Kreolisch und Französisch
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Kreolisch und Französisch

  1. 250 Seiten
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Kreolisch und Französisch

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Als die erste Auflage dieses Arbeitsheftes erschien, standen die Kreolsprachen noch am Rand des linguistischen Interesses, in der universitären Lehre noch mehr als in der Forschung. Inzwischen gehören sie zum Standardkanon, sind in Mode gekommen, und Seminare zum Themenbereich werden regelmäßig im Rahmen des Französisch-Studiums angeboten; die Beschäftigung mit kreolistischen Themen ist in das Studium integriert. Umso mehr war es an der Zeit, das vorliegende Arbeitsheft zu überarbeiten und zu aktualisieren, einerseits mit einem Blick auf die kreolistische Forschung, andererseits und vor allem aber mit einem Blick auf die Sprachen und die Gebiete, in denen sie gesprochen werden, denn dort ist es zu Entwicklungen gekommen, die bei Erscheinen der Erstauflage vielleicht erhofft, aber nicht vorausgesehen werden konnten.

Zur Neubearbeitung und Aktualisierung des Arbeitsheftes, für die das Grundkonzept beibehalten wird, kommen deswegen neue Themenbereiche hinzu wie Prozesse und Ergebnisse der Standardisierung, Kreolsprachen im Internet, daneben aber auch die Bedeutung der frühen Texte und Dokumente.

In einem eigenen Beitrag gibt Katrin Mutz einen Überblick über die Forschung und Forschungsdiskussion seit dem Erscheinen der ersten Auflage.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783110401158

