Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen
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Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen

Eine sprachtypologisch-kontrastive Analyse

  1. 181 Seiten
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Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen

Eine sprachtypologisch-kontrastive Analyse

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Über dieses Buch

Die Studie untersucht den Bereich der Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen aus einer typologisch-kontrastiven Perspektive. Ausgehend von den semantisch-pragmatischen Funktionen der Determinative wird ihr Gebrauch zum Ausdruck von Definitheit, Indefinitheit und Generizität in beiden Sprachen beschrieben. Grundlage der Darstellung bilden Belege aus elektronischen Korpora und gedruckten literarischen Texten. Besonderes Augenmerk wird dabei Fragen gewidmet, die in der bisherigen Forschung wenig Aufmerksamkeit erfahren haben, so z.B. die Optionalität des indefiniten Artikels im Ungarischen sowie der sogenannte anamnestische Gebrauch der Demonstrativa. Beide Phänomenbereiche erlauben Rückschlüsse zum Grammatikalisierungsgrad der betreffenden Elemente. Ferner wird auf bestimmte syntaktische Eigenschaften der Determinative wie ihre Kombinierbarkeit eingegangen.
Es wird gezeigt, dass die beiden Vergleichssprachen neben vielen Gemeinsamkeiten auch sprachspezifische Besonderheiten im Gebrauch der Determinative aufweisen, die sich erst in einem Vergleich herauskristallisieren.
Das Buch richtet sich an Fachkollegen und Studierende aus den Bereichen der germanistischen und ungarischen Sprachwissenschaft, der kontrastiven Linguistik, der Sprachtypologie und des Fachs Deutsch als Fremdsprache.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783110367928

