Literaturdidaktik
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Literaturdidaktik

  1. 320 Seiten
  2. German
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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Lesen erweitert den Horizont. Lesen macht Spaß! Doch wie kann man das Lesen literarischer Texte lernen? Wie lassen sich Lesefreude und Lesemotivation im Literaturunterricht vermitteln, wie Lesekompetenz und Textverstehen gezielt fördern? Dieses Studienbuch ist eine praxisorientierte Einführung in die Literaturdidaktik und entwickelt zugleich ein innovatives Kompetenzmodell für das Verstehen von Texten. Für die Neuauflage des eingeführten Studienbuchs wurde ein Teil der Kapitel grundlegend überarbeitet und die Abschnitte über "Schreiben" und "Unterrichtseinheiten" neu eingefügt.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783110457629

1Was ist Literaturdidaktik?

Abbildung 1: Bertolt Brecht: Apfelböck oder Die Lilie auf dem Felde (1919), Fotografie (Tafelanschrieb) (2010)
Der Deutschlehrer Gerhard Hiecke schrieb in seiner Klasse in Reichenbach/Vogtland diese Zeilen an die Tafel und fragte seine Schüler: „Ist das ein Gedicht?. Dieser Unterrichtseinstieg fand um 1970 statt. Unter den Schülern war der spätere Schriftsteller Jürgen Fuchs, der sich fast zwanzig Jahre danach noch deutlich an diesen Unterrichtseinstieg erinnert: „Wir waren schockiert!(Fuchs 1992, S. 11) Dem Lehrer war ein Coup gelungen: Literaturhier der Beginn von Bertolt Brechts BalladeApfelböck oder Die Lilie auf dem Felde(1919)ermöglichte den Schülern eine offenbar atemverschlagende Erfahrung. Der Fortgang der Unterrichtsstunde ist leider nicht überliefert. Vermutlich aber haben die Schüler das Gedicht erschlossen und dabei die auch im Text angelegte, durch den Unterrichtseinstieg fokussierte Verneinung literarischer (und moralischer) Konventionen durch die Darstellung eines motiv- und reuelosen Elternmordes erarbeitet. Natürlich sollen Deutschlehrer nicht in jeder Literaturstunde einen derart provokanten Text auf provokante Weise vermitteln. Doch sollen sie den Unterricht so gestalten, dass die Schüler die von der Literatur gebotenen Möglichkeiten zu überraschenden und mitunter schockierenden Erfahrungen nutzen können. Damit Unterricht dieser Art nicht nur den seltenengeborenenLehrern (zu denen Hiecke zählen dürfte) gelingen kann, ist eine literaturdidaktische Grundlegung des Unterrichts notwendig.
Die Literaturdidaktik befasst sich mit Lehr- und Lernprozessen, die Lernende in einem ergiebigen Umgang mit Literatur fördern sollen. Im Folgenden wird sie in systematischer und historischer Perspektive vorgestellt: Was macht ihren Charakter als wissenschaftliche Disziplin aus? Welche Aspekte des Umgangs mit Literatur untersucht sie? Welche Konzeptionen und welches Selbstverständnis hat sie im Lauf ihrer Geschichte entwickelt? Der historische Abriss stellt teilweise bis heute wirkungsmächtige Ansätze vor und zeigt die Folie auf, vor der gegenwärtige Konzeptionen entstehen und sich bewährenmüssen. Zur historischen Dimension gehört auch der Blick auf aktuelle Herausforderungen.
Vorangestellt ist den entsprechenden Ausführungen ein Einblick in die täglichen Aufgaben eines Deutschlehrers: Sie vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt dieser Aufgaben. Die abschließenden Ausführungen im Kapitel sind ebenfalls dem Lehrer gewidmet: Was macht einen guten Lehrer für Literatur aus?
1.1Aus dem Leben eines Deutschlehrers
1.2Literaturdidaktik als wissenschaftliche Disziplin
1.3Zur Geschichte und Gegenwart der Literaturdidaktik
1.4Die gute Lehrerin, der gute Lehrer