1Einleitung

1.1Vorbemerkungen

Nach der Entdeckung Amerikas zu Ende des 15. Jahrhunderts begannen die Europäer, immer mehr Länder und Gebiete zu erkunden, zu erobern und zu kolonisieren. Die autochthone Bevölkerung wurde unterworfen, vielfach versklavt, und oft schon nach wenigen Jahrzehnten ausgerottet, da sie sich den neuen Herren widersetzte, den geforderten Arbeitsleistungen nicht gewachsen war oder von den Europäern eingeschleppten Epidemien erlag. An ihre Stelle traten als neue Arbeitskräfte afrikanische Sklaven, die die Spanier schon bald nach ihrer Ankunft (die ersten Belege dafür stammen aus dem Jahr 1501) mit in die Neue Welt brachten.
Mit fortschreitender Kolonialisierung ging ein wachsender Bedarf an Arbeitskräften einher, so dass der Import afrikanischer Sklaven stetig zunahm; ihren Höhepunkt erreichten der Sklavenhandel und die Sklavenhaltung im 17. und 18. Jahrhundert. Zwischen den schwarzen Sklaven, die in den meisten Fällen der weißen Bevölkerung schon baldum ein Vielfaches an Zahl überlegen waren, und ihren weißen Herren fehlte jedoch ein gemeinsames Kommunikationsmittel; und gleiches galt in den meisten Fällen auch für die Sklaven untereinander, denn sie wurden ohne Rücksicht auf ihre ethnische und geographische Herkunft, und damit auch ihre sprachliche Identität, auf die Plantagen und anderen Arbeitsplätze verteilt. Die Trennung von Sprechern einer gemeinsamen Sprache geschah oft sogar bewusst, um Verschwörungenvorzubeugen – es gibt aber auch dem entgegengesetzte Belege für das bewusste Zusammenbringen ethnischer (Sklaven‐)Gruppen.2 So kam es unter diesen speziellen Bedingungen der auf Sklavenarbeit beruhenden Plantagengesellschaften bald zum Entstehen neuer Sprachformen, die zu Anfang nur Zweitsprache zur gegenseitigen Verständigung waren (Pidginsprachen), aber schon bald zur Muttersprache und einzigen Sprache für die Sklavenbevölkerung wurden (Kreolsprachen). Es gibt in der Kreolistik unterschiedliche Meinungen und Theorien darüber, was zum Entstehen der neuen Sprachen geführt hat, wie auch darüber, ob Pidginsprachen die Voraussetzung und Vorstufe für das Entstehen von Kreolsprachen sind oder ob Kreolisierung auch ohne vorausgehende Pidginisierung möglich ist.3
Für die Entstehung (oder Entwicklung) von Kreolsprachen genügte eine recht kurze Zeitspanne, und die zweite, vielleicht auch schon die erste, in der Kolonie geborene Generation der Sklavenbevölkerung lernte bereits anstelle der afrikanischen Muttersprache ihrer Eltern diese neu entstandene Sprache als ihre erste Sprache. Damit hatten die (Kreol‐)Sprachen ihren festen Platz in der Gesellschaft der Kolonien, denn auch die weiße, europäischstämmige Bevölkerung lernte und gebrauchte diese Sprachen als Zweitsprache oder lernte sie schon als Kinder von den schwarzen Ammen, nicht selten sogar eher oder zumindest gleichzeitig mit der europäischen Sprache. Aber auch die afrikanischen Sprachen (über)lebten vermutlich deutlich länger und lebten neben dem Kreolischen unter den Sklaven weiter. Da alle Dokumente, die wir aus dieser Zeit haben, von (weißen) Europäern, verfasst sind, und diese kein Interesse an den Sprachen der Sklaven hatten, die sie ja sowieso nicht verstehen konnten, wissen wir wenig darüber. Eine Quelle für das Weiterleben afrikanischer Sprachen der Sklaven ist Oldendorp (1777/2000 –2002), der Sprecher von mehr als 20 afrikanischen Sprachen auf St. Thomas in den Jahren 1767–1768 befragen konnte und Sprachproben vonmehr als 20 Sprachen zusammengestellt hat (Oldendorp 2000,457–465).
Die Kreolsprachen (KS), und damit auch die uns hier speziell interessierenden französischen Kreolsprachen – oder besser: französisch basierten Kreolsprachen (FKS) – haben sich auf der Grundlage europäischer Sprachen entwickelt, und zwar auf der Grundlage der jeweils dominierenden Sprache, in der Regel die Sprache des Kolonialherren. Dementsprechend gibt es außer den französisch basierten auch portugiesisch, spanisch, englisch und niederländisch basierte Kreolsprachen. Die Entwicklung und Verselbstständigung der Kreolsprachen geht so weit, dass sie heute als eine eigene Gruppe von Sprachen sui generis angesehen werden, die sich durch eine Reihe von ihnen eigenen Charakteristika von den uns bekannten europäischen (und auch nicht-europäischen) Sprachen unterscheiden.
