ANHANG
Zu dieser Ausgabe
Textgrundlagen dieser Ausgabe bilden die Erstausgabe von Gefängnis (Berlin: Erich Reiss Verlag 1919), das Typoskript Das graue Haus aus dem Nachlass Emmy Hennings im Schweizerischen Literaturarchiv (SLA) und das Typoskript Das Haus im Schatten aus dem Nachlass Hermann Hesse im Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA).
Überlieferung
Gefängnis
Gefängnis / von / Emmy Hennings / Erich Reiß Verlag Berlin 1919
178 S., 19,6 × 13,3 cm. Frakturschrift. Pappeinband und Broschur. Widmung: »Hugo Ball zugeeignet«.
Gefängnis erschien Ende April 1919 im Erich Reiss Verlag (© 1918). Im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Nr. 46 vom 27. Februar 1919, erschien eine Vorankündigung für Hennings’ Gefängnis (Abb. 13, S. 504), und im Börsenblatt Nr. 84 vom 29. April 1919 wurde es unter den Neuerscheinungen aufgeführt. Eine zweite Auflage wurde 1920 angezeigt, aber nicht realisiert. Neudrucke: Verlag Büchse der Pandora (Wetzlar cop. 1980, 133 S.) und Ullstein Verlag in der Reihe »Die Frau in der Literatur«, Nr. 30167 (Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1985, 147 S.), mit einem Nachwort von Heinz Ohff.
Das graue Haus
DAS GRAUE HAUS / von / Emmy Hennings / <hs.:> Emmy Hennings
Undatiertes Typoskript mit maschinen- und handschriftlichen Korrekturen im Nachlass Hennings im Schweizerischen Literaturarchiv (Bern). 127 S. Auf der Innenseite des Einbands mit rotem Farbstift in grosser Schrift: »Emmy Ball-Hennings / Cassina d/Agno / bei Lugano«, darunter kleiner mit Bleistift: »(Dr Saager) / (Massagno)«.
Beim Typoskript Das graue Haus (SLA) handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine von Hugo Ball im Juni 1924 angefertigte Abschrift von einer verlorenen Hennings-Handschrift. Es sind keine weiteren Textträger überliefert. Das graue Haus ist bislang unpubliziert.
Das Haus im Schatten
DAS HAUS IM SCHATTEN / Eine Erzählung aus dem Gefängnis / Emmy Hennings
Typoskript mit hand- und maschinenschriftlichen Korrekturen im Nachlass Hermann Hesse im Deutschen Literaturarchiv in Marbach. 192 Seiten. Es wurde mit einer handschriftlichen Widmung versehen: »für Ninon zu H. H’s Geburtstag / von Emmy / 2. Juli 1930, Cassina d/Agno«. Ein Typoskriptdurchschlag liegt im Nachlass Hennings, Schweizerisches Literaturarchiv (SLA). Eine Kopie des SLA-Durchschlags befindet sich in der Hugo-Ball-Sammlung der Stadtbücherei Pirmasens.
Die maschinenschriftlichen Korrekturen sind bei beiden Texten identisch, ebenso der Großteil der handschriftlichen Wortkorrekturen und Einfügungen. Diese wurden mit schwarzer Tinte vorgenommen, vereinzelt auch mit Bleistift. Die handschriftlichen Korrekturen im DLA-Typoskript stammen von der Hand Emmy Hennings’, während sich im SLA-Durchschlag sowohl Korrekturen aus der Hand von Hennings als auch aus fremder Hand finden. Da der weitaus überwiegende Teil der Korrekturen allerdings Satzzeichen betrifft, ist eine abschließende Beurteilung der Korrekturgänge und der beteiligten Personen nicht möglich. Ferner weisen beide Typoskripte eine Anzahl voneinander abweichender Korrekturen auf, so dass nicht endgültig entschieden werden kann, welches die Fassung letzter Hand bildet. Das DLA-Typoskript enthält eine zusätzliche Seite mit einer für den inhaltlichen Zusammenhang wichtigen Ergänzung, die im SLA-Typoskript fehlt. Deshalb wurde das DLA-Typoskript als Textgrundlage für die vorliegende Ausgabe gewählt.
