2016
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2016

Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft

  1. 755 Seiten
  2. German
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Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft

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Über dieses Buch

Das Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft ist ein literaturwissenschaftliches Periodikum, das vorwiegend Beiträge zur deutschsprachigen Literatur von der Aufklärung bis zur Gegenwart veröffentlicht. Diese Zeitspanne entspricht den Sammelgebieten des Deutschen Literaturarchivs Marbach, das von der Deutschen Schillergesellschaft getragen wird. Arbeiten zu Schiller sind besonders willkommen, bilden aber nur einen Teil des Spektrums.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783110467185

AUFSÄTZE

ROBERT L. LOTH

DAS PROBLEM DER FREIHEIT ÜBER DIE SCHÖNHEIT IN SCHILLERS KALLIAS-BRIEFEN

Für P. S.

I

Zeichen oder Zeichen von Dingen
benutzen wir nur, solange wir keinen
Zugang zu den Dingen selbst haben.425
In seiner Theorie der Unbegrifflichkeit schreibt Hans Blumenberg:
[V]on Freiheit haben wir keinen Begriff, weil wir keine Wortersetzungsregel für den Ausdruck Freiheit angeben können. Sie kann nur als ›notwendige Voraussetzung der Vernunft‹ erschlossen werden. Also nicht nur ihre objektive Realität, sondern auch, was ein Begriff von ihr überhaupt zu enthalten hätte, kann nicht dargelegt werden. […] Daß der Gebrauch des Ausdrucks Freiheit dennoch unentbehrlich ist, ergibt sich daraus, daß sie ›als notwendige Voraussetzung der Vernunft‹ zu erschließen ist. Genau dies wird damit bezeichnet, daß Freiheit kein Begriff, sondern eine Idee ist.426
Die Freiheit weist also auf eine ihr immanente, paradoxe Konstellation: erscheint sie doch einerseits als Bedingung für unser (vernünftiges) Denken und Handeln, ist aber – anderseits – niemals auf den Begriff427 zu bringen. Diese Paradoxie, die sich aus einem Zugleich ihrer Notwendig-428 und Unmöglichkeit ergibt, führt zur Frage nach der (möglichen) Darstellung von Freiheit, über die nachzudenken das Bemühen des vorliegenden Beitrags sein soll.
Den Gegenstand der Auseinandersetzung bildet dabei Friedrich Schillers an Kant geschulte Ästhetik der beginnenden 1790er Jahre,429 wie er sie im Briefwechsel mit Christian Gottfried Körner unter dem Titel Kallias, oder über die Schönheit skizzierte.430
Interessant an Schillers Auseinandersetzung mit Kant in den Kallias-Briefen erscheint zunächst, dass Körner ihm dessen Kritiken zur Lektüre empfohlen hatte und dass Körner bereits lange vor Schiller – genauer in seinem Brief vom 13. März 1791 – an der Kantschen Ästhetik Kritik übte: »Kant spricht bloß von der Wirkung der Schönheit auf das Subjekt. Die Verschiedenheit schöner und häßlicher Objekte, die in den Objekten selbst liegt, und auf welcher diese Klassifikation beruht, untersucht er nicht. Daß diese Untersuchung fruchtlos sein würde, behauptet er ohne Beweis, und es fragt sich, ob dieser Stein der Weisen nicht noch zu finden wäre.«431 Ähnlich hatte auch Schiller Anstoß an Kants Negation eines objektiven Prinzips des Schönen genommen und in der Folge den theoretischen Ausgangspunkt der Kallias-Schrift als dessen Bestimmung formuliert – auch, wenn ihm selbst die Problematik eines von der Erfahrung unabhängigen Prinzips der Schönheit offenbar klar war: »Die Schwierigkeit, einen Begriff der Schönheit objektiv aufzustellen und ihn aus der Natur der Vernunft völlig a priori zu legitimieren, so daß die Erfahrung ihn zwar durchaus bestätigt, aber daß er diesen Anspruch der Erfahrung zu seiner Gültigkeit gar nicht nötig hat, diese Schwierigkeit ist fast unübergehbar.