zum Faschismus, skandierten sie. Wir schüttelten die Köpfe. Einer sagte: Da sei doch wohl das Ende von weg.
Zurück zum neuen Buch. Eine Heldin hätten wir. Wir könnten sie jederzeit wiederauferstehen lassen. Der Held hat erst einen Namen. Er soll Althaus heißen. Nach jenem Althaus, nach dem mich Freunde von einst immer als erstes fragen, wenn wir uns nach vielen Jahren wieder begegnen. Was ist eigentlich aus Althaus geworden?
Ich lernte ihn kennen, als ich mit einem andern Freund, Maier, in Frankfurt studierte. Wir zogen nach der Vorlesung durch die wenigen leeren Kneipen; sie waren uns die liebsten. Wir zogen von einer Apfelwein-Kneipe zur anderen und lasen uns morgens unsere Gedichte vor. Maier wohnte damals noch bei seiner Mutter in Bornheim. Eines Abends, als ich ihn besucht hatte, sagte er, er müsse noch einmal zu einem Bekannten rüber; ob ich mitkomme? Hinter der Tür begann es nach dem vierten Klingeln zu rumpeln. Ein verschlafener dicker junger Mann öffnete uns und verschwand gleich wieder in einem Zimmer, das leer war außer einem Schreibtisch und einem zerschlissenen Sofa. Es roch, als sei da seit Jahren nicht mehr gelüftet worden. Er rollte sich am Kopfende wieder zusammen und ließ die zusammengekniffenen Augen vom einen zum andern zucken; und dabei drehte er unablässig den Kopf, als wollte er sich von einem Fremdkörper im Nacken am Kragen befreien.
Die erste Flasche Apfelwein war schnell getrunken. Althaus stellte eine zweite auf den Tisch. Wir hatten kaum ein Wort geredet. Prostata!, rief er auf einmal und fiel gleich darauf in einen Schlaf. Er schnarchte. Aber er schlief nicht. Aus schmalen Lidern behielt er uns im Auge. Wir trollten uns.
Althaus besuchte damals eine private Schauspielschule. Einmal sah ich ihn auf einer Studentenbühne. Er spielte einen Arzt, der einen Sterbenden besucht. Er muffelte ein bisschen trübe herum und schüttelte dann einer am Bett stehenden Frau die Hand. Er benahm sich wie der Pfarrer unserer Gemeinde, der ein paar Jahre zuvor, als mein Vater starb, in dessen Sterbezimmer eindrang, irgendwelche Bibelstellen deklamierte und uns am Ende die Hand gab. Ihr Herr Vater ist in Gottes Hand! Und dann, so schnell es eben ging, eh ich ihm in den Hintern trat, verschwand.
Althaus’ Unglück war, dass sein ganzes Interesse, sein ganzes Wesen über das Ziel, ein großer Schauspieler zu werden, hinausging. Er war überaus belesen, kannte wahrscheinlich alles von Dostojewski; er hatte sich, unnötigerweise, sogar durch den Mann ohne Eigenschaften gequält. Für »Spreschteschnik« blieb dabei nicht viel Zeit. Aber wir akzeptierten ihn; denn er brachte immer ein paar Mädchen mit. Mit seinem seltsamen Charme hatte er sie in der Schule zu beeindrucken gewusst. Und so, wie er alles gelesen hatte, wusste er über alles ein anzügliches Urteil zu fällen: Gogol? Laut Kraft-Ebing übrigens ein ausufernder Onanist. Ja, ja, die Klassiker … flötete er. Aber Brahms: das ist geerdete Metaphysik! Einwände ließ er am maliziösesten Lächeln abprallen, das mir je begegnet war.