Von den Sprachen der afrikanischen Sklaven und/oder der ursprünglichen, autochthonen Bevölkerung findet man oberflächlich nur noch wenige Spuren in den heutigen KS, deren Wortschatz und grammatische Elemente sich zu 90 %und mehr auf die jeweiligen europäischen Sprachen zurückführen lassen. Inwieweit die afrikanischen und/oder autochthonen Sprachen die phonetische und/oder die grammatische Struktur der neu entstandenen Sprachen beeinflusst haben, ist noch nicht mit Sicherheit geklärt, und die Meinungen gehen hier weit auseinander.4 Denn auch wenn sich die morphologischen Formen der KS auf Formen der europäischen Sprachen zurückführen lassen, so lässt sich doch keine Kontinuität, keine allmähliche Abfolge in der Entwicklung erkennen. Vielmehr hat ein Bruch stattgefunden, auf den ein Neuaufbau mit dem vorhandenen Material folgte; und dieser Neuaufbau erfolgte in allen KS, unabhängig von der ihnen jeweils zugrundeliegenden Sprache, auf sehr ähnliche, (sprach‐)typische Weise.
Die Eigenständigkeit der KS betrifft aber nicht nur ihre sprachliche Struktur, sondern auch ihre Entstehung, Geschichte und gegenwärtige soziolinguistische Situation. Dabei sind die soziolinguistischen und historischen Kriterien noch entscheidender für die Charakterisierung einer Sprache als Kreolsprache als rein sprachimmanente Kriterien; denn die KS haben sich so weit zu normalen Sprachen entwickelt, dass erst im Vergleich mit der jeweiligen Ausgangssprache – im Fall der FKS also mit dem Französischen – ihre typischen sprachlichen Strukturen deutlich erkennbar sind.
Nachdem das Konzept der Kreolsprachen und der zu ihnen hinführenden Kreolisierung zum Gegenstand der Linguistik geworden waren, entdeckteman immer mehr Sprachen und Sprachvarietäten, die unter diesem Dach Platz finden konnten, so dass die Zahl der erfassten Sprachen und Sprachvarietäten immer größer wird. Auf diese Ausweitung (und damit auch einhergehende Verwässerung) des Konzeptes wollen wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen – vielleicht führt sie ja eines Tages zu dem Ergebnis, dass eigentlich alle uns bekannten Sprachen Kreolsprachen sind – vielmehr wollen wir uns von einer engen Definition ausgehend auf die klassischen Kreolsprachen, wie sie in den Plantagengesellschaften der damaligen Kolonien im Kontakt zwischen den europäischen Plantagen- und Sklavenbesitzern und ihren Sklaven entstanden sind, beschränken und uns auf diejenigen konzentrieren, die auf der Grundlage des Französischen entstanden sind.
In diesem Sinn versteht sich das vorliegende Arbeitsheft als eine Einführung aus sprachwissenschaftlich-romanistischer Perspektive in die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit den französisch basierten Kreolsprachen und in die mit ihnen verbundenen Probleme. Es will sowohl die Abhängigkeit der FKS vom Französischen aufzeigen, als auch ihre charakteristischen Besonderheiten, die sie zu eigenständigen Sprachen gegenüber ihren Ausgangssprachen machen. Diese liegen
in ihrer sprachlichen Struktur,
in ihrer Entstehung und weiteren Entwicklung,
in ihrer gegenwärtigen soziolinguistischen Situation.
Diese drei Themenbereiche werden folglich Gegenstand des Arbeitsheftes sein. Dabei gilt es nicht nur, die Stellung der FKS insgesamt gegenüber dem Französischen aufzuzeigen, vielmehr sollen auch ihre Beziehungen untereinander und zu den anderen KS zur Sprache kommen.
Die Analyse und Darstellung der sprachlichen Struktur wird den größten Raum einnehmen, da an ihr konkret gezeigt werden kann, inwieweit sich die FKS in der Tradition des Französischen befinden und inwieweit sie aus dieser Tradition ausgebrochen sind, um zusammen mit den übrigen KS eine neue Gruppe von Sprachen zu bilden. Wir werden sowohl diachron vorgehen und die Entwicklung vom Französischen zu den FKS aufzeigen, als auch synchron, indem wir bestimmte Teile beider Sprachsysteme einander gegenüberstellen. Die Trennung zwischen beiden Vorgehensweisen bzw. Fragestellungen lässt sich nicht immer streng durchführen. Der Charakter der jeweiligen Darstellungsweise, die weitgehend vom Gegenstand abhängt, wird jedoch deutlich hervortreten: synchron-beschreibend oder diachron-erklärend.
