Briefwechsel (1914-1931)
  1. 809 Seiten
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Über dieses Buch

Die Liebesbeziehung von Stefan Georges "Lieblingsjünger", dem Heidelberger Germanisten Friedrich Gundolf (1880-1931), zu der so schönen wie emanzipierten Jüdin Elisabeth Salomon (1893-1958) gilt als zentrales Skandalon des George-Kreises. Der Briefwechsel der beiden lässt nun eine anrührende Innensicht ihrer Beziehung zu, die sich zwischen Heidelberg, Berlin, Wien und Rom abspielte - vor dem Hintergrund von Erstem Weltkrieg, Spartakusaufstand, Inflationszeit, Wiener Psychoanalyse und italienischem Faschismus.
Friedrich Gundolf, durch sein legendäres Goethe-Buch (1916) Mitbegründer einer antipositivistischen Geistesgeschichte, war zu Lebzeiten der prominenteste deutsche Literaturwissenschaftler. 1914 beginnt sein spannungs- und wechselvolles Liebesverhältnis mit der promovierten Nationalökonomin und freien Journalistin Elisabeth Salomon, das 1926 in die Ehe mündet. Die bis vor kurzem nicht zugängliche, insgesamt 1382 Briefe umfassende Korrespondenz ist ein einzigartiges historisches Dokument und bewegendes biographisches Zeugnis zugleich. Im Zusammenspiel mit der Geliebten schuf Gundolf sein modernstes Werk.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783110427745
Auflage
1
Briefwechsel
1914
1.Friedrich Gundolf an Elisabeth Salomon. Darmstadt. 6. August 1914
Ich bin von München wo ich nur einen Tag blieb16 wegen der Einberufung des Landsturms17 gleich hierher gereist, da es am besten ist ohne Aufenthalt in diesen Tagen am Bestimmungsort anzulangen. Laßen Sie einmal von sich hören.
Mit herzlichem Gedenken Ihr F. G.
Hören Sie etwas von Reiner?18
Abs.: Gundelfinger / Darmstadt / Grünerweg 374 – Adr.: Fräulein Elisabeth Salomon / Heidelberg / Unterer Fauler Pelz 2 pt bei Frau Becker5
2.Elisabeth Salomon an Friedrich Gundolf. Heidelberg. 7. August 1914
Heidelberg, 7. Aug. 14.
Sehr verehrter Herr Doktor,
weder der römische Imperator19 noch der Fortunat20 noch Ihr Bild waren imstande, mich auf der Heimfahrt vor den übereifrigen Kriegern zu schützen: In Friedrichsfeld21 hat man mich abermals einem Verhör unterzogen. Um den Fortunat habe ich einen heißen Kampf ausfechten müssen, weil ich ihn nicht herzeigen mochte, und das Bild erhielt ich erst nach der etwas zögernden Versicherung zurück, es stelle einen von mir verehrten Schauspieler dar. Zur Bestätigung dieser Behauptung, für die ich im übrigen sehr um Verzeihung bitte (ich erkläre mich zu jeglicher Bußübung bereit), wies ich auf den glücklicherweise über Ihnen hängenden Theaterzettel des Biberpelz22 (?) hin.
In Frankfurt traf ich zu meiner Überraschung Reiner, der sich als Freiwilliger dort gemeldet hat. Liegle23 wartet ungeduldig in seiner Heimat auf die Einberufung.
Meine Wickersdorfer Kameraden24 stehen zum großen Teil schon im Feld, einer ist vielleicht schon mitten im Gefecht, sie sind gute Soldaten.
Ihr Caesar erwartet, daß Sie ihn in solcher Zeit wenigstens eines Blickes würdigen und nicht in Polstern verkümmern lassen. Mich bevollmächtigte er, Ihnen dies mitzuteilen und Sie sehr zu grüßen. Das tue ich also hiermit und schließe mich den Grüßen an. Ihre ergebene Elli Salomon.
Abs.: Heidelberg / Unterer Fauler Pelz 2 – Adr.: Herrn Dr. Friedrich Gundelfinger / Darmstadt / Grünerweg 37
3.Friedrich Gundolf an Elisabeth Salomon. Darmstadt. 10. August 1914
Liebe Elli Salomon!