Teilabdruck in: Hugo Ball Almanach, 18. Folge. Hg. von der Stadt Pirmasens, bearbeitet von Ernst Teubner. Pirmasens 1994, S. 104–137.
Textgestaltung
Die Textkonstitution folgt in Orthografie, Grammatik und Interpunktion den jeweiligen Textgrundlagen.
Gefängnis
Weder ein Manuskript noch Vorstufen dieses Textes haben sich erhalten; daher dient als Textgrundlage die Erstausgabe. Korrigiert wurden lediglich zwei offensichtliche Druckfehler (»vuch« anstatt »auch«; »steben« anstatt »stehen«) sowie drucktechnisch bedingte Unregelmäßigkeiten (nicht Linie haltende Buchstaben). Von orthografischen Standards abweichende Schreibungen (»rythmisch«, »Lawendel« u. ä.) wurden unverändert übernommen. Die Umlautschreibung ae, oe, ue wurde beibehalten. Die Interpunktion wurde belassen, lediglich fehlende Anführungszeichen und Punkte am Satzende wurden eingefügt; sie werden separat ausgewiesen. Sperrungen im Erstdruck sind kursiv wiedergegeben.
Das in der Autorenbibliothek von Emmy Hennings und Hugo Ball im Schweizerischen Literaturarchiv befindliche Exemplar der Erstausgabe enthält eine Reihe handschriftlicher Korrekturen von Hennings sowie Streichungen mit Bleistift, Farbstift und Feder. Diese Korrekturen wurden nicht in die vorliegende Ausgabe aufgenommen.
Das graue Haus und Das Haus im Schatten
Die edierten Texte Das graue Haus und Das Haus im Schatten halten sich eng an die jeweilige Vorlage. Orthografie und Zeichensetzung wurden bei beiden Typoskripten unverändert übernommen. Textraumnutzung und Korrekturen in den Typoskripten machten bei der Textkonstitution allerdings gewisse Anpassungen notwendig. Die differenzierten, aber nicht einheitlich gesetzten Einzüge und Absätze in den Typoskripten Das graue Haus und insbesondere Das Haus im Schatten wurden standardisiert. Unregelmäßige Wortabstände wurden vereinheitlicht und überschüssige Leerschläge zwischen Satzzeichen und Worten eliminiert, fehlende Abstände zwischen zwei Wörtern jedoch belassen. Der im Haus im Schatten zur Kennzeichnung von Abschnitten verwendete Buchstabe »X« wurde durchgängig linksbündig gesetzt und mit je einer Leerzeile vom vorherigen und vom folgenden Text abgesetzt. Da Zeilenumbrüche und Absätze im Haus im Schatten häufig nicht eindeutig zu ersehen sind, wurde in Zweifelsfällen nach der inhaltlichen Logik entschieden. Am Ende wörtlicher Rede wurde in Zweifelsfällen ein Zeilenumbruch gesetzt.
