Lesendes Bewusstsein
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Lesendes Bewusstsein

Untersuchungen zur philosophischen Grundlage der Literaturwissenschaft

  1. 230 Seiten
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Lesendes Bewusstsein

Untersuchungen zur philosophischen Grundlage der Literaturwissenschaft

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Über dieses Buch

Mit dieser Monografie wird die Autonomie des literarischen Textes sowohl gegenüber seinem Autor als auch gegenüber seinem Leser systematisch begründet --- mit dem Ziel, eine Literaturwissenschaft im strengen Sinne als eigenständige Disziplin zu kennzeichnen, die andere Disziplinen wie Soziologie, Psychologie, Psychiatrie, Anthropologie und auch Theologie und Philosophie in ihren Dienst zu nehmen hat, weil ihnen das Deutungsmonopol gegenüber dem Kunstwerk abzusprechen ist. Der literarische Text erweist sich in solcher Sicht als Selbstentfaltung der zu gestaltenden Sache, deren Logik der Autor, wenn ihm sein Unternehmen gelungen ist, befolgt hat, so dass das Kunstergebnis die Subjektivität des Autors hinter sich lässt.

Die traditionelle Lehre vom Vierfachen Schriftsinn erhält in solchem Zusammenhang eine neue Aktualität, weil sie die legitimen vier Positionen des Lesers gegenüber einem literarischen Text als Eigenart des literarischen Textes definiert: buchstäblicher Sinn (das, was wörtlich dasteht), allegorischer Sinn (übertragene Bedeutung), tropologischer (= moralischer) Sinn und anagogischer (= poetologischer) Sinn.

Der literarische Text als ein solcher ist, im Unterschied zum nicht-literarischen Text, dadurch definiert, dass er in der poetologischen Differenz seine Natur hat. Das heißt: er lässt sich psychologisch lesen (als dargestelltes Schicksal) und poetologisch als eine Komposition, in der jede Szene und jedes Detail einen erkennbar notwendigen Ort erhalten haben. Literaturwissenschaft beginnt da, wo beide Lesarten berücksichtigt und aufeinander bezogen werden.

In Auseinandersetzung mit drei literarischen Texten wird die hier entwickelte Theorie der Literatur veranschaulicht – am Beispiel der "Odyssee" von Homer, der "Leiden des jungen Werthers" von Goethe und der "Abendphantasie" von Hölderlin.

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Information

Erster Teil

Theorie der Literatur

Erster Essay

Vom Nutzen und Nachteil der Philosophie für die Deutung literarischer Texte

Vorbemerkung

Es geht um die Unterscheidung zwischen einem philosophischen Text und einem literarischen Text. Als Textbeispiele dienen Kants „Kritik der reinen Vernunft“ und Dostojewskijs „Die Brüder Karamasow.“ Von beiden Texten werden jeweils die ersten zwei Sätze zur Debatte gestellt. Das eine Mal geht es primär um Abstraktion, die auf Anschauung verweist; das andere Mal geht es primär um Anschauung, die auf Abstraktion verweist. Das „lesende Bewusstsein“ sieht sich dabei einer jeweils anderen Aufgabe gegenüber, auf die es sich automatisch einstellt. Um recht verstanden zu werden, bieten „Die Brüder Karamasow“ nicht weniger Schwierigkeiten als die „Kritik der reinen Vernunft“, doch sind diese Schwierigkeiten anders situiert. Die Argumentation mündet in ein Hegel-Zitat, worin die Eigenart der „Literatur“ von der Eigenart der „Philosophie“ abgegrenzt wird.

