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Stefan George und die Religion
Über dieses Buch
Immer deutlicher wird in der Forschung wahrgenommen, dass Stefan George und sein Kreis keineswegs einen merkwürdigen religiösen 'Sonderweg' gehen. Sie sind vielmehr im Kontext des gesamten religiösen Feldes um 1900 zu sehen, in dem ein breites Spektrum konkurrierender Formen von Religiosität und Religion vorherrschte.
Seit jeher gibt es Religion nur im Plural. Für die Moderne gilt das jedoch in ganz besonderer Weise. Schon in den reformatorischen Jahrzehnten öffnet sich das religiöse Feld stark. Sich für das 19. und 20. Jahrhundert allein auf christliche, kirchlich verfasste, konfessionell interpretierte Religion zu konzentrieren, wird dieser Pluralität nicht gerecht. Doch stattdessen von 'neo-'' und 'para'-' oder 'pseudo-religiösen' Bewegungen zu sprechen, scheint in geschichtlicher Hinsicht nicht sinnvoll, weil man damit impliziert, zwischen 'eigentlicher' und 'uneigentlicher' Religion unterscheiden zu wollen.
Durch die neuere kulturhistorische, religionssoziologische und religionsgeschichtliche Forschung wurden Grundlagen geschaffen, die auch die George-Forschung von heute nicht ignorieren kann.
Der vorliegende Band dokumentiert eine interdisziplinäre George-Tagung, die 2012 in Bingen am Rhein stattgefunden hat.
Häufig gestellte Fragen
Information
Fußnoten
1 | Vgl. etwa: Wolfgang Heybey: Glaube und Geschichte im Werk Stefan Georges, Stuttgart 1935 (= Religion und Geschichte 3). |
2 | Vgl. Stefan George: Werk und Wirkung seit dem ,Siebenten Ring‘. Für die Stefan-George-Gesell schaft hg. von Wolfgang Braungart, Ute Oelmann und Bernhard Böschenstein, Tübingen 2001. In einem konzisen, kategorial sehr präzisen Beitrag hat Stefan Breuer damals schon die ,Religion Stefan Georges‘ umrissen; ebd., S. 225–239; er war aus diesem Grund auf der Binger Tagung 2012 nicht vertreten. |
3 | Mittlerweile wurde das Thema in einer großen Monographie dargestellt: Jan Stottmeister: Der George-Kreis und die Theosophie. Mit einem Exkurs zum Swastika-Zeichen bei Helena Blavatsky, Alfred Schuler und Stefan George, Göttingen 2014 (= Castrum Peregrini N. F. 6); eine Vorstudie dazu hat Jan Stottmeister im George-Jahrbuch 9, 2012/2013 veröffentlicht: Melchior Lechter, Stefan George und die Theosophie; ebd., S. 33–88. |
4 | Dies ist der leicht überarbeitete und ergänzte Text meiner Einführung zur Binger Tagung. Herzlichen Dank an Jörg Löffler und Christina Caroline Peters für Hilfe und Kritik; ebenso an AnjaSimone Michalski! |
5 | Stefan George: Sämtliche Werke in 18 Bänden. Hg. von der Stefan George Stiftung. Bearbeitet von Georg Peter Landmann und Ute Oelmann, Stuttgart 1982ff. Bd. VI/VII (,Nietzsche‘), S. 12. Im Folgenden mit der Sigle SW, Bandnummer und Seitenzahl zitiert. |
6 | Sehr zugänglich und präzise zum gesamten Komplex Mythos und Mythologie, zu den verschiedenen Konzepten und Theorien, zu den Mythologien der Weltkulturen und Religionen jetzt: Christoph Jamme/Stefan Matuschek: Handbuch der Mythologie. Unter Mitarbeit von Thomas Bargatzky u. a., Darmstadt 2014, vgl. hier besonders die ganz ausgezeichnete Einführung Jammes und Matuscheks ,Welten des Mythos‘, S. 11–51. |
7 | Zu dieser ,dichterischen‘, ästhetischen Wendung, die die Mythostheorie am Ende des 18. Jahrhunderts nimmt: Jonas Christian von Moritz: Die Rezeption von Religion in romantischer und moderner Literatur. Alfred de Vigny — Gérard de Nerval, Frankfurt a. M. 2014, S. 17. |
8 | Ich spiele an auf Kurt Hübner: Die Wahrheit des Mythos, München 1985. |
9 | Vgl. Hans-Thies Lehmann: Theater und Mythos. Die Konstitution des Subjekts im Diskurs der antiken Tragödie, Stuttgart 1991. |
10 | Vgl. Andrea Polaschegg/Steffen Martus (Hg.): Das Buch der Bücher — gelesen. Lesarten der Bibel in den Wissenschaften und Künsten, Bern — Berlin u. a. 2006; Hans-Peter Schmidt/Daniel Weidner (Hg.): Bibel als Literatur, Fink, München 2008; Hans-Peter Schmidt: Schicksal, Gott, Fiktion. Die Bibel als literarisches Meisterwerk, Paderborn u. a. 2005. — Diese Publikationen beziehen sich auch auf die wichtige anglo-amerikanische Forschung (z. B. Frye, Bloom). |
