Die Liebenden von Mantua
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Die Liebenden von Mantua

Roman

  1. 276 Seiten
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Die Liebenden von Mantua

Roman

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Über dieses Buch

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2015!Ein großer Roman über eine neue Liebesutopie.Seit 6000 Jahren lagen sie sich in den Armen: Als 2007 die aus der Jungsteinzeit stammenden Skelette zweier junger Menschen bei der Stadt Mantua ausgegraben wurden, gingen die Bilder um die Welt. »Romeo und Julia aus der Steinzeit" - so lautete die Sensationsmeldung. Dann kamen die Krise und der »verfluchte Frühling", das Erdbeben im Mai 2012, die Renaissance-Stadt Mantua hatte andere Sorgen.In Ralph Dutlis Roman ist das berühmte Steinzeitpaar nach Untersuchungen in einem archäologischen Laboratorium plötzlich verschwunden, und so macht sich der Schriftsteller Manu auf die Suche. Doch bald ist er selber unauffindbar. Entführt auf das Anwesen eines dubiosen Grafen, soll er eine neue Religion der Liebe begründen helfen, nicht mit dem Gekreuzigten als zentralem Symbol, sondern mit dem Bild der Liebenden von Mantua...In einer Zwischenwelt aus Realität und Traum flimmert das Mantua der Renaissance, der Maler Mantegna soll noch einmal sein berühmtes »Zimmer der Vermählten" malen, der Dichter Vergil fliegt als erstaunter Beobachter über seine Heimatstadt Mantua, und es geschehen mehrere merkwürdige Morde.»Die Liebenden von Mantua" ist ein Roman über die Erdbebenzonen des Lebens, über eine neue Liebesutopie, über Religion und Renaissance, den unsicheren Status der Wirklichkeit und die unheimliche Macht der Schrift.

