Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa
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Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa

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Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa

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Das aufgeklärte Sozietätswesen im östlichen Teil Mitteleuropas war bisher nur unzulänglich erforscht. Die Sozietäten erweisen sich als dynamische Wissensräume und typische Kristallisationskerne der Aufklärungsbewegung. Sie sind Träger und Beförderer der aktuellen philosophisch-literarisch-wissenschaftlichen Diskurse und haben die gesellschaftlichen Transformationsprozesse der Zeit gefördert. Basierend auf einer Typologie der Sozietätsbildung (Akademien und Gelehrtengesellschaften; patriotische, ökonomische und gemeinnüzige Sozietäten; Lese- und Volksgesellschaften; Geheimgesellschaften; Salons) wird die Eigenentwicklung des Phänomens, insbesondere in den Habsburgischen Erbländern erarbeitet und die Rolle der Sozietäten und ihrer Mitglieder in den literarischen und wissenschaftlichen Prozessen dieser Region exemplarisch dargestellt, um die Bedeutung der Reformgesellschaften für Literatur und Wissenschaft im Netzwerk der lokalen, regionalen und gesamteuropäischen Aufklärungsprozesse aufzuzeigen, intellektuelle Netzwerke aufzudecken, die Bedeutung der Sozietäten für die Institutionalisierungsprozesse in Literatur und Wissenschaft zu erfassen und dadurch einen Beitrag zum Aufklärungsdiskurs unserer Tage zu leisten.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110633832

III Autoren, Sammler, Wissenschaftsorganisatoren und die Freimaurerei

Der Netzwerker Ignaz von Born

Anmerkungen zu einem umtriebigen Gelehrtenleben im Allgemeinen und zu den Physikalische Arbeiten der einträchtigen Freunde in Wien im Besonderen
Andrea Seidler
„Wir haben nichts mit den Wissenschaften ausgerichtet, so lange sie nur in Studierzimmern und Hörsälen herrschen, sie müssen in Umlauf kommen, (…) sie müssen sich verweben in das gemeine Wesen, Gegenstand gesellschaftlicher Unterhaltung werden, und so Theilnehmung und Geist der Thätigkeit und Gewerbsamkeit durch alle Stände verbreiten.“
Otto von Gemmingen, Vorwort Wiener Ephemeriden (1786)1

Zum kulturellen Umfeld

Der gelehrte Journalismus setzte in Wien erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts ein. Neben Moralischen Wochenschriften, Unterhaltungsblättern, später auch spezifisch auf die sich diversifizierenden Naturwissenschaften ausgerichteten Blättern erschienen ab den 70er Jahren auch Zeitschriften, die sich der Verbreitung aufgeklärten Wissens und vor allem der Verbreitung von Wissen über die unmittelbare Region oder das geographische Gebiet der Habsburger Monarchie widmeten. Wien war einerseits katholisches wissenschaftliches Zentrum, der Sitz der Universität (seit 1365) und ab den 60er-Jahren auch ein Ort für Freimaurerlogen – sowie der infrastrukturellen Einrichtungen, die die Entfaltung der gelehrten Presse beförderten, ja überhaupt erst ermöglichten, wie die Druckereien, Verlage und auch die Zensurbehörden. Es gab allerdings in der Hauptstadt des Kaiserreiches keine wissenschaftlichen Akademien,2 eine solche wurde trotz zahlreicher früherer Initiativen und Pläne für gelehrte Gesellschaften, die auf ihre Umsetzung warteten, erst im späten 19. Jh. gegründet.
Aus der umfangreichen Zahl gelehrter Journale3 möchte ich eines, exemplarisch vor allem auf das dahinter stehende Netzwerk hin, analysieren, und zwar die Physikalischen Arbeiten der einträchtigen Freunde in Wien (Abb. 14).4 Daher liegt mein Fokus auf dem Wirken des über die Monarchie hinaus bekannten Naturgelehrten Ignaz von Born, dem Herausgeber des Blattes. Born wurde in Siebenbürgen geboren, wuchs in Wien auf, studierte in Prag, war Beamter unter der Regierung Maria Theresias und Josephs II. Sein Anliegen war es, der Wissenschaftsausübung innerhalb der Monarchie einen institutionellen Rahmen zu geben. Dass dieser Rahmen neben seinen Ämtern, die ebenfalls Verwaltung von Wissen zum Inhalt hatten, die Freimaurerei sein würde, zeichnete sich bereits während seiner Prager Jahre ab. Ich sehe in Born und seiner Tätigkeit einen archetypischen Repräsentanten der weit vernetzten Gelehrtenwelt habsburgischer Prägung. Er zeigt uns, wie man Netzwerke im 18. Jahrhundert als eine Ressource und somit als individuelles und kollektives Sozialkapital gezielt aufbauen und nutzen konnte. Sein gesamtes Lebenswerk basiert auf und ist abhängig von der Interaktion zwischen einzelnen, ähnliche Ziele verfolgenden Akteuren. Born gesellschaftliches Ansehen, seine Macht, wurde befördert durch seine Zugehörigkeit zu Elitegruppen seiner Zeit. Diese Gruppen definierten sich nicht durch eine gemeinsame Herkunft, nicht durch eine angeborene soziale Stellung, nicht durch das damit verbundene Prestige, sondern durch ihren Einfluss auf dem Gebiet der Wissenschaften, der Forschung und der Wissenschaftsorganisation. Auch die Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ in Wien, der Born eng verbunden war, verstehe ich als eine solche Gruppe.5
Abb. 1: Titelblatt der Physikalischen Arbeiten, 1783.
Abb. 2: Illustration aus den Physikalischen Arbeiten.
Abb. 3: Illustration aus den Physikalischen Arbeiten.
Abb. 4: Illustration aus den Physikalischen Arbeiten.