Philosophen und Schriftsteller

Seit eh und je haben zwischen Philosophie und Literatur die verschiedensten Beziehungen bestanden. Philosophen haben sich darüber ausgelassen, was denn überhaupt ein Kunstwerk sei. Platon diskutiert im „Ion“ die Kunst des Rhapsoden und umkreist im „Staat“, ironisch facettiert, Wesen und Funktion der Dichtung aus jeder nur denkbaren Perspektive. Aristoteles hinterlässt eine „Poetik“. Giambattista Vico berichtet in seiner „Neuen Wissenschaft über die gemeinschaftliche Natur der Völker“ (Principi di una scienza nuova d‘intorno alla commune natura delle nazioni) „Von der poetischen Weisheit“ (Zweites Buch) und „Von der Entdeckung des wahren Homer“ (Drittes Buch). Von Adam Smith besitzen wir „Lectures on Rhetoric and Belles Lettres“. Kants „Kritik der Urteilskraft“ ist im ersten Teil der ästhetischen Urteilskraft und der Lehre vom Schönen gewidmet. Schelling erläutert im Sechsten Hauptabschnitt seines „Systems des transzendentalen Idealismus“ die „Philosophie der Kunst“. Friedrich Schlegels „Schriften zur Literatur“ (1794–1800) sind seit 1970 gesammelt greifbar, darunter „Über Goethes Meister“ (1798) und „Gespräch über die Poesie“ (1800). Schopenhauers „Die Welt als Wille und Vorstellung“ behandelt im Dritten Buch die „Platonische Idee: das Objekt der Kunst“. Hegels „Vorlesungen über die Ästhetik“ liefern den Naturformen der Dichtung – Epos, Lyrik und Drama – eine ausführliche Gattungspoetik, die sich an der politischen Geschichte des Abendlandes orientiert. Stichwort: unterwegs zum Staat. Friedrich Theodor Vischer veröffentlicht „Über das Erhabene und das Komische“ mit dem Untertitel „Ein Beitrag zu der Philosophie des Schönen“ sowie einen „Plan zu einer neuen Gliederung der Ästhetik“. In Kierkegaards Hauptwerk „Entweder-Oder“ ist eine ganze Monografie über Mozarts „Don Juan“ eingelagert. Gustav Theodor Fechner veröffentlicht eine „Vorschule der Ästhetik“ in zwei Bänden. Ralph Waldo Emerson unterscheidet in „Representative Men“ zwischen „Shakespeare, or, the Poet“ (Kap. 5) und „Goethe, or, the Writer“ (Kap. 7). Nietzsches „Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ entwickelt am Beispiel der „Griechischen Tragiker“ eine Kulturtypologie. Diltheys Abhandlung „Die Einbildungskraft des Dichters“ mit dem Untertitel „Bausteine für eine Poetik“ ist Vorläufer seiner programmatischen Aufsätze unter dem Titel „Das Erlebnis und die Dichtung“, worin Lessing, Goethe, Novalis und Hölderlin porträtiert werden. Benedetto Croces Hauptwerk behandelt „Estetica come scienza dell‘espressione e linguistica generale“ und liegt seit 1905 auf Deutsch vor: „Aesthetik als Wissenschaft vom Ausdruck und Allgemeine Sprachwissenschaft. Theorie und Geschichte.“ Theodor Lipps veröffentlicht zwei Bände zur „Ästhetik“ mit dem Untertitel „Psychologie des Schönen und der Kunst“. Den Begriff der „Fiktion“ erörtert zwar in allen nur denkbaren Richtungen „Die Philosophie des Als-Ob“ von Hans Vaihinger, wobei aber die literarische Fiktion nur ein ganz beiläufiges Interesse findet. Oskar Becker berichtet „Von der Hinfälligkeit des Schönen und der Abenteuerlichkeit des Künstlers“ (in Festschrift für Edmund Husserl, 1929). George Santayana veröffentlicht „The Sense of Beauty. Being the Outlines of Aesthetic Theory“, und John Dewey denkt nach über „Art as Experience“. Bertrand Russell bringt in seiner „History of Western Philosophy“ ein ganzes Kapitel über „Byron“ unter. Alfred North Whitehead denkt nach über „Truth and Beauty“, das Kunstwerk betreffend, in seinen „Adventures of Ideas“ (Kap. xviii). Von Ludwig Wittgenstein sind „Vorlesungen über Ästhetik“ aus dem Jahre 1938 überliefert, die aus den Aufzeichnungen seiner Studenten in Cambridge rekonstruiert wurden und nun auch in deutscher Übersetzung vorliegen („Vorlesungen und Gespräche über Ästhetik, Psychologie und Religion“, Göttingen 1971). Ernst Cassirer schreibt ein Buch über „Goethe und die geschichtliche Welt“ mit einem Kapitel über „Goethe und Platon.