1. Einleitung:Zielsetzung, Methoden und Verfahren

Das Phänomen der Substantivdetermination gehörte lange zu den weniger untersuchten Bereichen der Sprachwissenschaft, wohl weil das Verb mit seinen grammatischen Kategorien in den meisten Sprachen schon auf den ersten Blick eine Vielfalt an interessanten Phänomenen bot (wie zum Beispiel Tempora und Modi). Andererseits wurde (und wird heute noch oft) unter der Substantivdetermination lediglich der Gebrauch der Artikel verstanden. Diesen zu untersuchen galt als uninteressant. Als Begründung wird angegeben, er sei in jeder Artikelsprache (beinahe) identisch. Diese Betrachtungsweise ist zu vereinfachend und lässt vieles außer Acht.
Unter den Sprachen der Welt sind diejenigen, in denen sich ein Artikel herausgebildet hat, in der Minderheit. Die Sprachen ohne Artikel sind aber auch fähig, die Determination der Substantive auszudrücken, das heißt, zu kennzeichnen, ob eine Nominalphrase als determiniert oder nicht-determiniert zu verstehen ist. Sie tun das mit Hilfe von adsubstantivisch gebrauchten Pronomina oder der Wortstellung. Auch in den Sprachen, die über Artikel verfügen, ist nicht überall die im Deutschen oder im Ungarischen „gewohnte“ Zweiteilung in definite und in indefinite Artikel vorhanden. Es gibt nämlich Sprachen, in denen es nur definite (z.B. Altgriechisch, Isländisch, Bulgarisch), und solche, in denen es nur indefinite Artikel (z.B. Persisch) gibt.1 Im Französischen und im Italienischen finden wir „zusätzlich“ den Partitivartikel. Es gibt auch Sprachen, in denen der Artikel nicht Definitheit oder Indefinitheit, sondern Spezifizität beziehungsweise Nicht-Spezifizität der Nominalphrase bezeichnet (so in einigen Niger-Kongo- und austronesischen Sprachen, wie zum Beispiel im Tagalog).2 Andererseits sind es nicht nur die „traditionellen“ Artikel, die eine Nominalphrase als definit oder indefinit markieren können. Auch adsubstantivisch gebrauchte Pronomina (Demonstrativa, Indefinita, Possessiva, Interrogativa) können die syntaktische Position der Artikel einnehmen und Definitheit/Indefinitheit kennzeichnen. Artikel und adsubstantivische Pronomina lassen sich daher zu einer Klasse, die der Determinative, zusammenfassen.3
Die Determinative bzw. die Substantivdetermination des Deutschen werden seit etwa den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts intensiver erforscht. Was die ungarische Sprache betrifft, wird dieser Bereich erst in den Grammatiken der letzten zwanzig Jahre eingehender behandelt (s. z.B. Kiefer 1992). Einen systematischen kontrastiven Vergleich der Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen gibt es bis heute nicht, auch wenn in der deutschen Grammatik von Pál Uzonyi ein stichwortartiger Vergleich des Artikelgebrauchs im Deutschen und im Ungarischen zu finden ist (Uzonyi 1996: 484ff.).4
Im Folgenden wird die Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen beschrieben. Die kontrastive Analyse erfolgt auf sprachtypologischer Grundlage, das heißt, Erkenntnisse der Sprachtypologie fungieren als Vergleichsgrundlage. Obwohl diese Herangehensweise schon im Jahre 1971 von László Dezső und William Nemser vorgeschlagen wurde (s. Abschnitt 2.3), existieren – meines Wissens – nur sehr wenige Untersuchungen dieser Art, zumindest in Bezug auf den deutsch-ungarischen Sprachvergleich. 5
