Pseudoantike Skulptur II
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Pseudoantike Skulptur II

Klassizistische Statuen aus antiker und nachantiker Zeit

  1. 176 Seiten
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Pseudoantike Skulptur II

Klassizistische Statuen aus antiker und nachantiker Zeit

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Über dieses Buch

Eines der Leitmotive der antiken Bildhauerkunst ist die Orientierung an Werken vergangener Epochen. Bei der Beschäftigung mit idealplastischen Skulpturen von der Hand griechischer Bildhauer, die im späten Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit tätig gewesen sind, stellt sich daher häufig die Frage, ob die Bildhauer im Einzelfall ein berühmtes Vorbild kopiert oder aber eine klassizistische Neuschöpfung kreiert haben. Zur Beantwortung dieser Frage sind in der Forschung immer wieder Skulpturen herangezogen worden, die als antik angesehen wurden, ohne es tatsächlich zu sein. Ihnen und der Arbeitsweise der griechischen Bildhauer, die ältere Werke rezipiert haben, gilt die vorliegende Studie.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783110519181

1. Imitationen klassizistischer Skulpturen

Gegenstand des ersten Kapitels sind Imitationen von Statuen, die aus späthellenistischer sowie aus der römischen Kaiserzeit stammen und als klassizistische Neuschöpfungen der jeweiligen Zeit angesehen werden.

1a. Venus Esquilina

Ein Aphrodite-Torso im Louvre14 ist eine neuzeitliche Teilimitation der 1874 gefundenen Venus Esquilina.15 Obwohl schon der nicht besonders gut ausgesuchte thasische Marmor und das Fehlen einer Angabe zur Provenienz Verdacht erregen, hat man den Torso bis 2012 immer als antik angesehen.16 Aufschlussreich für die Bestimmung seiner Entstehungszeit sind die bei ähnlichen Lichtverhältnissen entstandenen Fotos in der Publikation Cleopatra Capitolina,17 die zeigen, dass etwa im Bereich der linea alba genauestens dupliziert worden ist. Um gar nicht erst den Gedanken aufkommen zu lassen, dass es sich bei dem Torso um ein Duplikat der Venus Esquilina handeln könne, hat der Bildhauer das Haar im Nacken verändert: eine Spielart der variatio, die sich auch an anderen Imitationen nachweisen lässt.18 Geht man davon aus, dass der Torso einen der Venus Esquilina ähnlichen Kopf getragen hat,19 stellt sich jedoch die Frage, wo die Strähnen herkommen sollen. Nicht plausibel ist außerdem die Vierung im Ansatz des linken Arms, die erwarten lässt, dass dieser Arm gesondert gearbeitet war, was bei der Arm- und Handhaltung des ‚Typus‘ allenfalls im Rahmen einer Reparatur verständlich wäre.20 Der Bildhauer des Torsos im Louvre hat sich anscheinend davon irritieren lassen, dass beim Vorbild beide Arme antik mit Hilfe von Metallstiften repariert waren. Ein Fehler ist ihm auch bei dem Versuch unterlaufen, an der Standbeinstütze einen künstlichen Bruch zu erzeugen: Hier brach ein Stück vom Bein mit ab, das wieder angeklebt wurde. – Der Torso im Louvre ist seinerseits imitiert worden: Im Jahr 1954 hat Maurice Barbier eine Imitation aus Carrara-Marmor geschaffen, die sich in der Villa Wolchonsky in Rom befindet.21
Außer dem Torso im Louvre muss auch eine verschollene verkleinerte Teilimitation der Venus vom Esquilin, die nur die Füße und die Statuenstütze beinhaltet, neuzeitlichen Ursprungs sein.22 Die Übereinstimmungen mit der Statue vom Esquilin reichen weit über das hinaus, was von antiken Wiederholungen bekannt ist, die ja gerade im Bereich der Stützen die größten Divergenzen aufweisen. Genau dupliziert ist etwa die Schlange. – Die Herstellung von Teilimitationen in Form von Torsi setzt im 19. Jahrhundert ein: Noch älter als die Teilimitationen der Venus vom Esquilin, mithin eine der frühesten Teilimitationen ist ein Torsoduplikat der Venus Medici in der Ermitage, das aus der Sammlung des Grafen Karl von Nesselrode stammt (s. u. S. 14).