11 | „Nur die neue Mythologie hat mir so etwas Sonderbares an sich; ich kann nicht begreifen, wie eine Mythologie gemacht werden kann.“ Brief Schleiermachers an Karl Gustav von Brinckmann vom 22.3.1800. In: Friedrich Schleiermacher: Aus Schleiermachers Leben. In Briefen. Bd. 4. Hg. von Wilhelm Dilthey, Berlin 1863, S. 61. — Zitiert auch bei Bernd Auerochs: Die Entstehung der Kunstreligion, Göttingen 2006 (= Palaestra 323), S. 432, Anm. 274. Damit sei zugleich auf diese grundlegende Studie zur modernen Kunstreligion nachdrücklich hingewiesen. |
12 | Was damit gemeint ist, kann man sich ein wenig an sprachlichen Innovationen klar machen. In den meisten Fällen kann man nicht sagen, woher sie kommen, wie sie konkret entstanden sind und wer sie zu verantworten hat. Sie entstehen und setzen sich in Kommunikationsprozessen durch. Ich weiß nicht, woher die sehr anschauliche Metapher des ,Kampfradlers‘ für einen Typus von Radfahrer, der die Straßen moderner Städte nicht gerade sicherer macht, kommt. Aber jetzt ist sie da und etabliert; man wird sehen, wie lange sie im Sprachgebrauch bleibt. |
13 | Vgl. Bernd Seidensticker/Martin Vöhler (Hg.): Mythen in nachmythischer Zeit. Die Antike in der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart, Berlin — New York 2002. |
14 | Zu dieser geschichtsphilosophischen Deutung Hölderlins vgl. vor allem Jochen Schmidts Kommentare (und Nachwort) in der Ausgabe des Deutschen Klassiker-Verlags und ders.: Hölderlins geschichtsphilosophische Hymnen. ,Friedensfeier‘ — ,Der Einzige‘ — ,Patmos‘, Darmstadt 1990. |
15 | Dass ich hier besonders auf Hölderlin hinweise, liegt nahe. Hölderlin hatte für George und seinen Kreis größte Bedeutung. George und Norbert von Hellingrath haben gemeinsam an der philologischen Erschließung von Hölderlins hymnischem Spätwerk gearbeitet. Vgl. Jürgen Brokoff, Joachim Jacob und Marcel Lepper (Hg.): Norbert von Hellingrath und die Ästhetik der Moderne, Göttingen 2014. |
16 | Vgl. ausführlicher zu diesen Überlegungen Verf.: Das religiöse ist ein ästhetisches ist ein politisches Projekt. Zu Friedrich Hölderlins Fragment Über Religion (1796/97) im Kontext der Debatten um Religion und Mythologie (Lessing, Friedrich Schlegel). Demnächst in: Cultura Tedesca 2015. |
17 | Ich selbst führe es etwas genauer aus in: Ästhetischer Katholizismus. Stefan Georges Rituale der Literatur, Tübingen 1997, und in meinem diese Überlegungen weiter entwickelnden und systematisierenden Artikel ,Poetik, Rhetorik, Hermeneutik‘ im kürzlich erschienenen George-Handbuch: Achim Aurnhammer/Verf./Stefan Breuer/Ute Oelmann (Hg.): Stefan George und sein Kreis. Ein Handbuch. Bd. 2, Berlin — Boston 2012, S. 495–550. |
18 | Zum Konzept ,Religion‘ und seiner neueren Diskussion sei nur hingewiesen auf: Martin Riesebrodt: Cultus und Heilsversprechen. Eine Theorie der Religionen, München 2007. |
19 | Dazu Annemarie Gethmann-Siefert: Schiller und Lessing. Aus Geschichte(n) lernen. In: Christoph Jamme/Gerhard Kurz (Hg.): Id... |
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titleseite
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort und Übersicht über die Beiträge
- Wolfgang Braungart Romantische Mythopoesie, Georges Mythopoesie
- Jürgen Brokoff Prophetie und Erlösung in Stefan Georges Lyrik nach 1900
- Lothar van Laak Maximin als religiöses Medium
- Georg Dörr Stefan Georges neopagane Maximin-Religion
- Uwe Spörl Gottlose Mystik und Georges poetische Religion
- Jan Stottmeister ,Richtlinien‘ gegen Rudolf Steiner
- WouterJ. HanegraaffFreeing the Ancient Wisdom from Catholic Crusts
- Justus H. Ulbricht Apollo lehnt geheim an Baldur. Oder: Der Dichter ruft die Götter auf
- Uwe Puschner Rasse und Religion
- Christoph Auffarth Das ,Dritte Reich‘ - das ,Geheime Deutschland‘
- Richard Faber Der Ästhetizist Algabal, der politisch-religiöse Dichter Stefan George und das Problem seines Präfaschismus
- Almut-Barbara Renger Die Konjunktur des Meisters
- Volkhard Krech Wo „Rausch und Helle“ eins werden
- Bertram Schefold Götter sehen? - Einführung zu Martin Mosebachs Vortrag
- Martin Mosebach Stefan Georges Religion
- Anschriften der Beiträger
- Fußnoten