Der Vergleich erfolgt hier ungerichtet, beschrieben wird jedoch zuerst immer das Deutsche. Bei der Beschreibung werden in erster Linie Beispielsätze aus elektronischen Korpora herangezogen, es kommen aber auch – seltener – konstruierte Beispielsätze sowie Beispiele aus der einschlägigen Literatur vor. Für das Deutsche werden das Deutsche Referenzkorpus (DeReKo) des Mannheimer Instituts für Deutsche Sprache, für das Ungarische das Ungarische Nationalkorpus (MNSZ) verwendet. Ferner werden, wenn es notwendig erscheint, auch literarische Texte sowie Internetbelege analysiert.
Die Analyse setzt bei den semantisch-pragmatischen Funktionen der Determinative an. Diese Vorgehensweise kann auf zweierlei Weisen begründet werden: 1) Trotz typologischer Verschiedenheit haben in den beiden Sprachen (wie auch in den meisten Artikelsprachen) der definite und der indefinite Artikel die gleichen Hauptfunktionen (z.B. bei Ersterwähnung wird – zumeist – der indefinite, bei Wiederaufnahme der definite Artikel gebraucht); 2) Vor allem im Deutschen gibt es Eigennamen mit definitem Artikel, bei denen dieser keine Identifizierungsfunktion ausübt, sondern Bestandteil des Namens ist (z.B. die Schweiz). So sind m.E. von einer Analyse, die bei den semantisch-pragmatischen Funktionen der Determinative ansetzt, genauere Ergebnisse bzw. Einsichten in das Funktionieren der Einzelsprachen zu erwarten als von einer reinen Strukturanalyse.
Die Untersuchung erfolgt synchron, eine diachrone Perspektive wird nur in den Fällen berücksichtigt, in denen die sprachgeschichtliche Entwicklung den heutigen Sprachgebrauch beeinflusst. Auf eine detaillierte diachrone Untersuchung des Gebrauchs der Determinative muss an dieser Stelle leider aus Platzgründen verzichtet werden.
Im Folgenden wird zuerst ein kurzer wissenschaftsgeschichtlicher Überblick über die Sprachtypologie und die kontrastive Linguistik bzw. deren Verbindbarkeit gegeben. Darauf folgt ein Kapitel über die Substantivdetermination, in dem der Begriff Substantivdetermination zu klären sein wird. Hier wird auch auf die Problematik der Abgrenzung der Determinative von anderen Wortklassen eingegangen. Den eigentlichen Hauptteil der Arbeit bildet die kontrastive Analyse der Substantivdetermination im Deutschen und im Ungarischen, die in den Kapiteln 4-7 durchgeführt wird. In den ersten zwei Kapiteln (4 und 5) werden die Ausdrucksmöglichkeiten für Definitheit und Indefinitheit in den beiden Sprachen untersucht, wobei die Gebrauchsweisen der einzelnen Determinative analysiert werden. Es wird auch den Bereichen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, die in der Literatur nicht oder nur am Rande erwähnt werden, wie zum Beispiel der so genannte anamnestische Gebrauch der Demonstrativa, die Konkurrenz zwischen dem indefiniten und dem Nullartikel, wie sie insbesondere für das Ungarische charakteristisch ist, oder die Unterscheidung zwischen spezifischen und nicht-spezifischen indefiniten Nominalphrasen. Kapitel 6 ist ein Exkurs über die Kombinationsmöglichkeiten der Determinative, wobei vor allem der Frage nachgegangen wird, ob und inwieweit die Kombination der Determinative den Determinationsgrad beziehungsweise die Wortartenzugehörigkeit beeinflusst. Kapitel 7 behandelt die generischen Verwendungen von Artikeln. Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und Vorschläge für weitere Untersuchungen formuliert.

