Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen
eBook - ePub

Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen

  1. 388 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Der Band Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen hg. von Cornelia Wilde, Philipp Brüllmann und Ursula Rombach untersucht auf Basis des Transformationskonzepts des SFB 644 'Transformationen der Antike' in 12 interdisziplinären Beiträgen, die von der Philosophie über Anglistik und Musikgeschichte zur Kunstgeschichte und Architektur reichen, die Rolle der Imagination bei der Genese des Neuen in Prozessen der Antiketransformation.
Den Ausgangspunkt bilden zwei wesentliche Zusammenhänge zwischen Imagination und Transformation: Einerseits lässt sich unser modernes Verständnis von Imagination als Ergebnis einer Antiketransformation lesen. andererseits stellt die Imagination eine zentrale Produktivkraft in Transformationsprozessen dar. Mit seinen interdisziplinären Fallbeispielen richtet sich der Band an Altertumskundler, Literatur- und Kulturwissenschaftler, Philosophen, sowie Musik-, Kunst- und Architekturhistoriker.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen von Philipp Brüllmann, Ursula Rombach, Cornelia Wilde, Philipp Brüllmann, Ursula Rombach, Cornelia Wilde im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus History & Ancient History. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2014
ISBN
9783110377996
Auflage
1
Thema
History

TEIL 1

dp n="30" folio="22" ? dp n="31" folio="23" ?

Imagination und Innovation in der Philosophie Platons: Möglichkeiten der Referenz für alte und neue Transformationen