“ Hermann Glockner äußert sich über „Schiller als Philosoph“ und „Die aesthetische Sphäre.“ Heidegger verfasst „Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung“ und veröffentlicht in seiner Aufsatzsammlung „Holzwege“ drei Vorträge unter der gemeinsamen Überschrift „Der Ursprung des Kunstwerkes“. Von Adorno erscheinen drei Bände „Noten zur Literatur“ und posthum seine „Ästhetische Theorie.“ Max Bense veröffentlicht eine „Einführung in die informationstheoretische Ästhetik“ mit dem Untertitel „Grundlegung und Anwendung in der Texttheorie.“ Ernst Bloch legt unter dem Titel „Verfremdungen“ zwei Bände vor, von denen der erste Essays „Über Hoffmanns Erzählungen“ (die Oper), über „Hebel, Gotthelf und bäurisches Tao“ enthält sowie die „Philosophische Ansicht des Detektivromans“ und die „Philosophische Ansicht des Künstlerromans.“ Auch steckt „Das Prinzip Hoffnung“ von Anfang bis Ende voller literarischer Gestalten: Odysseus, Don Qujote, Werther, Faust, Raskolnikow etcetera. Gadamer versammelt unter dem Titel „Kunst als Aussage“ seine Überlegungen zu Ästhetik und Poetik, schreibt einen Aufsatz über „Plato und die Dichter“ und liefert als „Poetica“ ausgewählte Essays über Stefan George, Hölderlin, Rilke, Celan, Johannes Bobrowski und Hilde Domin. Nelson Goodman veröffentlicht die Monografie „Languages of Art. An Approach to a Theory of Symbols.“ Arnold Gehlen fixiert „Zeit-Bilder“ mit dem Untertitel „Zur Soziologie und Ästhetik der modernen Malerei.“ Eine Monografie von Karl Löwith heißt „Paul Valéry. Grundzüge seines philosophischen Denkens.“ Walter Schulz veröffentlicht Untersuchungen zur Geschichte der Ästhetik unter dem Titel „Metaphysik des Schwebens.“ Dieter Henrich hält einen Vortrag über „Hegel und Hölderlin“ und legt zwei Monografien über Hölderlin vor: „Der Gang des Andenkens. Betrachtungen zu Hölderlins Gedicht“ sowie „Der Grund im Bewußt-sein. Untersuchungen zu Hölderlins Denken (1794–1795).“ Peter Sloterdijk widmet in seiner „Kritik der zynischen Vernunft“ ein ganzes Kapitel Dostojewskij, dessen „Großinquisitor“ er dem „Kabinett der Zyniker“ zurechnet. Odo Marquard formuliert zur Frage nach der Zukunft der Erzählung kurz und bündig sein Statement: „Narrare necesse est“ (Philosophie des Stattdessen. Stuttgart 2000). Rüdiger Bubner schreibt über „Ästhetische Erfahrung“, und Gunnar Hindrichs veröffentlicht „Die Autonomie des Klangs“ mit dem Untertitel „Eine Philosophie der Musik.“ Arthur C. Danto fasziniert mit „The Transfiguration of the Commonplace. A Philosophy of Art.” Diese Aufzählung mag genügen, um das ständige Interesse der Philosophie an der Eigenart des Kunstwerks zu vergegenwärtigen.