2. Sprachtypologie und kontrastive Linguistik.Wissenschaftsgeschichtlicher Überblick

Sowohl die Sprachtypologie als auch die kontrastive Linguistik werden heute allgemein als Teilbereiche der vergleichenden Sprachwissenschaft betrachtet. Beide Disziplinen vergleichen Sprachen aus unterschiedlichen Perspektiven, daher wird zwischen ihnen meist kein direkter Zusammenhang gesehen. Sie lassen sich aber durchaus miteinander verbinden, so dass man die Vorteile der beiden Betrachtungsweisen nutzen kann. Im Folgenden werden zuerst die Geschichte und die Methoden der Sprachtypologie, dann die der kontrastiven Linguistik kurz umrissen. In einem dritten Unterkapitel werden dann die Vorteile beschrieben, die aus der Kombination der beiden Disziplinen resultieren können. Darüber hinaus wird auf die in der vorliegenden Arbeit verwendete Methode eingegangen.

2.1 Sprachtypologie6

Die Sprachtypologie als ein Teilbereich der vergleichenden Sprachwissenschaft beschäftigt sich mit dem Vergleich von Sprachen unter systematischem Gesichtspunkt. Genealogische und regionale Aspekte werden dabei grundsätzlich außer Acht gelassen – auch wenn sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die genealogische und die Arealtypologie etabliert haben. In ihren Anfängen hat sich die Sprachtypologie vor allem mit der Klassifizierung von Sprachen beschäftigt. Diese so genannte generalisierende Typologie klassifiziert die Sprachen nach der Ähnlichkeit beziehungsweise Unähnlichkeit des Sprachbaus. Sie entstand im 19. Jahrhundert mit der Arbeit von Friedrich Schlegel („Über die Sprache und Weisheit der Indier“ 1808), in dem er die Sprachen in flektierende und in agglutinierende Sprachen eingeteilt hat.7 Diese Einteilung wurde 1818 von August Wilhelm Schlegel um einen dritten Typ der isolierenden Sprachen und dann durch Wilhelm von Humboldt 1836 um den vierten, den der inkorporierenden Sprachen ergänzt. Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden noch neue Typologien vorgeschlagen, die in der Humboldtschen Tradition standen. So wurde die Klassifizierung der Sprachen von Vladimir Skalička um einen fünften Typ, den der introflexiven Sprachen, ergänzt.8 Ein weiteres wichtiges Forschungsanliegen der generalisierenden Typologie war und ist die Universalienforschung, deren berühmtester Vertreter Joseph Greenberg war, der als der Begründer der eigentlichen modernen Typologieforschung angesehen werden kann. Diese Art von Sprachtypologie versucht, eine größere Anzahl von Sprachen hinsichtlich weniger oder nur eines Parameters zu untersuchen. Anhand der Ergebnisse dieser Untersuchungen wollte/will man universelle Eigenschaften der Sprachen feststellen, bzw. Zusammenhänge zwischen einzelnen sprachlichen Phänomenen finden, die in Form von so genannten implikativen Universalien formuliert werden. Diese generalisierende Sprachtypologie kann als Teil der Sprachtheorie beziehungsweise als eine Disziplin der allgemeinen Sprachwissenschaft angesehen werden.
Mit den Arbeiten der Sprachwissenschaftler der Prager Schule entstand ein zweiter Ansatz der Sprachtypologie, die so genannte charakterologische Typologie, die eng mit dem Namen von Vilém Mathesius verknüpft ist. (Auch der Terminus „Typologie“ selbst wird zum ersten Mal von den Prager Linguisten verwendet.) Ziel der charakterologischen Typologie ist es, den Bau einer einzelnen Sprache mit Hilfe typologischer Kriterien zu beschreiben (Althaus/Henne/Wiegand (Hgg.) 1980: 636). Was die in dieser Arbeit untersuchten Sprachen anbelangt, liegen bisher nur wenige typologische Arbeiten vor. Das Ungarische wurde von Vladimir Skalička schon 1935 beschrieben9, neuere Arbeiten, die diesem Ansatz vepflichtet sind, sind mir nicht bekannt.10 Für das Deutsche liegen – meines Wissens – bislang zwei (allerdings neuere) Arbeiten vor: die Monographie von Thorsten Roelcke „Sprachtypologie des Deutschen“ (1997), in dem der Autor eine vollständige sprachtypologische Beschreibung des Deutschen anstrebt, und der Sammelband „Deutsch – typologisch“ (Lang/Zifonun (Hgg.) 1996).
Ein neuerer Ansatz der Sprachtypologie ist der funktional-typologische Ansatz. Er ist aufgrund der Erkenntnis entstanden, dass es oft unmöglich ist, bei einem Vergleich von Sprachen ein strukturelles Merkmal als Tertium Comparationis auszuwählen. Croft begründet die Notwendigkeit dieses Ansatzes folgendermaßen:
The essential problem is that languages vary in their structure to a great extent; indeed, that is what typology (and more generally, linguistics) aims to study and explain. But the variation in structure makes it difficult if not impossible to use structural criteria, or only structural criteria, to identify grammatical categories across languages. Although there is some similarity in structure („formal“ properties) that may be used for cross-linguistic identification of categories, the ultimate solution is a semantic one, or to put it more generally, a functional solution. (Croft 1990: 11)
Der vorliegenden Untersuchung wird der funktional-typologische Ansatz zugrundegelegt.