Ich habe mir gleich gedacht dass Sie nicht unbehelligt durchkommen würden, bei dem Grad Ihrer Schwarzhaarigkeit der die Blondheit Ihres Herzens kaum zur Geltung kommen lässt! Ihre gute Laune und Geistesgegenwart muss man anerkennen und die Degradirung meiner Photographie soll Ihnen verziehen sein. Haben denn jezt wenigstens die unteren Faulpelzer25 eingesehn daß Sie zu recht da sind, oder benutzen sie weiter die Nachbarneugier zu Spionenfurcht und umgekehrt? Hier hat sich wenigstens diese Epidemie etwas gelegt und selbst Zigarrenkisten kann man ungefährdet über die Straße tragen. Heut hab ich mich zur Landsturmstammrolle (ein Pindarisches Wort!)26 angemeldet, und erwarte im Lauf der Woche den Bescheid wegen der Musterung und Einstellung. Jeder Dienst freut mich der mich irgendwie aktivirt.
Meine Mutter und mein Bruder27 sind endlich aus Holland zurück und haben dort Details über die Einnahme von Lüttich28 gehört die man in den Zeitungen verschweigt. Der Zeppelin habe von oben Dynamitmaßen geworfen, u. die so entstandene Verwüstung und Panik haben die Truppen benutzt. Obs wahr ist weiß ich nicht. Die Tat ist heldenhaft und ein herrliches Omen! Ich seh nicht ein wie wir nicht siegen sollten. Vielleicht, doch ungewiß, komm ich vor meiner Uniformirung noch nach Heidelberg. Caesar in seiner Büchse weiß sich beruhigt in Ihrer Nähe – Sie sind seine germanische Leibwache. Bleiben Sie weiter eine tapfre Schlesierin, trotz Ihrer schwarzen Haare ein unverdächtiges deutsches Heldenmädchen und die Freundin
Ihres treulich gedenkenden
Fr Gundolf
Anbei eine Trophäe!29
Abs.: Gundolf / Darmstadt / Grünerweg 37 – Adr.: Fräulein Elli Salomon / Heidelberg / Unterer Fauler Pelz 2 / bei Becker
4.Elisabeth Salomon an Friedrich Gundolf. Heidelberg. 18. August 1914
Lieber Herr Doktor Gundolf, ich werde mich jetzt doch in meine östliche Heimat30 wagen. Ich warte nur noch die Beendigung meines Samariterkursus31 und die Einschiebung einiger Züge ab damit ich nicht gerade hundert Stunden zu fahren brauche.
Der dilettantische Betrieb des roten Kreuzes das trotz der vielen Sitzungen und des großen Aufwandes oft das Nötigste nicht leistet und die bereits zum Sport ausgeartete Modekrankenpflege sind so unerträglich und deprimierend daß es mich täglich große Überwindung kostet hinzugehen.
In Hirschberg hingegen ist nach den Nachrichten die ich von dort erhalte jeder einzelne noch nötig und erwünscht.
Die ersten Gefangenen und Verwundeten sind hier eingetroffen. Einer erzählt von Mühlhausen:32 die Deutschen sind in den Dörfern regelrecht überfallen worden. In allen Häusern und Wäldern waren Franzosen verborgen die aus dem Hinterhalt schossen. Ein großer Teil der Bevölkerung (vor allem die Pfarrer und Bürgermeister) wurde standrechtlich erschossen, ihre Häuser niedergebrannt. Ein französischer Offizier hat während er mit der einen Hand einem deutschen Soldaten seinen Säbel übergab diesen mit einem Revolver in der anderen Hand erschosssen. Ob all diese und noch viel andere Einzelheiten wahr sind weiß ich freilich nicht. Es müssen auch auf unserer Seite kolossale Verluste gewesen sein: ungeheure Truppenmassen sind nachgeschickt worden. Hier allein ist während ein paar Tagen und Nächten ein Soldatentransport dicht hinter dem anderen durchgekommen aus allen Gegenden Deutschlands. Es wirkte wie ein riesenhafter ununterbrochener Zug und war grausig anzusehen.
In herzlicher Dankbarkeit
Ihre Elli Salomon
Heidelberg 18. / VIII. 14.
5.Friedrich Gundolf an Elisabeth Salomon. Darmstadt. 19. August 1914
Liebe Elli Salomon:
Ich hatte gehofft Sie in Heidelberg33 zu sehn wollte aber nicht bei dem Bummelzugverkehr fahren und erst wieder Schnellzüge abwarten. Vielleicht verzögert sich Ihr Aufenthalt in H. doch noch oder Sie kommen noch einmal herüber.