Umgekehrt haben sich immer wieder die Dichter den Philosophen zugewendet oder auch ihre eigene dichterische Praxis mit systematischen Reflexionen begleitet – so etwa Lessing mit seinen Monografien „Laokoon oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie. Mit beiläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte der alten Kunstgeschichte“ (1766) und „Hamburgische Dramaturgie“ (1767–1769). Von Goethes zahlreichen Schriften zu Kunst und Literatur seien „Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke“ (1798) und „Über epische und dramatische Dichtung“ (1827) hervorgehoben. Jean Paul schreibt eine umfangreiche „Vorschule der Ästhetik“ (zweite Auflage 1813) und setzt sie 1825 mit einer „Kleinen Nachschule zur Ästhetischen Vorschule“ fort. Wieland veröffentlicht drei programmatische „Briefe an einen jungen Dichter“ (1782–1784). Hölderlin schreibt eine Abhandlung „Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes“, die allerdings nur als unvollendeter Entwurf überliefert ist (entstanden im März 1800; Titel später dem Text entnommen). Schiller verfasst eine ganze Reihe kunsttheoretischer Abhandlungen eigenen Rechts neben seiner dichterischen Produktion, und das nicht nur „Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen“ (1792). Er reflektiert dichterisches Tun auf höchster Abstraktionsebene („Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen“, 1780, und „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen“, 1795). 1798 und 1799 verfasst Novalis „Die Enzyklopädie“: seine Zusammenschau aller Wissenschaften, darunter auch „Philologie und Kunst.“ Heinrich von Kleist erläutert in einem „Brief eines Dichters an einen anderen“ in den „Berliner Abendblättern“ vom 3. Januar 1811 die Prämisse seiner Kunst, dass Kunstgriffe vom Leser nicht bemerkt werden dürfen, um ihre Wirkung zu tun. E. T. A. Hoffmann lässt mit seiner Erzählung „Des Vetters Eckfenster“ (1822) seine eigene Poetik zum literarischen Thema werden. Joseph von Eichendorff hält nicht viel vom lesenden Publikum und eröffnet 1824 seinen „Krieg den Philistern!“ mit einem „Dramatischen Märchen in fünf Abenteuern,“ worin der „Verfasser“ am Ende im „Narren“ seinen „leibhaftigen Doppelgänger“ erblickt und „entsetzt“ davonläuft. 1824 schreibt Puschkin sein programmatisches „Gespräch des Verlegers mit dem Dichter“ (Razgovor knigoprodavca s poetom“) als Vorspann zu seinem Versroman „Jewgenij Onegin“, das später nur noch separat als Gedicht veröffentlicht wurde. Wilhelm Hauff verfasst eine „Studie über zwölf Romane Walter Scotts“ (1826, gefunden im Nachlass) und veröffentlicht im „Morgenblatt für gebildete Stände“ (April 1827) seine Skizze „Die Bücher und die Lesewelt.“ William Savage Landor bringt zwischen 1824 und 1829 mehrere Bände mit imaginären Gesprächen heraus, darunter „Menander and Epicurus“, „Vergilius and Horatius“ sowie „Galileo, Milton, and a Dominican“ (in: „Classical Imaginary Conversations. Greek, Roman, Modern“, Washington and London 1901). Heinrich Heine veröffentlicht 1837 eine Einleitung zum „Don Quixote“ und 1839 seine umfangreiche, kohärente und viel beachtete Artikelserie über „Shakespeares Mädchen und Frauen.“ Annette von Droste-Hülshoff analysiert in einem ausführlichen Brief vom 14. Dezember 1843 an ihren Freund Levin Schücking dessen Erzählungen „Das Schloß am Meere“, „Frauenherz“ und „Das Stiftsfräulein“ wohlwollend und doch kritisch und bescheinigt ihm den begrüßenswerten „Übergang aus dem wilden westfälischen Wuchs in die anmutige Form der heutigen Literatur.“ Edgar Allan Poe liefert zu seinem berühmten Gedicht „The Raven“ das Protokoll seiner Entstehung unter dem Titel „The Philosophy of Composition“ (1846). Gottfried Keller veröffentlicht in den „Blättern für literarische Unterhaltung“ von 1849 bis 1855 eine ganze Serie von Besprechungen der Werke Jeremias Gotthelfs, die mit der Feststellung enden: „er war nur darum ein guter Volksschriftsteller, weil er ein guter, von innen heraus produktiver Dichter war.“ Herman Melville rezensiert 1850 Hawthornes Erzählungen „Mosses from an Old Manse“ (1846) unter dem Titel „Hawthorne and His Mosses. By a Virginian Spending July in Vermont.