1.1Aus dem Leben eines Deutschlehrers

Besprechung: Förderkonzept Rechtschreibung
Matthias Richter, Gymnasiumlehrer und Fachseminarleiter in Celle: 8.00 Uhr. Besprechung mit der Koordinatorin für die Klassenstufen 5 bis 10: Entwicklung eines individualisierten, internetgestützten Förderkonzepts zur Verbesserung der oft leider arg unzureichenden Rechtschreibkompetenz in der Klassenstufe 5.
6. Klasse: Wie erzähle ich eine spannende Geschichte?
8.45 Uhr. Klasse 6: „Eine spannende Geschichte erzählen“. Ich benutze ein sorgfältig konzipiertes Verlagsmaterial, das die komplexe Aufgabe gut kleinarbeitet. Die Situation: Kinder dringen voller gruseliger Neugier in ein verlassenes Abrisshaus ein. Wie erzeugt man nun Spannung? Man sei gespannt wie ein Flitzebogen, sagt man. Was braucht man, um den Bogen zu spannen? Eine bedrohliche Lage mit ungewissem Ausgang, Verengung des Blickwinkels auf die subjektive Figurenperspektive mit Zeitdehnung und zunehmender Irritation durch beängstigend wirkende Details. So gut ich es zu erklären versuche, so gut die Übungen sind: Vielen Kindern fällt es schwer, den einen Satz, der ihnen einfällt – „Ich fühlte mich immer mulmiger.“ – auf einer halben Seite auszuphantasieren …
11. Klasse: ein Eichendorff-Gedicht erschließen
9.50 Uhr. Doppelstunde Oberstufe, 11. Klasse, Rahmenthema „Aufklärung und Romantik im Vergleich“. Ziel ist, die romantische Überhöhung des Trennungsschmerzes, an dem der verlassene Liebhaber in Eichendorffs Das zerbrochene Ringlein leidet, zu benennen, zu erläutern und zu beurteilen. Es geht zugleich um die Förderung der Fähigkeit, selbständig ein Gedicht nach den Regeln der Kunst zu erschließen, und der, die Erschließung in einem Interpretationsaufsatz darzustellen. Obwohl die Zeit schrecklich knapp ist und die Klausur nicht mehr fern, probiere ich als Erschließungswerkzeug die Transformation des stark visuell geprägten Gedichts in ein Filmscript aus, weil die hierfür notwendige Reorganisation der Textdetails zu genauer Textwahrnehmung führt. Tatsächlich führt das Gespräch auf der Grundlage der Schülerproduktionen zu einer ergiebigen Texterschließung und ermöglicht einen zwanglosen Übergang zu einer persönlichen Antwort auf die Auslöschungsphantasie aus Liebesschmerz, indem die Schüler einen fiktiven Brief an den Sprecher schreiben. Die für ein vertieftes Textverstehen ergiebige und im Abitur auch geforderte Erschließung der formalen Gestaltung mithilfe des analytischen Vokabulars samt Jambus, Hyperbel und Triade kommt dann in der nächsten Stunde …
Unterrichtsbesuch zu Lessings Nathan der Weise
