Außenpolitik vor Ausbruch der Berlin-Krise (Sommer 1955 bis Herbst 1958)
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Außenpolitik vor Ausbruch der Berlin-Krise (Sommer 1955 bis Herbst 1958)

  1. 374 Seiten
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Außenpolitik vor Ausbruch der Berlin-Krise (Sommer 1955 bis Herbst 1958)

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Die hier erstmals veröffentlichten geheimen Gespräche, Beratungen und Notizen Chruschtschows dokumentieren seine Haltung gegenüber dem Westen nach Übernahme der außenpolitischen Führung im Kreml. Im Vordergrund steht das Ringen um Deutschland. Weitere Schwerpunkte seines politischen Handelns gelten Abrüstungsvorschlägen, die auf Beseitigung der US-Präsenz in Europa und Asien und des NATO-Verteidigungssystems abzielen, und dem Bemühen um den Aufbau einer gemeinsamen politischen Front mit den Ländern der Dritten Welt gegen den Westen. Zudem unterstützt Chruschtschow alle gegen die westlichen Kolonialmächte gerichteten Bestrebungen, vor allem Aufstandsbewegungen, und verfolgt einen Kurs der "friedlichen Koexistenz" auf zwischenstaatlicher Ebene, der den Krieg mit dem Westen verhindern, aber den unerbittlichen antiwestlichen Kampf im nichtstaatlichen Bereich ermöglichen soll. Als der Erfolg in der deutschen Kernfrage trotz Entspannungsoffensive ausbleibt, entschließt sich Chruschtschow zur Verschärfung des Verhältnisses zu den Westmächten in der Erwartung, seine Ziele mittels Drohung erreichen zu können. Die dadurch ausgelöste Berlin-Krise ist das Thema der zwei nächsten Bände zu Chruschtschows Westpolitik.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783110428384
Auflage
1
Thema
History

Dokumente

1. Ausführungen Chruschtschows auf der
Sitzung der Regierungsdelegationen von UdSSR und DDR am 19. September 1955

Die sowjetische Regierung ließ den Verhandlungen mit Adenauer vom 9. bis 13. September 1955 über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland drei Tage später Beratungen mit den Vertretern der DDR über die Gestaltung des beiderseitigen Verhältnisses folgen, in denen es um die Souveränität des ostdeutschen Staates und die der Sowjetunion weiter vorbehaltenen Rechte ging. Nach dem Fazit, das Nikolaj Bulganin als Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR zog, äußerte sich die Chef der KPdSU wie folgt:
Chruschtschow: Ich möchte sagen, dass nach unserer Ansicht die enge Zusammenarbeit zwischen den politischen Parteien, die in der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands vereint sind, eine große Bedeutung für die Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik hat.
Wir alle verstehen sehr gut, dass die Zusammenarbeit dieser Parteien und ihrer Führungen im Kampf um die Erzielung großer Erfolge bei der Entwicklung der Wirtschaft und Kultur der Deutschen Demokratischen Republik, bei der Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Sowjetunion sowie der weiteren Festigung dieser Beziehungen eine große Rolle spielt.
Hinsichtlich der Bedeutung der Nationalen Front möchte ich auch das nützliche Wirken des Vorsitzenden des Nationalrats der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands, Professor [Erich] Correns, erwähnen.
Die aufrichtige und allseitige Zusammenarbeit zwischen den Parteien der Nationalen Front ist das Unterpfand für euer weiteres Voranschreiten. Deswegen möchte ich den Wunsch nach weiteren Erfolgen in der Entwicklung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Parteien mit dem Ziel des weiteren Aufschwunges der Wirtschaft der DDR und des Wohlstandes ihrer Bevölkerung, zum Wohle des deutschen Volkes und des allgemeinen Friedens, zum Ausdruck bringen.
Uns ist klar, diese Zusammenarbeit zu erzielen – das ist keine einfache Aufgabe. Im Leben ist es nicht leicht, ein wechselseitiges Verstehen und Zusammenwirken in allen Fragen zu realisieren. Schließlich entstehen auch Fragen, bei denen verschiedene Standpunkte aufeinander treffen. Bei der Regelung solcher Fragen ist es erforderlich, politische Weisheit zu zeigen. Bei einer Parteienkoalition muss man die Interessen der Parteien einkalkulieren, die dazu gehören und Wege zur Regelung aller Fragen suchen und finden. Dabei muss man von der Notwendigkeit gegenseitiger Zugeständnisse ausgehen, doch diese Zugeständnisse dürfen nicht dem grundlegenden Ziel schaden, das sich die Deutsche Demokratische Republik stellt. Nur so kann man die Koalition der Parteien festigen und folglich die erzielten Errungenschaften der Deutschen Demokratischen Republik vermehren.