“ Melville ist fasziniert von Hawthornes düsterem Menschenbild, das auch in den „Twice Told Tales“ und in „The Scarlet Letter“ sichtbar werde, und Amerika, im Unterschied zu England, auszeichne: „Certain it is, however, that this great power of blackness in him derives its force from its appeals to that Calvinistic sense of Innate Depravity and Original Sin, from whose visitations, in some shape or other, no deeply thinking mind is always and wholly free.“ Turgenjew hält 1860 einen inzwischen weltberühmten Vortrag über „Hamlet und Don Quijote.“ Gustav Freytag veröffentlicht 1863 seine einflussreiche Abhandlung „Die Technik des Dramas.“ Dostojewskij hält 1880 seine vielbeachtete Rede über „Puschkin“, nachdem er zuvor einen Aufsatz über E. T. A. Hoffmann und Edgar Allan Poe (1861), zwei Aufsätze über George Sand und ihr Werk (Juni 1876) und fünf Aufsätze über Tolstojs „Anna Karenina“ (Juli / August 1877) publiziert hat. Walt Whitman äußert sich über „Edgar Poe’s Significance,“ „Robert Burns as Poet and Person“ (beides 1882) und „The Bible as Poetry“ (1883). Mark Twain unternimmt es, seinem berühmten Landsmann James Fenimore Cooper (1789–1851) auf Schritt und Tritt Verstöße gegen die Kunst des Erzählens nachzuweisen, und verfasst mit Blick auf „The Pathfinder“, „The Deerslayer“ und „The Last of the Mohicans“ zwei fundamentale Verrisse: „Fenimore Cooper‘s Literary Offences“ und „Fenimore Cooper‘s Further Literary Offences“ (beides 1895). Tolstoj lässt es sich nicht nehmen, auf der Höhe seines Ruhms die Frage „Was ist Kunst?“ („Čto takoe iskusstvo?“ 1897/98) systematisch und durchgehend polemisch zu beantworten. Oscar Wilde praktiziert nicht nur die verschiedensten literarischen Gattungen, vom „Picture of Dorian Gray“ zur „Salomé“ bis hin zu Fairy Tales und „The Ballad of Reading Gaol“, sondern provoziert auch mit analytischen Essays wie „The Soul of Man Under Socialism“ (1895) und „The Rise of Historical Criticism“ (posthum). Knut Hamsun hinterlässt eine ganze Reihe von Aufsätzen über Literatur, darunter eine Verhöhnung Ralph Waldo Emersons, eine herablassende Würdigung Mark Twains und eine radikale Abkanzelung Walt Whitmans (1889; deutsch in „Drei Amerikaner“, 1981) sowie kritische Stellungnahmen zur norwegischen Gegenwartsliteratur unter Berufung auf das zu wenig beachtete „unbewusste Seelenleben“ (deutsch in „Psychologie und Dichtung“, 1964). Maurice Maeterlinck behandelt in seiner weltanschaulichen Studie „La sagesse et la destinée“ (1898; deutsch 1908: „Weisheit und Schicksal“) nicht nur Sokrates, Christus, Hamlet, König Lear und Macbeth, sondern auch, und das sehr ausführlich, den Roman „Wuthering Heights“ von Emily Brontë. Rilke hält 1898 einen Vortrag über „Moderne Lyrik“, rezensiert 1902 Thomas Manns „Buddenbrooks“ und Herman Bangs „Das weiße Haus“, beschäftigt sich im Detail mit „Maurice Maeterlinck“ und dessen „Todesdramen“ und schreibt von 1903 bis 1908 insgesamt zehn „Briefe an einen jungen Dichter“ (= Franz Xaver Kappus). Stefan George veröffentlicht in „Tage und Taten“ (1903) eine Betrachtung „Über Dichtung.“ Jack London begründet 1903 seine Weltsicht mit dem Artikel „How I Became a Socialist“ und rezensiert 1907 programmatisch Upton Sinclairs „The Jungle“, indem er das Werk als „Uncle Tom‘s Cabin“ der Gegenwart kennzeichnet. Henry James liefert mit seinen achtzehn Vorworten zur „Ne...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Danksagung
  6. Inhalt
  7. Erster Teil Theorie der Literatur
  8. Zweiter Teil Drei Werkanalysen
  9. Anhang
  10. Fußnoten