2.2 Kontrastive Linguistik

Die kontrastive Analyse von zwei (seltener: mehr) Sprachen wurde ins Leben gerufen, um die Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachen herauszustellen. Diese Zielsetzung ist auch in den Bestimmungen der kontrastiven Linguistik zentral. Hier sei die Definition von Kurt Rein zitiert: Die kontrastive Linguistik ist
eine vergleichende sprachwissenschaftliche Beschreibungs- und Analysemethode, bei deren möglichst detaillierten ‘Vergleichen’ das Hauptinteresse nicht auf den Gemeinsamkeiten, sondern auf den Abweichungen oder ‘Kontrasten’ zwischen den beiden – oder mehreren – verglichenen Sprachsystemen beziehungsweise Subsystemen liegt. (Rein 1983: 1)
Anfänge der kontrastiven Linguistik sind schon im 19. Jahrhundert mit der Arbeit von Charles H. Grandgut „German and English Sounds“ aus dem Jahre 1892 bzw. mit der von Wilhelm Viëtor „Elemente der Phonetik des Deutschen, Englischen und Französischen“ zu finden. Von den Linguisten der Prager Schule hat Vilém Mathesius 1926 eine vergleichende Analyse des Englischen und Tschechischen vorgelegt. Im Jahre 1933 erschien das Buch von Yuen Ren Chao „A Preliminary Study of English Intonation (with American Variants) and Its Chinese Equivalents“. Den Durchbruch brachte 1953 das Buch von Uriel Weinreich „Languages in Contact“, das allgemein als Beginn der Sprachkontaktforschung betrachtet wird. Mit diesem Buch wurde der Begriff Interferenz in die Sprachwissenschaft eingeführt. Die Grundlagen der kontrastiven Linguistik wurden neben dem Buch von Weinreich auch mit dem Artikel von Zellig Harris „Transfer Grammar“ (1954) und dem Buch von Robert Lado „Linguistics across Cultures“ (1957) gelegt.11
Die kontrastive Linguistik als selbstständige Wissenschaft entstand auf der Basis der erwähnten Arbeiten in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Hauptanliegen der kontrastiven Linguistik war es, eine bessere Grundlage für den Fremdsprachenunterricht zu schaffen. So beinhalteten die kontrastiven Forschungen einen systematischen Vergleich der Muttersprache und der zu erlernenden Fremdsprache. Bei diesen Vergleichen wurde von der Annahme ausgegangen, dass die Fremdsprache auf der Basis der Muttersprache erlernt werde, das heißt, Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Sprachen würden das Erlernen erleichtern, während Unterschiede es erschwerten.12 Nicht nur diese Annahme erwies sich als unhaltbar; Kritiker haben unter anderem bemängelt, dass bei den Analysen die Ähnlichkeiten nicht erforscht wurden bzw., dass nicht einmal die Interferenzfehler, die ohnehin nur einen möglichen Fehlertyp darstellen, vorherzusagen sind. Aus diesem Grund wurde die Idee der kontrastiven Linguisten, Interferenzfehlern vorzubeugen, nicht verwirklicht. 13 Dieser teilweise Misserfolg führte zu dem Vorschlag, die kontrastive Linguistik aus ihrem engen Bezug auf den Fremdsprachenunterricht zu lösen. Auf diese Weise hat sich, als selbstständige Disziplin, die angewandte kontrastive Linguistik etabliert, die zum Teil die ursprüngliche sprachlich-didaktische Zielsetzung beibehalten und den Fremdsprachenunterricht in den Mittelpunkt der Forschung gesetzt hat, zum Teil aber Forschungen auf dem Gebiet der Soziolinguistik (z.B. Dialekt/Hochsprache kontrastiv)14 und der Übersetzungswissenschaft (Übersetzungsvergleich, maschinelle Übersetzung) betreibt. Die andere Teildisziplin, die theoretische kontrastive Linguistik ist demgegenüber an sprachwissenschaftlicher Grundlagenforschung interessiert und liefert Beiträge unter anderem zur allgemeinen Sprachtheorie, zur Theorie der kontrastiven Linguistik, zur Grammatik der Einzelsprachen und zur Universalienforschung.15 Das Ziel der kontrastiven Linguistik ist nach neueren Ansätzen „ein umfassender Vergleich zweier Sprachen“, der „grundsätzlich nicht gerichtet ist“ (König 1996: 3...

Inhaltsverzeichnis

  1. KONVERGENZ UND DIVERGENZ - Sprachvergleichende Studien zum Deutschen
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort und Dank
  6. 1. Einleitung:Zielsetzung, Methoden und Verfahren
  7. 2. Sprachtypologie und kontrastive Linguistik.Wissenschaftsgeschichtlicher Überblick
  8. 3. Substantivdetermination
  9. 4. Definitheit
  10. 5. Indefinitheit
  11. 6. Exkurs: Die Kombinierbarkeit der Determinative
  12. 7. Generizität
  13. 8. Zusammenfassung und Ausblick
  14. Korpora und Quellen
  15. Literatur