Die Aufgabe, vor der das deutsche Volk steht und der die Aufmerksamkeit von Millionen Deutschen gilt, ist die Wiedervereinigung des deutschen Volkes in einem einheitlichen deutschen friedliebenden demokratischen Staat. Wir sind jederzeit bereit, mit allen Kräften zur erfolgreichen Lösung dieser Aufgabe beizutragen. Wir sind Realisten; bei der Regelung aller politischen Fragen und bei der Regelung dieser konkreten Frage müssen wir die Gegebenheiten nüchtern beurteilen. Die Wiedervereinigung des deutschen Staates in einer Weise, die sowohl dem deutschen Volk als auch den Völkern Europas nützt, hängt nicht nur von einer Seite ab. Hier gibt es zwei Seiten: die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik Deutschland. Außerdem gibt es noch vier Staaten, die durch bestimmte Bedingungen und Verpflichtungen [miteinander] verbunden sind, und deren Ansichten zur Lösung der deutschen Frage bis jetzt noch auseinander gehen. Deswegen dürfen wir keine falschen Illusionen wecken.
Bekanntlich steht in Kürze das Treffen der Außenminister der vier Mächte in Genf an, wo es unter anderem auch um die Deutschland-Frage geht. Unser Standpunkt in dieser Hinsicht ist klar. In meinen Ausführungen möchte ich jetzt auf konkrete Fakten eingehen. Die Fakten sind folgende: Von den vier Mächten, deren Außenminister in Genf zusammenkommen, sind drei gehören dem Nordatlantischen Block (der NATO) an und einer nicht. Mehr noch: Die NATO ist gegen diesen Staat gerichtet. Die Regierungen der drei Staaten wollen zusammen mit der Regierung der Deutschen Bundesrepublik, dass die Wiedervereinigung Deutschlands zu ihren Bedingungen erfolgt und dass das wiedervereinigte Deutschland ebenfalls der NATO beitritt. Ich denke, dass ein solcher Weg nicht den Interessen des deutschen Volkes entspricht, dass er nicht den Interessen der Sicherheit der Völker Europas und der Verminderung der internationalen Entspannung entspricht. Wir können in keiner Weise einem solchen Gang der Geschehnisse zustimmen, in dessen Ergebnis der gegen die Sowjetunion und die Länder der Volksdemokratien gerichtete nordatlantische Militärblock (die NATO) gestärkt werden würde. Daher haben wir, als die Verhandlungen mit den Vertretern der Deutschen Bundesrepublik4 stattgefunden haben, Herrn Adenauer in aller Offenheit gesagt: Fordern Sie von uns nicht, was wir nicht geben können. Wir können Ihren Plan zur Wiedervereinigung Deutschlands nicht unterstützen wir können die NATO nicht unterstützen – eine Organisation, die gegen uns, gegen die Sache des Friedens, gerichtet ist. Ich denke, dass die Deutschen im entsprechenden Fall ebenso vorgehen würden.
Die Unterzeichnung und das Inkrafttreten der Pariser Verträge, der Beitritt der Deutschen Bundesrepublik zur NATO5 haben ernste Hindernisse geschaffen für die Wiedervereinigung der zwei Teile Deutschlands zu einem einheitlichen deutschen Staat.
Es stellt sich die Frage: Wie werden die Hoffnungen des deutschen Volkes auf Wiedervereinigung Befriedigung finden; soll denn die bestehende Lage immer so bleiben? Darauf antworten wir klar und bestimmt: Die Deutschen sollen diese Frage selbst entscheiden. Deutsche, [setzt euch] an einen Tisch! Die deutsche Frage kann keiner besser lösen als die Deutschen selbst. Die Wiedervereinigung Deutschlands muss so erfolgen, dass der einheitliche deutsche Staat friedliebend ist, demokratisch, dass die Kräfte des deutschen Staates nicht gegen andere Staaten gerichtet werden. Eine solche Regelung der deutschen Frage werden wir auf jede Weise unterstützen.
Es ist klar, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen die Regelung der deutschen Frage eine schwierige Sache ist. Wir haben kürzlich Zusammenkünfte und Gespräche mit Vertretern der Deutschen Bundesrepublik gehabt. Die Verhandlungen mit den Vertretern der BRD haben gezeigt, dass es auf dem Weg zur raschen Regelung dieser Frage große Schwierigkeiten gibt. Als die Verhandlungen mit der Delegation der Deutschen Bundesrepublik stattfanden, hat mir Herr Adenauer in einer Pause einzureden versucht, dass der Nordatlantische Block für friedliche Ziele geschaffen worden sei, so als würde diese Organisation in keiner Weise die Sowjetunion bedrohen.