Wir hatten uns gerade mal durch die mittelhochdeutsche Grammatik gequält, hatten begriffen, was Rhotazismus ist, und lasen altspanische Schelmenromane, die wir, halbversengt, in der hintersten Ecke der Bibliothek entdeckt hatten. Und so beeindruckte er auch uns. Dunkel deutete er an, dass er in einer Heilanstalt gewesen sei. Er wolle nicht mehr davon sprechen. Er nahm eine Tablette. Von Psychopharmaka quollen seine Taschen über. Auch so ein kleines Bömbchen? Er bot uns eine an. Hier, nimm die Grüne, das ist schweres Geschütz … Und mein Herz begann zu rasen. Alles placebo!, lachte er. Er fütterte auch die Mädchen. Und sie nahmen von ihm, nach einigem Sträuben. Die eine oder andere von ihnen fiel uns zu.
Er verriss, was sie gerade entdeckten. Er nannte Henry Miller einen »spätpubertären Wicht«. Es gab fast nichts und niemanden, zu dem er nicht sofort ein abfälliges Urteil parat hatte. Und manchmal sogar ein richtiges. Und während Maier seine Mädchen nach Schotten oder Rothenfels entführte, und ich meine auf der Universität herum, baggerte er an der Hauptwache an einer Apothekerin, die ihm Zugang zu ihren Verschlusssachen verschaffen sollte. An der Uni traf ich ihn wieder. Er kam aus einer Adorno-Vorlesung. Hochintelligenter Jude, sagte er. Aber schrecklich eitel. Und hoffärtig. Gegen Abend schlurften wir gemeinsam die Bockenheimer Landstraße runter ins Zentrum. In unseren schmuddeligen Sachen aus imitiertem Wildleder und ausgebleichten Cordhosen nahmen wir die Parade der Verkäuferinnen und Stenotypistinnen ab. Blicke wurden getauscht. Und hier und da gab es sogar ein Lächeln zurück.
Damals, im Frühling, war ich gerade für die studentische Arbeitsvermittlung bei einer Freifrau von N. zum Putzen gewesen. Sie hatte die Füße in eine Schüssel mit heißem Wasser getaucht, um die Hornhaut darin aufzuweichen. Sie saß in der Küche. Sie war eine Frau mittleren Alters und etwas verwundert, an der Tür einen Mann vorzufinden. Auf bloßen Füßen ging sie mir voraus und zeigte mir die Räume, die ich putzen sollte. Sie stellte Wischtuch und Schrubber mit dem heißen Seifenwasser dazu.
Dann zog sie sich in die Küche zurück, stellte die Füße in ihre Schüssel und ging, Rock leicht angehoben, der Hornhaut wieder zu Leibe.
Ich ging erst mal mit dem Staubsauger drüber. Und wie wir (laut Luther) nichts dafür können, dass die bösen Gedanken uns wie Vögel durch den Kopf fliegen, wohl aber, wenn sie sich darin Nester bauen, ging mir durch den Kopf, dass ich sie niederschlagen und berauben könnte. Und versunken in den Untiefen solcher Gedanken, hatte ich augenblicklich die ganze Tapete mit braunem Bohnerwachs bespritzt. Wegwischen ging gar nicht. So schloss ich kurz die Zimmertür und schob das linker Hand stehende schwarze Buffet vor die verschmutzte Stelle. Wenn sie kam und die Zimmertür verschlossen vorfinden sollte, wollte ich einfach sagen: Ich hätte das Möbel nur kurz verstellt, um dort zu wischen. Selbstverständlich würde alsbald alles wieder an seinem Platz sein. Gottlob blieb sie bei ihrem Fußbad.
Ich beendete die Arbeit und erbat das Geld, das sie schon bereitgelegt hatte. Die Angst schien von ihr abzufallen. Und nun bemerkte sie doch, dass ihr Buffet versch...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titel
  3. Inhalt
  4. Drei Freunde
  5. Die Reise ins Böhmische
  6. Künstlernovelle
  7. Sommer mit Waschbär
  8. La Follia
  9. Das Springtau
  10. Kurze Beschreibung des Lebens des Bruders
  11. Nachweis der Erstveröffentlichungen
  12. Impressum