In der ersten Auflage von 1984 stand zu lesen: „Unsere Darstellung hängt fast vollständig von der vorhandenen Literatur ab, die für die verschiedenen FKS jedoch sowohl quantitäts- als auch qualitätsmäßig immer noch sehr unterschiedlich, z.T. auch widersprüchlich ist. Lücken, Ungenauigkeiten und kleinere Fehler werden sich deswegen in unserer Darstellung kaumvöllig vermeiden lassen.“ Inzwischen ist in der Kreolistik so viel passiert wie in kaum einem anderen Gebiet der Linguistik. Während es 1984 noch möglich war, einen annähernd vollständigen Überblick über die einschlägigen Publikationen zu haben, sind diese inzwischen so zahlreich geworden und erfolgen an so vielen Orten, oft in ganz unerwarteten Zusammenhängen, dass ein Anspruch auf Vollständigkeit kaum mehr erfüllt werden kann. Gleichzeitig lassen sich jetzt aber viele, wenn nicht alle der Lücken und Ungenauigkeiten auffüllen – dafür können aber wiederum neue Widersprüchlichkeiten hinzugekommen sein. Der Versuch eines solchen Updates ist das Ziel der Überarbeitung und Neuauflage des Arbeitsheftes.Wir wollen versuchen, in jeweils passender Form auf die Entwicklung der Forschung und des Kenntnisstandes hinzuweisen, um damit auch etwas aktuelle Forschungsgeschichte erkennbar zu machen. Wir werden uns nichtsdestotrotz weiterhin, entsprechend dem einführenden Charakter des Arbeitsheftes, auf das Wesentliche und Regelmäßige konzentrieren und Sonderentwicklungen und Einzelerscheinungen weitgehend außer Acht lassen. Es geht uns um einen möglichst ausführlichen Überblick, nicht aber um Vollständigkeit im Detail.
Beginnen wollen wir unsere Darstellung mit der Lautebene, um uns dann der Herkunft und Zusammensetzung des Wortschatzes der FKS zuzuwenden. Den größten Raum wird die Behandlung der speziellen Züge der Morphologie und Syntax der FKS einnehmen, da in diesem Bereich die Unterschiede zu ihrer Ausgangssprache, dem Französischen, am deutlichsten hervortreten und hier ihre Eigenständigkeit am offensichtlichsten ist. Die Überarbeitung dieser Teile gegenüber der Erstauflage wird über das Auffüllen von Lücken und Korrigieren von Fehlern hinaus auf die Vorstellung und Diskussion neuer Forschungsansätze gerichtet sein, im Wesentlichen aber der Vorlage folgen. Zu diesen neuen Forschungsansätzen gehören die Grammatikalisierung und die Reanalyse, durch die sich die sprachlichen Prozesse, die zu den Kreolsprachen geführt haben, in einen größeren, sprachübergreifenden Rahmen einordnen. Weitere Stichwörter, die 1984 noch kaum das Interesse der Kreolistik gefunden hatten oder gerade dabei waren, es zu finden, sind z. B. die Verbserialisierung, die Topikalisierung, die TMA-Markierung der Verben.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Verschriftlichung der zunächst rein mündlichen Kreolsprachen. Einerseits betrifft diese die Analyse und Interpretation der frühen schriftlichen Belege, die in den letzten Jahrzehnten in den Fokus des Interesses gerückt sind, andererseits die bewusste Verwendung der Kreolsprachen als Schrift- und Literatursprache, wozu neben der Standardisierung auch ein anderer Umgang mit der Sprache gehört.
Im Anschluss an diese Kapitel zur Struktur der FKS und ihrem Vergleich mit der Struktur des Französischen werden wir uns der Entstehung der FKS und der KS überhaupt zuwenden, wobei es einerseits um die historischen und linguistischen Fakten gehen wird, andererseits um die zahlreichen Theorien, die in der Kreolistik in den letzten Jahrzehnten einen zentralen Platz eingenommen haben und immer noch einnehmen. Genannt sei nur Bickertons Bioprogramm, das 1984 gerade anfing, ins Zentrum der Diskussion zu rücken. Ausführlich wird Katrin Mutz in ihrem Beitrag zur aktuellen Kreolistik auf diese Diskussion eingehen.
Es folgt eine kritische Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Situation der FKS und ihrem Verhältnis zum Französischen, wozu über soziolinguistische Aspekte hinaus auch der Umgang der Politik mit diesen Sprachen gehört: Das Kreolische in der Gesellschaft. In diesen Zusammenhang gehört auch ein Blick auf praktische Probleme, die mit der beginnenden Standardisierung und Anerkennung der FKS als vollwertige Sprachen verbunden sind. Diese Teile vor allem sind es, die gegenüber 198...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Abkürzungsverzeichnis
  6. 1 Einleitung
  7. 2 Aktuelle Forschungsfragen der Kreolistik (Katrin Mutz)
  8. 3 Phonetik und Phonologie der FKS
  9. 4 Die (Ortho‐)Graphiesysteme der FKS und ihre Entstehung
  10. 5 Der Wortschatz
  11. 6 Morphologie und Syntax
  12. 7 Die Entstehung der FKS und ihr Verhältnis zum Französischen
  13. 8 Das Kreolische in der Gesellschaft
  14. 9 Ressourcen (Katrin Mutz und Peter Stein)
  15. 10 Literaturverzeichnis
  16. Fußnoten