Doch wir wissen genau, dass die Pariser Verträge militärische Verträge sind. Wir wissen auch, dass die NATO als militärische Organisation geschaffen wurde,6 dass die NATO einen Oberbefehlshaber ihrer Streitkräfte in Europa hat: General Gruenther. Folglich ist die NATO keine Sportorganisation, sie wurde nicht zur Vorbereitung auf sportliche Wettkämpfe geschaffen, auch nicht für Fußballspiele.
Bekanntermaßen wird Gruenther nicht als Trainer einer Fußballmannschaft aufgeführt; alle kennen ihn als General, der „die Mannschaft“ für den Krieg „trainiert“ und zwar für den Krieg gegen die Sowjetunion und die Länder der Volksdemokratie. Das ist nicht zu übersehen.
Man hat versucht uns zu beweisen, dass die NATO zu Zwecken der Verteidigung geschaffen wurde. Wir haben uns seinerzeit an die Mitglieder der NATO gewandt und gesagt: Wenn die NATO zur Verteidigung geschaffen wurde, möchten wir dieser „Verteidigungsorganisation“ ebenfalls beitreten.7 Doch bekanntlich wurde die Sowjetunion nicht aufgenommen. Auch diese Tatsache zeigt, dass die NATO gegen die Sowjetunion gerichtet ist.
Es ist völlig ofensichtlich, dass das Inkrafttreten der Pariser Verträge und der Beitritt der BRD zur NATO ein ernstes Hindernis für die Regelung der deutschen Frage geschaffen haben. Wir schlagen den einzig richtigen Ausweg vor: die Regelung dieser Frage in die Hände des deutschen Volkes zu legen.8 Die Deutschen werden Wege finden, die zur richtigen Lösung des Problems führen.
Ich denke, ich bringe unsere gemeinsame Ansicht zum Ausdruck, wenn ich sage, dass die deutsche Nation und die Völker der Sowjetunion daran interessiert sind friedliche, freundschaftliche Beziehungen [miteinander] zu haben.
Ich will sagen, dass offenbar für eine gewisse Zeit damit zu rechnen ist, dass in Deutschland zwei Staaten bestehen: die Deutsche Demokratische Republik und die Deutsche Bundesrepublik.
Zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik sind aufrichtig freundschaftliche Beziehungen entstanden. Die sowjetische Regierung wird sich ebenfalls auf jede Weise um die Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen zur Deutschen Bundesrepublik bemühen und danach streben, eine Annäherung der beiden Teile Deutschlands zu fördern.
Ich möchte als Kommunist und als Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion sagen, ohne allen Anwesenden meinen Standpunkt aufzunötigen, dass unsere Partei, die sich von der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin leiten lässt, sich das edelste Ziel setzt: den Aufbau des Kommunismus.9 Wir streben danach, dass es keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen [mehr] gibt, dass der Nutzen der Arbeit und der Wissenschaft dem ganzen Volke dient. Wenn sich alle Völker auf einen solchen Entwicklungsweg begäben, würde dies nicht nur die Möglichkeit von Kriegen, sondern auch jedweder bewaffneter Konflikte ausschließen.
Die Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik haben den Weg des sozialistischen Aufbaus beschritten. Das ist ein großes historisches Ereignis im Leben des deutschen Volkes. Und auf diesem Wege habt ihr unsere Unterstützung. Wir wünschen euch vollen Erfolg bei eurer großen schöpferischen Tätigkeit. Wir sind davon überzeugt, dass ihr neue Siege auf diesem Weg zu erringen imstande seid. Der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist eine so wichtige Aufgabe, dass es jetzt sogar schwer fällt, die richtigen Worte zu finden, um die ganze Bedeutung und Größe dieser Sache zum Ausdruck zu bringen.
Der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik entspricht den Interessen aller Werktätigen Deutschlands. Viele Arbeiter in den Reihen der deutschen sozialdemokratischen Partei, der deutschen christlich-demokratischen Partei und anderen Parteien werden sich bemühen, beim Aufbau des sozialistischen deutschen Staates mitzuwirken. Doch der Kampf für den Sozialismus, für den Aufbau des sozialistischen deutschen Staates – das ist natürlich eine innere Angelegenheit der deutschen Arbeiterklasse, des deutschen Volkes.