11.40 Uhr. Unterricht einer mir zugeordneten Referendarin, die im Rahmen einer Einführung in die Literatur der Aufklärung eine Szene aus Nathan der Weise gewählt hat: 1. Aufzug, 2. Auftritt: Wie gelingt es Nathan, Recha von ihrem Glauben abzubringen, der Tempelherr, der sie aus dem brennenden Haus gerettet hat, sei ein leibhaftiger Engel? Die junge Kollegin hat sich gründlich vorbereitet und ihrem Entwurf einen stichhaltigen Erwartungshorizont beigefügt. Die Ziele sind klar formuliert: Die Schüler benennen und erläutern wesentliche Argumentationsschritte und Sprachhandlungen dieses Dialoges, kommentieren deren kommunikative Funktion und erörtern, inwiefern Nathans kommunikatives Handeln aufklärerisch genannt werden kann. – Wie meist, gelingt die methodische Umsetzung noch nicht recht. Die – übrigens konzentriert mitarbeitende und redegewandete – Lerngruppe soll nämlich selbst gefundene passende Textstellen in eine Tabelle einordnen, aber die Tabellenform zerstört die zeitliche und argumentative Ordnung des Dialogs zugunsten einer wenig sinnvollen Ordnung von kontextfreien Bruchstücken. Die Referendarin erkennt das Problem in der Auswertung der Partnerarbeit, bricht sie ab und klärt dann im Gespräch Kernstellen, die von den Lernenden erfreulich gewandt erklärt und gedeutet werden. Im Beratungsgespräch lobe ich die Kollegin für ihre mutige Entscheidung und empfehle ihr, die Problematik der allerorts so beliebten Tabellenform in ihr eigenes ‚Verfahrens-Repertoire‘ aufzunehmen (zu Deutsch: Tabellen vorsichtig einzusetzen).
Besprechung zum Schul-Lehrplan: Wie schreibe ich eine Gedichtinterpretation?
14.00 Uhr. Kleine Dienstbesprechung zur Vorbereitung der Fachkonferenz. Durch den Arbeitsalltag zieht sich ein dichtes Netz von Besprechungen. Das ist Folge der Idee der ‚selbständigen Schule‘: Im Zuge der Umstellung von stärker inhaltsorientierten Lehrplänen auf möglichst inhaltsarme kompetenzorientierte curriculare Vorgaben soll es Aufgabe der Fachkollegien an den Schulen sein, verbindliche Unterrichtsinhalte und Anforderungen in Leistungssituationen festzulegen. Absprachen und Festlegungen sind mühsam, aber hilfreich und notwendig. Heute geht es um die Frage, was wir in einem Interpretationsaufsatz über einen lyrischen Text erwarten. Bezugsnorm sind die BiSta-AHR, KMK 2012: die Abitur-Prüfungsbestimmungen, die 2012 von der Kultusministerkonferenz im Rahmen der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife im Fach Deutsch beschlossen wurden.
Hausaufgaben durchsehen: Können die Schüler, was ich ihnen beizubringen versuche?
16.00 Uhr. Ein Stapel Hausarbeiten mit Gedichtinterpretationen meiner 11. Klasse zeigt mir, wie groß die Differenz ist zwischen dem, was an vernünftigen Ergebnissen im Unterricht von der Lerngruppe als ganzer erarbeitet wurde, und dem, was jeder Einzelne wirklich kann, was er an einem Gedicht im Zuge einer textanalytischen Arbeit entdeckt und deutet und in angemessener Sprache formuliert. Ich beschließe, das neue Thema eine Stunde zu verschieben und stattdessen an exemplarischen Schülerarbeiten Gelungenes und Verbesserungsbedürftiges klären zu lassen und noch einmal das vertrackte Brecht-Gedicht Zeile für Zeile, Wort für Wort zu untersuchen – ganz im Sinne Brechts: „In der Anwendung von Kriterien liegt ein Hauptteil des Genusses [der Gedichtbetrachtung]. Zerpflücke eine Rose und jedes Blatt ist schön.“