ULRIKE BRUCHMÜLLER
Die Frage nach Imagination und Innovation betrifft das Verhältnis des Dichterphilosophen zu seinem eigenen Denken und Schreiben59 und ist im Falle Platons besonderen Missverständnissen ausgesetzte 60
Während das Thema der Imagination in der Platonforschung gewöhnlich vom Begriff der phantasia im Sophistes aus beleuchtet wird, gehe ich im Anschluss an die Tübinger Platonforschung von einer hinter den Dialogen stehenden zusammenhängenden Philosophie aus, welche es ermöglicht, den Begriff der phantasia nicht nur vor dem Hintergrund der ungeschriebenen Prinzipien- und Seinslehre zu deuten, sondern ihn auch in den erkenntnistheoretischen und somit auch hermeneutischen Kontext einzuordnen sowie die Theorie der phantasia mit einer ganzen Reihe anderer Passagen, in denen die phantasmata eine zentrale Rolle spielen, in Verbindung zu bringen.
Außerdem dient die Einordnung der phantasia in die Gesamtheit des platonischen Systems zur Bestimmung des Verhältnisses von Imagination und Innovation. Wenngleich sich Imaginationen auf der untersten ontologischen Ebene und Innovationen auf der obersten ontologischen Ebene wiederfinden lassen, haben diese auf letztere nicht nur verweisenden Charakter, sondern stellen einen unentbehrlichen Teil in der Harmonie des seelischen Ganzen dar, ohne den die innovative philosophische Erkenntnis nicht möglich ist.
dp n="32" folio="24" ?
Bevor ich zur inhaltlichen Auslegung von Platons Theorie zum Verhältnis von Imagination und Innovation komme, möchte ich einleitend die Relevanz der Transformationstheorie für das Verhältnis der Rezeption zur mündlichen Lehre Platons beleuchten.
Unser Begriff der Imagination kommt von imago (lat.), Bild, und ist wiederum vom griechischen Begriff der phantasia, dem Vorstellungsvermögen, welches sich auf Erscheinungen (phantasmata) bezieht, entlehnt. Der Begriff der phantasia ist vor Platon nicht belegt und dürfte im Zuge seiner Erkenntnistheorie im Sophistes entstanden sein61. Hierbei ist Platons Erkenntnistheorie nicht von seiner Ontologie zu trennen. Vielmehr hat nach dem Sonnen- und Liniengleichnis (resp., 505b–511e) jede Entität in der Weise am Sein teil, in der sie erkennbar ist, so dass also eine Erkenntnis nur durch gegenseitige Resonanz in Form einer ontologischen bzw. epistemischen Stufengleichheit zwischen dem jeweils zuständigen Erkenntnisvermögen und dem Erkenntnisobjekt, in unserem Fall also zwischen phantasia und phantasmata, ermöglicht wird. Die ontologische und epistemische Hierarchie der Erkenntnisvermögen und ihrer Objekte gründet hierbei in der Ideen- und Prinzipientheorie, die Platon aus hermeneutischen Gründen in der Schrift nicht im Zusammenhang dargestellt, sondern nur mündlich im Rahmen der ungeschriebenen Lehre gelehrt hat. Insofern die Schrift aufgrund ihrer Abbildhaftigkeit nämlich zu den phantasmata gehört, können konsequenterweise durch jegliche Art von Schriften beim Leser nur phantasiai erzeugt werden, so dass der wahrhafte Philosoph ontologisch höher angesetzte und ernstzunehmende Erkenntnisgegenstände in diesem ihnen fremden Medium nicht adäquat darstellen kann. Platon verweigerte daher eine schriftliche Darstellung der Grundlagen seiner Philosophie. Insofern sich das Vermögen der phantasia in der Hierarchie der Erkenntnisvermögen jedoch an unterster Stelle befindet und die Erkenntnis der beiden ontologisch entgegengesetzten Prinzipien des absoluten Einen und der unbestimmten Zweiheit dieselbe ist (Phaid., 97d, epist. 7, 344b), gehört die phantasia zwar keineswegs wie die Ideen und Prinzipien zu den Dingen, über die man nach der Schriftkritik wegen ihrer Würde und Erhabenheit nur vor ausgewählten Menschen sprechen darf, ist aber wie die Schrift gerade in ihrer von Platon zugedachten Wertlosigkeit nur vor dem Hintergrund der Prinzipien verständlich. Ihr niedriger ontologischer und epistemischer Status deutet darüber hinaus ihre wesenhafte Undeutlichkeit und Unverständlichkeit an. Um sie dennoch in diesem ihrem Wesen deutlich zu machen, ist ein Rekurs auf den platonischen Prinzipiendualismus unabdingbar.
Die noch zu Lebzeiten Platons heftigen Auseinandersetzungen seiner Schüler um die richtige Lehre und die Unsachlichkeit der Aristotelischen Kritik an Platons Prinzipienlehre und Metaphysik lassen auf eine unzulängliche Kommunikation auch innerhalb der Akademie schließen, deren Mitglieder sich einem lebendigen Verständnis offenbar hauptsächlich durch eigene Theoriebildung angenähert haben. Platon selbst scheint, bis auf eine vermutlich politisch erzwungene Ausnahme, die Vorlesung Über das Gute,62 auch in der Akademie seine Lehre in der Regel nicht systematisch dargelegt zu haben.63 Dieser Umstand allein reicht jedoch noch nicht aus, die Existenz einer solchen Lehre zu bezweifeln. Das umfangreiche Werk des Aristoteles, das sich überall mit Platon auseinandersetzt, zieht an keiner Stelle eine Veränderung seiner Lehrmeinung auch nur in Erwägung, sondern beruft sich ausdrücklich auf die »ungeschriebene Lehre« (
e9783110354270_i0003.webp
e9783110354270_i0004.webp