Ich muss sagen, dass die Aufgabe des sowjetischen Staates lautet, gute gutnachbarliche, freundschaftliche Beziehungen zum ganzen deutschen Volk herzustellen. Wir zweifeln nicht daran, dass sich die Führung der Deutschen Demokratischen Republik ebenfalls darum bemüht.
Der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Herr Adenauer, hat in den Verhandlungen in Moskau ebenfalls erklärt, dass die Regierung der Deutschen Bundesrepublik freundschaftliche Beziehungen zum sowjetischen Volk zu entwickeln sucht. Ich habe kein Recht, diese Erklärung anzuzweifeln. Wir werden eine Bekräftigung dieser guten Worte mit guten Taten begrüßen.
Wir wissen, dass bei den Vertretern der Deutschen Demokratischen Republik, mit der wir erfolgreiche Verhandlungen führen, ihre Worte und Zusagen nicht von der praktischen Tätigkeit abweichen, und wir sind davon überzeugt, dass dies auch künftig so sein wird. Unsere Freundschaft und das gegenseitige Vertrauen werden mit jedem Tag stärker.
Wir hoffen ebenfalls, dass sich im weiteren Verlauf die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Bundesrepublik zufriedenstellend entwickeln. Doch wie es im russischem Sprichwort heißt: Die Zeit wird es zeigen. Wir von unserer Seite werden alles tun, damit sich die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Bundesrepublik erfolgreich entwickeln. Sowohl die Sowjetunion als auch die Deutsche Bundesrepublik sind daran interessiert, dass sich zwischen unseren Ländern die Handels- und Kulturbeziehungen auf breiter Front entwickeln. Das wird der Deutschen Bundesrepublik, der Deutschen Demokratischen Republik und die Sowjetunion großen Vorteil bringen.
Ich will mich ebenfalls zu einer privaten Frage äußern: zu den früheren Kriegsgefangenen, die von einem Gericht der Sowjetunion als Kriegsverbrecher verurteilt wurden. Sie erinnern sich, dass über diese Frage Gen. Bulganin und ich einen Meinungsaustausch mit Ihnen hatten, als wir auf dem Rückweg aus Genf in Berlin Station machten.10 In dieser Frage hatte sich der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik, Gen. Pieck, mit einem Brief an den Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets, Gen. Woroschilow, gewandt.
Als die Delegation der Deutschen Bundesrepublik zu uns kam, stellte sie uns ebenfalls diese Frage und stellte sie in einen Zusammenhang mit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der UdSSR und der DBR. Wir haben Herrn Adenauer und den Mitgliedern der Regierungsdelegation der Deutschen Bundesrepublik erklärt, dass diese Frage keinerlei Bezug aufweist zu den Verhandlungen über die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen und dass sie nur die Sowjetunion entscheiden kann, weil diese Leute Verbrechen am sowjetischen Volk begangen haben und dafür von einem sowjetischen Gericht verurteilt worden sind. Doch die Zeit geht vorbei, und Menschen ändern sich. Die einen ändern sich zum Besseren, die anderen zum Schlechteren. Doch die Mehrzahl der Leute ändert sich in besserem Sinne. Daher sind wir der Ansicht, dass man der Bitte um vorzeitige Entlassung dieser Leute entsprechen kann. Wir berücksichtigen dabei, dass sie Verwandte und Angehörige haben, die auf sie als Väter, Söhne, Ehepartner und Brüder warten. Wir verstehen, dass man auf diese menschlichen Gefühle Rücksicht nehmen muss. Diese Leute haben schon eine erhebliche Zeit ihrer Gefangenschaft verbüßt, und wir hoffen, dass sie den Großmut der sowjetischen Regierung zu schätzen wissen und sich nach ihrer Entlassung gegenüber der Sowjetunion nicht vom Gefühl der Rache leiten lassen.
Das sind die Fragen, die ich in meiner Stellungnahme ansprechen wollte.