1b. Spinario

Als Beleg dafür, dass der bronzene Spinario im Konservatorenpalast bereits in der Antike kopiert worden sei, wird neuerdings der aus transluzentem Marmor gearbeitete Spinario in der Galleria Estense in Modena angeführt.23 Zur Einschätzung dieser Statue als antike Arbeit mag beigetragen haben, dass die Nasenspitze und der rechte Arm ergänzt sind, der Kopf gebrochen gewesen zu sein scheint24 und das Gesicht übergangen ist, was man gut im Bereich der Augen erkennen kann. Schon die Art der Augenbohrung – die Pupille wird von einer ziemlich tiefen Rinne eingefasst – weckt jedoch erhebliche Zweifel an der These vom antiken Ursprung. Nicht mit einer Entstehung in der Antike zu vereinbaren ist die Tatsache, dass der Kopf mit Ausnahme der Augenbohrung auf das Genaueste mit demjenigen des Spinario übereinstimmt: Die Locken an den Geheimratsecken, die bei den übrigen Kopfrepliken (s. u.) fehlen, sind dupliziert worden. Nur mit nachantikem Ursprung lässt sich außerdem die manierierte, vom Boden gelöste Position des rechten Fußes erklären, die dazu beiträgt, dass die Imitation bis zum Scheitel knapp 11 cm mehr misst als der Spinario.25 Auch die Tatsache, dass der Felsensitz offenkundig in Anlehnung an den Sitz des Spinario geschaffen worden ist, spricht für nachantike Entstehung, da Kopisten in der römischen Kaiserzeit bei Attributen (inkl. Sitzen) üblicherweise ganz frei und zumeist ohne Kenntnis des Vorbilds agiert haben.26 Eine aufschlussreiche Parallele bietet eine erstmals im Jahr 1578 bezeugte Marmorstatuette im Palazzo Pitti, die einen im Sitzen schlafenden Eros zeigt; ihr Bildhauer hat eine heute gleichfalls im Palazzo Pitti aufbewahrte antike Replik dieses verbreiteten statuarischen Typus27 dupliziert und sich auch bei der Gestaltung des Felsensitzes am Vorbild orientiert.28 – Die Statue in Modena soll 1566 auf dem Palatin gefunden worden sein, da sich im D’Este-Archiv für den 10. Juni jenes Jahres die Angabe findet: „scuti 15 donati a Gio.maria [sc. da Modena] cavatore qual cava a S.S. Illma et ha trovato una bella figura di Villano che si cava uno spino d’un piede“.29 Welche Statue damals gefunden und zu dem bemerkenswert niedrigen Preis von 15 Scudi verkauft worden ist, ist freilich umstritten. Ashby hat den Spinario D’Este mit einem Spinario der Sammlung Borghese identifiziert,30 was nahe lag, weil das Stück nicht unter den Objekten ist, die Scipione Borghese für die Sammlung Borghese erworben hat, sondern später in diese Sammlung gelangt sein muss.31 Da im Este-Inventar des Jahres 1572 von einem vollständigen Dornauszieher die Rede ist,32 müsste die heute kopflose Figur nach 1572 stark beschädigt worden sein. Die Statue im Louvre kann jedoch aus mehreren Gründen nicht antiken Ursprungs sein:33 Die Gestaltung des auffallend kantig gearbeiteten Felsensitzes findet keine Parallele bei antiken Werken und der rechte Fuß ragt sogar über den Rand der Basis hinaus. Weder das linke Bein noch die Arme waren jemals ergänzt; die Bohrungen im Halsbereich lassen erwarten, dass die Statue allenfalls provisorisch fertiggestellt worden ist.34 Ihr Marmor (Carrara) hat häufig für Imitationen antiker Werke Verwendung gefunden.
Die Identifizierung des Spinario vom Palatin ist also auch weiterhin ein Desiderat. Wegen der Bezeichnung „Villano“ und wegen des niedrigen Preises ist man geneigt, an den ‚Dornauszieher Castellani‘ zu denken.35 Dieser soll jedoch erst um 1874 gefunden worden sein,36 so dass vielleicht eine verschollene Replik zu postulieren ist.
Der in der zweiten Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. entstandene Spinario im Konservatorenpalast bleibt ein Unikum: Nur bei ihm ist der Körper eines statuarischen Typus, der in hellenistischer Zeit kreiert worden ist, in eklektizistischer Manier mit einem Kopftypus kombiniert, der ursprünglich zu einem stehenden Typus gehört haben dürfte, dessen Körper nach wie vor unbekannt ist. Vom Kopf dieses Typus geben außer dem Kopf des Spinario drei Repliken im Depot der Centrale Montemartini (Inv. 1755; Einsatzkopf), im Schloss Fasanerie sowie im Depot des Museo Capitolino (Inv. 2995, ohne Gesicht) eine Vorstellung.37

1c. Flora Capitolina

Die Flora Capitolina38 ist als ein Einzelstück anzusehen. Die kopflose Replik in der Königsresidenz Carditello bei Capua (Abb. 1)39 kann nicht antiken Ursprungs sein, weil die Übereinstimmungen mit der Flora Capitolina in der Gestaltung der Falten weiter reichen als bei antiken Repliken üblich.40 Die Statue in Carditello gehört somit zur Gruppe der neuzeitlichen Imitationen, deren Herstellung bereits wenige Jahre nach der Entdeckung der Flora Capitolina einsetzt: 1750 hat Filippo della Valle (1698–1768) eine Marmorkopie für die Ausstattung von Wentworth Woodhouse (Yorksh...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Einleitung
  7. 1. Imitationen klassizistischer Skulpturen
  8. 2. Neuschöpfungen all’antica
  9. 3. Vermeintliche Neuschöpfungen
  10. 4. Neuzeitliche Umbildungen von opera nobilia
  11. 5. Teilimitationen klassizistischer Gruppen
  12. Zusammenfassung
  13. Appendix: Bislang nicht als neuzeitliche Arbeiten (an)erkannte Imitationen von römischen Kopien griechischer opera nobilia
  14. Abgekürzt zitierte Literatur
  15. Abbildungsnachweise
  16. Museographisches Register
  17. Tafelteil