Ich warte noch immer auf meine Einziehung zum Landsturm und hab mich inzwischen so gut es geht an den Shakespeare34 gemacht. Meine Mutter und mein Bruder sind zurück, die Einquartirung35 ist abgereist.
Mit manchen Verkehrtheiten der Organisation von Zurückgebliebenen müßen Sie eben Nachsicht haben, da der Sachlage nach mehr guter Wille als Sachkunde und Kraft vorhanden ist und viele, wenn nicht die Meisten, eben zugreifen, um nicht untätig zu sein, nicht weil sie sähen daß und was zu tun ist. Das wird sich alles geben und zu Kritik oder Verstimmung ist nicht die Zeit, ja Kritik ist jezt bedenklicher als selbst Mißgriffe. Gewiß ist der Geist in dem alles jezt geschieht, brav und tüchtig und die unvermeidliche menschliche Unzulänglichkeit wird gegen ihn nicht aufkommen.
Die Tücke der Bevölkerung im Feindesland (und dazu gehört die Mülhauser Gegend) ist begreiflich und wird wohl chikaniren, aber nicht hemmen. Dieser ganze Krieg freilich in Ost und West wird mit allen Mitteln der raffinirtesten Technik wieder mörderisch und hassvoll werden wie in den primitivsten Zeiten da die Menschen noch als Tier gegen Tier standen, und dies fürchterliche Zurückführen zur Natur gehört (so entsetzlich es im Einzelnen sein mag) sogar zu der welterneuernden Aufgabe dieses Kriegs: denn auch den Krieg haben wir uns alle unwillkürlich als einen Sieg moderner Zivilisation über die Urkräfte im Menschen vorgestellt: als ein mechanisches Töten – nein es wird bewaffneter Haß und wenn er lange dauert kehren alle Greuel wieder die die gefesselte Natur Jahrzehnte lang, Jahrhunderte lang dem eingelullten Europa vorenthalten. Eine andre, und das ist das ersehnte, eine natürlichere Wirklichkeit ist plötzlich ausgebrochen.
In Frankreich und Belgien ist seit einer Woche eine ungeheure Schlacht in Gang wenn man Ohrenzeugen des Kanonendonners in der Trierer, selbst Kölner Gegend glauben darf. Wir wißen nur daß wir siegen müßen.
Wenn ich Sie vor Beendigung des Kriegs nicht mehr sprechen sollte, so mag Ihnen dieser Brief die Gewißheit geben daß meine treuen Wünsche Sie begleiten. Schreiben Sie mir gelegentlich, an Antwort solls nicht fehlen. Bleiben Sie gut und tapfer, wie bisher, liebe Elli, und seien Sie herzlich gegrüsst von Ihrem
Friedrich Gundolf
Darmstadt 19. 8. 1914
Abs.: Gundolf / Darmstadt / Grünerweg 37 – Adr.: Fräulein Elli Salomon / Heidelberg / Unterer Fauler Pelz 2 / bei Becker
6.Friedrich Gundolf an Elisabeth Salomon. Darmstadt. 6. September 1914
Darmstadt 6. 9. 1914
Liebes Fräulein Elli:
Ihr Brief kam schon nach drei Tagen an und war noch ziemlich frisch, nur mit bezug auf den westlichen Kriegsschauplatz wieder etwas veraltet da die Post langsamer marschirt als unsere Heere. Wegen Oesterreich hab ich auch keine Sorge und die russischen Greueltaten muss man ins Ganze rechnen mit allem was die Geschichte seit den alten Assyriern schon erlebt hat – wenn man den lieben Gott drüber zur Rede stellt, so antwortet er, wie jene Frau, die von einem Tierfreund beim Abschuppen lebender Fische attrapiert,36 ihn beruhigte: „das sind sie gewöhnt – ich habs immer so gemacht“. Ich gebe zu daß dies ein stärkerer Trost für Darmstädter ist als für gefangene Grenzbewohner. Gott schütze jeden vor dem was er aushalten kann! Aber den Memmen mögen Sie doch sagen, solange noch ke...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einführung
  6. Briefwechsel
  7. Abbildungen
  8. Abbildungsnachweis
  9. Nachwort
  10. Liste der Gesamtkorrespondenz
  11. Zur Edition
  12. Dank
  13. Register
  14. Fußnoten