Der Vertragsentwurf, den die [Verhandlungs-]Kommission vorbereitet hat,11 stellt offenbar beide Seiten zufrieden, wie das nicht so oft der Fall ist. Meistens ist es so, dass man die Regelung durch Kompromiss findet. Wir haben keine Kompromisse, weil es keinen Wettstreit zwischen unterschiedlichen Standpunkten gibt, sondern eine Gemeinsamkeit der Ansichten, eine Gemeinsamkeit der Weltanschauung. Zwar mag die Tatsache, dass unsere sowjetischen Streitkräfte vorerst auf eurem Hoheitsgebiet verbleiben, einen gewissen Verdruss hervorrufen, aber wir sind sicher, dass die Notwendigkeit dieser Maßnahme richtig verstanden werden wird. Wir sind uns darüber klar, dass die Anwesenheit ausländischer Streitkräfte selbst einer befreundeten Macht oft keine Begeisterung bei der Bevölkerung hervorruft. Trotzdem können und sollen die Leute die Notwendigkeit angesichts der vorliegenden Bedingungen einsehen. Unsere gemeinsame Entscheidung über den Verbleib der sowjetischen Streitkräfte auf euerem Territorium ist eine zeitweilige Maßnahme. Wir sind uns bewusst, dass dies eine unangenehme Sache ist, und wenn hier jemand sagen würde, dass das eine angenehme Entscheid...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. Chronologie
  8. 1 Ausführungen Chruschtschows auf der Sitzung der Regierungsdelegationen von UdSSR und DDR am 19. September 1955
  9. 2 Gespräch Chruschtschows mit dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Italiens, Pietro Nenni, am 15. Oktober 1955
  10. 3 Stellungnahme Chruschtschows bei Eröffnung der Tagung der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länderam 6. Januar 1956
  11. 4 Gespräch mit dem Führungsmitglied der britischen Labour Party Harold Wilson am 12. Januar 1956
  12. 5 Gespräch mit dem amerikanischen Juristen Marshall McDuffie am 25. Januar 1956
  13. 6 Rede Chruschtschows auf der Beratung mit den Vertretern der ausländischen kommunistischen und Arbeiterparteien am 27. Februar 1956 in Moskau
  14. 7 Gespräch mit der Delegation der sozialistischen Partei Frankreichs am 4. Mai 1956
  15. 8 Verhandlungen Bulganins, Chruschtschows und Molotows mit Guy Mollet und Christian Pineau am 16. Mai 1956
  16. 9 Verhandlungen Bulganins, Chruschtschows und Molotows mit Guy Mollet und Christian Pineau am 17. Mai 1956 vormittags
  17. 10 Verhandlungen Bulganins, Chruschtschows und Molotows mit Guy Mollet und Christian Pineau am 17. Mai 1956 nachmittags
  18. 11 Gespräch Bulganins, Chruschtschows und Molotows mit Guy Mollet und Christian Pineau in der französischen Botschaft am 18. Mai 1956
  19. 12 Information über die Verhandlungen zwischen den Regierungsdelegationen der UdSSR und Frankreichs in Moskau vom 16. bis 19. Mai 1956
  20. 13 Gespräch N A Bulganins, N S Chruschtschows und W M Molotows mit dem französischen Außenminister Christian Pineau am 24. Mai 1956
  21. 14 Gespräch Chruschtschows und Bulganins mit einer Delegation des dänischen Folketings am 31. Mai 1956
  22. 15 Gespräch Chruschtschows mit dem britischen Labour Politiker Tom Driberg am 30. August 1956
  23. 16 Gespräch Chruschtschows mit dem Mitglied der britischen Labour Party Konni Zilliacus am 18. Oktober 1956
  24. 17 Gespräch N A Bulganins und N S Chruschtschows mit den Delegationen der Anhänger des Friedens der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschlands am 19. November 1956
  25. 18 Gespräch von Nikita Chruschtschow, Michail Suslow und Boris Ponomarjow mit den Vertretern der Italienischen Kommunistischen Partei Luigi Longo und Velio Spano am 22. Januar 1957
  26. 19 Gespräch Chruschtschows mit der Regierungsdelegation der Volksrepublik Bulgarien am 16. Februar 1957
  27. 20 Gespräch Chruschtschows mit einer Delegation französischer Radikalsozialisten unter Leitung des stellvertretenden Parteivorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden, Edouard Daladier, am 9. September 1957
  28. 21 Gespräch Chruschtschow mit den Labour-Abgeordneten im britischen Unterhaus Aneurin Bevan und Jennie Lee am 17. September 1957
  29. 22 Gespräch Chruschtschows mit dem britischen Physiker John Bernal am 11. November 1957
  30. 23 Chruschtschows Rede zur Eröffnung der Beratung der Vertreter der ommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder in Moskau am 14. November 1957
  31. 24 Gespräch Chruschtschows mit Geschäftsleuten aus Kanada am 14. Mai 1958
  32. 25 Rede Chruschtschows auf der Beratung der Vertreter der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder in Moskau am 21 Mai 1958
  33. 26 Bemerkungen von Gen. N. S. Chruschtschow vom 21. Mai 1958 zum Entwurf einer Rede
  34. 27 Gespräch Chruschtschows mit dem Politiker der britischen Labour Party Konni Zilliacus am 4. September 1958
  35. Abkürzungsverzeichnis
  36. Dokumenten
  37. Personenregister
  38. Fußnoten