Abwendung von der Gottesgemeinschaft
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Abwendung von der Gottesgemeinschaft

Luthers Sündenbegriff in der Großen Genesisvorlesung (1535-1545)

  1. 366 Seiten
  2. German
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Abwendung von der Gottesgemeinschaft

Luthers Sündenbegriff in der Großen Genesisvorlesung (1535-1545)

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Studie wählt den Zugang zu Luthers Hamartiologie über die wenig erschlossene Große Genesisvorlesung. Das so entwickelte und verschiedene Forschungspositionen integrierende Sündenverständnis leuchtet die Abwendung des Menschen im Kontext von Gottes trinitarisch verfasster Zuwendung aus. Der Blick auf Gottes sich in Schöpfung, Versöhnung und Vollendung worthaft verwirklichenden Gemeinschaftswillen erschließt die Sünde als Abkehr vom Wort.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783110492286

1Gottes Willen zur Gemeinschaft mit seinem Geschöpf und dessen Durchsetzung in Schöpfung, Versöhnung und Vollendung

Um im Verlauf der Untersuchung Luthers Bestimmung der Sünde als Abwendung von der Gemeinschaft mit Gott zu entfalten, muss zunächst einmal geklärt werden, wie jene Gemeinschaft genauer beschaffen ist. Hierzu soll, neben einem Blick auf Luthers Beschreibung der Gestaltung jener Gemeinschaft durch den Menschen, der Fokus vor allem auf Gott in seinem Willen zu jener Gemeinschaft als Begründer derselben gerichtet sein. Dies geschieht genauer dadurch, dass Gottes Handeln in Schöpfung, Versöhnung und Vollendung als Durchsetzung seines Gemeinschaftswillens beschrieben wird.
Im Blick auf Gottes Handeln als Schöpfer ist zunächst die hierfür zentrale Relevanz des Wortes herauszustellen. Dabei ist zu zeigen, wie Gott durch sein Wort als reine Gabe Leben schafft und dabei inmitten des Geschaffenen worthaft selbst gegenwärtig ist (1.1). Daraufhin ist zu beleuchten, wie Gott durch sein schöpferisches Sprechen seinem Geschöpf das Leben als dasjenige auslegt, in welchem er auf die Gemeinschaft bzw. Kommunikationsgemeinschaft mit seinem Geschöpf zielt und darin den Menschen zum Genuss des Lebens in Fülle führt (1.2). Weiter soll dann gezeigt werden, inwiefern nach Luther der Schöpfer nicht nur im Leben des Menschen auf die Gemeinschaft mit seinem Geschöpf zielt, sondern zugleich gerade durch bzw. in jener Gemeinschaft Leben schafft (1.3). Daraufhin soll die Aufmerksamkeit auf die Frage nach der Gestaltung jener Gemeinschaft vonseiten des Menschen gerichtet werden, was in besonders greifbarer Weise anhand von Luthers Urstandslehre möglich ist (1.4). Wird im Anschluss daran der Fokus erneut auf das Handeln Gottes gerichtet, so ist hierbei dann zu entfalten, wie auch Gottes Handeln als Versöhner der Welt (1.5.1), ebenso wie auch als deren Vollender (1.5.2) stets rückgebunden ist an die Identität seines Wesens als trinitarischem Gott und sich so sein unterschiedliches Werk als Durchsetzung seines einheitlichen Willens zur Gemeinschaft mit seinem Geschöpf identifizieren lässt.

1.1Worthafte Schöpfung: Gottes Schaffen durch sein SprechenGottes Sprechen durch sein Schaffen