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Information

Verlag
Wallstein
Jahr
2015
ISBN
9783835327955
MANTUA EINS

VERFLUCHTER FRÜHLING

Siehst du den Riss in dem riesigen Turm da oben? Vom Dach her schlängelt er sich durch das dicke Gemäuer herunter bis zu den Dächern der niedrigeren Stadthäuser an der Piazza Mantegna. Eine schwarze Zickzacklinie hat sich in das schmutzige Rot der Ziegelsteine eingerissen. Sehr dekorativ, nicht wahr? Es ist die Handschrift eines Gottes, ein kleines Muster seiner herrischen, launisch verschnörkelten Handschrift. Bevor du fragst, wie der Gott heißt, verrate ich es dir: Er heißt Terremoto.
Manu muss sich jetzt über das Tischchen nach vorn beugen, um noch irgendetwas zu hören, weil der kleine Platz vor dem Café Miró summt wie ein Bienenstock vom vorabendlichen italienischen Palaver. Der Kellner hält artistisch das Tablett in die Höhe voller Tässchen und bauchiger Gläser, mal gelb, mal rot, mal abendsonnenorange. Er hat alles im Blick.
In der Erinnerung wird Manu Kaffeeduft für hundert Plätze und Räume einatmen, links, rechts, halluzinatorische Kaffeeduftschwaden, vom Palaver noch gesteigert, und er wird ein Gesumm wie von einem riesigen Bienenschwarm hören, der sich auf die Piazza verirrt hat. Es müsste bis in die stille Basilika Sant’Andrea da drüben dringen, wo hinter einer schmucklosen Grabplatte in der ersten Kapelle linker Hand die Gebeine des Malers Andrea Mantegna ruhen, heimgekehrt, sanft gewiegt von seinem Namenspatron. Ob er das Gesumm hören kann? Ob er ihr Palaver verstehen kann? Manu kann sein Kopfschütteln sehen.
Und weißt du was? Der Turm da wird irgendwann einstürzen, alle Häuser unter sich begraben und Schutt und Steine durch die umliegenden Straßen und Gassen jagen. Eine riesige Staubwolke wird aufsteigen, das Schreien und Stöhnen der verschütteten Menschen aber wird keiner hören, das gewaltige Gerumpel der roten Steine wird alles übertönen. Und was tun wir? Wir sitzen hier im Café und schlürfen unseren Espresso oder Amaretto und schauen hinauf zum schwarzen Riss, der schon jetzt vor unseren Augen breiter werden könnte, bis … es keine Piazza Mantegna mehr geben wird. Aus und vorbei.
Manu muss lächeln.
Jetzt erkenne ich dich wieder, Raffa, alles in Ordnung, du bist es.
Raffa schaut ihn fragend an.
Du warst schon damals ein … wie soll ich sagen, ein Katastrophiker, Katastrophologe, Katastrophopathetiker, weißt du noch? Aber wir haben dich durchschaut, mein Lieber: Wer permanent mit dem Schlimmsten rechnet, wird oft maßlos beglückt, nicht wahr? Als wollte ihn das Leben auch noch damit verhöhnen, dass es nie seinen Vorstellungen entspricht.
Raffa verzerrt das Gesicht zu einer Grimasse.
Ja, maßlos beglückt, darf ich lachen?
Manu ist es, der lacht, er wird sich später immer wieder über diesen unglaublichen Zufall wundern. Sie hatten in Paris nicht weit voneinander gewohnt, Boulevard Arago und Rue de la Tombe-Issoire, und sich jede Woche zwei- bis dreimal gesehen. Dann hatten sie sich aus den Augen verloren, der Gott des Erdbebens mag ahnen, warum, und ohne voneinander zu wissen drei Jahre gleichzeitig in Barcelona gelebt, fünfhundert Meter Luftlinie entfernt, ohne einander je über den Weg zu laufen, in keinem Supermarkt, in keinem Café der Ramblas oder Barcelonetas, wie ist das möglich? Wer steuert unsere Füße blind am andern vorbei? Und dann findet man plötzlich und unangekündigt wieder am unglaublichsten Ort zusammen?
Merkwürdig, dass wir uns hier in Mantua treffen. Eine Stadt, in der ich vorher nie war, du schaust zufällig zur Seite und in eines der Gesichter auf dem Platz vor dem Café Miró, das Gedächtnis zögert nur eine Sekunde lang, rüttelt ein bisschen und spuckt dir schon den Namen aus. Das ist doch … kaum zu glauben … doch … er ist es … aber sicher. Wir werden älter, aber unsere Gesichter erinnern sich noch vage an uns. Wie schön, hier in Mantua, genau ein Jahr nach dem Erdbeben, einem erprobten Katastrophenkenner zuzuflüstern, dass alle Freunde ihn für einen Glückspilz hielten.
Und du hattest dauernd die Zeilen von diesem Kanadier auf den Lippen, wie gingen sie schon wieder? There is a crack, a crack in everything – that’s how the light gets in.
Ja, es ist ein Riss, ein Riss in allem Schein! – so schwappt das Licht herein. Ich hatte für mein Leben noch eine andere Variante. Es ist ein Riss, ein Riss in allem jetzt – so kommt das Licht herein zuletzt … Wie du willst. Womit wir wieder bei deinem Riss da oben wären. Was machst du eigentlich in Mantua?
