Das es-Gesamtsystem im Neuhochdeutschen
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Das es-Gesamtsystem im Neuhochdeutschen

Ein Beitrag zu Valenztheorie und Konstruktionsgrammatik

  1. 193 Seiten
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Das es-Gesamtsystem im Neuhochdeutschen

Ein Beitrag zu Valenztheorie und Konstruktionsgrammatik

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Das Buch beschäftigt sich mit den verschiedenen Verwendungsweisen des Pronomens es. Grundlage der Analysen bildet ein Korpus, das Nähetexte aus dem Zeitraum zwischen 1650 und 2000 beinhaltet. Im ersten Teil der Arbeit wird das phorische es behandelt. Es werden implizite und explizite Verweise durch es unterschieden. Großer Wert wird dabei auf die ausführliche semantische und morphosyntaktische Beschreibung der einzelnen Subtypen von es gelegt. Bei der Beschreibung des Korrelat- es wird vor allem auf den Begriff der Integration zurückgegriffen und vor diesem Hintergrund ein Stufenmodell korrelativer Satzverbindungen mit es erarbeitet. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Frage nach dem grammatiktheoretischen Status des nicht-phorischen es. Es wird dafür plädiert, der Beschreibung und Erklärung der verschiedenen Untertypen des nicht-phorischen es valenztheoretische und konstruktionsgrammatische Erkenntnisse zugrunde zu legen.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783110394443