, phys., 209b14f.). Vor allem aber legt Platon in seinem Schriftwerk Seite für Seite für seine hermeneutische Entscheidung Zeugnis ab,64 ist die innere Dynamik der Dialoge nicht ohne seine vollständige Philosophie und seine davon nicht zu trennende Hermeneutik verständlich. Nicht umsonst wählte Platon die Gattung des Dramas, deren ästhetischer Reiz darin besteht, über den wörtlichen Sinn hinauszuweisen. Die Komplexität dieses Höheren ergibt sich natürlich aus der Komplexität und Ästhetik der Dramen selbst und ist für die Platonischen Dialoge, ganz abgesehen von den zusätzlichen, direkten Verweisen auf inhaltliche Auslassungen, nicht hoch genug zu veranschlagen. Dieser innere Reichtum der Dialoge, den sie bis zu einem gewissen Grade auch mit anderen Schriften der griechischen Antike teilen, macht sie für Transformationen besonders geeignet. Am Ende des Phaidros entfaltet Platon ausführlich, in welcher Weise seine Schriften für alle Seelentypen verfasst sein sollen. Denn der Platonische Sokrates behauptet, für eine ideale Rhetorik, die dann doch wohl auch die von ihm und somit die von Platon in den Dialogen umgesetzte sein muss, sei eine systematische Untersuchung ausnahmslos aller Charaktertypen mit allen ihren Ursachen sowie auch das gründliche Studium, auf welche Reden und aus welchen Ursachen diese Charaktertypen auf welche Weise reagieren, unabdingbar (Phaidr., 269d-274a), so dass Platon in seinen Texten allen seinen Lesern eine unterschiedliche und individuell angepasste Referenzmöglichkeit anzubieten bestrebt ist.
Und in der Tat hat die Rezeptionsgeschichte gezeigt, dass ganz unterschiedliche Imaginationstheorien, von den Auslegungen des phantasia-Begriffs bei Aristoteles und Plotin als rezeptiv-rekombinatorisches Vermögen bis hin zur vom phantasia-Begriff vollkommen losgelösten, am Stufenweg des Symposions orientierten Annahme eines genuin schöpferischen Potenzials der dämonischen Kraft des Eros zuerst und besonders bei Plotin, aber auch in der gesamten darauffolgenden neuplatonisch-idealistischen Tradition bis hin zur metaphysischen Überbewertung der Phantasie bei Schleiermacher, mehr oder weniger auf Platon zurückgehen. 65
Insofern der Begriff der phantasia bei Platon in der Tat im Sophistes im erkenntnistheoretischen Kontext gebraucht und somit seine ästhetische und hermeneutische Relevanz nur durch den Zusammenhang erschließbar ist, insofern er in ästhetischen Kontexten nur Begriffe wie phantasmata, eidôla, eikones und eikasia verwendet, ist es nicht verwunderlich, dass bereits Aristoteles, der der platonischen Dialektik und damit der ontologischen Abwertung der Ästhetik nicht gefolgt ist, den Begriff der phantasia nicht im Zusammenhang einer Theorie der Ästhetik verwendet. Dieser Interpretation der phantasia ist Plotin über ein halbes Jahrtausend später gefolgt, ohne hier eine Diskrepanz zu Platon zu sehen. Plotin verstand sich selbst wie auch Aristoteles als Ausleger der einen wahren Lehre Platons, die für ihn die ungeschriebene Lehre darstellte66. Auch er brachte die phantasia nicht in den Kontext der Ästhetik, obwohl diese in seiner Philosophie gerade auch im Hinblick auf die Rezeption der Diotimarede im Symposion eine wichtige Rolle spielt. Dennoch scheint das Bewusstsein für die ästhetische Bedeutung der phantasia vor dem Hintergrund der Ideenlehre in neuplatonischen Texten nachweisbar.67 Eine erneute Klärung dieses Zusammenhangs wird jedoch vor dem Hintergrund der aristotelischen Interpretation der phantasia als rezeptiv-rekombinatorisches Vermögen in der Scholastik und der schleiermacherschen Idealisierung der Ästhetik erforderlich.
Sowohl der epistemische Status der phantasia als auch die Verbindung von Erkenntnistheorie und Ontologie mit der Folge einer ungeschriebenen Lehre Platons und der von Anfang an missverstandenen Abwertung der Ästhetik machen daher die platonische Philosophie zum Verhältnis von Imagination und Innovation zu einem besonders interessanten Referenzmedium.
»Transformationen sind bipolare Konstruktionsprozesse, in denen die beiden Pole einander wechselseitig konstituieren und konturieren. Dieser Aspekt der Selbstreferenz kann bewusst reflektiert werden als Zusammenspiel von ›Eigenem ‹ und ›Fremdem›, er kann aber auch als uneingestandene Projektion oder Identifikation in die Transformation eingehen. Diesen spezifischen Aspekt produktiver Wechselseitigkeit kultureller Inhalte von Referenz- und Aufnahmekultur bezeichnet der Begriff Allelopoiese.«68
Insofern Interpretationen immer zugleich auch Transformationen sind und wir uns der notwendigen Selbstreferenz in der Interpretation der platonischen Erkenntnistheorie bewusst sind, soll hier eine neue Transformation in Form einer zum Zweck der historischen Forschung geeigneten philosophischen Aneignung des Verhältnisses von Imagination und Innovation vorgeschlagen werden, um insbesondere den Imaginationsbegriff von seinen von der Romantik und im Falle Platons insbesondere von Schleiermacher geprägten Konnotationen zu befreien und die ihm aus der dualistischen Prinzipientheorie entstandene Komplexität für das heutige Sprachbewusstsein wieder zurückzugewinnen. Mit einer zum Zweck der historischen Forschung geeigneten Transformation ist selbstverständlich eine größtmögliche Annäherung an die der Antike immanente Wahrheit intendiert, die durch das Bewusstsein einer notwendigen subjektiven Transformation jeder Interpretation nicht in Frage gestellt, sondern gerade eingelöst werden soll.
Selbstverständlich übersteigt diese Aufgabe die methodischen Möglichkeiten der konventionellen Philologie, da die gefragten Inhalte ja gerade nicht mit Worten zu vermitteln sind und eine solche Theorie weder im Text ausformuliert noch in der indirekten Überlieferung systematisch und für den kritischen Philologen überzeugend nachweisbar ist. Die Rekonstruktion einer einheitlichen Imaginationstheorie aus den vielen perspektivischen Behandlungen in den Dialogabschnitten au...

Inhaltsverzeichnis

  1. Transformationen der Antike
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Imagination, Transformation und die Entstehung des Neuen. Einleitung
  7. TEIL 1
  8. TEIL 2
  9. AUTORENVERZEICHNIS
  10. Personenregister
  11. ABBILDUNGEN