Durch diesen Riss wird kein Licht hereinschwappen. Ich schreibe eine Reportage über die Erdbebenschäden, für das letzte Magazin, das mir noch Brot zuwirft. Die gestressten Engel dort warten schon darauf. Sie drohen mir mit der Faust. Mantua, genau ein Jahr danach. Aber ich war schon dreimal hier. Und ich beobachte die Menschen, wie sie nach den heftigen Stößen und Zerstörungen wieder zum Alltag übergehen, als sei nichts wirklich Großes vorgefallen. Als ob der Alltag stärker wäre als die Apokalypse. Die maledetta primavera, so nannten sie ihn, den verfluchten Frühling vom Mai 2012, und doch sollte er sich rasch verflüchtigen. Wir haben immer schon den nächsten flüchtigen vor Augen.
Vielleicht ist nur so das Leben möglich? In der störrischen Sorglosigkeit? Im seligen Vergessen dessen, was uns sonst noch immerzu blühen könnte?
Natürlich vergessen sie es nicht, sie verdrängen es vielleicht. Und ein Unheil verdrängt das andere. Hier herrscht noch eine andere Göttin, verstehst du, die sich dem Gott Terremoto gerne anschmiegt: La Crisi. Die Fabrikschließungen draußen in den Vorstädten, in der Po-Ebene, die Zwangsräumungen, der lähmende Geldmangel, der verhindert, dass die Erdbebenschäden rasch behoben werden. Und ich, weißt du, beobachte hier den Auftritt dieses fabelhaften Götterpaares vor einer prachtvollen Renaissancefassade, in einer der vor kurzem noch reichsten und schönsten Städte Italiens. Gott und Göttin hatten es eilig, hier Residenz zu nehmen.
Die ganze Menschheit thront doch auf einer albernen, flatterhaften Vergesslichkeit. Hätte man dauernd das ganze Paket an möglichem Unglück vor Augen, man würde kopflos den raschen Ausgang wählen. Lass uns darauf trinken …
Es ist 4 Uhr 04, in der Emilia Romagna beginnt die Erde zu beben, das Epizentrum liegt nicht weit von hier, zwischen Modena und Mantua. Es ist der 20. Mai 2012. Ein Sonntagmorgen. Der Gott Terremoto ist erwacht. Er grollt, er lässt die Häuser wanken, lässt Mauern und Türme einstürzen, Balkone macht er wackeln, Tausende Kirchen und Paläste packt er mit der Faust, schreibt Risse in Decken und Gemäuer. Im Innern der Erde rumort es, Tiefe: sechs Kilometer unter der Erdoberfläche. Die Halbinsel wird noch immer vom afrikanischen Erdteil gegen Norden geschoben. Der Gott will den Stiefel stauchen, lässt die Platten aufeinanderkrachen.
Die Zeiger auf der nach oben offenen Richterskala besagen Sechskommanull – glaub mir, sagt Raffa, das ist ein gewaltiger Stoß. Am schlimmsten war es in einem Ort mit dem Namen Finale Emilia. Merk dir den Namen: FINALE.
Manu reckt triumphierend den Zeigefinger Richtung Basilika und versucht, ernsthaft auszusehen. Der Ausdruck auf seinem Gesicht stoppt Raffa für einen Augenblick. Manu raunt:
Oho, nun bricht der Apokalyptiker wieder durch, der alten Rolle treu. Unser Joint venture Jeremia-Jesaja von der Rue de la Tombe-Issoire. Unser katalanischer Johannes auf Patmos im vierzehnten Stadtbezirk. Lass uns noch einen Kaffee …
Dem mittelalterlichen Uhrturm mitten im Städtchen Finale ist zunächst die eine Hälfte weggeborsten, das Zifferblatt mittendurch gebrochen. Die eine Hälfte hängt noch oben, die andere liegt unterm Schutt auf dem Boden. Der Turm der Zeit ist zerfetzt, die Zeit ist entzwei. Warte, ich zeige dir das Bild … Aber was du hier siehst, gibt es nicht mehr. Bei einem Nachbeben ist auch noch die andere Hälfte des Turms eingestürzt, nur ein Schutthaufen blieb übrig, hat beide Teile des Zifferblattes unter sich begraben.
Manus Lächeln ist verflogen, er muss jetzt etwas einwenden:
Die Zeit ist vielleicht eingestürzt, doch wird sie wieder aufstehen, glaub mir, und sich an andere Türme heften, aber ich muss an die Toten, Verletzten, Obdachlosen denken. An die einzig zählende Lebenszeit. Die Zeit an sich ist gegen sich selbst immun, sie ist ohnehin obdachlos, eine phänomenale unbehauste Landstreicherin.
Große Schäden in den Provinzen Modena und Ferrara, vereinzelte Todesopfer, Tausende werden obdachlos. Der herrische Gott Terremoto will seine Opfergaben. Das schwerste Beben seit fünfhundert Jahren. Neun Tage später, am 29. Mai 2012, folgt noch eines, Terremoto ist noch nicht satt, Magnitude 5,8 im Buch der Richter, Epizentrum bei Medolla, und es gab hundert Nachbeben in Norditalien. Die Halbinsel ist tektonisch wackelig. Mal kracht es dreißig Kilometer unter der menschlichen Zuckerschicht, mal nur neunhundert Meterchen. Das ist ganz nah bei unseren Herzen und Köpfen. Cara Italia!
Manu ist verblüfft und flüstert:
Du weißt aber Bescheid, das Erdbeben hat dich gepackt.
Ja, aber ich muss mich verbessern. Ich glaubte, die Menschen lebten hier auf einem Vulkan. Eben nicht. Mantua ist keine akute Erdbebenzone. Dass es hier zuschlug, kam unerwartet. Keine gewohnheitsmäßige Gefährdung, die drei Seen oder Seeabschnitte, die die Stadt umschließen wie ein pralles wassergefülltes Polster, sollen, das hat mir hier einer erklärt, die Stadt stabilisieren. Und dennoch ist es eingetroffen. Trotz des Polsters. Terremoto kümmert sich einen Dreck um das Polster.