Ignaz von Born – Prag und Wien

Kurz zur Person Borns, dessen Werdegang mir im Zusammenhang mit seiner gesellschaftlichen Funktion wichtig scheint: Born wurde 1742 entweder in Karlsburg (rum. Alba Iulia, ung. Gyulafehérvár) oder Kapnik (rum. Cavnik, ung. Kapnikbánya) bei Frauenbach (rum. Baia Mare, ung. Nagybánya) im heutigen Rumänien geboren – die Quellen sind unsicher (Abb. 5). Er wurde 1751 zum Vollwaisen und einem in Wien lebenden Vormund überantwortet. Born und seine Geschwister übersiedelten 1753 nach Wien wo er das Jesuitengymnasium besuchte. 1760 wurde er examiniert und in den Orden als Novize aufgenommen. Das Ordensleben behagte ihm allerdings nicht. Ein halbes Jahr später gelang ihm die Flucht aus dem Kloster St. Anna. Born fand sich bald in einem Kreis von Wiener Intellektuellen um Joseph Anton Riegger6 wieder, dem auch Joseph von Sonnenfels angehörte.7 Er studierte schließlich in Prag zunächst Jus (warum er Prag wählte, ist nicht bekannt, es mochte aber aus Angst vor Repressalien der Jesuiten in Wien geschehen sein), später Montanistik. Seit 1763 bestand in Prag eine Lehrkanzel für Montanwissenschaften, die Maria Theresia eingerichtet hatte. Born gehörte also zu den ersten Studenten Johann Thaddäus Peithners von Lichtenfels, des Lehrstuhlinhabers.8 Die Ausbildung an der Universität dauerte drei Jahre. Im Anschluss an seine juridischen Studien hatte er Deutschland, die Niederlande und Frankreich bereist und war mit der Freimaurerei in Berührung gekommen.9 1770 schloß er sich der Prager Freimaurerloge Zu den drei gekrönten Säulen an und rief entweder 1769 oder 1770 eine Gelehrte Gesellschaft ins Leben, die den Namen Privatgesellschaft zur Aufnahme der Mathematik, der vaterländischen Geschichte und der Naturgeschichte trug.10
In diesem glücklichen Zeitpunkt veranlasste der unserm Vaterlande immer theure Herr Ritter von Born, die Entstehung eines gelehrten Instituts, dessen Einrichtung die Verbreitung und Vervollkommnung gewisser Theile der Wissenschaften in unserem Vaterlande zum Gegenstand hatte. Die Epoche dieses Instituts, das unter dem Namen der Böhmischen gelehrten Privatgesellschaft bekannt ist, fällt in das Jahr 1769. Das folgende Jahr darauf erschienen die ersten Früchte dieser Gesellschaft in Druck; dieses sind die so bekannten mit allgemeinen Beyfall aufgenommenen Prager gelehrten Nachrichten.
Abb. 5: Porträt von Ignaz von Born.
Auf diese Prager gelehrten Nachrichten, einer Zeitschrift, die kurrente Publikationen aus dem In- und Ausland vorstellte und beschrieb, folgten die Abhandlungen der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften auf das Jahr… (ab 1775, Prag – 1785), von denen ursprünglich zwölf Bände konzipiert waren, durch verlegerische Schwierigkeiten allerdings bei Nummer 8 halt gemacht wurde (Vorwort 1785).11 Ignaz von Born selbst zeichnete für den ersten bis sechsten Band der Abhandlungen verantwortlich und wird 1785 – schon lang nicht mehr in Prag sesshaft – als ausländisches Mitglied geführt. In dieser Prager gelehrten Gesellschaft legte er bereits den Grundstein für sein späteres wissenschaftliches Netzwerk in Wien. Die Liste der Akteure deckt sich signifikant mit den Autoren der späteren Wiener Publikationen. Die Vernetzung der Abhandlungen mit den Physikalischen Arbeiten ist im Vorwort dieser Publikation auch belegt: „Es enthält meist die ältern Abhandlungen, so beynahe schon zwey Jahre zum Druck fertig waren. Ein Theil der neueren Aufsätze, so die Naturkunde betreffen, sind indessen in den physikalischen Arbeiten der Einträchtigen aufgenommen worden.“ Die späteren Namen Jos...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Aufgeklärte Sozietäten – Bedeutung und Forschung
  5. I Akademische Bewegung und aufgeklärte Sozietäten in ihren Regionen
  6. II Geheime Gesellschaften
  7. III Autoren, Sammler, Wissenschaftsorganisatoren und die Freimaurerei
  8. Personenregister