Monarchische Herrschaft im Altertum
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Monarchische Herrschaft im Altertum

  1. 685 Seiten
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Monarchische Herrschaft im Altertum

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Über dieses Buch

Monarchische Herrschaft ist im Altertum omnipräsent. Eine systematische epochen- und kulturvergleichende Untersuchung des Phänomens existiert bislang aber nicht. Der Band schließt diese Lücke. 25 Beiträge, die von ausgewiesenen Spezialisten verfasst sind, nehmen die Alleinherrschaft von Ägypten und dem Alten Orient über die griechisch-römische Antike bis in die Spätantike, das Frühmittelalter und die frühislamische Zeit in den Blick. Vergleichend wird das alte China betrachtet, und ein weiterer Beitrag eröffnet die rezeptionsgeschichtliche Perspektive.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783110461794
Auflage
1
Thema
History
Aloys Winterling

Das römische Kaisertum des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr.

Montesquieu schrieb mit Blick auf die römischen Kaiser: „Es gibt keine absolutere Gewalt als die eines Fürsten, der eine Republik erbt.“1261 Er stellte damit die kaiserliche Herrschaft in den Zusammenhang ihrer Vorgeschichte, die durch eine jahrhundertelange, kollektive Adelsherrschaft geprägt war. Mir scheint, dass seine Beobachtung zutrifft, aber ergänzt werden muss durch den Satz: „Es gibt keine labilere Stellung als die eines Fürsten, der eine Republik erbt.“ Das merkwürdige Zusammentreffen von absoluter Gewalt und labiler Stellung, so soll im Folgenden gezeigt werden, stellt ein zentrales Problem für das Verständnis der Herrschaft der römischen Kaiser des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. dar. Nach einer kurzen Beschreibung des Problems und der Forschungslage sollen zwei Sachverhalte, die in der bisherigen, vor allem politische Strukturen analysierenden Diskussion eher unterbelichtet geblieben sind, in den Vordergrund gerückt werden: Die politische Integration der aristokratischen Gesellschaft Roms in Republik und Kaiserzeit, die – so die These – als entscheidender Hintergrund der Besonderheiten des römischen Kaisertums anzusehen ist, sowie der kaiserliche Hof, dessen Analyse – wie bei jeder Alleinherrschaft, so auch bei der Herrschaft der römischen Kaiser – Aufschluss über deren spezifische Struktur geben kann.
Es liegt auf der Hand, dass die Weite des Themas zu Reduktion und Vereinfachung zwingt. Gleichwohl wird im Resümee zu fragen sein, ob die Herrschaft der römischen Kaiser der ersten beiden Jahrhunderte ohne Weiteres als „Monarchie“ zu bezeichnen ist.