Alles ist jederzeit unvorhergesehen. Und die Erdbebenzonen des Lebens, was meinst du, was die mit mir und mit dir angestellt haben?
Es war fast so stark wie vor vier Jahren, am 6. April 2009 in den Abruzzen, bei dem frühmorgendlichen Beben der Stärke Fünfkommanull bis Sechskommadrei, mit den dreihundert Toten, eintausendsechshundert Verletzten, den fünfzigtausend Obdachlosen.
Ich habe Bilder gesehen. Die Altstadt von L’Aquila. Die Folgen der Verwüstung sind noch längst nicht behoben. Die meisten Menschen leben noch heute im ewigen Provisorium am Stadtrand.
Manchmal glaube ich, die Erde will uns abschütteln von ihrem Buckel, wir machen hier zu viel Mist. Wir schwimmen auf einer unruhigen Erdplatte wie auf einem Floß. Ein Wunder, dass wir hier sind und plaudern wie in alten Zeiten.
Lass uns auf diesem Floß noch einen trinken. Cameriere!
Verona und andere Städte der Po-Ebene wurden vor neunhundert Jahren in Schutt und Asche gelegt, das nächste Mal, vierhundert Jahre später, traf es Ferrara am schlimmsten. Die Menschen glauben jedes Mal: Es wird jetzt wohl wieder vier- bis fünfhundert Jahre dauern, was kümmert’s mich, ich tute dann schon anderswo, mehr als hundert werd ich nicht …
Wir können das auch nicht von uns behaupten. Was suchst du hier wirklich? Mantua war doch keines der seismischen Großereignisse. Mantua ist nicht Haiti mit seinem Goudougoudou, Mantua ist nicht Kobe oder Fukushima. Hier ist doch ein prachtvoller Nebenschauplatz der Welt, eines der stilleren, abgelegenen Latifundien des Gottes Terremoto, vielleicht hat er hier nur gespielt, wer weiß.
Es ist ein Auftrag, Brotarbeit, aber es lehrt vielleicht einiges über die Gemütsverfassung der Menschheit. Und die Nebenschauplätze interessieren mich ohnehin. Die rot-weißen Bänder wurden sehr rasch abgerupft und die Absperrgitter um den großen roten Turm bald schamvoll beiseitegeschoben. Sie standen noch eine gewisse Zeit an den Hauswänden herum, dann waren sie plötzlich verschwunden. Der Palazzo del Podestà muss wegen der Schäden komplett restauriert werden, dort klaffen gewaltige Risse. Du fragst dich, wie der überhaupt noch aufrecht stehen kann. Der Durchgang zur Hinterseite, wo auf dem Wochenmarkt die bizarrsten High Heels, hirnrissige Tischtücher und kunterbunte T-Shirts verkauft wurden, ist noch gesperrt, aber wart’s nur ab, bald werden die Klamotten sich an keine Katastrophe mehr erinnern wollen. Der starrköpfige Alltag triumphiert, alle wollen wieder Geschäfte machen, der Klamottenmann, die Kaffeekrämer, die Geldwechsler, die Lieferanten der Schweinehälften, klar. Und weißt du was? Auch wir gehören zu den ewig Hoffnungsfrohen.
Du doch nicht, mach keine Witze.
Und was machst du in Mantua? Wie geht es Laure? Lebt ihr noch zusammen?
Manu überhört die Frage, versucht, einen Kellner herbeizurufen.
Eine Illusion zu glauben, es habe sich alles beruhigt. Alles längst kaputt, aber es wird schon nichts passieren. Die Menschheit ist sorglos bis zum Wahnsinn. Aber Terremoto ist ein unheimlicher Gott, der wieder zuschlagen wird. Schon das Wort jagt dir Angst ein, das deutsche Erdbeben scheint harmlos dagegen. Es schmeichelt eher deinem Mund, die Lippen tupfen nur leicht aufeinander. Das italienische Wort bricht mit monströs rollendem Doppel-R aus der Gurgel hervor. Es entspricht viel eher dem Katastrophen-Cocktail der Welt. Und auch wenn die Wörter ahnungslos sind, den TERROR hörst du mit.
Was sollten die Menschen denn tun? Die ganze Po-Ebene evakuieren? Oder eben reparieren, so gut es geht, und sich in den Trümmern einrichten? Die Menschheit hat genau das schon immer geübt. Flickwerk passt zu uns, genau darauf verstehen wir uns bestens. Der Mensch gewöhnt sich an alles, und wenn er einen Orden verdient, dann für seine Zählebigkeit. Gewöhnung wiegt sein Seelenheil. Stahlseile, Schuttberge, Trümmerhaufen, Rote Zone, Absperrbänder, stützende Eisenstangen, und wir schlängeln uns hindurch durchs Leben. Flickwerk und Slalom, darauf trinken wir noch einen. Das ganze Leben ist eine Erdbebenzone, wir wissen nie, wann es wieder losgeht. Wir täuschen uns selbst, übertölpeln uns beständig. Wir müssen irgendwie weiterstolpern.
Und Raffa wiederholt die überhörte Frage:
Und was machst du in Mantua? Wie geht es Laure?

DIE LIEBE NACH
SECHSTAUSEND JAHREN

Lass mich von was anderem … Erinnerst du dich an die Liebenden von Valdaro?
Nie gehört, irg...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Mantua eins
  5. Mantua zwei
  6. Mantua drei
  7. Inhalt