«432 Die zentrale Frage der Kallias-Briefe bildete demnach zunächst der Versuch, ein solches objektives Prinzip zur Bestimmung des Schönen an sich nachzuweisen, das Kant in seiner Kritik der Urteilskraft geleugnet hatte. Trotz der Einsicht in die ›Schwierigkeit‹ einer »sinnlich-objektiv[en]«433 Bestimmung der Schönheit unternimmt Schiller im Brief vom 8. Februar 1793 eine diesem Ansatz entsprechende »Deduktion [s]eines Begriffs vom Schönen«.434 Dieser Versuch führt schließlich zu der Formel »Schönheit ist also nichts anders als Freiheit in der Erscheinung«,435 jedoch zunächst ohne dabei – wie bereits Körner kritisierte436 – stringent zu erklären, inwiefern die Begriffe Freiheit und Erscheinung mit der Objektivität des Schönen in Verbindung stehen. Der vorliegende Beitrag versucht diesem Ansatz folgend, jenes Verhältnis in den Blick zu nehmen; auch, wenn Schillers Deduktion angesichts mangelnder Beweiskraft – wie in der Forschung des Öfteren bemerkt wurde437 – als gescheitert bezeichnet werden muss. So ist es gerade die Eigentümlichkeit der Schillerschen Formel ›Schönheit ist Freiheit in der Erscheinung‹, die aufgrund ihrer Widersprüchlichkeiten auf die eingangs erwähnte Paradoxie der Freiheit als zentrales Moment der theoretischen Bemühungen Schillers verweist. Denn wenn Schönheit nur sein kann, sofern ein Ding frei ›erscheint‹, ergibt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Leitbegriffe Schönheit, Freiheit und Erscheinung eigentlich stehen. Das wesentliche Problem dieser Relation – so die grundlegende Annahme der folgenden Überlegungen – besteht in der Darstellbarkeit von Freiheit als Möglichkeitsbedingung von Schönheit. Ist nämlich Freiheit als Idee keiner Anschauung und nicht einmal des ›symbolischen Ersatzes‹ fähig, zugleich aber ethische Maxime und Bedingung menschlicher Vernunft, so beschreibt Schillers Reflexion über Schönheit und die damit verknüpfte Regulation der (wirklichen) Abwesenheit von Freiheit und ihrer (möglichen) Anwesenheit ein neues Nachdenken über die Potentiale von Kunst, das »einen entscheidenden Beitrag zum Entwurf einer progressiven Moderne leistet«.438 Insofern gehen die hier unternommenen Gedankengänge von der Hypothese aus, dass Schillers frühe Ästhetik Freiheit als Möglichkeitsbedingung des Schönen in Form einer (absoluten) Metapher439 reflektiert, weil sie als dem Menschen notwendige Idee niemals eine unmittelbare/unvermittelte Darstellung erfahren kann und also der Formgebung bedarf. Die Konsequenz einer solchen, ästhetischen Auflösung des Freiheits-Paradoxes in einer Art Absolutismus der Form führt Schiller dabei bereits in den Kallias-Briefen zu einer Konzeption von Kunst, die sich als anthropologische beschreiben ließe440 und politisch insofern ist, als in ihr die Sichtbarkeit einer möglichen Freiheit als Bedingung der Selbsterkenntnis des betrachtenden Subjekts neu organisiert und als Schönheit reflektiert wird.441 In dieser neuen Ordnung von Sichtbarkeit erfährt Kunst als ›Medium‹ ein genuin erkenntnistheoretisches Potential in der Organisation der Möglichkeiten von Welt.442 Für die Schillersche Ästhetik hieße das, dass erst in der durch die Darstellung der Kunst gewährleisteten Gleichzeitigkeit von An- und Abwesenheit der Freiheit die Möglichkeit von Schönheit gegeben sein kann.