1 Einleitung

1.1 Forschungsthema und Theoriebildung

Das deutsche Wort es stellt unter linguistischem Aspekt ein vielversprechendes Forschungsthema dar. Es kommt ihm im deutschen Satzbau in formaler wie auch funktionaler Hinsicht eine sehr wichtige Rolle zu, was im Grunde genommen für alle historischen Sprachstufen des Deutschen gilt. Über seine empirische Relevanz hinaus ist das deutsche es immer schon ein Prüfstein grammatischer Theoriebildung in der germanistischen Linguistik gewesen. Es wird in jeder Grammatik des Deutschen mit besonderer Sorgfalt behandelt und es gibt keine bedeutende Grammatiktheorie, die es nicht thematisiert (vgl. etwa Ágel 2000b zur Valenztheorie oder Cardinaletti 1990 zur generativen Grammatik). Herbert Pütz (1975) widmete dem Phänomen sogar eine ganze Monografie. Zu verdanken ist all dies seiner funktionalen Vielfalt und seinem daraus resultierenden grammatischen Verhalten (vgl. Admoni 1976).
Man kann nicht sagen, dass das Thema „es“ unerforscht ist, es gibt zahlreiche Untersuchungen, die die verschiedenen Gebrauchsweisen von es aus grammatischer Sicht behandeln. In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, das deutsche es sowohl theorie- als auch praxisbezogen teilweise in ein neues Licht zu rücken, indem auf neuere grammatiktheoretische Erkenntnisse zurückgegriffen und dabei ein Korpus herangezogen wird, das in erster Linie qualitativ (am Rande aber auch quantitativ) neue Möglichkeiten grammatischer Analyse eröffnet. Die Notwendigkeit einer Neuorientierung in der es-Forschung ergibt sich in einem ersten Schritt meiner Meinung nach aus folgenden Gründen:
  1. Die bisherige einschlägige Fachliteratur behandelt die es-Typen nicht als ein Gesamtsystem von miteinander zusammenhängenden Funktionen.
  2. Seit der Monografie von Pütz (1975) ist keine umfassende Arbeit zu es erschienen, wobei wir in der Grammatikforschung der letzten Jahrzehnte neue Ideen und Theorieansätze finden können, von deren Anwendung auch im Falle des es neue Erkenntnisse zu erhoffen sind.
  3. Den Analysen wurden meistens kleinere Belegsammlungen zu Grunde gelegt oder man arbeitete oft anhand von Beispielen aus der eigenen Kompetenz.
Es soll nicht bestritten werden, dass die bisherige Forschung wertvolle Ergebnisse bezüglich der Beschreibung des es hervorgebracht hat. Es wurde in zahlreichen, teils mit unterschiedlichem theoretischen Apparat arbeitenden Analysen bestätigt, dass das deutsche es über zahlreiche Funktionen verfügt, was grammatische Konsequenzen nach sich zieht. Selbstverständlich war diese Erkenntnis gar nicht neu – wir finden sie schon in älteren Grammatiken –, aber der intensiven Beschäftigung mit dem breiten funktionalen Spektrum von es zufolge sind etliche Klassifikationen zu Stande gekommen (vgl. z.B. Pütz 1975) und man findet auch eine Menge von Fallstudien zu einzelnen Verwendungsweisen von es (vgl. z.B. Zifonun 1995 zum nicht-phorischen es). Vernachlässigt wurden dabei oft die zwischen den einzelnen Gebrauchsweisen bestehenden Zusammenhänge. Der Grund dafür besteht darin, dass die Mehrheit der Arbeiten synchron orientiert ist. Diese Herangehensweise hat zur Folge, dass die verschiedenen es-Typen als solche erscheinen, die zueinander in keinem Verhältnis stehen. Problematisch ist dieses Endergebnis vor allem, weil es aus sprachhistorischer Sicht nicht haltbar ist (vgl. die Darstellungen etwa bei Behaghel 1923, 1928 oder Ágel 2003a: 25 zu es scheint). Eine mögliche Lösung des geschilderten Problems wäre m.E., dass man von einem es-Gesamtsystem ausgeht, in dem die verschiedenen es-Funktionen nicht separat erscheinen. Darauf hat Admoni bereits 1978 aufmerksam gemacht und die Überlegungen in der vorliegenden Arbeit stützen sich vielfach auf seine Grundidee eines es-Systems. Dieser Systemgedanke geht wiederum mit einer theoretischen Positionierung des Gegenstandes einher, die im Wesentlichen darin besteht, Historizität von und Variation in Sprache in der Theoriebildung stark zu berücksichtigen. Das zur Unterstützung der Theoriebildung gewählte Korpus, das nähesprachliche Texte aus dem Zeitraum 1650–2000 umfasst (s. Kapitel 1.3), ermöglicht die Berücksichtigung sowohl der historischen als auch der medialen Dimension, indem einerseits sprachhistorische und andererseits konzeptionell mündliche, d.h. nähesprachliche, Belege zur Analyse herangezogen werden. Dadurch sollen das synchronizistische und das skriptizistische Erbe, „zwei besonders schwer[e] Hypotheken nicht nur für die historische Grammatikforschung, sondern auch für die Gegenwartsgrammatik und die Grammatiktheorie“ (Ágel 2003a: 4), zumindest ansatzweise reflektiert werden. Beim synchronizistischen Erbe handelt es sich darum, dass „[d]ie führenden Grammatiktheorien des 20. Jhs. […] ahistorische Grammatiken [sind]“, während „Sprachen und deren Grammatiken historische Phänomene [sind] unabhängig davon, ob man sie synchron oder diachron betrachtet.“ (ebd., 2) Ágel veranschaulicht dieses Erbe an der Annahme einer starken Adjektivendung im Falle des -en in duftenden Kaffees (Genitiv). Sieht man die Adjektivendung hier als stark an, dann müsste die frühere Endung -es in duftendes Kaffees im 17./18. Jh. entweder als noch stärker oder als in einem anderen Sinn stark eingestuft werden, so Ágel (ebd., 3). Im Grunde geht es bei der Forderung, sprachhistorische Fakten und sprachgeschichtliche Erkenntnisse ernstzunehmen und der Theoriebildung mit zugrundezulegen, um das so genannte Prinzip der Viabilität, der sprachhistorischen Adäquatheit:
Jede linguistische Beschreibung (bzw. Erklärung) muss mit der Beschreibung (bzw. Erklärung) der Geschichte des zu beschreibenden (bzw. zu erklärenden) Phänomens konform sein. Bezogen auf grammatische Strukturen: Die Beschreibung (bzw. Erklärung) einer aktuellen Struktur ist viabel, wenn sie sich in die Beschreibung (bzw. Erklärung) der Geschichte der Struktur fügt. (Ágel 2001: 319)
Was das skriptizistische Erbe angeht, so formuliert Ágel (2003a: 10) zusammenfassend wie folgt:
Im Sinne des Gesagten [d.h. der Ausführungen Ágels, D.C.] besteht das skriptizistische Erbe darin, dass die Grammatikforschung per declarationem logozentrisch, in praxi hingegen doppelt schriftbezogen ist. Einerseits ist nämlich keinesfalls das „mot parlé“, sondern vielmehr das „mot écrit“ der eigentliche Hauptdarsteller grammatischer Beschreibungen. Andererseits stellt auch die Grammatiktheorie eher eine Theorie des „mot écrit“ dar, wenn auch Gegentendenzen neueren Datums durchaus zu vermerken sind.
Dieses Erbe veranschaulicht Ágel (ebd., 8) an dem Umgang mit strukturellen Ambiguitäten in der generativen Grammatik, die Sätze wie das klassische Beispiel Flying planes can be dangerous als syntaktisch ambig ansieht, indem sie solchen (Oberflächen-)Sätzen verschiedene Tiefenstrukturen zuordnet, die für die jeweils unterschiedliche Deutung auf der Oberfläche verantwortlich sind. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass solche Sätze nur für Leser, nicht aber für Hörer ambig sind (ebd., 9), also (zwar nicht unbedingt explizit, aber dennoch) stillschweigend von schriftlichen Äußerungen ausgegangen wird.
Sieht man von Historizität bzw. medialer Variation ab, so mögen die Verhältnisse für die Theoriebildung und die Beschreibung des jeweiligen Untersuchungsgegenstands einfacher und klarer liegen. Man hätte womöglich eine klare, „semantisch und syntaktisch jederzeit durchsichtig[e] Sprache“, „grammatische Unkompliziertheit“ im Zusammenhang mit „Vollkommenheit“ und ein „homogen[es] System“ zu beschreiben und zu erklären, wie Gardt (1999: 174f.) mit Bezug auf ein aufklärerisch-rationalistisches Sprachideal bei Gottsched und (teilweise) bei Adelung formuliert. Gegenwartsgrammatischen Darstellungen liegt vielfach immer noch ein solches Idealbild von Sprache zugrunde, das Dynamik, Ausnahmen, Vielfalt und unscharfe Grenzen zwischen Kategorien nicht gerne sieht. Bezogen auf die vorliegende Arbeit zu es stellt sich jedoch die Frage, ob die Verhältnisse in folgenden Belegen für die grammatische Theoriebildung wirklich so eindeutig zu bestimmen sind:
  • (a) wenn ich ernsthaft krank wäre würde ich nach Salzburg fahren, dort weiß ich doch 2 empfohlene Ärzte- Aber es ist nichts ernsthaftes nur ein bisl hergenommen hat mich das alles, ich liege halt viel herum. (1154) (LB)
  • (b) Die l. Großmutter in Chrasic ist immer kränklich, sie weiß noch nichts vom Tode der l. Tante Fleischner. Ja, ich kann es auch nicht glauben, u. doch ist es wahr, sie kann den schönen Frühling, nicht mehr athmen. (4) (KOR)
Das es in (a) ist zunächst als ein Fall für Identifizierungskonstruktionen (Askedal 1990) anzusehen, wenn man den Kopulasatz betrachtet, in dem es steht. Es stellt sich dabei jedoch die Frage, worauf es sich bezieht, wenn ein vorerwähntes Bezugsobjekt überhaupt zu finden ist. Ist das nicht der Fall, so muss es als nicht-phorisch gelten und analog zu Fällen wie etwa es ist Winter behandelt werden. Der Kontext legt möglicherweise eine Bezugseinheit nahe, die zwar nicht explizit, jedoch im Zusammenhang mit dem Adjektiv krank zu erschließen ist. Jedenfalls wäre der phorische Charakter von es in diesem Fall nicht eindeutig. In (b) sind zwei es-Vorkommen zu sehen, die funktional gesehen das Gleiche leisten wie es-Korrelate. Allerdings beziehen sich es-Korrelate i.d.R. auf Nebensätze oder Infinitivkonstruktionen (Helbig/Buscha 2001: 396ff., IDS-Grammatik 1997: 1475), nur marginal sind andere Formen möglich (IDS-Grammatik 1997: 1476). Diese Sicht spiegelt sich auch in den entsprechenden Analysen wieder. Nimmt man das Formkriterium ernst, so ist das es in (b) zwar kataphorisch, aber kein Korrelat. Oder aber man erfasst Korrelate semantisch, was den Begriffsinhalt sicherlich erweitert. Meiner Meinung nach muss hier eine grammatische Analyse beide Problembereiche (Form und Semantik) berücksichtigen.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen soll in der vorliegenden Arbeit der Versuch unternommen werden, durch den Rückgriff auf einschlägige Belege aus dem zugrundegelegten Korpus in den Analysen sowohl Historizität als auch Variation (hier: konzeptionelle Mündlichkeit) zu berücksichtigen und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse im Sinne Ágels (2001, 2003) auf für die Gegenwartsgrammatik geltend zu machen. Die Korpusauswertung steht dabei im Dienste eines erklärenden Modells. Auszählungen sollen daher nur am Rande eine Rolle spielen und immer dann herangezogen werden, wenn hinsichtlich sprachhistorischer Entwicklungen zuverlässige Aussagen möglich sind.
Ergänzend zur Modellierung eines es-Gesamtsystems im obigen Sinne bieten sich mehrere Forschungsideen und Theorieansätze der letzten Jahrzehnte an, die neue Einblicke ins alte Thema ermöglichen k...

Inhaltsverzeichnis

  1. Studia Linguistica Germanica
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. 1 Einleitung
  7. 2 Das phorische es
  8. 3 Das nicht-phorische es
  9. 4 Zusammenfassung
  10. Literaturverzeichnis
  11. Anhang (Belegkorpus)
  12. Register