Bewegen sich die folgenden Ausführungen auf dem Feld von Luthers Schöpfungsverständnis in der GG, so ist hierzu zunächst darauf hinzuweisen, dass Johannes Schwanke in einer ausführlichen Untersuchung aufgezeigt hat, inwiefern Luther in der GG das göttliche Schaffen grundlegend als creatio ex nihilo beschreibt.254 Die folgenden Ausführungen knüpfen an jene Einsichten Schwankes an, setzen hierbei jedoch einen besonderen Akzent auf die Frage nach der sich hierin zeigenden Bedeutung des göttlichen Wortes.
Die exponierte Stellung des Wortes in Luthers Schöpfungsverständnis fällt unmittelbar ins Auge. So ist es das göttliche Wort,welches vor allen Dingen da war und somit ex nihilo alles Seiende schafft: 255„Also ist das Wort im Anfang und vor allen Kreaturen, und ist ein solch mächtiges Wort, das aus dem Nichts alles schafft.“256 Voraussetzung hierbei ist die schöpferische Kraft des göttlichen Wortes. Im Gegensatz – so Luther in Bezug auf Röm 4,17– zu Menschenworten, die nur den Dingen, die schon geschaffen sind, ihren Namen geben, stellen Gottes Worte vielmehr „wirkliche und bestehende Dinge“257 dar. Indem Gott etwas sagt, ist bzw. wird das Gesagte zugleich wirkliches Ding.258 Erschließt sich jene Aussage in ihrer ganzen Bedeutung erst von der durch Augustin betonten Unterscheidung von signum und res, so ist die genauere Betrachtung jenes Bezugs zu einem späteren Zeitpunkt günstiger.259 Festzuhalten ist hier zunächst: Gott schafft gerade durch sein Wort, indem er durch sein Sprechen vom Nicht-Sein ins Sein ruft.260 Sein Sprechen ist als „wirklichkeitsstiftender Vorgang katexochen“261 zu verstehen.262
Jene Betonung der schöpferischen Potenz des Wortes bei Luther zeigt sich jedoch nicht nur im Blick auf die creatio, sondern ebenso hinsichtlich der conservatio.263 Hierzu ist zunächst einmal mit Nachdruck hervorzuheben, wie eng Luther jene beiden Begriffe zusammendenkt. Schöpfung und Erhaltung sind für Luther nicht voneinander zu trennen: „Wir Christen wissen, dass bei Gott Schaffen und Erhalten dasselbe ist.“264 Jenes Ineinander von Gottes Tätigsein als Schöpfer und Erhalter ist jedoch, wie Schwanke plausibel gezeigt hat, gerade im beide Momente unverkennbar prägenden Charakter der creatio ex nihilo begründet: Wie die creatio, so ist auch die conservatio „grundlose Setzung, die weder anknüpft noch reagiert, sondern immerzu nur schenkt“265. Auch in der Erhaltung der Welt ist Gott schöpferisch am Werk und dies in einem schlechthin unbedingten Sinn. Er allein ist der Grund nicht nur des Entstehens, sondern ebenso des Fortbestehens der Welt. Nicht trägt die Welt diesen selbst in sich – vielmehr ist allein Gott „das Vermögen und die Kraft der Welt“266, die im Chaos versänke, wenn er auch nur einen Tag von ihr abließe.267 Gottes schützendes und erhaltendes Schaffen zeigt sich nach Luthers Verständnis also klar als unableitbares Geschehen.
Zugleich jedoch ist jenes geschilderte Geschehen als ein durchgängig worthaftes zu verstehen. So ereignet sich eben dieses, in welchem Gott geradezu einem mütterlichen Uterus im Blick auf einen Fötus gleicht,268 durch nichts anderes als eben durch sein Wort.269 Eindrücklich sichtbar wird dies an folgendem Beispiel: Luther setzt sich, auf der Grundlage seines Verständnisses des alttestamentlichen Weltbildes, mit der Tatsache auseinander, dass die Erde als Lebensraum des Menschen beständig bedroht ist, sowohl durch die Wasserfluten über als auch unter ihr.270 Dass sie dennoch besteht, erklärt sich für Luther jedoch keineswegs aus ihr selbst – im Gegenteil: Der Natur nach läge es vielmehr nahe, dass die Erde in den Fluten versänke271 oder die über ihr hängenden Wasser vernichtend auf sie niederstürzten.272 Dass die Erde dennoch erhalten wird, geschieht nun aber einzig „durch die Kraft des Wortes“273. Gottes Wort – so Luther in Aufnahme von Prov 8,29 und Hi 38,11, an anderer Stelle auch Gen 1,9274– bewahrt die Erde vor dem Versinken