Das Problem

Seit Caesars und Augustus’ Siegen in den spätrepublikanischen Bürgerkriegen basierte die Stellung der römischen Kaiser auf der Monopolisierung der militärischen Gewaltmittel in Rom und im Reich sowie – infolge davon und als Voraussetzung dafür – auf dem privilegierten Zugriff auf die finanziellen Ressourcen des Reiches.1262 Beides ermöglichte ihnen, auch im inneraristokratischen Kontext, nahezu unbeschränkt ihren Willen durchzusetzen:1263 Sie konnten auf die Besetzung der aristokratischen Ämter in Rom und in der Reichsverwaltung und damit auf die politischen und sozialen Chancen jedes Einzelnen sowie auf die inneraristokratische Hierarchie insgesamt entscheidenden Einfluss nehmen. Diese scheinbar unbeschränkten monarchischen Qualitäten der Kaiser wurden jedoch dadurch konterkariert, dass die aristokratischen politischen Institutionen der traditionellen Adelsrepublik, Senat und Magistratur, fortbestanden und die Kaiser ihre Stellung von ebendiesen Institutionen durch Verleihung von Ämtern und Gewalten, die aus dem republikanischen Verfassungsrecht stammten, legalisieren ließen, was einer unbeschränkten kaiserlichen Alleinherrschaft diametral widersprach.1264
In der alltäglichen Kommunikation von Kaiser und Aristokratie zeigte sich eine völlige Dominanz des kaiserlichen Willens, gegen den kein offener Widerstand sichtbar wurde, vielmehr eine – je nach Kaiser mehr oder weniger deutliche – aristokratische Unterwürfigkeit, oft gepaart mit Schmeichelei und vorauseilendem Gehorsam.1265 Zugleich aber dokumentieren verschiedene Sachverhalte ein grundlegendes Akzeptanzdefizit der Kaiser in der aristokratischen Gesellschaft: eine Vielzahl von Schmähschriften, die im Geheimen zirkulierten,1266 denunziatorische Schilderungen in der aristokratischen Historiographie,1267 vor allem aber eine überraschend große aristokratische Bereitschaft zu Verschwörung, Kaisermord und Usurpation.1268
Das Kaisertum als Institution war spätestens mit dem Ende der julisch-claudischen Kaiserfamilie unumstritten, wie gerade die Kriege nach dem Tod Neros zeigen.1269 Die aus dem republikanischen Verfassungsrecht herrührenden Einzelgewalten waren zu einer einheitlichen kaiserlichen Gewalt zusammengewachsen, die dem jeweils neuen Kaiser wohl – wie von Vespasian überliefert – in Form einer lex de imperio verliehen wurden.1270 Diese Stabilität der Institution „Kaisertum“ ging jedoch mit einer großen Labilität der Positionen der daran beteiligten aristokratischen Personen, nicht nur der Kaiser selbst, sondern auch der Senatoren einher. Von den 13 Alleinherrschern in den fast eineinhalb Jahrhunderten von Caesar bis Nerva sind acht eines gewaltsamen Todes gestorben. Gerüchten zufolge half selbst beim Tod von Augustus und Tiberius die engste kaiserliche Umgebung nach.1271 Die drei übrigen, die eines natürlichen Todes starben, waren ein Bürgerkriegssieger (Vespasian) und sein Sohn (Titus), der nur zwei Jahre regierte, sowie ein schwacher Kaiser (Nerva), der seine Stellung durch die Adoption eines mächtigen Heerführers (Trajan) stabilisieren konnte. Während derselben Zeit verschwand aber auch der alte republikanische Hochadel, die nobiles, die über Jahrhunderte hinweg das Konsulat faktisch monopolisiert und die römische Politik geleitet hatten, nahezu vollständig von der historischen Bühne1272 – aufgrund von kaiserlicher Verfolgung wegen realer oder vermeintlicher Verschwörungen, aufgrund von Verarmung oder wegen Kinderlosigkeit.1273
Schließlich lässt sich zwar eine faktische Erblichkeit des Kaisertums feststellen: Wenn ein kaiserlicher Sohn vorhanden oder adoptiert worden war, so war er beim Ableben seines kaiserlichen Vaters in der Regel unumstrittener Nachfolger, wurde von den Prätorianern und den Truppen im Reich anerkannt sowie von den politischen Institutionen bestätigt (und dementsprechend wurden bei der Beseitigung eines Kaisers auch seine engsten Verwandten mit beseitigt). Aufgrund der Beteiligung der republikanischen Institutionen entstand jedoch keine verfassungsrechtlich geregelte, institutionalisierte Sukzessionsordnung.1274 Und trotz der faktischen Erblichkeit entstand keine privilegierte Kaiserfamilie, das heißt keine „Dynastie“ im eigentlichen Sinne, die sich von anderen Adelsfamilien durch einen privilegierten Rang unterschieden hätte.1275 Im Prinzip hatte vielmehr jeder Senator potentiell Kaiserformat, was sich zum Beispiel in den Jahren 68/69 n. Chr. zeigte.1276
Der historische Befund ergibt also: Unbeschränkte Möglichkeit physischer Gewaltausübung, aristokratischer Gehorsam, Stabilität der Institution einerseits, republikanische Legalisierung, Labilität der Position, fehlende Sukzessionsordnung andererseits – was hat die Forschung zu dieser eigentümlichen Mischung gesagt?