1.2Literaturdidaktik als wissenschaftliche Disziplin

Literaturdidaktik ist die Wissenschaft vom Lehren und Lernen der Literatur. Diese Definition folgt dem gängigen weiten Begriff von Didaktik als Wissenschaft vom Lehren und Lernen (vgl. Kron 2008, S. 36) und benennt die Literatur als spezifischen Gegenstand der Lehr- und Lernprozesse (vgl. Zabka 2007a, S. 446). Die entsprechenden Prozesse finden – zumindest soweit es sich um solche des bewussten Lehrens und Lernens handelt – vor allem im Literaturunterricht im Rahmen des Deutsch- oder Fremdsprachenunterrichts statt.
Entwicklung von Konzeptionen
Die Literaturdidaktik hat zum ersten die Aufgabe, theoriegestützte Konzeptionen für die Gestaltung von erfolgreichen Lehr- und Lernprozessen im Literaturunterricht zu entwickeln. Die entsprechenden Konzeptionen dienen der kritischen Analyse der aktuellen Unterrichtspraxis und der Entwicklung von Modellen und Prinzipien, die für die Gestaltung des Unterrichts genutzt werden können. Diese Aufgabe verpflichtet die Literaturdidaktik auf Praxisnähe und auf einen Beitrag zur Verbesserung von Unterricht.
Die Entwicklung von didaktischen Theorien wird zum zweiten ergänzt durch empirische Forschung.
Empirische Untersuchungen
Die Literaturdidaktik erforscht aktuellen Unterricht: insbesondere die Praxistauglichkeit der theoretisch entwickelten Unterrichtsmodelle und -prinzipien sowie die Verstehensleistungen und Lernstände von Schülern; außerdem werden Unterrichtsmaterialien wie beispielsweise Lehrbücher untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden vor allem dafür genutzt, neue Theorien zu entwickeln, die die Unterrichtspraxis verbessern sollen.
Selbstreflexion
Ein dritter Aufgabenkomplex umfasst die Auseinandersetzung mit der eigenen Disziplin. Diese Auseinandersetzung ist zum einen wissenschaftstheoretisch angelegt. Dabei ist sie teils theoretisch orientiert, indem sie Selbstverständnis, Methodologie und Terminologie der Literaturdidaktik reflektiert, teils historisch, indem sie die Geschichte der Literaturdidaktik und des Literaturunterrichts untersucht. Zum anderen richtet sich die Auseinandersetzung auf eine unmittelbar gesellschaftliche Frage: Die Literaturdidaktik beteiligt sich an der Diskussion über den Stellenwert von Literaturunterricht in unserer Gesellschaft.
Literaturdidaktik als Wissenschaft
Die Literaturdidaktik ist eine junge Wissenschaft; erst in den 1960er- / 1970er-Jahren konnte sie sich als eigene Disziplin an Universitäten etablieren. Bei ihrer Entwicklung von theoretischen Konzeptionen und ihren empirischen Untersuchungen kann sie das Instrumentarium anderer Wissenschaften nutzen; aber dieses Instrumentarium kann eigene Forschungsverfahren nicht ersetzen.
Literaturdidaktik als Teil der Literaturwissenschaft
Es ist strittig, wo die Literaturdidaktik im Ensemble der Wissenschaften zu verorten ist. Besonders plausibel ist ihre Zuordnung zur Literaturwissenschaft: Die Literaturwissenschaft wird definiert als Wissenschaft, deren Gegenstand die Literatur ist; die Literaturdidaktik ist eine der Teildisziplinen der Literaturwissenschaft, indem sie – als angewandte Literaturwissenschaft – diesen Gegenstand unter der Perspektive von Lehr- und Lernprozessen untersucht. Die Eigenständigkeit der Literaturdidaktik mit eigenen Forschungsinteressen und -methoden wird durch diese Zuordnung aber nicht infrage gestellt.
Interdisziplinarität
Zugleich ist die Literaturdidaktik eng auf Forschungen bezogen, die sich mit Lehr- und Lern...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Literaturdidaktik
  5. 1 Was ist Literaturdidaktik?
  6. I. ZIELE
  7. II. GEGENSTÄNDE
  8. III. VERFAHREN: LERNPROZESSE GESTALTEN
  9. IV. HERAUSFORDERUNGEN
  10. V. SERVICETEIL UND ANHANG