ins Wasser unter ihr;275 zugleich hält es das Wasser über ihr an seinem Ort, indem es die jene Fluten enthaltenden Wolken geradezu an den Himmel (fest) hängt.276 Somit zeigt sich also unverkennbar Beides: Zum einen wird der Charakter von Gottes Schaffen als unableitbarem Geschehen erkennbar. Das Fortbestehen der Erde als Lebensraum ist mitnichten in dieser selbst begründet. Vielmehr wird dies ohne jede ,Anknüpfung‘ einzig von Gott her möglich, wird allein durch sein erhaltendes Schaffen jeden Moment aufs Neue gewährt. Jenes Schaffen Gottes hat für Luther – freilich nicht, wie gleich deutlicher werden wird, in einem mirakulösen Sinn – geradezu ,wunderhaftenʻ Charakter. Es steht, sowohl im Blick auf die Bedrohtheit des Menschen als auch die Unableitbarkeit der göttlichen Erhaltung, dem Wunder des Zuges der Israeliten durch das Meer in nichts nach – vielmehr gehen wir nach Luther selbst täglich durchs Rote Meer.277 Zugleich zeigt sich ebenso klar, dass sich jenes, Gottes erhaltendes Schaffen nun aber gerade kraft seines Wortes ereignet: „Also wird unser Leben alle Augenblicke durch das Wort wunderlich bewahrt und erhalten.“278
Jene beiden zentralen Charakteristika von Luthers Verständnis der conservatio zeigen sich jedoch mitnichten nur hinsichtlich der Gewährung des Raumes, in welchem sich Leben ereignet, sondern ebenso im Blick auf das Geschehnis jenes Lebens selbst. Dies veranschaulicht Luther anhand von scheinbar selbstverständlichen Vorgängen, auf denen der alltägliche Lebensvollzugs basiert. So nennt er z. B. das jährliche Wachsen des Getreides und das Fortbestehen der Artenvielfalt der Pflanzen- und Tierwelt, die nicht nur als solche das Fortbestehen des Lebens repräsentieren, sondern zugleich auch unabdingbare Voraussetzung des menschlichen Lebens darstellen. Luthers Ausführungen hierzu beinhalten zweierlei: Zum einen die Betonung, dass jene aus unserer postlapsarischen Perspektive gänzlich unspektakulären Geschehnisse tatsächlich den Charakter eines Wunders in sich tragen, welches, so Luther auch in Abgrenzung gegenüber einem mirakulösen Wunderbegriff, beispielsweise dem Ereignis der Brotvermehrung (Joh 6,1–15) in nichts nachsteht.279 Dies deshalb, weil sich jene das Leben erhaltenden Vorgänge mitnichten aus diesem selbst heraus verstehen, sondern – wie schon beim vorausgehenden Beispiel – allein Momente von Gottes anknüpfungslos-unableitbarem Schaffen sind.280 Zum zweiten stellt Luther auch hier den worthaften Charakter jenes erhaltenden Tätigseins Gottes klar, gehen all jene Vorgänge doch aus nichts anderem hervor als „aus dem allmächtigen Wort Gottes“281. Hierbei kann Luther seine Argumentationslinie auch variieren. So gilt für ihn weiter, dass das Erhaltenwerden der Schöpfung ein unzweifelhaftes Indiz dessen ist, dass das Ergehen des göttlichen Wortes eben nicht nur als einmaliganfänglicher Akt zu verstehen ist, sondern als fortwährend andauernder Prozess: „Weil aber alle Dinge immer noch in derselben Weise wachsen, vermehrt, erhalten und regiert werden wie am Anfang der Welt, so folgt daraus offenkundig, dass das Wort bis heute andauert und nicht tot ist.“282
In den vorangehenden Beobachtungen von Luthers Text tr...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Vorwort
  6. Inhalt
  7. Hinführung
  8. 1 Gottes Willen zur Gemeinschaft mit seinem Geschöpf und dessen Durchsetzung in Schöpfung, Versöhnung und Vollendung
  9. 2 Die Sünde des Menschen und Gottes darauf bezogenes Gnadenhandeln
  10. 3 Die Abwendung von der Gottesgemeinschaft I: Furcht und Flucht – Sünde als Vollzug des Vertrauensverlustes in Gottes Gemeinschaftswillen
  11. 4 Die Abwendung von der Gottesgemeinschaft II: Hochmut und Selbstliebe – Sünde als Drang in die Gemeinschaft mit dem Abgott
  12. 5 Die Verfehlung der Beziehung zu Mitmensch und Welt als Vollzug der verfehlten Gottesbeziehung
  13. Schluss
  14. Literaturverzeichnis
  15. Sachregister
  16. Fußnoten