Die Forschungslage

Die Forschungslage1277 ist dadurch gekennzeichnet, dass derjenige, der am meisten im Verdacht steht, einen Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zu vertreten, dies tatsächlich am wenigsten tat, und diejenigen, die sich davon zu lösen glaubten, ihm am stärksten verhaftet blieben. Ersterer ist Theodor Mommsen, der – was meist überlesen worden ist – seinem Römischen Staatsrecht eine grundsätzliche Ebenenunterscheidung von verfassungsrechtlichen Verhältnissen einerseits und faktischen Gegebenheiten, die er oft auch als „Politik“ oder „Geschichte“ bezeichnet, andererseits zugrunde legt. So schreibt er, die kaiserliche Stellung komme zwar faktisch der Schrankenlosigkeit nahe, sie dürfe staatsrechtlich jedoch nicht als Monarchie, auch nicht als beschränkte bezeichnet werden.1278 Angesichts des Fortbestands der republikanischen Ordnung und der Legalisierung der Kaiser durch den Senat, der im Zentrum dieser Ordnung stand, schlägt er für die rechtliche Situation den Begriff der Dyarchie vor, der Teilung der Herrschaft zwischen dem Senat als Träger der alten legitimen Ordnung und dem Kaiser, dessen Stellung als besondere Magistratur konzeptualisiert und aus dem unmittelbaren Willen von Volk und Heer abgeleitet wird, der aber durch seine autokratische Existenz zugleich eine permanente Durchbrechung der alten Ordnung dargestellt habe.1279
Ein Nachteil von Mommsens Konzeption ist, dass er mit zwei unterschiedlichen Souveränitäten arbeiten muss und dass er das Auseinanderfallen von kaiserlicher Macht und fortgeltendem republikanischen Recht nur konstatiert, nicht aber erklärt. Der Vorteil ist, dass er die oben dargestellten Widersprüche nicht einzuebnen versucht, sondern im Begriff „Dyarchie“ auf eine Differenzformel bringt.1280
Bezeichnend für die Forschung nach Mommsen ist, dass sie den Dyarchie-Begriff mehr oder weniger einhellig verwarf und dass sie stattdessen jeweils nur eine der beiden Seiten, die Mommsen behandelte, in den Blick nahm und zur entscheidenden erklärte: So wurde einerseits das Fortbestehen republikanischer Rechtsformen als Dokument für den republikanischen Charakter des kaiserzeitlichen „Staates“ und das Fehlen einer Monarchie gedeutet, so zum Beispiel bei Otto Schulz (1916), Johannes Kromayer (1923) und zuletzt noch bei Helmut Castritius (1982).1281 Andererseits wurde der Blick auf die realen Machtverhältnisse gerichtet und eine – mehr oder weniger – absolute Monarchie postuliert, der gegenüber das republikanische Verfassungsrecht als irrelevant erschien, so klassisch zum Beispiel bei Hermann Dessau (1924), Jean Béranger (1953) oder Lothar Wickert (1954).1282 Verschiedene Versuche, die nicht zu vereinbarenden Positionen zu verbinden, scheiterten und dokumentierten den aporetischen Charakter der Kontroverse.1283
Jenseits von Recht und Politik hatte Andreas Alföldi (1934/1935) die monarchische Repräsentation der Kaiser in Zeremoniell und Insignien untersucht. Er stellte zwei grundsätzlich unterschiedene Richtungen fest: einen republikanisch-egalitären Umgang zwischen Kaiser und Bürgern sowie eine sakral untermauerte zeremonielle Distanzierung des Kaisers von seinen Untertanen. Beide Richtungen hätten sich wie Ausschläge eines Pendels abgewechselt.1284 Alföldi temporalisierte also gewissermaßen die Dyarchie auf der Ebene der symbolischen Kommunikation mit dem Kaiser.