II

Am Beginn der Diskussion über die Frage nach einer möglichen Darstellung von Freiheit als Bedingung des Schönen sei ein kleiner Umweg mit Blick auf die anthropologischen Implikationen der Schillerschen Ästhetik unternommen. Sinnvoll erscheint dieser Umweg insofern, als er einigen wesentlichen Grundzügen der bereits in den Kallias-Briefen vollzogenen Bemühungen Schillers, die Dichotomie von Sinnlichkeit und Vernunft in der ästhetischen Darstellung von Freiheit aufzulösen, nachzugehen sucht. Im Zentrum steht dabei »[d]ie Frage nach den Beziehungen zwischen Geist und Sinnlichkeit[, die] in gewisser Hinsicht als das zentrale Problem aller Philosophie betrachtet werden [kann].«443
Die an diese Frage geknüpfte Reflexion des ›Commercium mentis et corporis‹, mit dessen umfassender Diskussion in der zeitgenössischen Philosophie und der sich im achtzehnten Jahrhundert formierenden Anthropologie Schiller aufgrund seines medizinischen Studiums an der Karlsschule vertraut war,444 erfuhr im Anschluss an die Kant-Lektüre der 1790er Jahre neue Impulse.445 Hatte er in seinen um 1780 entstandenen Philosophischen Briefen noch von einem »kühne[n] Angriff des Materialismus«446 auf die Metaphysik gesprochen,447 so ist es nun Kants transzendental-philosophische Erkenntnistheorie, die ihm die Dichotomie von Körper und Geist neu zu durchdenken erlaubt. Kants Reflexion über die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis führt dabei zur Einsicht in die Relativität der bisher anerkannten Objektivität des Wirklichen, indem sie deren Unabhängigkeit vom erkennenden Subjekt infrage stellte.448 Dies bedeutete eine unmittelbare Konsequenz auch für die Reflexion des Commercium-Problems, insofern die Unmöglichkeit eines vom Subjekt unabhängigen Erkennen des Objekts die Dominanz des Materialismus über das Intelligible verkehren musste. Indem Schiller also Kants Satz ›die Natur steht unter dem Verstandesgesetz‹ mit dem moralphilosophischen Postulat der Selbstbestimmung des Subjekts verschränkt,449 formuliert er zugleich die der ›Doppelnatur des Menschen‹ verschuldete Notwendigkeit einer Harmonisierung von Vernunft und Sinnlichkeit als eines der zentralen Probleme seiner Ästhetik,450 deren (philosophischen) Ausgangspunkt Rüdiger Safranksi treffend formuliert hat:
der Materialismus, der die Schöpfung des Geistes einzustürzen droht, ist selbst eine Konstruktion des Geistes, bei der der Geist nicht bemerkt, daß er sie selbst konstruiert hat. Der Materialismus ist also, transzendental gesehen, ein Dogmatismus der selbstvergessenen Vernunft. Von Kant besorgt sich Schiller das gute Gewissen bei dem Versuch, die schöpferische Kraft und Freiheit ins Zentrum des Menschen zu rücken. Alles liegt im Subjekt – die ›Materie‹ des Materialismus ebenso wie der Himmel, der sie überwölbt und in den die alte Metaphysik ihre Welt hinaufgebaut hat.451
Natur existiere demnach zwar durchaus als von der Erkenntnis unabhängiges Außen, sei aber eben deshalb nur insofern erkennbar, als der Verstand ihre Erkennbarkeit gewährleistet, indem er ihre Gesetze erkennend bestimmt. Schiller knüpfte an diese Form der Erkenntnistheorie unmittelbar an, indem er die bereits in der Philosophie der Physiologie entwickelte Zeichentheorie in seiner Ästhetik wieder aufnahm.452 So überträgt er den Kern dieser frühen anthropologischen/neurophysiologischen Theorie – bestehend aus dem Versuch, die Dichotomie von Körper und Geist mit Hilfe der Idee einer dritten (Mittel-)Kraft zu überwinden453 – auf die Funktionsbestimmung der Kunst als Bedingung der »medialen Beziehung zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt […], die über den transzendentalen Dualismus der für Schiller so einflußreichen Philosophie Kants hinausweist.«454 Der noch in den Philosophischen Briefen als überwältigend beschriebene Materialismus wird damit ebenso relativ, wie die ihn durchsetzende göttliche Schöpfung, deren Zeichensysteme in Form einer Lesbarkeit der Welt455 die Physikotheologie noch wesentlich bestimmt hatte. Am Beginn der 1790er Jahre bedeutete Poesie für Schiller jedoch keine Lektüre im ›liber naturae‹ und Kunst keinen Metaphysikersatz als »Rettung der durch die Aufklärung verlorenen theologischen Weltsicht.«456 Vielmehr verlagert sich die Reflexion der Natur im Rahmen seiner anthropologischen Ästhetik im Anschluss an Kant in Richtung einer Art ethischen Epistemologie,457 also einem Fragen nach den ästhetischen Möglichkeitsbedingungen der Darstellung von Freiheit als Natur (des Dings wie des Menschen):458
Natur, sagt er [Kant, R.L.], ist schön, wenn sie aussieht wie Kunst; Kunst ist schön, wenn sie aussieht wie Natur. Dieser Satz macht also die Technik [als Bedingung der Darstellung, R.L.] zu einem wesentlichen Requisit des Naturschönen, und die Freiheit zur wesentlichen Bedingung des Kunstschönen. Da aber das Kunstschöne schon an sich selbst die Idee der Technik, das Naturschöne die Idee der Freiheit mit einschließt, so gesteht Kant selbst ein, daß Schönheit nichts anders, als Natur in der Technik, Freiheit in der Kunstmäßigkeit sei. Wir müssen erstlich wissen, daß das schöne Ding ein Naturding ist, d. i. daß es durch sich selbst ist; zweitens muß es uns vorkommen, als ob es durch eine Regel wäre [Hervorhebungen R.L.]. Beide Vorstellungen: es ist durch sich selbst, und es ist durch eine Regel, lassen sich aber nur auf eine einzige Art vereinigen, nämlich, wenn man sagt: es ist durch eine Regel, die es sich selbst gegeben hat. Autonomie in der Technik, Freiheit in der Kunstmäßigkeit.459
Natur bedeutet hier also mehr als ein komplexes Netz metaphysischer Zeichen.460 Zwar attestieren auch die Kallias-Briefe der Natur nur dann schön zu sein, »wenn ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. INHALT
  5. TEXTE UND DOKUMENTE
  6. TEXT UND BILD
  7. AUFSÄTZE
  8. BERICHTE
  9. MARBACHER VORTRÄGE
  10. DEUTSCHE SCHILLERGESELLSCHAFT
  11. Anschriften der Jahrbuch-Mitarbeiter
  12. Zum Frontispiz
  13. Impressum
  14. Fußnoten