Im Unterschied zum Haus im Schatten entspricht das Typoskript Das graue Haus weitgehend zeitgenössischen orthografischen Konventionen. Vom Standard abweichende Groß- und Kleinschreibung, doppelte Umlaute (»träümen«) sowie Flüchtigkeits- und Tippfehler (»schiefv«, »kannn«) wurden nicht bereinigt. Lediglich kaum sichtbare und überflüssige Einzelbuchstaben wurden entfernt; diese Eingriffe werden separat verzeichnet. Vor allem Das Haus im Schatten orientiert sich im Sprachgebrauch deutlich an der mündlichen Sprache. Davon zeugen Schreibweisen wie »schwindlich«, »Shynxs« oder »Shakespiare«, die nahe legen, dass es sich hier nicht um fehlerhafte Orthografie handelt, sondern durchaus um eine bewusste Entscheidung seitens der Autorin. Dies gilt auch für die Eindeutschungen von Fremdwörtern (»kouragiert«) und unkonventionelle Wendungen (»den gleichen Schritt wie die andern innezuhalten«). In Grammatik und Syntax wurde nicht eingegriffen; auch die Interpunktion blieb unverändert. Dies betrifft insbesondere die uneinheitliche Verwendung von Apostrophen und Auslassungspunkten (zwei, drei oder vier Punkte) und die Kommasetzung. Häufig lässt die scheinbar willkürliche Kommasetzung einen spezifischen Rhythmus beim Lesen erkennen, den es zu bewahren galt. Fehlende Anführungs- und Satzzeichen, Buchstaben und Wörter wurden nicht nachträglich eingefügt. Lediglich durch den Seitenrand ganz abgeschnittene Buchstaben wurden in spitzen Klammern rekonstruiert (»vielleich(t)«). Unregelmäßige Wortabstände sowie fehlende Leerschläge nach Punkt oder Komma wurden normalisiert. Übereinander liegende Zeichen und Buchstaben wurden entzerrt. Worttrennungen am Zeilenende führen im Haus im Schatten in Einzelfällen zu fehlerhaften Buchstaben- und Wortwiederholungen, diese wurden im edierten Text eliminiert. All diese Eingriffe werden separat aufgelistet.
Beide Typoskripte weisen wenige maschinen- und handschriftliche Streichungen, Überschreibungen und Korrekturen auf. Beim Grauen Haus wurden handschriftliche Streichungen und Einfügungen mit Bleistift vorgenommen, beim Haus im Schatten mit Bleistift und Tinte. Bei beiden Typoskripten wird die letzte Korrekturstufe wiedergegeben, d. h. sämtliche maschinen- und handschriftlichen Änderungen wurden übernommen. Bei nicht eindeutigen Korrekturen wurde nach der sprachlichen Korrektheit entschieden.
Folgender Einzelfall tritt auf:
Das graue Haus, S. 143: Damit [ ] ich mich alleine abzufinden,
Im Typoskript verweist ein handschriftlicher Pfeil auf das fehlende Wort, dieses wurde allerdings nicht eingefügt. Die fehlende Einfügung wird im edierten Text mit einer leeren eckigen Klammer ausgewiesen.
Kommentar
Der Kommentar umfasst Wort- und Sacherklärungen sowie Angaben zu Personen und Orten. Er enthält den Nachweis von Gebet- und Bibelstellen, von Liedzitaten und Zitaten aus literarischen Texten anderer Autoren. In allen drei Gefängnis-Texten finden sich eine Vielzahl von Anspielungen auf Volkslieder und populäre Schlager, auf volkstümliche Weisheiten und geflügelte Worte, auf Bibelstellen und Heiligenlegenden. Ferner finden sich Anspielungen auf Werke der Bildenden Kunst, Musik und Literatur und nicht zuletzt inhaltliche Querverweise auf Texte von Emmy Hennings, insbesondere den Tagebuchroman Das Brandmal und die späteren Autobiografien. Der Kommentar macht diese Referenzen dem heutigen Leser zugänglich. Denn dieses volkstümliche und religiöse Bildungsgut, das in alle drei Gefängnis-Texte eingelagert ist, bezieht sich auf einen kulturellen Subtext, der zum Teil weiterhin als bekannt vorausgesetzt werden darf, zum Teil als verloren oder nahezu vergessen bezeichnet werden kann. Die Zitate tragen die Handlung, geben jedoch nicht aktiv einen Deutungsschlüssel in die Hand. Sie sind vielmehr einer Erzählperspektive geschuldet, die sich an Gesehenem und Gehörtem geradezu festzuhalten scheint, ständig nach Vergleichen sucht oder bereits Gelesenes herbeizitiert, in dem Versuch, ein unverständliches und traumatisches Erlebnis abzubilden und gleichzeitig zu verarbeiten.
Für die Kommentierung wu...