Es ist verständlich, aber unbefriedigend, dass der dominante Teil der Forschung des 20. Jahrhunderts die schwierige Debatte um republikanische und monarchische Elemente des Kaisertums – obwohl ungeklärt und von zweifellos zentraler Bedeutung – einfach übergangen, gewissermaßen abgehängt hat. Wenn Anton von Premerstein (1937) die Stellung der römischen Kaiser in der Monopolisierung patronaler Beziehungen, wenn Ronald Syme (1939) sie in der Förderung des Aufstiegs neuer Schichten in den Senatorenstand, Fergus Millar (1977) sie in bürokratischem Eifer des einzelnen Herrschers oder Egon Flaig (1992) sie in ritualisierter Kommunikation mit Volk, Soldaten und Senatoren begründet sah, so wurde jeweils vorausgesetzt, dass wir es im kaiserzeitlichen Rom der ersten beiden Jahrhunderte mit einer – wie auch immer im Einzelnen beschaffenen – eindeutigen Monarchie zu tun haben.1285 Der latent gewaltsame, illegitime Charakter des Kaisertums und die Labilität der Stellung der einzelnen Kaiser, ihre paradoxe Legalisierung durch republikanische Institutionen, die keine Alleinherrschaft vorsahen (und damit die Auf-Dauer-Stellung der Illegitimität), wurden weitgehend ignoriert.
Liest man in den letzten Jahrzehnten erschienene Handbücher zur Kaiserzeit, wie etwa Jochen Bleickens „Verfassungs- und Sozialgeschichte des römischen Kaiserreiches“, so hat man den Eindruck, dass der Versuch der Forschung des 20. Jahrhunder...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Dank
  6. Verzeichnis der Abkürzungen
  7. Monarchische Herrschaft im Altertum. Zugänge und Perspektiven
  8. Schöpfung und Herrschaft. Die altägyptische Sakralmonarchie
  9. „Herr der Gesamtheit“, „Liebling der Götter“ und „Guter Hirte“. Konzepte des mesopotamischen Königtums und ihre materiellen Manifestationen
  10. Wer steckt hinter Agamemnons Maske? Zur politischen Herrschaft in mykenischer Zeit
  11. Das Königtum im Alten Testament
  12. Monarchen im frühen Rom: Traditionen – Konzepte – Wirklichkeiten
  13. Führung – nicht: Herrschaft. Widerstreitende Diskurse bei Homer und Hesiod und ihr historischer Kontext
  14. Die griechische Tyrannis als monarchische Herrschaftsform
  15. Monarchische Herrschaft am Beispiel des teispidisch-achaimenidischen Großreichs
  16. Monarchie auf Zypern im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr.: Herrschaft von König und Polis?
  17. Zur Monarchie in der politischen Theorie des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr.
  18. König, Tyrann, Bürger, Heros, Gott: Bilder von Monarchen in der visuellen Kultur des antiken Griechenland
  19. Siegen oder untergehen? Die hellenistische Monarchie in der neueren Forschung
  20. Königtum und Priesterherrschaft: Alleinherrschaft im Judäa der Hasmonäerzeit
  21. Königtum in prähistorischen Kulturen? Annäherungen an den archäologischen Befund am Beispiel der Kelten und Skythen
  22. Konzeptionen monarchischer Herrschaft im frühen China
  23. Das römische Kaisertum des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr.
  24. Strategien der Etablierung und Darstellung monarchischer Herrschaft in der visuellen Kultur der römischen Kaiserzeit
  25. Monarchianismus und Monarchie. Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Theologie und Politik im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr.
  26. Konzepte monarchischer Herrschaft im Neuplatonismus
  27. Das 4. Jahrhundert – Die christlichen Kaiser suchen ihren Ort
  28. Der Monarch auf der Suche nach seinem Platz. Kaiserherrschaft im frühen Byzanz (5. bis 7. Jahrhundert n. Chr.)
  29. Kontinuität im Wandel. Begründungsmuster und Handlungsspielräume der iranischen Monarchie in arsakidischer und sasanidischer Zeit
  30. Monarchische Aspekte frühislamischer Herrschaft
  31. Der König als Alleinherrscher? Ein Versuch über die Möglichkeit der Monarchie im Frühmittelalter
  32. Ausblick
  33. Antike Herrschaftsmodelle und die frühneuzeitliche europäische Monarchie. Oder: Die heroische Inszenierung des Fürsten im Spannungsfeld zwischen republikanischem Erbe und dem Anspruch auf überzeitliche Größe
  34. Kurzbiographien der Autoren
  35. Namensregister